Leitsatz
[1] 1. Aus dem Recht und der Pflicht des Vorsitzenden zur Sachleitung des Verfahrens folgt die Befugnis, den Verfahrensbeteiligten eine Frist zur Stellung von Beweisanträgen zu setzen. § 246 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen.
2. Wird nach der gesetzten Frist ein Beweisantrag gestellt, kann dies ein Indiz für die innere Tatsache der Verschleppungsabsicht darstellen, wenn der Antragsteller die Gründe für die verspätete Antragstellung nicht nachvollziehbar und substantiiert darlegen kann und auch die Aufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO nicht zur Beweiserhebung drängt.
3. Macht der Vorsitzende von der Möglichkeit der Fristsetzung Gebrauch, ist die Anordnung nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO zu protokollieren. Die Verfahrensbeteiligten sind darauf hinzuweisen, dass eine Ablehnung der Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt wurden, wegen Verschleppungsabsicht bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen möglich ist.
4. Wurde der Hinweispflicht entsprochen, können Hilfsbeweisanträge auch erst im Urteil wegen Verschleppungsabsicht abgelehnt werden.
Gesetze: StPO § 244 Abs. 3; StPO § 246 Abs. 1
Instanzenzug: LG Münster, vom
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 18 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt, wovon vier Monate als verbüßt gelten. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
I.
Die Verfahrensrüge, mit der die rechtsfehlerhafte Ablehnung verschiedener Hilfsbeweisanträge wegen Prozessverschleppungsabsicht geltend gemacht wird, hat keinen Erfolg.
1. Die Revision trägt folgendes Verfahrensgeschehen vor:
Am 10. Hauptverhandlungstag wurde seitens des Vorsitzenden der Strafkammer angeordnet, dass "den Beteiligten ... zur Stellung von weiteren Beweisanträgen eine Frist bis zum gesetzt" wird. Auf Antrag des Verteidigers des Angeklagten wurde die Frist unmittelbar im Anschluss durch weitere Anordnung des Vorsitzenden bis zum verlängert. Sodann wurde den Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Am darauf folgenden Verhandlungstag beantragte der Verteidiger, die Frist für weitere Beweisanträge aufzuheben, und einen diesbezüglichen Beschluss der Strafkammer. Nach Unterbrechung der Verhandlung bestätigte die Kammer die vom Vorsitzenden angeordnete Fristsetzung. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es "nach der neuen Rechtsprechung des BGH vor allem in umfangreichen Verfahren zulässig und sinnvoll ist, solche Fristen zu setzen." Die gesetzte Frist erscheine zudem angemessen. Im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung wurden auch nach dem gestellte Beweisanträge seitens des Landgerichts entgegengenommen, denen teilweise auch nachgegangen wurde. Im Rahmen seines Schlussvortrages am 27. Verhandlungstag stellte der Verteidiger dann verschiedene Hilfsbeweisanträge, die allesamt im Urteil wegen Prozessverschleppungsabsicht abgelehnt wurden.
2. Die Rüge der Verletzung des § 244 Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 und Abs. 3 StPO sowie des Rechts auf ein faires Verfahren ist bereits unzulässig, da sie den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht entspricht.
a) Der Beschwerdeführer muss die Tatsachen, die den behaupteten Verfahrensmangel begründen, so vollständig und genau mitteilen, dass das Revisionsgericht auf Grund der Rechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden (vgl. statt aller Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 344 Rdn. 24 m.w.N.). Für einen erschöpfenden Vortrag sind dabei auch - verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfG NJW 2005, 1999, 2002) - die Verfahrenstatsachen vorzutragen, die der erhobenen Rüge entgegenstehen könnten (vgl. zuletzt Senat NStZ-RR 2007, 53, 54).
b) Mit der Rüge wird geltend gemacht, dass die Strafkammer die Hilfsbeweisanträge im Urteil wegen Verschleppungsabsicht abgewiesen habe, ohne zuvor darauf hingewiesen zu haben, dass Beweisanträge, die nach Ablauf der am 10. Hauptverhandlungstag gesetzten Frist gestellt werden, auch wegen Verschleppungsabsicht abgelehnt werden können. Dies ist indes nach der dienstlichen Erklärung des Vorsitzenden der Strafkammer, die in der Gegenerklärung der Staatsanwaltschaft mitgeteilt wird und der die Revision nicht entgegengetreten ist, nicht der Fall. Danach wurde vielmehr am 11. Hauptverhandlungstag nachdem der Gerichtsbeschluss verkündet worden war, der die Fristsetzung des Vorsitzenden bestätigte, mit den Verfahrensbeteiligten die Bedeutung der Fristsetzung erörtert. Seitens des Vorsitzenden wurde darauf hingewiesen, dass es als Indiz für eine Verschleppungsabsicht gewertet werden kann, wenn Beweisanträge erst nach Fristablauf gestellt werden, und dass bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen eine Zurückweisung der Beweisanträge wegen Prozessverschleppung in Betracht kommt. Dieses Verfahrensgeschehen mitzuteilen, das für die Beurteilung der Verfahrensrüge bedeutsam ist, versäumt die Revision. Das mag seine Ursache darin haben, dass in der Revisionsinstanz ein anderer Verteidiger als in der Tatsacheninstanz beauftragt war. In solchen Fällen trifft den neuen Verteidiger indes eine Erkundigungspflicht (vgl. Senat NStZ 2005, 283, 284), zumal in der Revisionsbegründung ausdrücklich das Fehlen eines entsprechenden Hinweises gerügt wurde. Unter diesen Voraussetzungen gebietet auch das verfassungsrechtlich garantierte Prinzip der Effektivität des Rechtsschutzes kein anderes Ergebnis (BVerfG StraFo 2005, 512).
c) Bei der gegebenen Sachlage wäre die Rüge zudem aber auch unbegründet. Das Landgericht hat die Hilfsbeweisanträge zu Recht wegen Prozessverschleppungsabsicht abgelehnt. Die verlangte Beweiserhebung konnte nichts Sachdienliches zugunsten des Angeklagten erbringen, was dem Antragsteller auch bewusst war. Darüber hinaus bezweckte er mit dem Antrag ausschließlich die Verzögerung des Verfahrensabschlusses. Durch die begehrte Beweiserhebung wäre auch eine wesentliche Verzögerung eingetreten.
aa) Unter umfassender Würdigung aller maßgeblichen Umstände (vgl. BGHSt 51, 333, 336 Rdn. 17) hat die Strafkammer die vorstehend aufgezeigten Voraussetzungen für die Ablehnung der Hilfsbeweisanträge wegen Verschleppungsabsicht (vgl. insoweit nur BGHSt 51, 333, 336 Rdn. 15) rechtsfehlerfrei dargelegt. Ihr war dabei nicht verwehrt, das voraussichtliche Beweisergebnis vorweg zu würdigen (BGHSt 21, 118, 122).
Hierfür hat sie die Aussagen der bisher vernommenen Zeugen und den sonstigen Akteninhalt berücksichtigt, aus der sich für die in den abgelehnten Beweisanträgen behauptete herausragende Stellung des Zeugen im Unternehmen des Angeklagten keinerlei Anhaltspunkte ergaben. Weiter führt die Strafkammer aus, dass auch die Vernehmung anderer Zeugen, die in Erledigung früherer Beweisanträge der Verteidigung zu identischen Beweisthemen erfolgte, keine Erkenntnisse, die den Angeklagten entlasteten, erbracht hatte. Aufgrund eingehender Würdigung der dargelegten Gesichtspunkte gelangt das Landgericht sodann zu der Überzeugung, dass sich die Verteidigung bei Stellung der gegenständlichen Hilfsbeweisanträge über die Nutzlosigkeit der begehrten Beweiserhebung bewusst war. Unter Darlegung des bisherigen Prozessverlaufes und Prozessverhaltens, wobei unter anderem - neben anderweitigen Gesichtspunkten - auch auf die seitens der Kammer gesetzte Frist abgestellt wird, begründet die Strafkammer anschließend, dass seitens der Verteidigung mit den Hilfsbeweisanträgen ausschließlich die Verzögerung des Verfahrensabschlusses bezweckt wurde.
Diese Erwägungen erweisen sich in tatsächlicher Hinsicht als tragfähig und rechtlich zutreffend. Namentlich war es der Strafkammer nicht verwehrt, den Umstand, dass die Hilfsbeweisanträge nach Ablauf der seitens der Strafkammer gesetzten Frist zur Stellung von Beweisanträgen gestellt worden waren, in die Abwägung mit einzubeziehen. Dieser Aspekt wurde lediglich als einer von mehreren Gesichtspunkten in die erforderliche Gesamtabwägung eingestellt. Es führte nicht die verspätete Antragstellung als solche zur Zurückweisung, was nach § 246 Abs. 1 StPO unzulässig wäre. Darauf, dass es als Indiz für eine Verschleppungsabsicht gewertet werden kann, wenn Beweisanträge nach Fristablauf gestellt werden (vgl. insoweit auch BGHSt 51, 333, 344 Rdn. 37), waren die Verfahrensbeteiligten hingewiesen worden.
bb) Ohne Rechtsfehler hat die Strafkammer auch dargelegt, dass die beantragte Beweiserhebung zu einer wesentlichen Verzögerung des Verfahrens geführt hätte. Für die Vernehmung des nicht am Gerichtsort wohnenden Zeugen hätte, da aufgrund der eingeschränkten Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten eine Durchführung der Beweisaufnahme am Tag der Antragstellung nicht mehr möglich war, ein weiterer Hauptverhandlungstag anberaumt werden müssen. Hierbei konnte das Landgericht - neben anderen Gesichtspunkten - auch berücksichtigen, dass aufgrund der eingeschränkten Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten eine - zudem auch aus anderen Gründen nicht ohne weiteres durchführbare - unmittelbare Beweisaufnahme am Tage der Antragstellung nicht möglich war. Es zog insoweit bei seiner Bewertung der Wesentlichkeit der Verzögerung lediglich eine Verfahrenstatsache heran, von der abzuweichen ohne weiteres kein Anlass bestand. Ein von der Revision in diesem Zusammenhang erkannter Zynismus ist nicht gegeben. Angesichts der Tatsache, dass seitens des Gerichts für den Tag der Antragstellung bereits im Anschluss an die Schlussvorträge die Urteilsberatung und -verkündung vorgesehen war, wäre - auch unter Berücksichtigung der sich aus dem Rubrum des Urteils ergebenden Folge der bisherigen Hauptverhandlungstermine (zuletzt einmal wöchentlich) - eine Verzögerung von mehreren Tagen eingetreten. Da das Verfahren im Übrigen abschlussreif war und bereits seit Ende 2001 andauerte, war die Verzögerung, die demnach eingetreten wäre, auch wesentlich. Im Hinblick auf den Beschleunigungsgrundsatz sind, je länger ein Strafverfahren andauert, die Anforderungen an die Wesentlichkeit der Verfahrensverzögerung geringer. In solchen Fällen kann auch eine relativ geringfügige zeitliche Verzögerung wesentlich sein. Ob an der bisherigen Rechtsprechung weiter festzuhalten ist, wonach der Ablehnungsgrund der Verschleppungsabsicht nur Anwendung finden kann, wenn die Erhebung des beantragten Beweises das Verfahren wesentlich verzögern würde, braucht daher vorliegend - wenngleich gute Gründe für die Aufgabe der diesbezüglichen Rechtsprechung sprechen (vgl. BGHSt 51, 333, 342 Rdn. 32 ff., BGH StV 2008, 9, 10) - nicht entschieden zu werden.
cc) Nachdem die Verfahrensbeteiligten im Anschluss an den Beschluss der Strafkammer, der die Frist für die Stellung von Beweisanträgen des Vorsitzenden bestätigte, darauf hingewiesen worden waren, dass nach Fristablauf gestellte Beweisanträge auch wegen Verschleppungsabsicht abgelehnt werden können, war es auch zulässig, die Hilfsbeweisanträge darauf gestützt im Urteil abzulehnen. Zutreffend trägt die Revision in diesem Zusammenhang zwar vor, dass dies nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs regelmäßig nicht zulässig ist. Die insoweit maßgeblichen Gesichtspunkte, die ein solches Vorgehen dem Grundsatz nach verbieten, sind vorliegend indes nicht gegeben.
(1) In der Regel kann ein Hilfsbeweisantrag im Urteil abgelehnt werden. Mit der hilfsweisen Antragstellung im Schlussvortrag bringt der Antragsteller zum Ausdruck, dass er auf eine Bescheidung in der Hauptverhandlung nach § 244 Abs. 6 StPO verzichtet und sich damit einverstanden zeigt, dass sein Antrag erst in den Urteilsgründen beschieden wird (vgl. Fischer in KK 6. Aufl. § 244 Rdn. 92). Dies gilt indes nicht, wenn die Ablehnung des Beweisantrags auf Verschleppungsabsicht gestützt werden soll. Dann ist der Beweisantrag grundsätzlich wie ein unbedingt gestellter Antrag zu behandeln; er ist mit einem in der Hauptverhandlung verkündeten Beschluss zu bescheiden, um dem Antragsteller die Gelegenheit zu geben, den gegen ihn erhobenen Verschleppungsvorwurf zu entkräften (vgl. BGHSt 22, 124 f.; BGH NStZ 1986, 372; StV 1990, 394; BGH NStZ 1998, 207 m. Anm. Sander).
(2) Ist aber im Laufe des Verfahrens - wie hier - durch entsprechenden Hinweis des Gerichts klargestellt, dass es als Indiz für eine Verschleppungsabsicht gewertet werden kann, wenn Beweisanträge erst nach Ablauf einer zuvor gesetzten Frist gestellt werden, besteht kein Anlass, dem Antragsteller nochmals die Möglichkeit zur Verteidigung gegen den Verschleppungsvorwurf zu geben. Maßnahmen, mit denen er die Ablehnung des Beweisantrags unter diesem Gesichtspunkt hätte vermeiden können, wie z.B. die in der Revision aufgezeigte Ausübung des Selbstladerechts oder die Stellung anderweitiger, möglicherweise gar im Hinblick auf die Bescheidung des ersten Hilfsbeweisantrags bedingte Anträge, sind zumutbar und vom redlichen Antragsteller auch zu erwarten, wenn er aufgrund entsprechender Hinweise des Gerichts darum weiß, dass nach einem bestimmten Zeitpunkt die Möglichkeit der Ablehnung wegen Verschleppungsabsicht erwogen wird. Zudem besteht für den Antragsteller in Kenntnis der konkreten prozessualen Situation ohne weiteres die Möglichkeit, die Beweisanträge unbedingt zu stellen. Dadurch wird weder die Verteidigung in unzulässiger Weise beschränkt, noch das Verfahren verzögert. Zudem würden die mit der Fristsetzung zur Antragstellung verfolgten Zwecke im Wesentlichen leer laufen, wenn in diesen Konstellationen der Grundsatz Anwendung fände, dass Hilfsbeweisanträge nicht im Urteil wegen Verschleppungsabsicht zurückgewiesen werden dürfen.
3. Soweit mit der Revision darüber hinaus im Hinblick auf die Fristsetzung durch das Landgericht die Verletzung von § 246 Abs. 1 StPO gerügt wird, ist die Rüge unbegründet. § 246 Abs. 1 StPO verbietet nicht die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Verschleppungsabsicht gemäß § 244 Abs. 3 StPO. Verspätete Stellung eines Beweisantrags kann alleine schon für Verschleppungsabsicht sprechen (BGH NStZ 1990, 350, 351). Einer Fristsetzung, die lediglich ein Indiz für die innere Tatsache der Verschleppungsabsicht sein kann und die zudem keine Ausschlussfrist ist, steht § 246 Abs. 1 StPO nicht entgegen. Vielmehr folgt eine diesbezügliche Befugnis aus dem Recht und der Pflicht des Vorsitzenden zur Sachleitung des Verfahrens, insbesondere der Hauptverhandlung.
a) Nach den §§ 213 ff., § 238 Abs. 1 StPO hat der Vorsitzende die Durchführung der Hauptverhandlung durch geeignete Maßnahmen vorzubereiten und deren Durchführung sicherzustellen. Dies gibt ihm - soweit der Verfahrensgang nicht durch § 243 StPO festgelegt ist - auch die Befugnis, den Gang der Beweisaufnahme, insbesondere auch die zeitliche Reihenfolge der einzelnen Beweiserhebungen, zu bestimmen (vgl. Fischer in KK 6. Aufl. § 238 Rdn. 3). Daraus folgt auch die Befugnis, durch eine Fristsetzung für eventuelle Beweisanträge die weitere Gestaltung der Beweisaufnahme zu fördern, wenn die vom Gericht nach dem Maßstab der Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) für geboten gehaltene Beweiserhebung abgeschlossen ist. Eine solche Vorgehensweise wird bei Verfahren, die bereits seit längerem andauern, insbesondere solchen mit einer Hauptverhandlung, die mindestens zehn Verhandlungstage umfasst (§ 229 Abs. 2 StPO), regelmäßig im Hinblick auf den Beschleunigungsgrundsatz, der einen Abschluss des Verfahrens in einem angemessenen zeitlichen Rahmen gebietet (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK), angezeigt sein, um eine hinreichend straffe Verhandlungsführung zu ermöglichen.
b) § 246 Abs. 1 StPO verbietet demgegenüber lediglich aufgrund des im Strafprozess geltenden Prinzips materieller Wahrheit eine Präklusion von Beweisvorbringen auf Grund Zeitablaufs (Fischer in KK 6. Aufl. § 246 Rdn. 1). Eine solche geht indes mit der Fristsetzung nicht einher. Werden Anträge nicht innerhalb der gesetzten Frist gestellt, sind für eine Verschleppungsabsicht des Antragstellers lediglich signifikante Indizien gegeben, wenn dieser die Gründe für die verspätete Antragstellung nicht nachvollziehbar und substantiiert darlegen kann und auch die Aufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO nicht zur Beweiserhebung drängt (BGHSt 51, 333, 344 Rdn. 37).
c) Auch soweit § 246 Abs. 1 StPO ein Verbot enthalten sollte, den Verfahrensbeteiligten einen Zeitpunkt für die Stellung von Beweisanträgen vorzuschreiben (so - nicht tragend - BGH NStZ 1986, 371; BGH NStZ 1990, 350, 351), würde gegen dieses Verbot durch die Fristsetzung nicht verstoßen. Denn den Verfahrensbeteiligten bleibt es - sei es aus prozesstaktischen oder aus anderen Gründen - weiter freigestellt, auch nach der gesetzten Frist Beweisanträge zu stellen. An der Pflicht des Gerichts zur Entgegennahme und Verbescheidung der Beweisanträge ändert sich nichts (BGHSt 51, 333, 345 Rdn. 38).
d) Macht der Vorsitzende von der Möglichkeit der Fristsetzung Gebrauch, ist die Anordnung nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO zu protokollieren. Es empfiehlt sich, den Grund der Anordnung und die Angemessenheit der Frist in gebotenem Umfang zu begründen. Hierbei sind die Verfahrensbeteiligten darauf hinzuweisen, dass das Gericht Beweisanträge, die nach Ablauf der Frist gestellt werden, nach den allgemeinen Regeln entgegen zu nehmen und zu bescheiden hat. Darüber hinaus ist darzulegen, dass im Falle der Antragstellung nach Fristablauf der Antragsteller die Gründe hierfür substantiiert darzulegen hat und das Gericht, wenn nach dessen Überzeugung kein nachvollziehbarer Anlass für die verfristete Antragstellung besteht, grundsätzlich davon ausgehen kann, dass der Antrag nichts anderes als die Verzögerung des Verfahrens bezweckt, falls nicht die Aufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO gleichwohl zur Beweiserhebung drängt. Demgemäß sind die Verfahrensbeteiligten auch darauf hinzuweisen, dass - ggfs. bei Hilfsbeweisanträgen auch im Urteil - eine Ablehnung der Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt wurden, wegen Verschleppungsabsicht bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen möglich ist.
II.
Auch die Sachrüge bleibt ohne Erfolg. Ergänzend zu der Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
Entgegen der Auffassung der Revision sind die Feststellungen des angefochtenen Urteils weder lückenhaft noch widersprüchlich. Der Angeklagte initiierte die zur Aburteilung gelangten Geschäfte nicht, um einen günstigeren Rückerwerb der Kraftfahrzeuge zu erreichen. Wie den Urteilsgründen in ihrem Zusammenhang noch hinreichend entnommen werden kann, handelte es sich bei den Geschäften um Scheingeschäfte im Sinne von § 41 Abs. 2 Satz 1 AO, um die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug (§ 15 UStG) vorzutäuschen, der dem Unternehmen des Angeklagten tatsächlich nicht zustand. In den weiteren Fällen wurden durch Scheingeschäfte i.S.v. § 41 Abs. 2 Satz 1 AO umsatzsteuerpflichtige Inlandsgeschäfte zwischen dem Unternehmen des Angeklagten und dessen Kunden verschleiert, um so seine aus § 13a Abs. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG folgende Zahlungsverpflichtung zu umgehen. Vor diesem Hintergrund erweist sich auch die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht als rechtsfehlerhaft.
Unter Berücksichtigung des im Urteil hinreichend dargelegten Verfahrensgangs hat die Strafkammer auch der eingetretenen Verfahrensverzögerung bei der Strafzumessung rechtsfehlerfrei Rechnung getragen. Die von der Revision in diesem Zusammenhang vermisste Berücksichtigung bei der Bemessung der Einzelstrafen findet sich im Urteil auf Seiten 97 und 100. Unter Berücksichtigung des Umfangs und der Komplexität des Verfahrens ist die zur Kompensation gewährte Anrechnung in revisionsrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NJW 2009 S. 605 Nr. 9
wistra 2009 S. 71 Nr. 2
AAAAD-01229
1Nachschlagewerk: nein; BGHR: ja