BVerfG Beschluss v. - 2 BvR 2267/06

Leitsatz

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: BVerfGG § 23 Abs. 1 Satz 2; BVerfGG § 92; BVerfGG § 93a; BVerfGG § 93a Abs. 2; BVerfGG § 93b; BVerfGG § 93d Abs. 1 Satz 3; StPO § 100g; StPO § 100h; GG Art. 13 Abs. 1; GG Art. 19 Abs. 4; GG Art. 103 Abs. 1

Instanzenzug: LG Kassel 3 Qs 125/06 vom LG Kassel 3 Qs 129/06 vom LG Kassel 3 Qs 130/06 vom LG Kassel 3 Qs 160/06 vom AG Kassel 8801 Js 3472/06 vom AG Eschwege 71 Gs 186/05 vom AG Eschwege vom

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund nach § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 ff.>). Sie hat keine Aussicht auf Erfolg.

1. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Beschlagnahmeanordnung und gegen den Beschluss auf Auskunftserteilung über Telekommunikationsverbindungsdaten richtet, ist sie unzulässig. Denn die Beschwerdeführerin hat insoweit nicht im Sinne der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügend dargetan, in eigenen Rechten verletzt zu sein. Insbesondere fehlt es an Angaben dazu, ob die Beschwerdeführerin in dem die Auskunftserteilung betreffenden Zeitraum tatsächlich die Telekommunikationseinrichtungen des Inhabers der Tierarztpraxis genutzt hat. Denn der angefochtene Beschluss nach § 100g, § 100h StPO richtete sich gegen den Praxisinhaber. Damit hat die Beschwerdeführerin weder ihren Vorwurf selbst noch den ihm zugrunde liegenden Sachverhalt in einer eine hinreichende verfassungsrechtliche Prüfung ermöglichenden Weise substantiiert vorgetragen, die es dem Bundesverfassungsgericht erlaubt, ohne weitere Ermittlungen das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen zu prüfen und über die Annahmevoraussetzungen zu befinden.

2. Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde im Hinblick auf die zutreffenden Erwägungen des Landgerichts unbegründet.

Die Annahme, dass der Richter in Eilfällen eine strafprozessuale Durchsuchung ausnahmsweise mündlich anordnen kann ( -, NJW 2005, S. 1060; vgl. auch Nack in: StPO Karlsruher Kommentar, 5. Aufl. 2003, Rz. 3 zu § 105 sowie Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl. 2007, Rz. 3 zu § 105), unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerfGE 20, 162 <227>; 103, 142 <154>). Das Landgericht hat anhand der ausführlichen Dokumentation einen Eilfall willkürfrei angenommen, indem es den konkreten Tatverdacht erst gegen 15.00 Uhr für gegeben erachtete und die Gefährdung eines Vollzugs der beabsichtigten Maßnahme durch die Herbeiführung eines schriftlichen Beschlusses bejaht hat. Diese Einschätzung liegt aufgrund des Zeitintervalls zwischen mündlicher Anordnung der strafprozessualen Maßnahme gegen 16.00 Uhr und ihrer Ausführung gegen 18.00 Uhr nicht fern.

b) Die sich aus Art. 19 Abs. 4 GG ergebenden Dokumentations- und Begründungspflichten für die Strafverfolgungsbehörden haben im konkreten Fall einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz ermöglicht. Der zeitnahe polizeiliche Vermerk reichte ausnahmsweise wegen der Evidenz des Falles zur Information des Gerichts aus (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des -, juris). Er ließ die tatsächlichen Anhaltspunkte des Durchsuchungsverdachts, die Zielrichtung der Durchsuchung sowie die Umstände, die einen Eilfall begründeten, hinreichend erkennen. Aufgrund des einfach gelagerten Sachverhalts bestand nicht die Gefahr, dass Rahmen, Grenzen und Ziel der Durchsuchung nicht hinreichend definiert und begrenzt waren, zumal sich die Maßnahme ausschließlich gegen die Person der Beschwerdeführerin und das von ihr geführte Fahrzeug richtete, das nicht dem Schutzbereich von Art. 13 Abs. 1 GG unterlag.

c) Das Landgericht hat den ursprünglichen Gehörsverstoß mit dem angefochtenen Beschluss vom geheilt und keinen erneuten Gehörsverstoß begangen. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet die Gerichte, das Vorbringen eines Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerfGE 42, 364 <367 f.>; 58, 353 <356>; 69, 141 <143>; stRspr). Eine verfassungsrechtliche Verpflichtung der Gerichte, sich mit jedem Vorbringen in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen, gebietet das Recht auf rechtliches Gehör dagegen nicht. Ein Gehörsverstoß kann somit nur dann festgestellt werden, wenn sich aus den besonderen Umständen des einzelnen Falles deutlich ergibt, dass das Gericht ein tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (vgl. BVerfGE 54, 86 <91 f.>).

Das Landgericht hatte sich bereits in seinen vorausgegangenen Entscheidungen vom und vom ausführlich mit den wesentlichen, der Rechtsverfolgung und Verteidigung dienenden, Rechtsfragen und tatsächlichen Abläufen befasst. Insbesondere hat es den Tatvorwurf ausreichend mit dem konkreten Straftatbestand umschrieben und mittelbar zu erkennen gegeben, dass es die polizeiliche Dokumentation grundsätzlich als ausreichend erachtet hat. Darauf hat das Landgericht im Nachverfahren zutreffend hingewiesen. Es war daher nicht gehalten, die dort bereits dargelegten Rechtsausführungen in einem neuen Beschluss zu wiederholen oder zusammenzufassen.

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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Fundstelle(n):
RAAAC-53014