BGH Beschluss v. - IX ZR 108/06

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: ZPO § 282 Abs. 1; ZPO § 288; ZPO § 290 i; ZPO § 296 Abs. 2; ZPO § 525 Satz 1; ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3

Instanzenzug: LG Saarbrücken, 6 O 371/03 vom OLG Saarbrücken, 4 U 443/04 vom

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt von der Verwalterin in dem am eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners die Auskehr vereinnahmter Mieten und die Mitteilung an den Mieter, dass die Mieten fortan an die Klägerin zu zahlen sind.

Nach den erstinstanzlichen Behauptungen der Klägerin hatte der Insolvenzschuldner das Inventar der Wohnanlage "Haus K. " vor längerer Zeit angekauft und an die C. GmbH vermietet für monatlich 4.532,50 €. Diese Mietansprüche habe der Insolvenzschuldner mit Vertrag vom an die Klägerin abgetreten. Die C. GmbH zahlt die Miete seit Juli 2003 an die Insolvenzverwalterin, nachdem sie diese dazu aufgefordert hatte.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. In der Berufungsinstanz trug die Beklagte mit Schriftsatz vom erstmals vor, dass ausweislich des Mietvertrages das Mobiliar an das "Haus K. " vermietet und auch nur Ansprüche gegen das "Haus K. " abgetreten seien. Von Ansprüchen gegen die C. GmbH sei in den Unterlagen nicht die Rede. Das sei bislang bedauerlicherweise nicht aufgefallen.

Daraufhin trug die Klägerin mit Schriftsatz vom zu der Rechtsnachfolge auf Seiten der Mieterin vor. Im Termin zur mündlichen Verhandlung bestritt die Beklagte dieses Vorbringen.

Das Berufungsgericht hat dem Rechtsmittel stattgegeben und die Klage abgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und zulässig (§ 544 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO). Sie führt zur Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) sowie zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 544 Abs. 7 ZPO).

1. Die Beklagte hatte im ersten Rechtszug gemäß § 288 ZPO zugestanden, dass der Insolvenzschuldner den Mietvertrag mit der C. GmbH geschlossen und den Anspruch auf Mietzins gegen diese an die Klägerin abgetreten hat. Die Beklagte hatte diesen Teil des Sachvortrags zunächst in der Klageerwiderung - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht bestritten. Im Schriftsatz vom hat sie sodann selbst vorgetragen, dass der Klägerin durch den Überlassungsvertrag vom "die streitgegenständlichen Mietzinsansprüche" abgetreten worden seien. Die Klägerin habe neun Monate - bis zu dem Zeitpunkt, ab dem die Miete in die Masse geflossen sei - die Miete vereinnahmt.

Nach § 288 ZPO bedurften die genannten Behauptungen der Klägerin keines Beweises. Gegenstand eines Geständnisses können Tatsachen sein, auch juristisch eingekleidete Tatsachen (, NJW-RR 2006, 281, 282; vom - II ZR 89/06, WM 2007, 1662, 1664 Rn. 16). Hierzu ist der genannte erstinstanzliche Vortrag der Klägerin zu rechnen, dass der Insolvenzschuldner den Mietvertrag mit der C. GmbH geschlossen und den Anspruch auf Mietzins gegen diesen an die Klägerin abgetreten habe. Die Beklagte hatte sich diesen Vortrag zu Eigen gemacht. Über diesen übereinstimmenden Vortrag haben die Parteien am durch stillschweigende Bezugnahme auf ihre vorbereitenden Schriftsätze mündlich verhandelt. Dies genügt, um die Geständniswirkung herbeizuführen (BGH aaO).

Das Geständnis konnte von der Beklagten nur nach Maßgabe des § 290 ZPO widerrufen werden. Ein solcher Widerruf ist nicht erfolgt. Wollte man einen Widerruf in dem erstmaligen Bestreiten dieses Sachverhalts im Schriftsatz der Beklagten vom in der Berufungsinstanz sehen, fehlte es jedenfalls an der Darlegung und dem Beweis dafür, dass das Geständnis falsch war. Der Verweis auf die Urkunden (Mietvertrag, Übertragungsvertrag) war hierfür unzureichend, da ein Übergang der Verpflichtung auf die C. GmbH möglich erscheint, zumal diese und nicht eine andere Person auch tatsächlich Miete gezahlt hat. Demgemäß kommt eine Auslegung des Übertragungsvertrages in Betracht, dass bei der Abtretung die Ansprüche gegen die C. GmbH gemeint waren.

Das erstmalige Bestreiten der Beklagten im Schriftsatz vom hätte im Übrigen nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht zugelassen werden dürfen, weil das Bestreiten aus (eingeräumter) Nachlässigkeit nicht schon in der ersten Instanz erfolgt war. Die fehlerhafte Zulassung neuen Verteidigungsvorbringens kann zwar nicht mit der Revision geltend gemacht werden (, ZIP 2007, 718, 719 f. Rn. 19 m.w.N.). Der daraufhin erfolgte Sachvortrag der Klägerin durfte daraufhin jedoch nicht als verspätet zurückgewiesen werden, weder nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO noch nach § 525 Satz 1, § 282 Abs. 1, § 296 Abs. 2 ZPO.

Das Berufungsgericht hätte jedenfalls von den zugestandenen Tatsachen ausgehen müssen.

2. Das Berufungsurteil beruht auf dieser Gehörsverletzung. Hätte es die zugestandenen Tatsachen seiner Entscheidung zugrunde gelegt, hätte es die Klage nicht wegen fehlender Aktivlegitimation der Klägerin abweisen können.

Fundstelle(n):
DAAAC-95656

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein