BAG Urteil v. - 6 AZR 875/06

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: BGB § 305c Abs. 2; BGB § 623; GmbHG § 35

Instanzenzug: ArbG Stade 2 Ca 390/05 vom LAG Niedersachsen 5 Sa 2100/05 vom

Tatbestand

Die Parteien streiten über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses nach der Abberufung des Klägers als Geschäftsführer.

Der Kläger war bei der Beklagten seit dem als Werksleiter beschäftigt. Die Beklagte betreibt ein Unternehmen der Metall- und Kunststoffverarbeitung in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft, deren Komplementärin eine GmbH ist. In dem mit der Kommanditgesellschaft geschlossenen Anstellungsvertrag des Klägers vom heißt es: "...

§ 1 Rechtsstellung und Aufgaben ...

Aufgrund der Aufgabenstellung, die durch den Geschäftsführer vorgegeben ist und der Position, ist Herr S leitender Angestellter. Herr S ist der Geschäftsführung direkt unterstellt.

Es ist vorgesehen, Herrn S nach Ablauf der Probezeit Gesamtprokura zu erteilen.

Weiterhin ist beabsichtigt, Herrn S bei erfolgreicher Führung des Unternehmens als Werksleiter, diese Position in die eines Geschäftsführers zu ändern.

...

§ 3 Bezüge

Herr S erhält für seine Tätigkeit ab ein Jahresgehalt von DM 180.000,00 brutto.

..."

Der Anstellungsvertrag ist auf Seiten der Beklagten vom Geschäftsführer der Komplementärin unterzeichnet.

Am schloss der Kläger mit der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten, der Verwaltungsgesellschaft K Gesellschaft mit beschränkter Haftung, einen Dienstvertrag. Danach sollte der Kläger zum als weiterer Geschäftsführer der Komplementärin und der Beklagten tätig sein. Das vereinbarte Jahresgehalt betrug 96.000,00 Euro zuzüglich einer erfolgsabhängigen Tantieme. Der Dienstvertrag ist vom Geschäftsführer der Komplementärin unterzeichnet. Die Komplementärin war zuvor durch Gesellschafterbeschluss der Beklagten bevollmächtigt worden, diesen Vertrag zu schließen.

Mit einem dem Kläger am übergebenen Schreiben kündigte die persönlich haftende Gesellschafterin der Beklagten den Dienstvertrag vom zum . Mit einem weiteren Schreiben vom kündigte die Beklagte vorsorglich ein etwaiges Arbeitsverhältnis zum .

Mit seiner am beim Arbeitsgericht eingegangenen und später erweiterten Klage macht der Kläger geltend, sein Arbeitsverhältnis als Werksleiter sei durch den Dienstvertrag vom nicht aufgelöst worden. Die Kündigungen vom und hätten gleichfalls nicht zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt. Die Beklagte sei deshalb verpflichtet, ihn als Werksleiter weiter zu beschäftigen.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die von der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten ausgesprochene Kündigung des Geschäftsführervertrags vom nicht aufgelöst ist;

2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger ab dem auf der Grundlage des Anstellungsvertrags vom in der Fassung der Änderungen vom und als Werksleiter zu beschäftigen;

3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom nicht aufgelöst ist.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, durch den Abschluss des Dienstvertrags vom sei das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum aufgelöst worden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Gründe

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen.

I. Die vom Kläger erhobene Kündigungsschutzklage ist nicht begründet. Zum Zeitpunkt der mit der Kündigung vom zum herbeigeführten Beendigung des Dienstverhältnisses hat zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis mehr bestanden. Wegen des fehlenden Bestehens eines Arbeitsverhältnisses besteht kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Weiterbeschäftigung als Werksleiter. Auf die vorsorgliche Kündigung vom kommt es nicht mehr an. Das durch den Arbeitsvertrag vom begründete Arbeitsverhältnis des Klägers ist durch Abschluss des Dienstvertrags vom wirksam zum beendet worden. Das Arbeitsverhältnis hat während der Zeit der Bestellung als Geschäftsführer nicht geruht und ist nach dem nicht wieder aufgelebt.

1. Schließt ein Arbeitnehmer mit seinem Arbeitgeber oder mit der Komplementär-GmbH einer Kommanditgesellschaft, bei der er angestellt ist, einen Geschäftsführerdienstvertrag, wird vermutet, dass hierdurch zugleich das bisherige Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Beginns des Geschäftsführerdienstverhältnisses aufgelöst wird, soweit nicht klar und eindeutig etwas anderes vertraglich vereinbart worden ist.

a) Durch den Geschäftsführerdienstvertrag werden die vertraglichen Beziehungen der Parteien zueinander auf eine neue Grundlage gestellt, die bisherige Grundlage entfällt.

aa) Mit dem Abschluss des Geschäftsführerdienstvertrags und der damit einhergehenden Bestellung zum Geschäftsführer werden für den Beschäftigten bereits von Gesetzes wegen zahlreiche neue Rechte und Pflichten aus dem GmbHG begründet, die sich von den arbeitsvertraglichen Verpflichtungen deutlich unterscheiden. Der Geschäftsführer vertritt gemäß § 35 Abs. 1 GmbHG die Gesellschaft nach außen, so dass der Arbeitnehmer mit der Bestellung zum Geschäftsführer jedenfalls in formaler Hinsicht eine Arbeitgeberstellung einnimmt. Den Geschäftsführer trifft des Weiteren die Außenhaftung nach § 43 GmbHG sowie die Haftung nach § 64 Abs. 2 GmbHG bei verspäteter Beantragung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Schon diese gesellschaftsrechtlichen Regelungen stehen der Annahme entgegen, das Geschäftsführerdienstverhältnis stehe dem zuvor bestehenden Arbeitsverhältnis gleich. Auch wenn die Rechtsbeziehungen zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft wegen fortbestehender weitreichender Weisungsgebundenheit arbeitsvertraglicher Natur sein sollten (dazu - AP GmbHG § 35 Nr. 10 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 76), hätte das der Geschäftsführerbestellung zugrunde liegende Rechtsverhältnis ungeachtet der vertraglichen Vereinbarungen schon auf Grund der gesellschaftsrechtlichen Rechte und Pflichten eines Geschäftsführers einen neuen Inhalt.

bb) Den gesellschaftsrechtlichen Zusammenhängen wird verfahrensrechtlich durch § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG Rechnung getragen. Der als Geschäftsführer Beschäftigte kann nach dieser Bestimmung seine Ansprüche gegen die Gesellschaft nicht vor den Arbeitsgerichten geltend machen (vgl. - AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 54 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 36). Das gilt ebenso für den Geschäftsführer der Komplementär-GmbH einer Kommanditgesellschaft ( - BAGE 107, 165). Die Bestellung zum Geschäftsführer hat auch kündigungsschutzrechtliche Folgen. Im Falle einer Kündigung kann sich der Geschäftsführer einer GmbH gemäß § 14 Abs. 1 KSchG nicht auf den gesetzlichen Kündigungsschutz berufen, auch wenn er tatsächlich in einem Arbeitsverhältnis zur Gesellschaft steht. Nur der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH einer Kommanditgesellschaft kann nach der Rechtsprechung des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts diesen Schutz beanspruchen, wenn er in einem Arbeitsverhältnis steht ( - 2 AZR 1101/79 - BAGE 39, 16; aA Zimmer/Rupp GmbHR 2006, 572, 574). Er kann diesen Schutz aber nicht vor den Arbeitsgerichten geltend machen, sondern muss vor den ordentlichen Gerichten Klage erheben ( - aaO).

cc) Unter Berücksichtigung dieser gesetzlichen Regelungen muss einem Arbeitnehmer klar sein, dass mit dem Abschluss eines Geschäftsführerdienstvertrags und der Bestellung zum Geschäftsführer sein Arbeitsverhältnis endet. Ohne besondere, vom gekündigten Geschäftsführer darzulegende Umstände ist bei verständiger Auslegung der rechtsgeschäftlichen Erklärungen (§§ 133, 157 BGB) kein Grund dafür ersichtlich, dass der alte Vertrag fortgelten soll. Hierbei handelt es sich nicht um eine Lückenfüllung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung, sondern um die Feststellung des Inhalts des vertraglich Vereinbarten durch Auslegung des Vertrags selbst.

b) Diese Rechtslage entspricht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seit Anfang der neunziger Jahre. Sie ist durch ein Urteil des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts im Jahre 1993 ( - 2 AZR 260/93 - AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 16 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 9) unter teilweiser Korrektur älterer Rechtsprechung ( - 2 AZR 359/71 - BAGE 24, 383, 386 f.; - 2 AZR 330/84 - BAGE 49, 81, 90 f.) begründet und seitdem fortgeführt worden (vgl. - 5 AZB 4/95 - AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 24 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 12; - 2 AZR 207/99 - BAGE 95, 62; - 2 AZR 352/01 - AP ZPO 1977 § 543 Nr. 11 = EzA ZPO § 543 Nr. 11; - 2 AZR 614/04 -AP KSchG 1969 § 1 Wartezeit Nr. 19 = EzA KSchG § 1 Nr. 59; - 5 AZR 592/05 - AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 62 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 40). Das Bundesarbeitsgericht hat hiermit der gegen die älteren Entscheidungen erhoben Kritik Rechnung getragen (vgl. dazu Fleck FS Hilger/Stumpf S. 197, 210; Hueck ZfA 1985, 25, 32; Martens Anm. AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 3). Diese Rechtsprechung ist im Schrifttum zustimmend aufgenommen worden (vgl. Bauer/Baeck/Lösler ZIP 2003, 1821, 1822; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck GmbHG 18. Aufl. § 35 Rn. 173; Boemke ZfA 1998, 209, 224; Haase GmbHR 2004, 279, 281; Jaeger NZA 1998, 961, 964; Kamanabrou Anm. AP KSchG 1969 § 1 Wartezeit Nr. 19; Nägele BB 2001, 305 ff.; Reinecke ZIP 1997, 1525, 1532; Roth/Altmeppen GmbHG 5. Aufl. § 6 Rn. 39; Schrader/Straube GmbHR 2005, 904, 906). Insoweit besteht auch kein Unterschied zu sonstigen Änderungen der vertraglichen Beziehungen. Steigt ein Angestellter innerhalb des Unternehmens auf und werden ihm Aufgaben eines leitenden Angestellten iSv. § 14 Abs. 2 KSchG übertragen, führt dies zu einer Verschlechterung des Bestandsschutzes, weil der Arbeitgeber gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 KSchG einen Auflösungsantrag nicht zu begründen braucht und sich so gegen Zahlung einer Abfindung von dem Angestellten trennen kann, ohne dass die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 KSchG erfüllt sein müssen. Für den leitenden Angestellten wird das Kündigungsschutzgesetz im Gegensatz zum nicht leitenden Angestellten dann zum "Abfindungsgesetz" und verliert seine Funktion als "Bestandsschutzgesetz". Den Eintritt dieser Rechtsfolge kann der Arbeitnehmer jedoch unbestritten nicht mit dem Hinweis auf ein ruhendes "normales" Arbeitsverhältnis ausschließen, wenn nicht besondere Vereinbarungen getroffen worden sind.

2. Im vorliegenden Fall sind keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass abweichend von der vermuteten Beendigung des Arbeitsverhältnisses das ursprüngliche Arbeitsverhältnis als Werksleiter während der Bestellung zum Geschäftsführer ab dem ruhend fortbestanden hat. Der Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten hatt am mit dem Kläger einen neuen Dienstvertrag geschlossen, der im Einzelnen die sich aus der Bestellung zum Geschäftsführer der Beklagten ergebenden Rechte und Pflichten regelte.

Es ist weder vorgetragen noch sonst wie erkennbar, dass der Kläger nur pro forma als "Strohmann" zum Geschäftsführer der Beklagten ernannt wurde. Der Kläger trat vielmehr die Nachfolge eines zuvor ausgeschiedenen früheren Geschäftsführers an und übte diese Tätigkeit auch tatsächlich aus. Unerheblich ist die Behauptung des Klägers, er habe nicht gewusst, dass er mit dem Abschluss des Dienstvertrags seinen Status als Arbeitnehmer verliere. Hierbei handelt es sich um einen unbeachtlichen Rechtsfolgenirrtum. Soweit der Kläger behauptet hat, er habe den Vertrag unterschrieben, weil andernfalls sein Arbeitsplatz gefährdet gewesen wäre, kann diese - von der Beklagten bestrittene - Behauptung des Klägers kein anderes Ergebnis begründen. Das Vorliegen einer Drohung iSv. § 123 Abs. 1 BGB, das zur - im Übrigen nicht erklärten - Anfechtung berechtigte, behauptet der Kläger selbst nicht.

3. Auch wenn man zu Gunsten des Klägers unterstellt, dass es sich bei dem Geschäftsführerdienstvertrag vom um einen von der Beklagten vorformulierten Vertrag handelt, auf dessen Inhalt der Kläger keinen Einfluss nehmen konnte (§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB) und der deshalb der Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB unterliegt, ergibt sich kein anderes Auslegungsergebnis.

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (st. Rspr., vgl. - BAGE 115, 372; - NJW 2004, 2961, zu II 1 a der Gründe). Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten. Bleiben nach Erwägung dieser Umstände Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders ( - AP BGB § 305c Nr. 4 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 3; - BGHZ 162, 39; Staudinger/Schlosser BGB [2006] § 305c Rn. 106 mwN).

b) Es besteht kein Zweifel iSv. § 305c Abs. 2 BGB daran, dass der Kläger mit Abschluss des Geschäftsführerdienstvertrags seine vertraglichen Beziehungen ausschließlich auf diese neue vertragliche Grundlage gestellt hat und damit zugleich das zuvor bestandene Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Aufnahme der Geschäftsführertätigkeit beendet hat. Diese Rechtsfolge entspricht bereits der oben (unter I 1 b der Gründe) dargestellten ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und der ganz hM im Schrifttum. Sie ist für Arbeitnehmer in leitender Position, die in der Regel solche Vereinbarungen abschließen, objektiv erkennbar. Ein Arbeitnehmer, der mit der Unterzeichnung des Geschäftsführerdienstvertrags und der Bestellung zum Geschäftsführer die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten übernimmt und damit Arbeitgeberfunktionen wahrnimmt, muss - soweit nichts anderes vereinbart ist - davon ausgehen, dass mit der vereinbarten Aufnahme der Tätigkeit als Geschäftsführer sein Arbeitsverhältnis endet. Ein vernünftiger Zweifel, der die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB rechtfertigen könnte, besteht daher nicht.

c) Zweifel bestehen auch nicht vor dem Hintergrund der im Schrifttum erörterten Auswirkungen des zum in Kraft getretenen § 623 BGB (hierzu Baeck/Hopfner DB 2000, 1914; Bauer GmbHR 2000, 767; Bauer/Baeck/Lösler ZIP 2003, 1821; Fischer NJW 2003, 2417; Haase GmbHR 2004, 279; Hümmerich/Schmidt-Westphal DB 2007, 222; Krause ZIP 2000, 2284; Langner DStR 2007, 535; Sasse/Schnitger BB 2007, 154, 156; Schrader/Straube GmbHR 2005, 904; Zirnbauer FS zum 25-jährigen Bestehen der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein S. 553). Die Einhaltung der Formvorschrift ist von der vorrangigen Auslegung der getroffenen Vereinbarung zu unterscheiden ( -NJW 2000, 1569; Baeck/Hopfner DB 2000, 1914, 1915; Langner DStR 2007, 535, 537; Schrader/Straube GmbHR 2005, 904, 906). Formvorschriften beschränken bei formbedürftigen Rechtsgeschäften nicht die für die Auslegung der Willenserklärungen zu berücksichtigen Umstände (vgl. MünchKommBGB/Busche 5. Aufl. § 133 Rn. 29 mwN). Allein bei der Prüfung der Frage, ob die einschlägigen Formvorschriften beachtet worden sind, ist festzustellen, ob der im Wege der Auslegung ermittelte Parteiwille in der vorgeschriebenen Form der Erklärungen zum Ausdruck gekommen ist.

4. Die im schriftlichen Dienstvertrag vom konkludent vereinbarte Aufhebung des mit Vertrag vom begründeten Arbeitsverhältnisses ist nicht nach § 623 iVm. § 125 BGB nichtig.

a) Die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch einen Auflösungsvertrag bedarf nach § 623 BGB der Schriftform. Ist die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht ausdrücklich vereinbart, ist im Wege der Auslegung der getroffenen schriftlichen Vereinbarung festzustellen, ob der Wille, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu beenden, in der schriftlichen Vereinbarung zum Ausdruck gekommen ist.

Außerhalb der Urkunde liegende Umstände dürfen berücksichtigt werden, wenn der einschlägige rechtsgeschäftliche Wille der Parteien in der formgerechten Urkunde einen wenn auch nur unvollkommenen oder andeutungsweisen Ausdruck gefunden hat ( - BAGE 112, 58, 61; - NJW 2000, 1569, zu II 3 der Gründe; - V ZR 202/95 -NJW 1996, 2792, zu III 1 der Gründe).

b) Schließt ein Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeber einen schriftlichen Dienstvertrag, der Grundlage der Bestellung zum Geschäftsführer ist, besteht die tatsächliche Vermutung, dass damit zugleich das zuvor begründete Arbeitsverhältnis aufgelöst wird.

Der neue Vertrag ist - wie oben ausgeführt (unter I 1 der Gründe) - ausschließliche Grundlage der rechtlichen Beziehungen der Parteien, sofern nicht etwas anderes vereinbart ist. Damit sind durch den schriftlichen Geschäftsführerdienstvertrag die zuvor vereinbarten Rechte und Pflichten der Parteien konkludent aufgehoben. Dieser Wille der Vertragsparteien, das zuvor begründete Arbeitsverhältnis zu beenden, kommt in dem schriftlichen Geschäftsführerdienstvertrag hinreichend deutlich zum Ausdruck (in diesem Sinne auch Baeck/Hopfner DB 2000, 1914, 1915; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck § 35 Rn. 173; MünchKommBGB/Henssler 4. Aufl. § 623 Rn. 25; Kamanabrou DB 2002, 146, 150; Langner DStR 2007, 535, 539; ErfK/Müller-Glöge 7. Aufl. § 623 BGB Rn. 12; Roth/Altmeppen § 6 Rn. 39; Schrader/Straube GmbHR 2005, 904, 907; enger Krause ZIP 2000, 2284, 2289; KR-Spilger 8. Aufl. § 623 BGB Rn. 239; Staudinger/Oetker BGB [2002] § 623 Rn. 65). Der von § 623 BGB bezweckte Übereilungsschutz steht dem nicht entgegen (aA Bauer GmbHR 2000, 767, 769; Fischer NJW 2003, 2417, 2418). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass mit dem schriftlichen Dienstvertrag eine Vertragsurkunde vorliegt, die dem Arbeitnehmer verdeutlicht, dass nunmehr die vertraglichen Beziehungen zu seinem Arbeitgeber auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt werden. Der von § 623 BGB bezweckten Warnung des Arbeitnehmers wird damit genügt. Hinzu kommt, dass Geschäftsführerdienstverträge anders als manche einfache Auflösungsvereinbarungen in der Regel erst nach längeren Verhandlungen geschlossen werden.

c) Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist vorliegend eine formwirksame Beendigung des am begründeten Arbeitsverhältnisses zum erfolgt. Der Kläger hat einen schriftlichen Geschäftsführerdienstvertrag geschlossen. Mit dem Dienstvertrag wurden die vertraglichen Beziehungen zur Beklagten neu geregelt. Dem Geschäftsführerdienstvertrag und dem sonstigen Vortrag der Parteien sind keine tatsächlichen Anhaltspunkte für die Vereinbarung eines Ruhens des bis dahin bestehenden Arbeitsverhältnisses zu entnehmen.

5. Der Dienstvertrag wurde auf Seiten der Beklagten vom Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten unterzeichnet. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war die Komplementärin durch Gesellschafterbeschluss hierzu bevollmächtigt. Mit dem Abschluss des Dienstvertrags hat damit ein zur Vertretung der Beklagten Berechtigter das zu jener Zeit bestehende Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zugleich einvernehmlich aufgelöst. Auf Grund dieser tatsächlichen Umstände bedarf die im Schrifttum erörterte Frage der wirksamen Vertretung der Gesellschaft zum Abschluss des Auflösungsvertrags, wenn nicht vertretungsberechtigte Gesellschafter den Dienstvertrag schließen, keiner Erörterung (vgl. dazu Bauer/Baeck/Lösler ZIP 2003, 1821, 1823 ff.; Fischer NJW 2003, 2417, 2419; Gravenhorst GmbHR 2007, 710; Hümmerich/Schmidt-Westphal DB 2007, 222; Langner DStR 2007, 535).

II. Der Kläger hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Revisionsverfahren zu tragen.

Fundstelle(n):
LAAAC-58301

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