Leitsatz
[1] Verspricht der Insolvenzverwalter dem durch eine offensichtlich wertlose Grundschuld gesicherten Gläubiger gegen Erteilung der Löschungsbewilligung zusätzlich zu den übernommenen Löschungskosten eine Geldleistung, ist diese Vereinbarung wegen Insolvenzzweckwidrigkeit nichtig.
Instanzenzug: LG Hamburg, 302 O 288/04 vom OLG Hamburg, 11 U 224/05 vom
Gründe
I.
Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin, die ein Autohaus betrieb. Deren Betriebsgrundstück war u.a. mit einer erstrangigen Grundschuld in Höhe von 3,6 Mio. DM zugunsten der I. AG und einer nachrangigen Grundschuld in Höhe von 200.000 DM zugunsten der Rechtsvorgängerin der Beklagten belastet. Der Kläger führte den Betrieb der Schuldnerin fort und veräußerte das Grundstück einschließlich Inventar im Jahre 2004 unter dem Vorbehalt der Löschung der Grundschulden zu einem Kaufpreis von 470.000 €. Er forderte die Beklagte zur Abgabe der Löschungsbewilligung auf, welche diese an die Zahlung von 40.000 € knüpfte. Im März 2004 bewilligte die Beklagte die Löschung gegen Zahlung von 25.000 €. Der Kläger behielt sich die Rückforderung des Betrages vor. Die Vorinstanzen haben der Rückforderungsklage stattgegeben.
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
1. Das Berufungsgericht ist im Anschluss an die Feststellungen des Landgerichts ohne Gehörsverstoß davon ausgegangen, dass sich der Wert des Betriebsgrundstücks am auf 526.000 € belaufen hat und die erstrangige Grundschuld am mit 1.638.961,07 € valutiert war. Soweit die Beklagte geltend macht, sie habe den vom Berufungsgericht angenommenen Wert des Grundstücks in erster Instanz als deutlich zu niedrig bestritten und sich mit der Berufungsbegründung darauf bezogen, ist dies unbehelflich. Allein mit der pauschalen Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Bestreiten hat die Beklagte, was nach § 529 Abs. 1 Nr. 1, § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO erforderlich gewesen wäre, keine konkreten Anhaltspunkte aufgezeigt, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen des Landgerichts hätten begründen können.
2. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Verfügungen des Insolvenzverwalters unwirksam, welche dem Insolvenzzweck der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung (vgl. § 1 Satz 1 InsO) offenbar zuwiderlaufen, bei denen der Verstoß also für einen verständigen Beobachter ohne weiteres ersichtlich ist. Wirksam sind dagegen Verfügungen des Insolvenzverwalters, die nur unzweckmäßig oder sogar unrichtig sind (BGHZ 150, 353, 360 f; , ZIP 1983, 589, 590; v. - IX ZR 21/93, ZIP 1993, 1886, 1891, in BGHZ 124, 27 ff nicht abgedruckt). In diese Rechtsprechung fügen sich die Urteile der Vorinstanzen ein.
a) Die Auffassung des Berufungsgerichts, die noch zur Konkursordnung entwickelten Grundsätze fänden auch im Anwendungsbereich der Insolvenzordnung Anwendung, wird von der Beklagten nicht im Grundsätzlichen in Frage gestellt. Von einer Fortführung der Rechtsprechung ist auch der Senat bisher ausgegangen (vgl. BGHZ 154, 190, 194; 165, 283, 289; , WM 2007, 2246, 2251, zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ). Einer Klarstellung hierzu bedarf es nicht.
b) Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen besteht kein Zweifel, dass der von der Beklagten eingeforderte Betrag, bei dem es sich nicht um die Erstattung der von der Beklagten verauslagten Löschungskosten handelt (vgl. die vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Anlagen B 18, 20 und 24), in Erfüllung einer offensichtlich insolvenzzweckwidrigen und deshalb nichtigen Vereinbarung gezahlt worden ist. Er kann deshalb nach Bereicherungsrecht (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB) von dem Leistungsempfänger zurückgefordert werden. Auch insoweit besteht kein höchstrichterlicher Klärungsbedarf. Die Zahlung erfolgte jedenfalls bei wirtschaftlicher Betrachtung auf die von der Beklagten zur Tabelle angemeldete Insolvenzforderung (§§ 38, 87 InsO) in Höhe von 69.109,26 €. Da deren Absonderungsrecht (§§ 49, 50 InsO) nicht werthaltig war, diente die Verweigerung der Löschungsbewilligung ausschließlich der Durchsetzung der angemeldeten schuldrechtlichen Forderung ohne die Beschränkungen der Insolvenzordnung (vgl. §§ 87 ff InsO). Ein hiermit korrespondierender Vorteil für die Gesamtheit der Insolvenzgläubiger war mit dem durch die Löschung möglich gemachten freihändigen Verkauf des Betriebsgrundstücks nicht verbunden, weil ein höherer Erlös wegen der wertausschöpfenden Belastung durch die erstrangige Sicherheit nicht zu einem Massezuwachs geführt hat. Die Rechtsfrage, ob eine Vereinbarung, in welcher der Insolvenzverwalter sich zu einer Zahlung als Gegenleistung für die Löschung eines nachrangigen und im Fall der Zwangsversteigerung voraussichtlich wertlosen Grundpfandrechts verpflichtet, schlechthin als insolvenzzweckwidrig zu qualifizieren und deshalb unwirksam ist oder ob es auf das Verhältnis zwischen der Höhe der Zahlung und dem durch die freihändige Veräußerung erzielten Massezuwachs ankommt, stellt sich deshalb nicht.
Soweit die Beklagte Feststellungen des Berufungsgerichts zu den subjektiven Voraussetzungen der Unwirksamkeit wegen Insolvenzzweckwidrigkeit vermisst, ist darauf hinzuweisen, dass diese bereits gegeben sind, wenn der Widerspruch zum Insolvenzzweck evident war und sich dem Geschäftspartner aufgrund der Umstände des Einzelfalls ohne weiteres begründete Zweifel an der Vereinbarkeit der Handlung mit dem Zweck des Insolvenzverfahrens aufdrängen mussten, ihm somit der Sache nach zumindest grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist (BGHZ 150, aaO S. 361; , aaO S. 2251). Angesichts des Wertes des Betriebsgrundstücks einerseits, wie er sich auch in der Höhe des erzielten Kaufpreises manifestiert hat, und der vorgehenden Lasten andererseits ist die Entscheidung des Tatrichters auch in dieser Hinsicht beanstandungsfrei.
3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
DStR 2008 S. 1292 Nr. 27
NJW-RR 2008 S. 1074 Nr. 15
NWB-Eilnachricht Nr. 31/2008 S. 2884
StuB-Bilanzreport Nr. 19/2008 S. 773
WM 2008 S. 937 Nr. 20
ZIP 2008 S. 884 Nr. 19
KAAAC-78139
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja