BFH Beschluss v. - II B 14/09

Zulassung der Revision bei Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nur wegen objektiver Willkür; Bewertung von ungewissen oder schwankenden Nutzungen oder Leistungen

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, BewG § 15 Abs. 3, AO § 162

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Danach müssen in der Beschwerdebegründung die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden.

Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt —FA—) hat nicht schlüssig geltend gemacht, die Revision sei wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit des finanzgerichtlichen Urteils gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zuzulassen.

a) Dieser Grund für die Zulassung der Revision ist nur gegeben, wenn die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) in einem solchen Maße fehlerhaft ist, dass das Vertrauen in die Rechtsprechung nur durch eine höchstrichterliche Korrektur der finanzgerichtlichen Entscheidung wieder hergestellt werden könnte (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom VII B 357/06, BFH/NV 2008, 113, und vom X B 53/08, Zeitschrift für Steuern und Recht —ZSteu— 2009, R-243). Diese Voraussetzung kann z.B. vorliegen, wenn das FG eine offensichtlich einschlägige entscheidungserhebliche Vorschrift übersehen hat (BFH-Beschlüsse vom V B 72/02, BFH/NV 2003, 1597; in BFH/NV 2008, 113, und in ZSteu 2009, R-243) oder die Entscheidung auf einer offensichtlich Wortlaut und Gesetzeszweck widersprechenden Gesetzesauslegung beruht (BFH-Beschlüsse vom III B 128/04, BFH/NV 2006, 1116, und in ZSteu 2009, R-243). Unterhalb dieser Grenze liegende erhebliche Rechtsfehler reichen nicht aus, um eine greifbare Gesetzwidrigkeit oder gar eine Willkürlichkeit der angefochtenen Entscheidung anzunehmen (BFH-Beschlüsse vom IX B 13/05, BFH/NV 2005, 2031, und in ZSteu 2009, R-243).

Die Rüge einer falschen Rechtsanwendung und tatsächlichen Würdigung des Streitfalls durch das FG im Rahmen der Schätzung von Besteuerungsgrundlagen ist danach im Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung der Revision grundsätzlich unbeachtlich. Dies gilt auch, wenn Verstöße gegen anerkannte Schätzungsgrundsätze, Denkgesetze und Erfahrungssätze geltend gemacht werden (BFH-Beschlüsse vom X B 120/08, BFH/NV 2009, 41, und vom X B 144/08, ZSteu 2009, R-257). Ein zur Zulassung der Revision berechtigender erheblicher Rechtsfehler aufgrund objektiver Willkür kann allenfalls in Fällen bejaht werden, in denen das Schätzungsergebnis des FG wirtschaftlich unmöglich und damit schlechthin unvertretbar ist, sich also das Ergebnis der Schätzung als offensichtlich realitätsfremd darstellt (BFH-Beschlüsse vom X B 92/07, BFH/NV 2008, 1337; vom VII S 17/08 (PKH), BFH/NV 2009, 203; in BFH/NV 2009, 41, und in ZSteu 2009, R-257). Das Vorliegen dieser besonderen Umstände ist in der Beschwerdeschrift darzulegen (BFH-Beschlüsse vom X B 218/06, BFH/NV 2007, 2273; in BFH/NV 2008, 1337; in BFH/NV 2009, 203, und in BFH/NV 2009, 41).

b) Das FA hat einen solchen die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO rechtfertigenden schwerwiegenden Rechtsfehler nicht dargelegt.

Das FG hat den Wert der von der Klägerin und Beschwerdegegnerin als Erbin erworbenen Nießbrauchsrechte nach § 15 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes (BewG) geschätzt. Nach dieser Vorschrift ist bei Nutzungen oder Leistungen, die in ihrem Betrag ungewiss sind oder schwanken, als Jahreswert der Betrag zugrunde zu legen, der in Zukunft im Durchschnitt der Jahre voraussichtlich erzielt werden wird. Diese Vorschrift erfordert eine Schätzung (vgl. zur Vorgängervorschrift —§ 17 Abs. 3 BewG a.F.— , BFHE 99, 233, BStBl II 1970, 594, unter II. 3.).

Das FA hat nicht dargelegt, dass das vom FG gefundene Schätzungsergebnis wirtschaftlich unmöglich, offensichtlich realitätsfremd und damit schlechthin unvereinbar sei. Dagegen spricht bereits, dass der vom FG angesetzte Kapitalwert der Nießbrauchsrechte von insgesamt 410 053 DM lediglich um knapp 17 % unter dem vom FA in der Einspruchsentscheidung angesetzten Betrag von 492 811,83 DM liegt.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
AAAAD-23323