BGH Urteil v. - III ZR 206/07

Leitsatz

[1] Die Rückwirkung der Zustellung des Mahnbescheids auf den Eingang des Antrags (§ 693 Abs. 2 ZPO in der Fassung des Gesetzes vom , BGBl. I S. 3281, und in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom , BGBl. I S. 3138, sowie § 167 ZPO n.F.) setzt nicht voraus, dass die Verjährung zum Zeitpunkt der Zustellung ohne die Rückwirkung eingetreten wäre.

Gesetze: BGB § 195 n.F.; BGB § 196 Abs. 1 Nr. 1; BGB § 196 Abs. 2 a.F.; BGB § 201 Satz 1 a.F.; BGB § 204 Abs. 1 Nr. 3 n.F.; BGB § 204 Abs. 2 n.F.; BGB § 209 Abs. 2 Nr. 1 a.F.; EGBGB Art. 229 Abs. 1 Satz 3; EGBGB Art. 229 Abs. 2; EGBGB Art. 229 Abs. 4; ZPO § 167 n.F.; ZPO § 693 Abs. 2 a.F.

Instanzenzug: LG Berlin, 8 O 708/04 vom KG Berlin, 14 U 65/06 vom

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz nur noch darüber, ob dem von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf eine Verwaltervergütung für 1999 die Einrede der Verjährung entgegensteht.

Die Klägerin hat wegen dieser Forderung am einen Mahnbescheid beantragt, der am erlassen und der Beklagten am zugestellt worden ist. Am Folgetag ist der Widerspruch der Beklagten beim Mahngericht eingegangen, wovon die Klägerin durch Verfügung des Gerichts vom in Kenntnis gesetzt worden ist. Am hat sie den Kostenvorschuss eingezahlt, worauf die Sache vom Mahngericht an das Landgericht Berlin abgegeben worden ist. Am ist die Anspruchsbegründung bei Gericht eingegangen und der Beklagten am zugestellt worden.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 14.725,21 € nebst Zinsen verurteilt.

Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Gründe

Die Revision ist nicht begründet.

Die von der Beklagten erhobenen Rügen gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Forderung der Klägerin sei nicht verjährt, greifen nicht durch.

1. Die Verjährungsfrist betrug ursprünglich vier Jahre gemäß § 196 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BGB a. F.

Die Klägerin macht als Kaufmann Ansprüche wegen der Besorgung fremder Geschäfte für die Beklagte geltend.

Ihre Leistung erfolgte im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten für deren Gewerbebetrieb. Gemäß § 344 Abs. 1 HGB gelten die von einem Kaufmann vorgenommenen Rechtsgeschäfte im Zweifel als zum Betriebe des Handelsgeschäfts gehörig. Die Beklagte als in das Handelsregister eingetragene GmbH & Co. KG betreibt nach § 6 Abs. 1, § 2 Satz 1 HGB ein Handelsgewerbe. Aufgrund des § 6 HGB ist es ihr verwehrt, sich darauf zu berufen, sie betreibe in Wahrheit kein (Handels-)Gewerbe (vgl. BGHZ 66, 43, 50 f; Staudinger/Peters, BGB, Bearb. 2001, § 196 Rn. 22). Unerheblich ist es deshalb, ob sich die Vermietung der Wohnungen durch die Beklagte für sich genommen bereits als Betrieb eines Gewerbes darstellt.

2. Die Verjährung begann gemäß § 201 Satz 1 BGB a.F. mit Ablauf des . Sie wurde am infolge des von der Klägerin gestellten Mahnbescheidsantrags gemäß § 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB a.F. i.V.m. § 693 Abs. 2 ZPO in der Fassung des Gesetzes vom (BGBl. I S. 3281) unterbrochen, da der beantragte Mahnbescheid der Beklagten im Sinne der Vorschrift demnächst zugestellt wurde. Die Änderung des § 693 Abs. 2 ZPO durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom (BGBl. I S. 3138) ab dem ist nicht entscheidend, da es sich hierbei nur um eine redaktionelle Folgeänderung anlässlich der Neugestaltung des Verjährungsrechts handelt (vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 278), die nicht für Zustellungsvorgänge gilt, die zur Anwendung des alten Verjährungsrechts führen (vgl. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 3 EGBGB).

a) Ohne Erfolg bleibt der Einwand der Revision, die Rückwirkung der Zustellung des Mahnbescheids setze voraus, dass die Verjährung zum Zeitpunkt der Zustellung ohne die Rückwirkung eingetreten sei. Solches ist weder dem Wortlaut des § 693 Abs. 2 ZPO in der früheren Fassung noch dem in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts noch dem Wortlaut des am in Kraft getretenen § 167 ZPO n.F. zu entnehmen. Im Übrigen mag die Rückbeziehung der Zustellung ohne Auswirkung bleiben, wenn die Zustellung des Mahnbescheids in nicht rechtsverjährter Zeit erfolgt. Soweit sich jedoch zwischen dem Antrag und der Zustellung des Mahnbescheids die Sach- und Rechtslage ändert - was die Beklagte hier im Hinblick auf die Gesetzesänderung durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz zum geltend macht - und sich hierdurch die Voraussetzungen des Eintritts der Verjährung zum Nachteil des Gläubigers verschlechtern, ist die Anwendung des Gesetzes und die Rückbeziehung auf den Mahnbescheidsantrag vielmehr geboten. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es nämlich, die Partei bei der Zustellung von Amts wegen vor Nachteilen durch Zustellungsverzögerungen innerhalb des gerichtlichen Geschäftsbetriebs zu bewahren (vgl. - NJW 2003, 2830, 2831; vom - VII ZR 191/94 - NJW 1995, 2230, 2231).

b) Der Umstand, dass nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB seit Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes die Zustellung des Mahnbescheids nur noch die Hemmung der Verjährung zur Folge hat, hindert nicht deren Unterbrechung wegen des vorher gestellten Antrags (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl., EGBGB Art. 229 § 6 Rn. 8; Prütting/Kesseler, BGB, 2. Aufl., EGBGB Art. 229 § 6 Rn. 7; a.A. OLG München NJW-RR 2005, 1108, 1109). Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 3 EGBGB kann auch ein nach dem eintretender Umstand die Unterbrechung der Verjährung bis zum nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches in der bis dahin geltenden Fassung auslösen. Diese Folge hat der Gesetzgeber beabsichtigt (BT-Drucks. 14/7052 S. 207 mit Hinweis auf § 212 Abs. 2 BGB a.F.; vgl. - NJW 2007, 2034, 2035 Rn. 22 zum umgekehrten Fall, dass eine Unterbrechung als nicht erfolgt gilt).

3. Die Unterbrechung der Verjährung endete mit Ablauf des und setzte sich ab dem nach Art. 229 § 6 Abs. 2 EGBGB als Hemmung fort. Gemäß § 229 § 6 Abs. 4 EGBGB betrug die Verjährungsfrist jedoch nur noch drei Jahre entsprechend § 195 BGB n.F.

Da nach Mitteilung über den Widerspruch des Beklagten durch gerichtliche Verfügung vom das Verfahren in Stillstand geriet, endete die Hemmung sechs Monate nach Zugang der letzten Verfügung des Gerichts (§ 204 Abs. 2 Satz 1, 2 BGB; vgl. BGHZ 134, 387, 390 f). Demgemäß war unbeschadet der zwischendurch erneut eingetretenen Hemmung aufgrund der Fortsetzung des Verfahrens (§ 204 Abs. 2 Satz 3 BGB) bei Zustellung der Antragsbegründung am die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen und die Beklagte deshalb nicht gemäß § 214 Abs. 1 BGB berechtigt, die Leistung zu verweigern.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
NJW 2008 S. 1674 Nr. 23
WM 2008 S. 938 Nr. 20
DAAAC-75879

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja