BFH Beschluss v. - IV B 55/08

Abfindung weichender Erben mit der Hofübergabe bei gleichen Zuwendungen an alle Kinder

Gesetze: EStG § 14a Abs. 4, FGO § 115 Abs. 2

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind Eheleute, die gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt werden. Sie haben zwei Söhne und vier Töchter. Der älteste Sohn ist behindert und in einem Heim untergebracht.

Die Kläger waren Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs. Mit Vertrag vom veräußerten sie ein Betriebsgrundstück, dessen Buchwert 4 768 DM betrug, für 459 135 DM an eine Bauträgergesellschaft. Aus dem Erlös erhielten die Töchter jeweils 15 000 DM. Der jüngere Sohn erhielt wegen seiner früheren Mithilfe im Betrieb 35 000 DM; der älteste (behinderte) Sohn wurde nicht bedacht. Schriftliche Vereinbarungen über die Zuwendungen liegen nicht vor.

Den landwirtschaftlichen Betrieb übertrugen die Kläger mit notariellem Vertrag vom auf die älteste Tochter. Diese war verpflichtet, bei späteren Grundstücksverkäufen die Geschwister an den Erlösen zu beteiligen (Nachabfindung).

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) sah den Gewinn aus der Grundstücksveräußerung als laufenden Gewinn des Wirtschaftsjahres 2000/01 an und erfasste ihn je zur Hälfte in den Streitjahren (2000 und 2001). Zunächst machten die Kläger geltend, der landwirtschaftliche Betrieb sei zum aufgegeben worden, so dass der Gewinn aus der Grundstücksveräußerung als Aufgabegewinn zu behandeln sei. Daran hielten sie jedoch nicht fest und beantragten die Gewährung des Freibetrags nach § 14a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Dem folgte das FA in der Einspruchsentscheidung nicht.

Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen gerichtete Klage ab. Die vertragliche Vereinbarung im Hofübergabevertrag und die tatsächliche Handhabung belegten, dass ein sachlicher Zusammenhang zwischen den Schenkungen und der künftigen Hoferbfolge/Hofübernahme nicht beabsichtigt gewesen sei. Die Revision ließ das FG nicht zu.

Mit der dagegen gerichteten Beschwerde machen die Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Zu klären seien die Fragen, ob die Kläger nachweisen müssten, dass die Zahlungen gerade als Abfindung und nicht als ganz übliche Schenkung erfolgt seien, und ob die Vereinbarung späterer Nachabfindungen im Hofübertragungsvertrag den Charakter der ursprünglichen Abfindungszahlungen verändern könnten.

Das angefochtene Urteil stehe außerdem im Widerspruch zu dem (BFHE 153, 111, BStBl II 1988, 608). Darin habe der BFH einen zeitlichen Zusammenhang mit der Hofübergabe gerade nicht vorausgesetzt. Nunmehr einen subjektiven Zusammenhang zu fordern, wo nicht einmal ein zeitlicher Zusammenhang von der Rechtsprechung verlangt worden sei, widerspräche dem Grundgedanken.

Die Kläger beantragen sinngemäß, die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen.

Das FA beantragt, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

II. Die Beschwerde ist unter Hintanstellung erheblicher Bedenken gegen ihre Zulässigkeit jedenfalls nicht begründet. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (dazu unter 1.) noch haben die Kläger die Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dargelegt (dazu unter 2.).

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

a) Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Beantwortung durch den BFH aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei soll es sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame Frage handeln, die klärungsbedürftig und im zu erwartenden Revisionsverfahren klärungsfähig sein muss (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom IV B 62/04, BFH/NV 2006, 543, unter 1. der Gründe; Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 23, m.w.N.). Ein im allgemeinen Interesse liegendes Bedürfnis nach Klärung einer Rechtsfrage ist gegeben, wenn sich diese Frage nicht ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt, wenn sie nicht bereits durch die höchstrichterliche Rechtsprechung hinreichend geklärt ist oder wenn neue Gesichtspunkte zu Unsicherheiten in der Beantwortung der Rechtsfrage führen und eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den BFH erforderlich machen (vgl. Senatsbeschluss vom IV B 135/01, BFH/NV 2004, 783; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 28).

b) Die dem Vorbringen der Kläger zu entnehmenden Rechtsfragen haben keine grundsätzliche Bedeutung, weil sich ihre Beantwortung ohne weiteres aus dem Gesetz ergibt.

aa) Nach § 14a Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 EStG wird der Freibetrag bei Veräußerung von Teilen des zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehörenden Grund und Bodens nur dann gewährt, wenn der Steuerpflichtige den Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten oder den entnommenen Grund und Boden innerhalb von 12 Monaten nach der Veräußerung oder Entnahme in sachlichem Zusammenhang mit der Hoferbfolge oder Hofübernahme zur Abfindung weichender Erben verwendet. Ferner dürfen die unter § 14a Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 EStG näher bezeichneten Einkommensgrenzen nicht überschritten werden.

bb) Es lässt sich danach unmittelbar dem Gesetz entnehmen und ist deshalb nicht klärungsbedürftig, dass Geldzuwendungen eines Landwirts aus dem Veräußerungserlös betrieblicher Grundstücke nur dann begünstigt sind, wenn sie einerseits in sachlichem Zusammenhang mit der Hoferbfolge oder Hofübernahme stehen und andererseits dem Zweck dienen, weichende Erben abzufinden. Dementsprechend hat der Senat wiederholt entschieden, dass die Veräußerung oder Entnahme nach § 14a Abs. 4 EStG in einem sachlichen Zusammenhang mit der Hofnachfolge oder Hofübergabe erfolgen muss, eine zeitliche Begrenzung aber nicht besteht (, BFH/NV 1995, 110; vom IV R 110/92, BFHE 171, 381, BStBl II 1993, 788; in BFHE 153, 111, BStBl II 1988, 608). Höchstrichterlich geklärt ist darüber hinaus, dass die objektive Beweislast für steuermindernde Tatsachen der Steuerpflichtige trägt (grundlegend , BFHE 119, 164, BStBl II 1976, 562; vom VI R 266/80, BFHE 136, 97, BStBl II 1982, 772; vom III R 42/00, BFHE 198, 526, BStBl II 2002, 417).

cc) Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen ist es im Übrigen nicht zu beanstanden, wenn das FG den sachlichen Zusammenhang der Zuwendungen mit der Hofübertragung und dem Zweck, weichende Erben abzufinden, nicht als gegeben angesehen hat, weil die Kläger dabei alle Kinder —mit Ausnahme des behinderten Sohnes— bedacht haben, ohne zwischen der ältesten Tochter als Hofübernehmerin und ihren nicht zur Hofnachfolge vorgesehenen Geschwistern zu unterscheiden (vgl. Senatsurteil in BFHE 153, 111, BStBl II 1988, 608, unter 2.c und 2.d der Gründe). Bei dieser Sachlage kommt es nicht darauf an, ob zusätzlich die später im Übertragungsvertrag vorgesehenen Nachabfindungen als Indiz gegen eine frühere Abfindung der Geschwister als weichende Erben anzusehen waren.

2. Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Zur Darlegung einer Divergenz wäre es erforderlich gewesen, abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und den Urteilen andererseits, von denen die Vorinstanz abgewichen sein soll, herauszuarbeiten und einander gegenüberzustellen, so dass die behauptete Abweichung erkennbar geworden wäre (, BFH/NV 2006, 234, m.w.N.). Daran fehlt es vorliegend. Insbesondere lässt sich daraus, dass der Senat im Urteil in BFHE 153, 111, BStBl II 1988, 608 einen zeitlichen Zusammenhang der Abfindung weichender Erben mit der Hofübergabe nicht vorausgesetzt hat, nicht entnehmen, dass entgegen der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung ein sachlicher Zusammenhang entbehrlich wäre; der Senat hat in der Entscheidung vielmehr ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nur ein sachlicher, aber kein zeitlicher Zusammenhang zu einer Hofübergabe erforderlich ist (unter 2.d der Gründe).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 1432 Nr. 9
LAAAD-24485