BVerwG Beschluss v. - 6 B 51.07

Leitsatz

Ein Rechtsanwalt muss für eine Büroorganisation sorgen, die eine Überprüfung der per Telekopie übermittelten fristgebundenen Schriftsätze auch auf Verwendung einer zutreffenden Empfängernummer gewährleistet (wie BVerwG 6 PB 16.03 -).

Gesetze: VwGO § 60

Instanzenzug: Az.: VG M 17 K 05.5624 - Az.: VGH 7 B 06.1252 - Fachpresse: ja BVerwGE: nein

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig. Sie ist nicht innerhalb der in § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO vorgeschriebenen Frist von zwei Monaten nach Zustellung des angefochtenen Urteils begründet worden. Das angefochtene Urteil wurde den Prozessbevollmächtigten des Klägers am zugestellt. Die Frist für die Einreichung der Beschwerdebegründung endete damit am . Der Begründungsschriftsatz vom ist aber erst am beim Berufungsgericht eingegangen.

Der Antrag des Klägers, ihm wegen der Versäumung der Begründungsfrist gemäß § 60 Abs. 1 VwGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, bleibt ohne Erfolg. Denn der Kläger, dem das Verhalten seines Prozessbevollmächtigten gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist, war nicht ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert. Zwar handelt es sich bei der Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes per Telefax an das Gericht ebenso wie bei der Auswahl der richtigen Telefaxnummer um einfache technische Verrichtungen, die ein Rechtsanwalt einer hinreichend geschulten und überwachten Bürokraft überlassen kann. Doch ist der Anwalt gehalten, Fehlerquellen bei der Behandlung von Fristsachen soweit wie möglich auszuschließen. Daran fehlte es hier.

Zur Vermeidung der Fristversäumung aufgrund von Fehlern, die bei der Ermittlung und der Eingabe der zutreffenden Telefaxnummer leicht unterlaufen können, hat der Anwalt die möglichen und zumutbaren organisatorischen Vorkehrungen zu treffen. Hierzu muss er für eine Büroorganisation sorgen, die eine Überprüfung der per Telefax übermittelten Schriftsätze auch auf Verwendung einer zutreffenden Empfängernummer gewährleistet (vgl. Beschlüsse vom - BVerwG 7 B 439.97 - juris und vom - BVerwG 6 PB 16.03 - Buchholz 250 § 83 BPersVG Nr. 76 S. 3; ebenso: - BAGE 79, 379; BGH, Beschlüsse vom - XI ZB 20/96 - NJW 1997, 948, vom - XII ZB 267/04 - NJW 2006, 2412 und vom - XI ZB 39/06 - FamRZ 2007, 1095; - juris). Bei der erforderlichen Ausgangskontrolle ist in der Regel ein Sendebericht auszudrucken und auf die Richtigkeit der verwendeten Empfängernummer zu überprüfen. Hierbei darf die Überprüfung regelmäßig nicht darauf beschränkt werden, die Faxnummer im Sendebericht mit der Faxnummer zu vergleichen, die auf dem versandten Schriftsatz angegeben ist. Dieser Vergleich ist nämlich nur geeignet, einen Fehler bei der Eingabe der Nummer in das Faxgerät aufzudecken, nicht aber sicherzustellen, dass die im Schriftsatz angegebene Faxnummer zutreffend ermittelt wurde (vgl. BGH, Beschlüsse vom und vom , jeweils a.a.O.). Die Überprüfung der Richtigkeit der im Sendebericht ausgewiesenen Empfängernummer ist vielmehr anhand eines aktuellen Verzeichnisses oder der Handakte des Rechtsanwalts oder einer anderen geeigneten Quelle vorzunehmen. Soweit der Prozessbevollmächtigte - wie hier - die Übermittlung des fristgebundenen Schriftsatzes per Telefax nicht delegiert, sondern selbst vornimmt, hat er auch die im Rahmen der Büroorganisation zu gewährleistende Ausgangskontrolle selbst durchzuführen.

Nach diesen Grundsätzen war die Versäumung der Frist für die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde hier nicht unverschuldet. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat es unterlassen, die auf dem Schriftsatz vom eingetragene Telefaxnummer anhand einer zuverlässigen Quelle auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, nachdem er selbst den Schriftsatz per Telefax versandt hatte. Ein Abgleich der auf dem Sendeprotokoll angegebenen Faxnummer mit einem amtlichen Verzeichnis mag zwar entbehrlich sein, wenn die Verwechslungsgefahr gering ist, weil die Telefaxnummer aus dem konkreten Aktenvorgang übernommen wurde (vgl. - NJW 2004, 3491). Gleichwohl hatte der Prozessbevollmächtigte des Klägers jedenfalls deshalb Anlass zur eigenen Überprüfung der Richtigkeit der auf dem Schriftsatz eingetragenen Telefaxnummer, weil er diese Nummer nicht selbst ermittelt hatte, sondern von seiner Sekretärin hatte ermitteln lassen. Da der Prozessbevollmächtigte nicht ohne Weiteres auf die Ordnungsmäßigkeit dieser Ermittlung vertrauen durfte - ausreichende Vorkehrungen hierfür sind dem Wiedereinsetzungsantrag nicht zu entnehmen -, hätte er persönlich eine vollständige Ausgangskontrolle vornehmen und sich anhand eines amtlichen Verzeichnisses oder durch eigene Einsichtnahme in den Aktenvorgang oder auf eine andere geeignete Weise von der Richtigkeit der Nummer überzeugen müssen. Auch bei einer Überprüfung anhand der Akte hätte er schnell bemerkt, dass die auf dem versandten Schriftsatz eingetragene, von seiner Sekretärin aus dem Schriftsatz vom übernommene Telefaxnummer "089 544282-21" falsch war, denn die von ihm an den Verwaltungsgerichtshof übersandten Schriftsätze vom , und enthielten die richtige Telefaxnummer "089 2130-320", die auch in sämtlichen Schreiben des Verwaltungsgerichtshofs angegeben war. Er hätte mithin den Fehler noch rechtzeitig aufdecken und die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde noch vor Ablauf der Frist an den Verwaltungsgerichtshof übersenden können.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist dem Kläger auch nicht deshalb zu gewähren, weil das erstinstanzliche Gericht im Rahmen seiner prozessualen Fürsorgepflicht gehalten ist, fristgebundene Schriftsätze des Rechtsmittelverfahrens, die bei ihm eingereicht werden, im Zuge des ordentlichen Geschäftsganges an das Rechtsmittelgericht weiterzuleiten (vgl. BVerwG 4 B 83.02 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 248). Gegen diese Fürsorgepflicht hat das Verwaltungsgericht offensichtlich nicht verstoßen, denn der ausweislich des Sendeprotokolls am um 23.43 Uhr dort eingegangene Schriftsatz wurde so weitergeleitet, dass er bereits am beim Verwaltungsgerichtshof einging.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV-Beilage 2008 S. 263 Nr. 3
NJW 2008 S. 932 Nr. 13
NAAAC-69990