Darlegung einer Divergenz; Befangenheit eines Richters kann nicht mit der Nichtzulassungsbeschwerde gerügt werden
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, FGO § 119 Nr. 1, FGO § 76, FGO § 116 Abs. 3
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Nichtzulassung kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
1. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) dargelegt. Für die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung muss der Beschwerdeführer eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalles erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll (, BFH/NV 2000, 1148). Ferner ist auf die Bedeutung der Klärung der konkreten Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen (, BFH/NV 2007, 27, m.w.N.). Vorliegend ist schon nicht klar, welche konkrete und entscheidungserhebliche Rechtsfrage der Kläger für grundsätzlich bedeutsam hält. Ein Vortrag zur Bedeutung für die Allgemeinheit fehlt völlig.
2. Der Kläger hat auch nicht hinreichend dargelegt, weshalb aus seiner Sicht die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO). Der Beschwerdeführer muss tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des Finanzgerichts (FG) einerseits und aus der behaupteten Divergenzentscheidung andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so eine Abweichung zu verdeutlichen (BFH-Beschlüsse vom V B 159/05, BFH/NV 2006, 1892; vom V B 36/05, BFH/NV 2007, 69). An dieser Herausarbeitung abstrakter Rechtssätze fehlt es.
Soweit der Kläger mit der Beschwerde geltend macht, das FG habe über die Frage der Unternehmereigenschaft der Vertriebsagenten gar nicht entscheiden dürfen, weil diesbezüglich keine Rechtsstreitigkeiten anhängig gewesen seien und diese Frage damit rechtskräftig geklärt sei, liegt dem ein Missverständnis des Klägers hinsichtlich des , BFHE 194, 23, BStBl II 2001, 418) zugrunde. Der BFH hat darin lediglich für die Beiladung (§ 60 FGO) die bisherige Rechtsprechung aufgegeben, wonach eine Entscheidung im Rechtsstreit des leistenden Unternehmers über die Steuerpflicht seiner Umsätze die rechtlichen Interessen des den Vorsteuerabzug begehrenden Leistungsempfängers nicht —wie nach § 60 FGO für eine Beiladung erforderlich— berühre. Das heißt aber nicht, dass im Rechtsstreit des Leistungsempfängers das FG gehindert ist, alle Tatbestandsmerkmale des § 15 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG), also auch die Unternehmereigenschaft des leistenden Unternehmers, zu prüfen.
Soweit der Kläger Divergenz zum Urteil des Sächsischen geltend macht, fehlt es schon an einem gleichen oder vergleichbaren Sachverhalt. In dem vom Sächsischen FG entschiedenen Fall hatte das Finanzamt (FA) den Kläger nach § 14 Abs. 3 UStG 1999 wegen unberechtigten Steuerausweises in Anspruch genommen, weil es den Kläger nicht (mehr) als Unternehmer ansah. Das FG hat dabei zu Recht entschieden, dass das FA die Darlegungs- und Beweislast für die Tatbestandsvoraussetzungen des § 14 Abs. 3 UStG trägt. Das steht in keinem Zusammenhang mit der vorliegend entscheidungserheblichen Frage, wer im Rahmen des Vorsteueranspruchs nach § 15 Abs. 1 UStG die Darlegungs- und Beweislast für die Unternehmereigenschaft des Rechnungsausstellers trägt.
3. Der Kläger hat auch keinen Verfahrensmangel i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt.
a) Ein Besetzungsmangel i.S. des § 119 Nr. 1 FGO liegt nicht vor. Zwar liegt ein Besetzungsmangel vor, wenn ein erfolglos wegen Befangenheit abgelehnter Richter an der Entscheidung mitgewirkt hat und die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs willkürlich war (, BFH/NV 2003, 1218). Es fehlt vorliegend bereits an der Ablehnung eines an der Entscheidung beteiligten Richters. Die Befangenheit eines erstinstanzlich tätigen Richters kann nicht erst mit der Nichtzulassungsbeschwerde gerügt werden (BFH-Beschlüsse vom X B 107/04, BFH/NV 2005, 1617; vom IV B 114/97, BFH/NV 1999, 57; vom X B 119/90, BFH/NV 1991, 331).
b) Der Kläger rügt auch einen Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) ohne Erfolg.
aa) Die Bezeichnung eines Verfahrensmangels i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO —wie die Verletzung der Sachaufklärungspflicht— verlangt eine genaue Angabe der Tatsachen, die den gerügten Mangel ergeben. So ist vorzutragen, welche Tatsachen hätten aufgeklärt oder welche Beweise hätten erhoben werden müssen, aus welchen Gründen sich die Beweiserhebung auch ohne Antrag hätte aufdrängen müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei weiterer Aufklärung oder Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern sich daraus auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des Gerichts eine andere Entscheidung hätte ergeben können (, BFHE 161, 191, BStBl II 1990, 1095; BFH-Beschlüsse vom IV B 195/01, BFH/NV 2003, 1437; in BFH/NV 2006, 1892). Hieran fehlt es. Der Vortrag, das FG habe seiner Entscheidung einen unzutreffenden, frei erfundenen Sachverhalt zugrunde gelegt, reicht nicht aus.
bb) Darüber hinaus muss schlüssig vorgetragen werden, inwiefern das angegriffene Urteil ohne diesen Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre (vgl. , BFH/NV 1988, 235). Auch hierzu fehlt der erforderliche Vortrag. Der Hinweis, bei ordnungsgemäßer Sachverhaltsermittlung hätte sich ergeben, dass die Handelsvertreter Betriebsvermögen eingesetzt hätten, reicht insoweit nicht aus.
cc) Außerdem handelt es sich bei der Verletzung der Sachaufklärungspflicht um einen verzichtbaren Verfahrensmangel (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung), bei dem das Rügerecht nicht nur durch eine ausdrückliche oder konkludente Verzichtserklärung gegenüber dem FG verloren geht, sondern auch durch das bloße Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge. Wird die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht, auf deren Beachtung der Betroffene verzichten kann, so muss der Kläger außerdem vortragen, dass er den Verstoß in der Vorinstanz gerügt habe oder aus welchen entschuldbaren Gründen er an einer solchen Rüge vor dem FG gehindert gewesen sei (BFH-Beschlüsse vom II B 169/91, BFH/NV 1993, 258; vom VII B 1/00, BFH/NV 2000, 1125). Auch hierzu hat der Kläger nichts vorgetragen.
c) Soweit der Kläger geltend macht, das Urteil des FG sei falsch, weil es den umsatzsteuerrechtlichen Unternehmerbegriff unzutreffend ausgelegt habe, führt das nicht zur Zulassung der Revision. Fehler bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts rechtfertigen keine Zulassung der Revision (BFH-Beschlüsse vom V B 26/96, BFHE 182, 430, BStBl II 1997, 443; vom X B 111/99, BFH/NV 2000, 1461).
d) Soweit die Beschwerde dahingehend zu verstehen ist, das FG habe den Sachverhalt falsch dargestellt, kann auch damit nicht die Zulassung der Revision erreicht werden. Voraussetzung ist insoweit eine entsprechende Berichtigung des Tatbestandes (, BFH/NV 2005, 568).
e) Auch mit der Rüge, das FG habe die Beweise unzutreffend gewürdigt, kann kein Verfahrensmangel begründet werden. Die Grundsätze der Beweiswürdigung sind revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen und deshalb der Prüfung des BFH im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde entzogen (, BFH/NV 2004, 1416).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 1690 Nr. 10
AAAAC-87985