BFH Beschluss v. - XI B 208/06

Begriff der "nahestehenden Person" bei der Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage

Leitsatz

Eine GmbH ist als nahestehende Person i. S. des § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG anzusehen, wenn der die Lieferung ausführende Einzelunternehmer zu 2/3 am Kapital der die Lieferung empfangenden GmbH beteiligt und damit deren Mehrheitsgesellschafter ist. Das Fehlen einer höchstrichterlichen Entscheidung zu der aufgeworfenen Rechtsfrage begründet allein noch keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i. S. des § 115 FGO.

Gesetze: UStG § 10 Abs. 5 Nr. 1

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Für die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—) und des Erfordernisses einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) muss der Beschwerdeführer schlüssig und substantiiert vortragen, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn die Rechtsfrage anhand der gesetzlichen Grundlagen und der bereits vorliegenden Rechtsprechung beantwortet werden kann und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung der Rechtsfrage durch den BFH geboten erscheinen lassen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom VII B 260/02, BFH/NV 2004, 69, und vom I B 239/04, BFH/NV 2005, 1840, beide jeweils m.w.N.).

a) Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) trägt zunächst vor, dass es zur Definition des Begriffs der „nahestehenden Person” in § 10 Abs. 5 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (UStG) unmittelbar keine Entscheidung des BFH gebe.

Abgesehen davon, dass das Fehlen einer höchstrichterlichen Entscheidung zu der aufgeworfenen Rechtsfrage allein noch keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache begründet (z.B. , BFH/NV 2005, 1310, m.w.N.), vertritt der BFH die Auffassung, dass eine GmbH im Verhältnis zu einem Einzelunternehmer dann als „nahestehende Person” anzusehen ist, wenn deren Gesellschafter je zur Hälfte der volljährige Sohn und die Ehefrau des Einzelunternehmers sind (, BFHE 179, 457; vgl. auch Wagner in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 10 Rz 445). Damit ist „erst recht” geklärt, dass eine GmbH als „nahestehende Person” in diesem Sinne anzusehen ist, wenn der die Lieferung ausführende Einzelunternehmer wie im Streitfall zu 2/3 am Kapital der die Lieferung empfangenden GmbH beteiligt und damit deren Mehrheitsgesellschafter ist. Denn bei einer Personenidentität des Einzelunternehmers und des Mehrheitsgesellschafters der GmbH ist von einem Gleichklang der Interessenlagen der an der Lieferung beteiligten Unternehmen auszugehen.

b) Soweit der Kläger ergänzend ausführt, dass zum Begriff der „nahestehenden Person” in § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG die zur verdeckten Gewinnausschüttung (§ 8 Abs. 3 Satz 2 des KörperschaftsteuergesetzesKStG—) ergangene Rechtsprechung des BFH maßgeblich sei, ist damit ein weiterer Klärungsbedarf nicht nahegelegt. Denn der Kläger hat nicht dargetan, dass eine derartige Rechtsauffassung in der Rechtsprechung der Finanzgerichte (FG) oder in der Literatur vertreten wird und damit die in dem hier angefochtenen Urteil vertretene Auffassung des FG umstritten ist. Soweit der Kläger geltend macht, in der Kommentierung von Bunjes/Geist (UStG, 6. Aufl., § 1 Rz 119) werde die Auffassung vertreten, die Rechtsprechung zur verdeckten Gewinnausschüttung sei auch für die Anwendung von § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG maßgebend, ist darauf hinzuweisen, dass diese Rechtsansicht in der neuesten, der 8. Aufl., nicht mehr vertreten wird.

2. Auch die vom Kläger behauptete Divergenz nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO ist nicht gegeben.

Die Zulassung der Revision wegen einer Abweichung setzt voraus, dass im Urteil des FG über dieselbe Rechtsfrage wie in der Divergenzentscheidung entschieden wurde (vgl. Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 48). Das ist hier nicht der Fall. Denn der Kläger verweist ausschließlich auf höchstrichterliche Rechtsprechung, die zur verdeckten Gewinnausschüttung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und zum übrigen Ertragsteuerrecht —zur steuerrechtlichen Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen und den Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung— ergangen ist. Diese Rechtsprechung betrifft nicht den schon anderslautenden Begriff der „nahestehenden Person” i.S. von § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG und damit nicht dieselbe Rechtsfrage.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 1217 Nr. 7
NWB-Eilnachricht Nr. 32/2008 S. 16
AAAAC-78835