BGH Beschluss v. - 4 StR 373/08

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: StPO § 349 Abs. 2; StPO § 349 Abs. 4; StGB § 177 Abs. 1; StGB § 184 f Nr. 1

Instanzenzug: LG Essen vom

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen (besonders schwerer) Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen (besonders schwerer) Vergewaltigung nicht.

Die Strafkammer ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass eine sexuelle Handlung im Sinne des § 177 Abs. 1 i.V.m. § 184 f Nr. 1 StGB immer dann vorliegt, wenn die Handlung objektiv, also nach ihrem äußeren Erscheinungsbild, einen eindeutigen Sexualbezug aufweist; ist das der Fall, kommt es auf die Motivation des Täters nicht an, auch eine sexuelle Absicht muss nicht vorliegen ( m.w.N.). Jedoch ist auf der subjektiven Seite erforderlich, dass der Täter sich jedenfalls des sexuellen Charakters seines Tuns bewusst ist (Hörnle im MünchKomm StGB § 184 f Rdn. 7; Lenckner/Perron/Eisele in Schönke-Schröder StGB 27. Aufl. § 184 f Rdn. 8 jeweils m.w.N.).

Hieran fehlt es vorliegend. Auf Grund der vom Landgericht als glaubhaft bewerteten Aussage des Tatopfers handelte der Angeklagte allein, um nach dem Geld zu suchen, dessen Wegnahme er der Zeugin unterstellte (UA 7 ff.). Dementsprechend stellte die Strafkammer zur subjektiven Seite fest, "dass der Angeklagte selbst das Einführen des Fingers [in die Scheide der Zeugin] nicht als sexuelle Handlung, sondern als 'Suchvorgang' empfand" (UA 15).

2. Durch dieses Verhalten hat der Angeklagte jedoch den Tatbestand der Nötigung (§ 240 Abs. 1 StGB) erfüllt. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, zumal der Vorwurf der sexuellen Nötigung auch in der Tatalternative der besonders schweren Vergewaltigung den der Nötigung gemäß § 240 Abs. 1 StGB umfasst.

3. Die Änderung des Schuldspruchs führt schon wegen des deutlich geringeren Strafrahmens des § 240 Abs. 1 gegenüber dem des von der Strafkammer angenommenen § 177 Abs. 5 StGB zur Aufhebung des Strafausspruchs. Einer Aufhebung der Feststellungen bedarf es dagegen nicht, da sie von dem Rechtsfehler nicht betroffen sind.

4. Für den beim Landgericht am eingegangenen Antrag vom , dem Angeklagten Rechtsanwalt Dr. G. als Pflichtverteidiger beizuordnen, ist - anders als für die Wahrnehmung der Revisionshauptverhandlung (vgl. KK-Kuckein StPO 5. Aufl. § 350 Rdn. 11 m.w.N.) - der Vorsitzende des Gerichts, dessen Urteil angefochten worden ist, zuständig (vgl. ; Meyer-Goßner StPO 51. Aufl. § 141 Rdn. 6 jeweils m.w.N.). Eines Zuwartens mit der Entscheidung des Senats über die Revision bedurfte es nicht, da sowohl Rechtsanwalt Dr. G. als Wahlverteidiger des Angeklagten wie auch der bisherige Pflichtverteidiger die Revision umfassend begründet haben.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
PAAAC-91258

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