BFH Beschluss v. - II B 95/08

Grunderwerbsteuer bei Umwandlungsvorgängen nicht verfassungswidrig; keine Anwendung der §§ 5 und 6 GrEStG auf juristische Personen

Gesetze: GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 3, GrEStG § 5, GrEStG § 6, UmwG § 131 Abs. 1 Nr. 1, GG Art. 3, GG Art. 106 Abs. 2

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine AG, erhielt durch notariell beurkundeten Vertrag vom in der Fassung des Nachtrags vom von einem rechtsfähigen wirtschaftlichen Verein im Wege der Ausgliederung gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 1 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) den wesentlichen Teil des Vermögens des bisher von dem Verein unterhaltenen Bankbetriebs einschließlich des Grundbesitzes als Gesamtheit gegen Gewährung von Aktien der Klägerin übertragen.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) nahm an, dass der Übergang der Grundstücke auf die Klägerin nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) der Grunderwerbsteuer unterliege, und stellte die Besteuerungsgrundlagen nach § 17 GrEStG gesondert fest, weil die Grundstücke in den Bezirken verschiedener Finanzämter lagen.

Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht war der Auffassung, die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen sei zu Recht erfolgt. Es liege ein nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG grunderwerbsteuerbarer und -pflichtiger Vorgang vor. Die Steuer bemesse sich gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG nach den Werten i.S. des § 138 Abs. 2 oder 3 des Bewertungsgesetzes. Die unterschiedliche grunderwerbsteuerrechtliche Behandlung von zu einem Rechtsträgerwechsel führenden Umwandlungsvorgängen einerseits und des bloßen Formwechsels andererseits sei mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des GrundgesetzesGG—) vereinbar. Die Steuervergünstigungen nach §§ 5 und 6 GrEStG seien nur bei Beteiligung einer Gesamthand, nicht aber bei Grundstücksübergängen zwischen juristischen Personen anwendbar.

Die Klägerin stützt ihre Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Sie nahm in der Beschwerdebegründung dazu auf das seinerzeit anhängige, inzwischen durch das (BFH/NV 2008, 1526) abgeschlossene Revisionsverfahren Bezug.

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Soweit ihre Begründung den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entspricht, rechtfertigen die vorgebrachten Gründe nicht die Zulassung der Revision.

1. Die Klägerin sieht folgende Fragen als in einem Revisionsverfahren klärungsbedürftig an:

Wird anlässlich der ausgliedernden Umwandlung eines wirtschaftlichen Vereins auf eine AG hinsichtlich der übertragenen Grundstücke der Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG erfüllt und verstößt die evtl. Besteuerung gegen Art. 3 Abs. 1 GG, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Leistungsfähigkeit und der unterschiedlichen Behandlung von übertragender und formwechselnder Umwandlung?

Ist hiervon insbesondere dann auszugehen, wenn es sich um einen gemeinnützigen Verein handelt, bei dem der Formwechsel zur Auflösung und diese dazu führt, dass das Vereinsvermögen ausschließlich gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken zugeführt werden darf?

Ist der Rechtsgedanke der §§ 5, 6 GrEStG auch auf die Umwandlung durch Ausgliederung eines wirtschaftlichen Vereins auf eine AG anzuwenden?

2. Diese Fragen führen nicht zu einer Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache.

a) Die Klägerin hat hinsichtlich der von ihr gestellten Frage, ob in Fällen der vorliegenden Art der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG erfüllt ist, die Klärungsbedürftigkeit in einem Revisionsverfahren nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend dargelegt. Sie macht nicht geltend, dass insoweit in Rechtsprechung oder Literatur unterschiedliche Auffassungen vertreten würden (zu den entsprechenden Darlegungsanforderungen vgl. BFH-Beschlüsse vom IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837; vom II B 98/04, BFH/NV 2005, 1310; vom X B 87/07, BFH/NV 2008, 605, und vom V B 57/07, BFH/NV 2008, 611).

b) Es ist in der Rechtsprechung des BFH bereits geklärt, dass die Steuerbarkeit des Grundstücksübergangs bei Umwandlungsvorgängen nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Der Gesetzgeber ist befugt, auch umwandlungsbedingte Rechtsträgerwechsel der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen. Die dem Charakter der Grunderwerbsteuer als Rechtsverkehrsteuer entsprechende Anknüpfung der Besteuerung an einen Rechtsträgerwechsel —d.h. an einen Grundstückswechsel zwischen verschiedenen Rechtsträgern— gehört zur überkommenen Ausgestaltung der Grunderwerbsteuer, wie sie das GG in Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 in seiner ursprünglichen Fassung vom (BGBl 1949, 1) und nunmehr unter der Sammelbezeichnung Verkehrsteuern in Art. 106 Abs. 2 Nr. 4 GG in ihrer historisch gewachsenen Bedeutung aufgenommen und als zulässige Form des Steuerzugriffs anerkannt hat (BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 1526, m.w.N.). Der aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit steht dem nicht entgegen. Anders als bei der Einkommensteuer kommt dem Leistungsfähigkeitsgrundsatz für die Verbrauch- und Verkehrsteuern keine prägende Bedeutung zu (BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 1526, m.w.N.).

Die den zivilrechtlichen Vorgaben entsprechende unterschiedliche grunderwerbsteuerrechtliche Behandlung eines bloßen Formwechsels einerseits und der mit einem Rechtsträgerwechsel verbundenen Umwandlungsvorgänge wie etwa einer Ausgliederung, wie sie im vorliegenden Fall vorgenommen wurde, andererseits, verstößt ebenfalls nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Zivilrechtlich geht der ausgegliederte Teil des Vermögens einschließlich der Verbindlichkeiten entsprechend der vertraglich vorgesehenen Aufteilung mit der Eintragung der Spaltung (Ausgliederung, § 123 Abs. 3 UmwG) in das Register des Sitzes des übertragenden Rechtsträgers nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG als Gesamtheit auf den übernehmenden Rechtsträger über. Dadurch wird ein Rechtsträgerwechsel bewirkt. Hingegen wahrt eine formwechselnde Umwandlung die Identität des Rechtsträgers, so dass mangels Rechtsträgerwechsels kein steuerbarer Erwerbsvorgang vorliegt. Diese zivilrechtlichen Unterschiede beider Umwandlungsarten rechtfertigen ihre grunderwerbsteuerrechtlich unterschiedliche Behandlung (BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 1526, m.w.N.).

c) Die von der Klägerin hinsichtlich eines gemeinnützigen Vereins, bei dem der Formwechsel zur Auflösung führt, aufgeworfene Frage wäre in einem Revisionsverfahren weder klärbar noch klärungsbedürftig.

aa) Der an der Spaltung als übertragender Rechtsträger beteiligte Verein war nicht gemeinnützig. Seine Tätigkeit war nicht darauf gerichtet, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern (§ 52 Abs. 1 Satz 1 der AbgabenordnungAO—). Der Verein verfolgte vielmehr mit dem Bankbetrieb gewerbliche und somit in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke und war demgemäß nicht selbstlos tätig (§ 55 Abs. 1 AO).

Selbst wenn man den weiteren Ausführungen der Klägerin in der Beschwerdebegründung entsprechend davon ausgeht, dass sie nicht Gemeinnützigkeit im rechtlichen Sinn, sondern lediglich eine Gemeinwohlorientierung meint, hat sie die Klärungsbedürftigkeit der von ihr aufgeworfenen Frage nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend dargelegt. Sie führt nicht aus, dass insoweit in Rechtsprechung oder Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten würden, und hat auch nicht berücksichtigt, dass die Gemeinnützigkeit oder Gemeinwohlorientierung eines an einem Erwerbsvorgang Beteiligten nach §§ 3 und 4 GrEStG nicht zur Befreiung von der Grunderwerbsteuer führt.

bb) Die Klägerin hat darüber hinaus nicht dargelegt, warum bei einem gemeinnützigen Verein der Formwechsel zu einer Auflösung und diese dazu führen soll, dass das Vereinsvermögen ausschließlich gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken zugeführt werden darf. Wie der BFH bereits entschieden hat (Urteil vom II R 66/05, BFHE 217, 176, BStBl II 2007, 621, m.w.N.), stellt der Formwechsel eines rechtsfähigen Vereins in eine Kapitalgesellschaft nach § 1 Abs. 1 Nr. 4, § 191 Abs. 1 Nr. 4, §§ 272 ff. UmwG keine Auflösung des Vereins im bürgerlich-rechtlichen Sinn dar. Die Eintragung der Kapitalgesellschaft in das Handelsregister hat nach § 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG vielmehr die Wirkung, dass der Verein in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft weiterbesteht. Der Formwechsel des Vereins wird danach ebenso wie ganz allgemein der Formwechsel von Rechtsträgern nach dem UmwG bestimmt durch die Identität des Rechtsträgers (rechtliche Identität) und die Kontinuität seines Vermögens (wirtschaftliche Identität), aber die Diskontinuität seiner Verfassung. Formwechsel und Auflösung des Vereins schließen sich danach gegenseitig aus. Damit hat sich die Klägerin nicht auseinandergesetzt.

d) Keiner Entscheidung in einem Revisionsverfahren bedarf auch die von der Klägerin zur Anwendbarkeit der §§ 5 und 6 GrEStG aufgeworfene Frage. Wie der BFH im Urteil in BFH/NV 2008, 1526 unter Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden hat, lassen es die den §§ 5 und 6 GrEStG zugrundeliegenden wirtschaftlichen Gesichtspunkte nicht zu, das Tatbestandsmerkmal der „Gesamthand” auf juristische Personen auszudehnen.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 1148 Nr. 7
RAAAD-21797