BFH Urteil v. - XI R 64/06

Umsatzsteuerliche Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen; Vorsteuerabzug aus Herstellungskosten eines gemischt genutzten Gebäudes

Leitsatz

1. Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG ist, wer die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hat, eine wirtschaftliche Tätigkeit auszuüben, und erste Investitionsausgaben für diese Zwecke tätigt. Dabei kommt es auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Leistungsbezugs an.
2. Ist ein Gegenstand sowohl für unternehmerische Zwecke als auch für nichtunternehmerische Zwecke vorgesehen (sog. gemischte Nutzung), hat der Steuerpflichtige (Unternehmer) ein Zuordnungswahlrecht. Er kann den Gegenstand insgesamt oder im Umfang der tatsächlichen unternehmerischen Verwendung seinem Unternehmen zuordnen oder ihn in vollem Umfang in seinem Privatvermögen belassen.
3. Die Zuordnungsentscheidung des Unternehmers ist bereits bei Anschaffung oder Herstellung des Gegenstands zu treffen. Die Entscheidung kann nicht nachträglich mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Leistungsbezugs getroffen werden.
4. Gibt der Unternehmer die Umsatzsteuererklärung, aus der die Zuordnung eines Gebäudeteils zum Unternehmen erkennbar wird, erst mit einer erheblichen Verspätung ab, müssen gewichtige sonstige Umstände vorliegen, die gleichwohl den Schluss auf die Tatsache rechtfertigen, der Steuerpflichtige habe den neu errichteten Gebäudeteil bereits zum Zeitpunkt der jeweiligen Leistungsbezüge seinem Unternehmen zugeordnet. Die Entscheidung über die Zuordnung eines Gegenstands wird nicht durch die teilweise Nutzung für Zwecke der wirtschaftlichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen zum Ausdruck gebracht.
5. Ein Irrtum des Steuerpflichtigen oder seines steuerlichen Vertreters über die Rechtsfolgen, die das Unterlassen des sofortigen Vorsteuerabzugs nach sich zieht, ist regelmäßig unbeachtlich.

Gesetze: UStG § 2 Abs. 1, UStG § 4 Nr. 12, UStG § 9, UStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf)

Gründe

I. Streitig ist der Vorsteuerabzug aus Leistungsbezügen zur Errichtung eines Gebäudes, das seit der Fertigstellung teilweise für Wohnzwecke genutzt und teilweise an einen Unternehmer vermietet wird.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war zunächst nicht unternehmerisch tätig. Im Jahr 2000 errichtete sie auf ihrem Grundstück ein Einfamilienhaus mit Büroräumen. Der Bauantrag ging am bei der Gemeinde ein. Mit den Baumaßnahmen wurde im Juni 2000 begonnen. Die Wohnräume im Erdgeschoss und Dachgeschoss werden seit November 2000 von der Klägerin und ihrer Familie zu Wohnzwecken genutzt. Seit vermietet die Klägerin mehrere Räume im Untergeschoss mit einer Gesamtfläche von 49,704 qm (= 19,40 % der Gesamtfläche) an ihren Ehemann, der ein Architekturbüro betreibt.

In den Einkommensteuererklärungen für 2000 bis 2002 machte die Klägerin bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung die anteilig auf die Büroräume entfallenden Schuldzinsen sowie ab 2001 zusätzlich die Betriebskosten und die anteiligen Absetzungen für Abnutzung (AfA) ausgehend von den Bruttoherstellungskosten des Gebäudes als Werbungskosten geltend. Für die Zeit ab erklärte sie als Einnahmen die Miete zuzüglich der Umsatzsteuer und der Betriebskostenvorauszahlungen. Die Einkommensteuerbescheide sind bestandskräftig.

Eine Umsatzsteuererklärung für 2000 reichte die Klägerin zunächst nicht ein.

In der am beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt —FA—) eingegangenen Umsatzsteuererklärung für 2001 waren die Mieteinnahmen für das Büro und für eine Garage als steuerpflichtige und die Betriebskostenvorauszahlungen als steuerfreie Umsätze sowie die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer für die Betriebskosten als Vorsteuer angegeben. Das FA erließ daraufhin am eine Abrechnung für 2001.

Am reichte die Klägerin unter Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom Rs. C-269/00 —Seeling— (Slg. 2003, I-4101) und das im Anschluss hieran ergangene (BFHE 203, 206, BStBl II 2004, 371) für die Jahre 2000 und 2002 erstmalige Umsatzsteuererklärungen sowie für das Jahr 2001 eine geänderte Umsatzsteuererklärung ein. Darin machte sie neben den Vorsteuerbeträgen aus den laufenden Kosten die Vorsteuerbeträge aus den Herstellungskosten des Gebäudes in Höhe von 86 384,38 DM in 2000, 6 392,47 DM in 2001 und 1 979,35 € in 2002 geltend. Weiter erklärte sie neben den Vermietungsumsätzen für 2001 und 2002 —wegen der Nutzung von 80 % der Räume zu eigenen Wohnzwecken— Umsätze aus sonstigen Leistungen gemäß § 3 Abs. 9a Satz 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) jeweils in Höhe von 2 % der anteiligen Nettoherstellungskosten des Gebäudes.

Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung ging das FA davon aus, dass die Voraussetzungen für die Zuordnung des Grundstücks zum Unternehmen der Klägerin nicht vorlägen. Die Klägerin habe das Grundstück mit der Abgabe der Umsatzsteuererklärung 2001 am ihrem nichtunternehmerischen Bereich zugeordnet.

Das FA setzte die Umsatzsteuer für 2000 mit Bescheid vom unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) auf 0 € fest. Der Antrag auf Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung für 2001 wurde mit Bescheid vom abgelehnt. Die Umsatzsteuer für 2002 wurde mit Bescheid vom entsprechend den Feststellungen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung geändert. Für 2001 und für 2002 blieb der Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO jeweils unverändert bestehen.

Die Einsprüche blieben ohne Erfolg.

Im Rahmen des Klageverfahrens schränkte die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom ihr Begehren ein, und zwar auf den Abzug von 20 % der im Zusammenhang mit der Gebäudeerrichtung angefallenen Vorsteuerbeträge. Zugleich verzichtete sie für den Fall, dass erneut entschieden werden muss, auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Das Finanzgericht (FG) zog nach der mündlichen Verhandlung die Bauakten des Landratsamts bei. Das FA erließ am geänderte Umsatzsteuerbescheide für 2001 und 2002, in denen für die Zeit ab , dem Tag der Unterzeichnung des Mietvertrags, zusätzlich Vorsteuerbeträge in Höhe von 745 DM (= 6 392,47 DM x 20 % x 7/12) in 2001 und in Höhe von 396 € (1 979,35 € x 20 %) in 2002 anerkannt wurden. Das FG wies die Klage ohne Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung am ab. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 719 veröffentlicht.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Das FG habe seine Sachaufklärungspflicht verletzt. Sie —die Klägerin— habe den an das Architekturbüro vermieteten Gebäudeteil von Anfang an ihrem Unternehmen zugeordnet. Die Zuordnungsentscheidung sei zunächst nicht durch eine entsprechende Geltendmachung der Vorsteuerbeträge in den Jahren 2000 und 2001 dokumentiert worden, weil ihr Prozessbevollmächtigter möglicherweise rechtsirrtümlich davon ausgegangen sei, dass der Abzug der Vorsteuer wegen der Änderbarkeit der Steuerfestsetzungen später nachgeholt werden könne. Die diesbezüglichen Beweisantritte seien unbestritten geblieben. Nachdem sich aus den Bauakten keine Anhaltspunkte für die Zuordnungsentscheidung ergeben hätten, hätten die in den Schriftsätzen enthaltenen Beweisantritte eingehender beurteilt werden müssen, auch wenn Beweisanträge in der mündlichen Verhandlung nicht mehr gesondert gestellt worden seien. Der Erlass des Urteils ohne vorherige Unterrichtung über das Ergebnis der Einsichtnahme in die Bauakten stelle zudem eine Überraschungsentscheidung dar, die das rechtliche Gehör i.S. des § 96 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verletze.

Die Versagung des Vorsteuerabzugs verstoße aufgrund der Selbstbindung der Verwaltung gegen den Grundsatz von Treu und Glauben.

Der Klageantrag sei nicht auf den Abzug von 20 % der streitigen Vorsteuerbeträge beschränkt worden. Aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom sei ersichtlich, dass es sich bei der Beschränkung auf 20 % um einen Hilfsantrag gehandelt habe.

Die Klägerin hat zunächst beantragt, das Urteil des FG sowie die Einspruchsentscheidung des FA aufzuheben und die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide für 2000 bis 2002 unter Ansatz der beantragten Vorsteuern aus den Herstellungskosten des Gebäudes zu ändern.

Sie beantragt nunmehr, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Für das Streitjahr 2002 gilt dies gemäß § 126 Abs. 4 FGO mit der Maßgabe, dass die Klage nicht unbegründet, sondern unzulässig ist.

1. Ein Verfahrensmangel ist nicht ordnungsgemäß gerügt worden.

Die Rüge, das FG habe das Urteil erlassen, ohne vorher die Beteiligten über das Ergebnis der Einsichtnahme in die Bauakten zu unterrichten, und dadurch sei der Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt (vgl. § 96 Abs. 2, § 119 Nr. 3 FGO), ist erst nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist des § 120 Abs. 2 Satz 1 FGO und damit verspätet erhoben worden. Verfahrensmängel können nur geprüft werden, wenn sie innerhalb der Revisionsbegründungsfrist schlüssig gerügt wurden (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 119 Rz 2, m.w.N.).

2. Die sachliche Prüfung des Klagebegehrens für das Streitjahr 2002 ist ausgeschlossen.

Das FA hat insoweit noch vor Erlass des angefochtenen Urteils vom dem Klageantrag voll entsprochen und eine um 395,87 € (= 1 979,35 € x 20 %) höhere Vorsteuer berücksichtigt. Damit liegt objektiv eine Erledigung der Hauptsache vor. Diese führt, wenn Erledigungserklärungen nicht abgegeben werden, dazu, dass die Klage wegen des wegfallenden Rechtsschutzinteresses unzulässig wird (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 138 Rz 22; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 138 FGO Rz 52). Die Klage für das Streitjahr 2002 war deshalb nicht —wie das FG entschieden hat— unbegründet, sondern unzulässig.

3. Für die Streitjahre 2000 und 2001 hat das FG zutreffend einen höheren Vorsteuerabzug verneint. Die Klägerin hat den vermieteten Gebäudeteil jedenfalls nicht vor dem vom FA bereits anerkannten Zeitpunkt, dem , ihrem Unternehmen zugeordnet.

a) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen.

b) Das FG ist stillschweigend davon ausgegangen, dass die Klägerin in den Streitjahren Unternehmerin i.S. von § 2 Abs. 1 UStG war. Gemäß § 2 Abs. 1 UStG ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist nach § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt. Bei richtlinienkonformer Auslegung muss dabei eine wirtschaftliche Tätigkeit (Art. 4 Abs. 1 und 2 Satz 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern —Richtlinie 77/388/EWG—) ausgeübt werden (vgl. , BFH/NV 2005, 725, m.w.N.). Als Steuerpflichtiger (Unternehmer) hat zu gelten, wer die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hat, eine derartige Tätigkeit auszuüben, und erste Investitionsausgaben für diese Zwecke tätigt (vgl. –-Breitsohl—, Slg. 2000, I-4321; , BFH/NV 2003, 211). Dabei kommt es auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Leistungsbezugs an (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2003, 211, m.w.N.).

Selbst wenn die Klägerin bereits beim Bezug der Eingangsleistungen Unternehmerin gewesen wäre, weil sie die Absicht hatte, die Räume im Untergeschoss zu vermieten, sind aber keine objektiven Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass sie die Räume bereits vor dem vom FA anerkannten Zeitpunkt ihrem Unternehmen zugeordnet hatte und beabsichtigte, damit Umsätze auszuführen, die nach Option steuerpflichtig sind (§ 9 Abs. 1 i.V.m. § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG) und als besteuerte Verwendungsumsätze gemäß Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG, § 15 Abs. 1 UStG den Vorsteuerabzug ermöglichen.

c) Ist ein Gegenstand —wie im Streitfall das von der Klägerin errichtete Gebäude— sowohl für unternehmerische Zwecke als auch für nichtunternehmerische Zwecke vorgesehen (sog. gemischte Nutzung), hat der Steuerpflichtige (Unternehmer) nach der Rechtsprechung des EuGH und BFH ein Zuordnungswahlrecht (vgl. —Lennartz—, Slg. 1991, I-3795; , BFHE 197, 372, BStBl II 2003, 813, m.w.N.; vom V R 25/96, BFHE 198, 216, BStBl II 2003, 815). Er kann den Gegenstand insgesamt seinem Unternehmen zuordnen oder ihn in vollem Umfang in seinem Privatvermögen belassen, wodurch er dem Mehrwertsteuersystem vollständig entzogen wird, oder ihn auch nur im Umfang der tatsächlichen unternehmerischen Verwendung in sein Unternehmen einbeziehen (vgl. —HE—, Slg. 2005, I-3123, Randnr. 46; vom Rs. C-434/03 —Charles und Charles-Tijmens—, Slg. 2005, I-7037, Randnr. 23, m.w.N.; jeweils zu gemischtgenutzten Gebäuden).

Soweit der Unternehmer einen Teil des Gebäudes dem Unternehmensvermögen zuordnet, ist davon auszugehen, dass er im Umfang der unternehmerischen Verwendung bei der Errichtung des Gebäudes als Steuerpflichtiger gehandelt hat und das Gebäude insoweit als für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet i.S. von Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG anzusehen ist (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2005, I-3123, Randnr. 47).

aa) Die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen erfordert eine durch Beweisanzeichen gestützte Zuordnungsentscheidung des Unternehmers bei Anschaffung oder Herstellung des Gegenstands (vgl. BFH-Urteil in BFHE 197, 372, BStBl II 2003, 813, unter II.2.b; EuGH-Urteil in Slg. 1991, I-3795).

Die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs ist regelmäßig ein gewichtiges Indiz für die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen, die Unterlassung des Vorsteuerabzugs ein ebenso gewichtiges Indiz dagegen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 197, 372, BStBl II 2003, 813, und in BFHE 198, 216, BStBl II 2003, 815). Für die Zuordnung eines Gegenstands reicht es aber nicht aus, dass ein Unternehmer den Vorsteuerabzug aus den laufenden Unterhaltskosten des Gegenstands geltend macht (vgl. BFH-Urteil in BFHE 198, 216, BStBl II 2003, 815, unter II.2.b). Denn nach der Rechtsprechung des EuGH sind die Lieferung (bzw. Leistungen zur Herstellung) eines Gegenstands und die steuerbaren Aufwendungen für den Gebrauch bzw. die Erhaltung des Gegenstands hinsichtlich des Rechts auf Vorsteuerabzug getrennt zu beurteilen (vgl. —Bakcsi—, Slg. 2001, I-1831, Randnr. 33). Die Zuordnung des Gegenstands bestimmt die Anwendung des Mehrwertsteuersystems auf das Wirtschaftsgut selbst. Das Recht auf Abzug der Vorsteuer aus den laufenden Aufwendungen hängt dagegen insbesondere von dem Zusammenhang mit den besteuerten Umsätzen des Steuerpflichtigen ab (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2001, I-1831, Randnr. 33).

Gibt es keine Beweisanzeichen für eine Zuordnung zum Unternehmen, kann diese nicht unterstellt werden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 198, 216, BStBl II 2003, 815). Die Finanzverwaltung hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen (vgl. , BStBl I 2004, 451, und vom IV B 7 -S 7300- 26/04, BStBl I 2004, 469).

bb) Die Zuordnungsentscheidung ist bereits bei Anschaffung oder Herstellung des Gegenstands zu treffen (vgl. , BFH/NV 2008, 1773). Das folgt aus dem Grundsatz des Sofortabzugs der Vorsteuer.

Die mithin im Zeitpunkt des Leistungsbezugs zu treffende Zuordnungsentscheidung des Unternehmers wird in der Regel in der Umsatzsteuer-Voranmeldung des Voranmeldungszeitraums, in den der Leistungsbezug fällt, spätestens aber —mit endgültiger Wirkung— in der Umsatzsteuererklärung für das Jahr, in das der Leistungsbezug fällt, nach außen hin zu dokumentieren sein.

d) Danach liegt für die (noch streitige) Zeit bis einschließlich keine wirksame Zuordnung des vermieteten Gebäudeteils zum Unternehmensvermögen der Klägerin vor.

aa) Die Büroräume im Untergeschoss des Gebäudes sind in der Zeit von Mai 1999 bis Mitte des Jahres 2001 geplant und erstellt worden. Am hat die Klägerin den Mietvertrag mit ihrem Ehemann für die Zeit ab unterzeichnet. Den Abzug der auf die Büroräume entfallenden Vorsteuer für das Jahr 2000 hat sie nicht zeitnah geltend gemacht, obwohl ihr wegen der Bauleistungen im Zusammenhang mit der Herstellung des Gebäudes Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 86 384,38 DM in Rechnung gestellt wurde und die anteilige Vorsteuer für die Büroräume sich auf 17 276,88 DM (86 384,38 DM x 20 %) belaufen hätte. Die Klägerin hat weder Voranmeldungen abgegeben noch zeitnah eine Jahreserklärung eingereicht.

Die am eingereichte Umsatzsteuererklärung für 2000 kann nicht als Indiz für eine rechtzeitige Zuordnung der Büroräume zum Unternehmensbereich der Klägerin angesehen werden. In dieser Erklärung hat die Klägerin zwar erstmals den Abzug der im Jahr 2000 für die Errichtung des gesamten Gebäudes in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbeträge als Vorsteuer geltend gemacht. Ein derart verspätet beanspruchter Vorsteuerabzug stellt aber kein Indiz für eine bereits im Jahr 2000 beim Leistungsbezug getroffene Zuordnungsentscheidung dar. Je später die Umsatzsteuererklärung für das Jahr abgegeben wird, für das bei einer Zuordnung eines Gebäudeteils zum Unternehmen die Vorsteuer nach § 15 UStG geltend zu machen ist, desto mehr spricht dies dafür, dass der Unternehmer den Gebäudeteil zum Zeitpunkt der jeweiligen Leistungsbezüge seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen wollte. Denn wenn der Unternehmer zum Zeitpunkt der Leistungsbezüge tatsächlich den Willen hatte, den Gebäudeteil dem Unternehmen zuzuordnen, dann hat er regelmäßig auch ein wirtschaftliches Interesse daran, die Vorsteuer hierfür möglichst bald und nicht erst Jahre später erstattet zu bekommen.

bb) Gibt der Unternehmer die Umsatzsteuererklärung, aus der die Zuordnung des Gebäudeteils zum Unternehmen erkennbar wird, erst mit einer erheblichen Verspätung ab, dann müssen gewichtige sonstige Umstände vorliegen, die gleichwohl den Schluss auf die Tatsache rechtfertigen, der Steuerpflichtige habe den neu errichteten Gebäudeteil bereits zum Zeitpunkt der jeweiligen Leistungsbezüge seinem Unternehmen zugeordnet.

Im Streitfall können derartige Umstände nicht festgestellt werden. Selbst wenn in dem zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann abgeschlossenen Mietvertrag vom —wie in den Steuererklärungen angegeben— Miete zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer vereinbart worden sein sollte, ist dies angesichts des zunächst unterlassenen Vorsteuerabzugs kein geeignetes Beweisanzeichen dafür, dass die Klägerin bereits in dem noch streitigen Zeitraum, für den sie Vorsteuerbeträge aus Leistungsbezügen Dritter zur Herstellung des Gebäudes geltend macht, den vermieteten Gebäudeteil ihrem Unternehmensvermögen zugeordnet hat. Die Entscheidung über die Zuordnung eines Gegenstands wird nicht durch die teilweise Nutzung für Zwecke der wirtschaftlichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen zum Ausdruck gebracht (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2001, I-1831, Randnr. 32).

Andere objektive Anhaltspunkte, die eine Zuordnung des vermieteten Gebäudeteils zum Unternehmensvermögen indizieren könnten (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 197, 372, BStBl II 2003, 813, unter II.2.b), sind nicht ersichtlich. Nach den Feststellungen des FG haben sich insbesondere aus den beigezogenen Bauakten keine Hinweise auf eine Zuordnung zum Unternehmensvermögen ergeben. Hierfür würde allein die Kennzeichnung mehrerer Räume als Arbeitszimmer auch nicht ausreichen.

cc) Die Sachbehandlung in den Einkommensteuererklärungen 2001 und 2002 spricht vielmehr für eine Zuordnung des vermieteten Gebäudeteils zum nichtunternehmerischen Vermögen.

Nach § 9b Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes gehört der Vorsteuerbetrag nach § 15 UStG, soweit er bei der Umsatzsteuer abgezogen werden kann, nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsguts, auf dessen Anschaffung oder Herstellung er entfällt. Die Klägerin hat demgegenüber die AfA ausgehend von den Bruttoherstellungskosten geltend gemacht und als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen. Daraus ist erkennbar, dass sie zum Zeitpunkt der Abgabe der Einkommensteuererklärungen für 2001 und 2002 nicht von einem anteiligen Vorsteuerabzug für den vermieteten Gebäudeteil ausgegangen ist.

dd) Hinzu kommt, dass die Klägerin die Umsatzsteuererklärung für 2001 zeitlich vor derjenigen für das Jahr 2000 abgegeben hat und auch hier Vorsteuerbeträge, die im Zusammenhang mit der Errichtung des Gebäudeteils angefallen waren, nicht beansprucht hat, obwohl die Büroräume zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung (am ) bereits lange Zeit vermietet waren. Beantragt und gewährt wurde lediglich der Abzug der Vorsteuer aus den anteiligen Betriebskosten. Spätestens mit der Umsatzsteuererklärung für 2001 hat die Klägerin dem FA zu erkennen gegeben, dass sie den vermieteten Gebäudeteil jedenfalls für die Zeit vor der Vermietung ihrem nichtunternehmerischen Bereich zugeordnet hat.

ee) Mangels objektiver Anhaltspunkte für eine Zuordnung des vermieteten Gebäudeteils zum Unternehmen der Klägerin brauchte das FG den im Rahmen des Klageverfahrens gestellten Beweisanträgen auf Zeugen- und Parteivernehmung nicht nachzugehen. Die Zuordnung zum Unternehmen muss sich aus objektiven Umständen ergeben. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist die Abgabenverwaltung nicht gehindert, objektive Nachweise für die erklärte Absicht zu verlangen, zu besteuerten Umsätzen führende wirtschaftliche Tätigkeiten aufzunehmen (vgl. Urteil in Slg. 2000, I-4321, Randnr. 39). Entsprechendes gilt für die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen.

ff) Die Entscheidung über die Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmensvermögen kann auch nicht nachträglich mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Leistungsbezugs getroffen werden. Denn Absichtsänderungen eines Steuerpflichtigen wirken nicht auf den Zeitpunkt des Leistungsbezugs zurück und führen deshalb nicht dazu, dass für Eingangsleistungen in Rechnung gestellte Umsatzsteuerbeträge nachträglich als Vorsteuerbeträge abziehbar sind (vgl. , BFHE 208, 84, BStBl II 2005, 414; , BFH/NV 2006, 1364).

Die am eingereichten Umsatzsteuererklärungen für 2000 und 2001 können deshalb für die noch streitige Zeit bis einschließlich weder eine Zuordnung des vermieteten Gebäudeteils zum Unternehmen bewirken noch die für 2001 getroffene Zuordnung zum nichtunternehmerischen Bereich ändern.

gg) Ein Irrtum des Steuerpflichtigen oder seines steuerlichen Vertreters über die Rechtsfolgen, die das Unterlassen des sofortigen Vorsteuerabzugs nach sich zieht, ist regelmäßig unbeachtlich (vgl. Lohse, Die Zuordnung im Mehrwertsteuerrecht, S. 321).

e) Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass die Versagung des Vorsteuerabzugs aufgrund der Selbstbindung der Verwaltung gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoße.

aa) Abschn. 192 Abs. 18 Nr. 2 Buchst. b Satz 1 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2000 (UStR) sieht zwar vor, dass ein Unternehmer, der von der Möglichkeit der Zuordnung von nichtunternehmerisch verwendeten Gebäudeteilen zum nichtunternehmerischen Bereich Gebrauch machen will, dies dem FA spätestens bis zur Abgabe der Umsatzsteuererklärung des Jahres schriftlich mitteilen muss, in dem das Gebäude erstmals verwendet wird. Ansonsten ist davon auszugehen, dass der Unternehmer das Gebäude insgesamt seinem unternehmerischen Bereich zugeordnet hat (Abschn. 192 Abs. 18 Nr. 2 Buchst. b Satz 2 UStR).

Die Finanzverwaltung wendet die Fiktion in Abschn. 192 Abs. 18 Nr. 2 Buchst. b Satz 2 UStR auf Gebäude an, die vor dem hergestellt worden sind, wenn der Unternehmer den Vorsteuerabzug aus dem unternehmerisch genutzten Gebäudeteil geltend gemacht hat (vgl. Rundverfügung der  A - St 44 5, Tz. 6.1).

bb) Danach liegt im Streitfall schon deshalb kein Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben vor, weil eine wirksame Zuordnung des vermieteten Gebäudeteils zum Unternehmensvermögen zumindest in der Zeit bis nicht erfolgt ist.

Die Klägerin kann auch nicht geltend machen, dass Abschn. 192 Abs. 18 Nr. 2 Buchst. b Satz 1 UStR die Zuordnung noch im Jahr der erstmaligen Verwendung erlaube. Denn im Streitfall geht es nicht um die Zuordnung von nichtunternehmerisch genutzten Gebäudeteilen, sondern um die Zuordnung des unternehmerisch genutzten Gebäudeteils. Im Übrigen binden Verwaltungsvorschriften die Gerichte nicht für das Festsetzungsverfahren.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 798 Nr. 5
HFR 2009 S. 598 Nr. 6
WAAAD-13921