BFH Beschluss v. - XI B 219/07

Festsetzung eines Verspätungszuschlags

Gesetze: AO § 152, FGO § 115 Abs. 2

Instanzenzug:

Gründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.

1. Eine Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegt nicht vor.

a) Das angefochtene Urteil weicht nicht von der Rechtsprechung des (BFHE 183, 21, BStBl II 1997, 642) und in dem Beschluss vom IV B 130/99 (BFH/NV 2001, 146) ab, wonach sich die Bemessung des Verspätungszuschlags nicht in erster Linie bzw. nicht ausschließlich an der Höhe der festgesetzten Steuer und der Dauer der Verspätung ausrichten darf. Das Finanzgericht (FG) hat seine Entscheidung nicht auf einen hiervon abweichenden Rechtssatz gestützt, auch wenn es die Festsetzung des Verspätungszuschlags nach der von der Verwaltung üblicherweise verwendeten Formel nicht beanstandet hat. Denn die Formel beinhaltet neben der festgesetzten Steuer und der Dauer der Fristüberschreitung als maßgeblichen Berechnungsfaktor den Zinssatz von 0,5 % je Monat.

Zudem hat das FG im Rahmen der ihm obliegenden eingeschränkten Überprüfung der Ermessensentscheidung gemäß § 102 FGO die Festsetzung des Verspätungszuschlags in Höhe von 110 € unter Hinweis darauf für ermessensgerecht gehalten, dass der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) alle bei der Bemessung zu berücksichtigenden Kriterien des § 152 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) benannt und erörtert habe. Damit folgt das Urteil der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung und weicht —entgegen der Auffassung der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin)— nicht von den BFH-Urteilen vom I R 76/82 (BFHE 139, 146, BStBl II 1983, 672) und vom VII R 48/84 (BFHE 149, 511, BStBl II 1988, 170) ab. Denn diese Entscheidungen sind zu einer fehlenden Ermessensausübung des FA wegen nicht erschöpfender Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts bzw. wegen nicht vorhandener Ausführungen zur Ermessensentscheidung ergangen und betreffen daher andere Rechtsfragen als in dem angefochtenen Urteil des FG.

b) Soweit die Klägerin geltend macht, das angegriffene Urteil weiche von dem (BFHE 154, 23, BStBl II 1988, 929) ab, weil es darauf abstelle, dass die in § 152 Abs. 2 Satz 2 AO bezeichneten Kriterien seitens des FA benannt und erörtert worden seien, und eine Abwägung grundsätzlich mehr verlange, ist nicht i.S. von § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt worden, dass aus den Ausführungen des FA nicht erkennbar gewesen sei, welche Erwägungen es bei der Bemessung des Verspätungszuschlags angestellt habe.

c) Soweit die Klägerin sinngemäß rügt, dass die Würdigung des FG im Widerspruch zur Rechtsprechung des BFH stehe, macht sie im Kern die unrichtige Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze im Einzelfall geltend. Dies rechtfertigt keine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO (vgl. BFH-Beschlüsse vom X B 120/05, BFH/NV 2006, 779, und vom IX B 24/07, BFH/NV 2008, 92).

2. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage, ob das Verhalten des Steuerpflichtigen in den Vorjahren bei der Festsetzung der Höhe des Verspätungszuschlags zu seinen Lasten berücksichtigt werden dürfe, ist bereits durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt (vgl. , BFH/NV 2007, 1617, unter II.1.c der Entscheidungsgründe). Neue Gesichtspunkte, die eine weitere Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH erforderlich machen würden, sind weder dargelegt worden noch sonst erkennbar.

3. Ein Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, auf dem die Entscheidung des FG beruhen könnte, ist nicht gegeben.

Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO hat das FG seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens, also den gesamten konkretisierten Prozessstoff zugrunde zu legen; insbesondere ist der Inhalt der vorgelegten Akten und das Vorbringen der Prozessbeteiligten vollständig und einwandfrei zu berücksichtigen. Dies bedeutet aber nicht, dass das Gericht verpflichtet ist, sich zu jedem Vorbringen der Beteiligten zu äußern und alle Umstände des Einzelfalls zu erörtern (vgl. , BFH/NV 2005, 1117). Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das Gericht das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und auch denjenigen Akteninhalt in Erwägung gezogen hat, mit dem es sich in den schriftlichen Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich auseinandergesetzt hat (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 1117). Hinweise auf eine gegenteilige Sachbehandlung durch das FG sind nicht ersichtlich.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 1110 Nr. 7
QAAAC-79965