BGH Beschluss v. - 4 StR 195/08

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: StPO § 349 Abs. 2; StPO § 349 Abs. 4; StGB § 27 Abs. 1; StGB § 41

Instanzenzug: LG Bochum, vom

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Parteiverrats, Beihilfe zum Betrug in vier Fällen, davon in einem Fall tateinheitlich mit Parteiverrat, sowie wegen Beihilfe zum versuchten Betrug in 13 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat; ferner hat es gegen den Angeklagten zugleich gemäß § 41 StGB auf eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 40 Euro erkannt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Der Schuldspruch des angefochtenen Urteils bedarf hinsichtlich der Fälle C II. Taten 1 und 18 der Urteilsgründe der Änderung, weil das Landgericht insoweit rechtsfehlerhaft von zwei tatmehrheitlichen Fällen des Parteiverrats ausgegangen ist.

Nach den Feststellungen des Landgerichts zu diesen Taten hat der Angeklagte den Parteiverrat dadurch begangen, dass er in Kollusion mit dem gesondert abgeurteilten Volker H. gegen den Zeugen P. in der Weise vorging, dass er als Anwalt ihn zunächst dahin beriet, gegen die H. KG eine Musterklage zu erheben, sodann jedoch - ohne P. von dem Parteiwechsel zu informieren - H. dabei unterstützte, P. beim Amtsgericht Essen-Steele mit Erfolg zu verklagen, er dann zwar die Einlegung der Berufung gegen das obsiegende Urteil veranlasste, anschließend aber daran mitwirkte, dass H. - wiederum ohne Rücksprache mit P. - die Berufung zurücknahm, obwohl er, der Angeklagte, inzwischen erkannt hatte, dass das Urteil von H. betrügerisch erstritten worden war. Bei dieser Sachlage liegt entgegen der Auffassung des Landgerichts nur eine einheitliche Tat des (schweren) Parteiverrats (§ 356 Abs. 1 und 2 StGB) in Tateinheit mit Beihilfe zum Betrug vor. Ausschlaggebend für die Frage, ob ein Tätigwerden "dieselbe Rechtssache" im Sinne des Parteiverratstatbestandes betrifft und es sich nur um eine Tat handelt, ist der sachlichrechtliche Inhalt der durch das Mandat anvertrauten Interessen (vgl. Maurach/Schroeder/Maiwald Strafrecht Besonderer Teil Teilband II § 78 Rdn. 7). Den maßgeblichen Anknüpfungspunkt hierfür bildet das dem Täter anvertraute materielle Rechtsverhältnis in seinem gesamten tatsächlichen und rechtlichen Gehalt. Dient der Täter in derselben Sache mehrfach pflichtwidrig derselben Partei, so liegt danach auch dann eine tatbestandliche Handlungseinheit vor (Gillmeister in LK-StGB 11. Aufl. § 356 Rdn. 106; Kuhlen in NK-StGB 2. Aufl. § 356 Rdn. 69; Rudolphi/Rogall in SK-StGB 7. Aufl. § 356 Rdn. 38), wenn der Täter in mehreren, zeitlich gestreckten Akten handelt (Lackner/Kühl StGB 26. Aufl. § 356 Rdn. 12). Dass der Angeklagte zum Nachteil des P. an der Berufungsrücknahme mitwirkte, setzte demnach lediglich den bereits zuvor verwirklichten Parteiverrat fort, bildete demgegenüber aber keine neue Tat.

Der Senat ändert den Schuldspruch danach entsprechend. Dabei muss die - vom Landgericht im Fall C II. Tat 18 zu Recht bejahte - Qualifikation des § 356 Abs. 2 StGB ("schwerer" Parteiverrat) im Schuldspruch ihren Ausdruck finden. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen.

2. Auch der Schuldspruch wegen Beihilfe zum vollendeten und zum versuchten Betrug zum Nachteil der Anleger hält der rechtlichen Prüfung nicht stand.

a) Soweit es die Verurteilung wegen Beihilfe zum vollendeten Betrug zum Nachteil der Anleger B. , R. und Sch. anlangt, kann dem Urteil - wie die Revision zu Recht einwendet - nicht entnommen werden, dass der Angeklagte in dem Zeitpunkt, als diese drei Geschädigten auf das Aufforderungsschreiben des H. vom hin gezahlt haben, den betrügerischen Plan des H. bereits durchschaut hatte. Das Landgericht hat nämlich angenommen, dass der Angeklagte erst ab Mitte Februar 2001 bösgläubig war (UA 74 f., 95). Hätten die drei Anleger ihre Zahlungen bis dahin aber bereits erbracht, wäre der Betrug des H. nicht nur vollendet, sondern bereits beendet gewesen. Dies schlösse schon deshalb insoweit eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Beihilfe aus (vgl. Fischer StGB 55. Aufl. § 27 Rdn. 6 m.w.N.).

Da das Landgericht Feststellungen zum Zeitpunkt des Eingangs der Zahlungen der drei Geschädigten nicht getroffen hat, bedarf dies weiterer Aufklärung und ergänzender Feststellungen durch den neuen Tatrichter.

b) Im Übrigen kann der Schuldspruch wegen Beihilfe zu den Betrugstaten des H. auch deshalb nicht bestehen bleiben, weil die Annahme von 16 tatmehrheitlich begangenen Beihilfehandlungen durch die Feststellungen nicht belegt ist. Nach der rechtlichen Würdigung im angefochtenen Urteil hat das Landgericht den Schwerpunkt des Tatvorwurfs gegen den Angeklagten insoweit darin gesehen, dass er H. "nach dem nicht von der weiteren Geltendmachung seiner Ansprüche ab(hielt) oder daraufhin(wirkte), dass H. von der Verfolgung der Ansprüche Abstand nahm" (UA 98). Dabei hat das Landgericht aber bei der Prüfung der Konkurrenz nicht erkennbar bedacht, dass die Frage, ob Tatmehrheit oder Tateinheit vorliegt, für jeden Täter und Teilnehmer voneinander unabhängig und selbständig zu prüfen ist (vgl. BGHR StGB § 27 Abs. 1 Konkurrenzen 1). Danach ist der Gehilfe, der durch eine Handlung (oder Unterlassung) mehrere rechtlich selbständige Haupttaten fördert, nur einer Beihilfe im Rechtssinne schuldig (Fischer aaO § 27 Rdn. 31 m.w.N.). Soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang dem Angeklagten auch angelastet hat, er habe von H. verfasste Schriftstücke unterzeichnet, die auf das Bestehen der Forderung gegenüber den Anlegern hinwiesen (UA 98), fehlt es ebenfalls an näheren Feststellungen, welche Schriftstücke damit gemeint sind und wann der Angeklagte insoweit tätig geworden ist.

c) Die aufgezeigten Rechtsfehler lassen die bisher getroffenen Feststellungen unberührt; sie können deshalb bestehen bleiben. Dies hindert den neuen Tatrichter nicht, die notwendigen ergänzenden Feststellungen zu treffen, die zu den bisher getroffenen nicht in Widerspruch stehen.

3. Die Schuldspruchänderung hinsichtlich der Taten C II. 1 und 18 sowie die Aufhebung des Urteils im Übrigen zieht die Aufhebung des gesamten Strafausspruchs nach sich.

4. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

Die strafschärfenden Erwägungen bei Bemessung der wegen (schweren) Parteiverrats verhängten Einzelstrafen (UA 102) können unter dem Gesichtspunkt des Verbots der Doppelverwertung (§ 46 Abs. 3 StGB) rechtlichen Bedenken begegnen. Ebenfalls nicht frei von rechtlichen Bedenken ist die Versagung der Versuchsmilderung in den angenommenen Fällen der Beihilfe zum Betrugsversuch (UA 103); insoweit fehlt es an der gebotenen umfassenden Würdigung insbesondere der versuchsbezogenen Gesichtspunkte (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 72). Schließlich könnte der Ausspruch über die gemäß § 41 StGB verhängte (Gesamt-)Geldstrafe nicht bestehen bleiben. Denn das Gesetz lässt eine einheitliche Geldstrafe als zusätzliche Sanktion für mehrere abgeurteilte Straftaten nicht zu. Vielmehr ist, wenn neben der jeweiligen Einzelfreiheitsstrafe eine Geldstrafe verhängt werden soll, dies für jede Tat gesondert zu entscheiden; aus mehreren Einzelstrafen ist sodann eine Gesamtgeldstrafe zu bilden (BGHR StGB § 41 Geldstrafe 2).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
wistra 2009 S. 113 Nr. 3
HAAAD-02242

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