BFH Beschluss v. - IX B 171/09

Vorliegen einer verdeckten "verschleierten" Sacheinlage

Gesetze: FGO § 69 Abs. 2, FGO § 69 Abs. 3, EStG § 17 Abs. 1 Satz 2

Instanzenzug:

Gründe

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I. Mit Einkommensteueränderungsbescheid für das Streitjahr 2001 vom erfasste der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) u.a. den im Zusammenhang mit der Gründung der D-GmbH an diese Gesellschaft abgetretenen —und dort mit dem Nennwert in Höhe von 12.500 € angesetzten— Geschäftsanteil des Antragstellers und Beschwerdeführers (Antragsteller) an der G-GmbH mit dem —zwischen den Beteiligten einvernehmlich auf 1.500.000 € festgelegten— gemeinen Wert abzüglich seiner Anschaffungskosten sowie der Veräußerungskosten als steuerpflichtige Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 17 Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Über den dagegen eingelegten Einspruch ist noch nicht entschieden.

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Die zugleich mit dem Einspruch von dem Antragsteller beantragte Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Einkommensteueränderungsbescheides vom lehnte das FA ab. Auch das Finanzgericht (FG) lehnte einen bei ihm gestellten AdV-Antrag nach § 69 der Finanzgerichtsordnung (FGO) mit Beschluss vom   11 V 11307/08 als unbegründet ab; die Beschwerde an den Bundesfinanzhof (BFH) wurde zugelassen.

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Mit der Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Aussetzungsbegehren weiter; er vertritt die Auffassung, eine Steuerbarkeit der Abtretung als Veräußerungsvorgang i.S. des § 17 EStG sei schon dem Grunde nach nicht gegeben. Das FG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die D-GmbH von ihm, dem Antragsteller, im Wege der Bargründung errichtet worden sei. Er habe von Anfang an beabsichtigt, seine Anteile an der G-GmbH im Rahmen eines im Zuge der Übernahme der Einlage abgeschlossenen Gegengeschäfts als Sachwert auf die D-GmbH zu übertragen. Daher lägen im Streitfall die Voraussetzungen einer verschleierten Sachgründung vor; sowohl der schuldrechtliche Teil der verdeckten Sachübernahme als auch das dingliche Erfüllungsgeschäft seien in entsprechender Anwendung von § 27 Abs. 3 des Aktiengesetzes unwirksam.

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Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

den aufzuheben und die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides für 2001 vom in vollem Umfang ohne Sicherheitsleistung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Einspruch vom , längstens bis zur Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache von der Vollziehung auszusetzen.

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Das FA beantragt,

die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

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II. Die Beschwerde ist begründet. Die Vorentscheidung ist aufzuheben und die Vollziehung des angefochtenen Einkommensteueränderungsbescheides insoweit auszusetzen, als darin ein Veräußerungsgewinn gemäß § 17 EStG angesetzt wurde.

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1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise ausgesetzt werden. Sie soll ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO). Das ist nach ständiger BFH- Rechtsprechung der Fall, wenn bei summarischer Prüfung des Verwaltungsakts gewichtige Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (vgl. z.B. , BFH/NV 2008, 467, m.w.N.).

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2. Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage liegen im Streitfall ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einkommensteuerbescheides vor, die zur Aufhebung und Aussetzung seiner Vollziehung führen.

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a) Eine verdeckte („verschleierte”) Sacheinlage liegt vor, wenn die gesetzlichen Regeln für Sacheinlagen objektiv dadurch unterlaufen werden, dass zwar —wie im Streitfall— eine Bareinlage vereinbart wird, die Gesellschaft aber bei wirtschaftlicher Betrachtung von dem Einleger aufgrund eines im Zusammenhang mit der Übernahme der Einlage abgeschlossenen Gegengeschäfts oder einer sonstigen Absprache einen Sachwert erhalten soll (vgl. , BGHZ 173, 145, Deutsches Steuerrecht —DStR— 2007, 1830 - Lurgi; vom II ZR 273/07, DStR 2009, 1858 - Cash-Pool II, jew. m.w.N.; Scholz/H. Winter/ H. P. Westermann, GmbHG, 10. Aufl., § 5 Rz 77). Das für die Anwendung der Grundsätze über die verdeckte Sacheinlage grundsätzlich bestehende Erfordernis einer den wirtschaftlichen Erfolg einer Sacheinbringung umfassenden Verknüpfungsabrede ist für die Errichtung einer Einmann-GmbH von der Natur der Sache her nicht einschlägig, weil es an einer Mehrzahl von Gesellschaftern fehlt. Bei dieser Sonderkonstellation der Ein-Personen-Gründung reicht ein entsprechendes „Vorhaben” des alleinigen Gründungsgesellschafters aus (vgl. , DStR 2008, 831). Generell sind an die Abrede bzw. das Vorhaben keine strengen Anforderungen zu stellen (Scholz/H. Winter/H. P. Westermann, a.a.O., § 5 Rz 79). Zudem ist das FA der sich auf ein entsprechendes Vorhaben beziehenden Glaubhaftmachung durch die eidesstattliche Versicherung des Antragstellers nicht entgegengetreten.

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b) Entgegen der Auffassung des FG wird der Tatbestand einer verdeckten Sacheinlage nicht schon dadurch dem Grunde nach ausgeschlossen, dass der Antragsteller seine Bareinlage tatsächlich geleistet hat und die Gegenleistung aus dem Gegengeschäft —d.h. der Kaufpreis für den vom Antragsteller abgetretenen Geschäftsanteil an der G-GmbH— über eine zur weiteren Verschleierung gewählte Darlehenskonstruktion verrechnet worden ist, die nicht zu einem unmittelbaren „Verbrauch” der Bareinlage geführt hat. Auf eine gegenständliche Identität der ein- und zurückgezahlten Geldmittel kommt es für den Tatbestand einer verdeckten Sacheinlage, bei der es um die zutreffende Erfassung des wirtschaftlichen Vorgangs geht, nicht an. Als nicht bedeutsam wird es in diesem Zusammenhang daher auch angesehen, ob die bar eingelegten Mittel vor der Verrechnung des Kaufpreises für andere Zwecke verbraucht waren oder nicht (vgl. , DStR 2009, 1320 - Lurgi II; vom II ZR 132/06, BGHZ 175, 265, DStR 2008, 1052 - Rheinmöve, jew. m.w.N.).

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c) Das FG ist von anderen rechtlichen Grundsätzen ausgegangen, indem es nicht den wirtschaftlichen Vorgang beurteilt, sondern in entscheidungserheblicher Weise auf die fehlende gegenständliche Identität der ein- und zurückgezahlten Geldmittel und auf die Maßgeblichkeit des „zwischengeschalteten” Darlehensverhältnisses abgestellt hat. Da die im Streitfall erforderliche zutreffende Erfassung des wirtschaftlichen Vorgangs —durch Ermittlung des in dem Verknüpfungsvorhaben enthaltenen wirtschaftlichen Gestaltungswillens (s. Scholz/H. Winter/ H. P. Westermann, a.a.O., § 5 Rz 79)— dem Verfahren in der Hauptsache vorbehalten bleiben muss, liegen bei summarischer Prüfung Umstände vor, die Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken; daher bleiben ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einkommensteuerbescheides, die die Aufhebung der Vorentscheidung und Aussetzung des angefochtenen Verwaltungsakts rechtfertigen.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2010 S. 409 Nr. 3
GmbH-StB 2010 S. 61 Nr. 3
QAAAD-35586