BFH Beschluss v. - VI B 4/08

Aufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung bei Zusammenleben berufstätiger Ehepartner am Beschäftigungsort

Gesetze: EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat keinen Erfolg. Der von ihnen geltend gemachte Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative der FinanzgerichtsordnungFGO—) liegt nicht vor.

1. Gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert. Eine die Rechtseinheit gefährdende Abweichung liegt nur vor, wenn das Finanzgericht (FG) bei gleichem oder vergleichbarem festgestellten Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der BFH oder ein anderes FG. Das FG muss seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung nicht übereinstimmt (BFH-Beschlüsse vom VI B 70/07, BFH/NV 2008, 216, und vom VI B 154/05, BFH/NV 2007, 51; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 53, m.w.N.). Das FG hat bei seiner Entscheidung keine von der Rechtsprechung des BFH abweichende Rechtsauffassung zugrunde gelegt.

a) Notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Werbungskosten. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nach Nr. 5 Satz 2 der Vorschrift vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt.

Danach ist zwischen dem Wohnen in einer Zweitwohnung am Beschäftigungsort und dem Unterhalten eines eigenen Hausstandes außerhalb dieses Ortes zu unterscheiden. Mit dem „Hausstand” ist der Ersthaushalt (Hauptwohnung) umschrieben, an dem sich der Arbeitnehmer —abgesehen von den Zeiten der Arbeitstätigkeit und ggf. Urlaubsfahrten— regelmäßig aufhält, den er fortwährend nutzt und von dem aus er sein Privatleben führt, d.h. wo er seinen Lebensmittelpunkt hat. Das Vorhalten einer Wohnung außerhalb des Beschäftigungsortes für gelegentliche Besuche oder für Ferienaufenthalte ist nicht als Unterhalten eines Hausstandes zu werten.

Ob die außerhalb des Beschäftigungsortes belegene Wohnung des Arbeitnehmers als Mittelpunkt seiner Lebensinteressen anzusehen ist und deshalb seinen Hausstand darstellt, ist anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen (folglich Senatsurteil vom VI R 10/06, BFHE 218, 380, BStBl II 2007, 820, m.w.N.). Bei einem verheirateten Arbeitnehmer liegt der Mittelpunkt der Lebensinteressen grundsätzlich an dem Ort, an dem auch sein Ehepartner und —wenn auch nicht notwendigerweise— auch seine minderjährigen Kinder wohnen (, BFHE 115, 23, BStBl II 1975, 459). Gelegentliche Besuche des Ehepartners am Beschäftigungsort des Arbeitnehmers sowie das Zusammenleben berufstätiger Ehegatten an dem Beschäftigungsort während der Woche führt dabei für sich genommen noch nicht zur einer Verlagerung des Lebensmittelpunktes (, BFHE 175, 584, BStBl II 1995, 184, und VI R 55/93, BFH/NV 1995, 585). Dagegen verlagert sich in der Regel der Mittelpunkt der Lebensinteressen an den Beschäftigungsort, wenn der Arbeitnehmer dort mit seinem Ehepartner in eine familiengerechte Wohnung einzieht, auch wenn die frühere Familienwohnung beibehalten und zeitweise noch genutzt wird (vgl. , BFHE 151, 78, BStBl II 1987, 852; vom VI R 121/83, BFH/NV 1986, 339; vom VI R 77/73, BFHE 115, 23, BStBl II 1975, 459; vom VI R 95/71, BFHE 104, 193, BStBl II 1972, 262).

b) Das FG ist in seiner Entscheidung von diesen Grundsätzen ausgegangen. Auf der Grundlage der angeführten höchstrichterlichen Rechtsprechung hat das FG unter Einbeziehung und in Abwägung der einzelnen Umstände des Streitfalles —für den BFH nach § 118 Abs. 2 FGO grundsätzlich bindend— erkannt, dass die verheiratete Klägerin in den Streitjahren (2003, 2004) in W keinen aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushalt geführt hat. Das FG schloss vielmehr aus den vorliegenden Gesamtumständen —unbefristete Beschäftigung der Klägerin in W, Größe der dortigen Wohnung, ihr ständiger Aufenthalt dort, lediglich unterbrochen durch gelegentliche Urlaubs- und Wochenendheimfahrten, der Aufenthalt des Klägers über lange Zeiträume in W und die dort erfolgte Einschulung der Kinder der Kläger—, dass die Kläger den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen an den neuen Beschäftigungsort der Klägerin nach W verlagert haben.

2. Sofern die Kläger die Verletzung materiellen Rechts dadurch rügen, dass das FG die Prozesskosten für den Zivilprozess (Verkehrswertminderung für das Haus in B) nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt und die Reparatur- und Renovierungskosten im Streitjahr (2004) für das Haus in B nicht unter dem Gesichtspunkt der Werbungskosten geprüft habe, wenden sich die Kläger —in der Art einer Revisionsbegründung— gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung. Damit machen sie jedoch keinen Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO geltend (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 2007, 1343).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 2000 Nr. 12
OAAAC-92654