Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen; Rüge des Übergehens eines Beweisantrags
Gesetze: AO § 90; FGO § 74; FGO § 115 Abs. 2
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) war als Betriebsberaterin selbständig tätig. Das Landratsamt M untersagte ihr mit Bescheid vom die Ausübung dieses Gewerbes. Die Klägerin gab zunächst keine Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr (2000) ab. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) schätzte deshalb im Umsatzsteuerbescheid 2000 vom die Besteuerungsgrundlagen und setzte die Steuer entsprechend fest. Mit Erhebung des Einspruchs gab die Klägerin die Umsatzsteuererklärung ab. Das FA folgte dem nicht, sondern setzte die Umsatzsteuer in der Einspruchsentscheidung vom anderweitig fest.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Finanzgericht (FG) im Wesentlichen aus, das FA habe die Besteuerungsgrundlagen zutreffend ermittelt. Es habe keine Veranlassung bestanden, im Zusammenhang mit der Steuerfestsetzung 2000 zu prüfen, ob und wann die Umsatzsteuervoranmeldungen für 2001 eingereicht worden sind und hierauf Zahlungen verbucht worden seien.
Auch dem erneuten Antrag auf Aussetzung des Verfahrens nach § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) habe nicht entsprochen werden können, weil ein Zusammenhang zwischen dem vorliegenden Verfahren und dem vor dem Verwaltungsgericht W verhandelten Gewerbeuntersagungsverfahren nicht erkennbar sei.
Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin geltend, die Sache habe grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und das Urteil des FG leide unter Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
Verfassungsrechtliche Aufgabe aller Gerichte sei es, den Schutz der Grundrechte im Einzelfall sicherzustellen. Hieran gemessen zeige sich, wie berechtigt ihr Antrag auf Aussetzung des Verfahrens und Verlegung der mündlichen Verhandlung gewesen sei, weil vor dem Verwaltungsgericht W durch die Behörden mindestens zwölf falsche Angaben gemacht worden seien. Insbesondere sei es unzutreffend, dass sie, die Klägerin, die Umsatzsteuervoranmeldungen für 2001 nicht oder verspätet abgegeben habe. Von grundsätzlicher Bedeutung sei die Frage, „... ob das Einreichen von zum Teil 10 Jahre alten Belegen aus verfassungsrechtlichen Gründen z.B. Art. 2, 3, 12 und 14 GG nicht zurückzustellen ist, bis zur vollständigen rechtlichen Klärung von einer Vielzahl von behördlichen Falschdarstellungen und Falschbeschuldigungen ...”.
Es sei ein Sachverständigengutachten einzuholen gewesen, damit sich die Gerichte nicht länger auf falsche behördliche Angaben stützen müssten.
Außerdem habe das Verfahren auf ihren Antrag hin ausgesetzt werden müssen.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Nichtzulassung kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
1. Die Klägerin hat die grundsätzliche Bedeutung der Sache nicht dargelegt. Hierzu hätte sie eine bestimmte für die Entscheidung des Rechtsstreits erhebliche abstrakte Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll, herausstellen müssen. Erforderlich ist dabei ein konkreter und substantiierter Vortrag, aus welchen Gründen im Einzelnen die Klärung der Rechtsfrage durch die angestrebte Revisionsentscheidung aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 32, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Diese Voraussetzungen erfüllt der Vortrag der Klägerin nicht, weil nicht substantiiert dargelegt wird, welche konkrete Rechtsfrage die Klägerin überhaupt für klärungsbedürftig hält. Soweit es der Klägerin darum geht, ob von ihr die Vorlage von Belegen verlangt werden könne, solange die vollständige rechtliche Klärung eines behördlichen Fehlverhaltens noch nicht abgeschlossen sei, fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit. Die Antwort auf die Frage, ob die Klägerin Unterlagen, die für das Besteuerungsverfahren von Bedeutung sind, zurückhalten kann, ergibt sich aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes (vgl. hierzu Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 28, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Gemäß § 90 Abs. 1 der Abgabenordnung sind die Beteiligten zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offen legen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. Andere konkrete Rechtsfragen, denen grundsätzliche Bedeutung zukommen könnte, sind von der Klägerin nicht vorgetragen.
2. Die Klägerin hat auch keine Verfahrensmängel des FG-Urteils dargelegt. Die Bezeichnung eines Verfahrensmangels i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt eine genaue Angabe der Tatsachen, die den gerügten Mangel ergeben. Darüber hinaus muss schlüssig vorgetragen werden, inwiefern das angegriffene Urteil ohne diesen Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre (vgl. , BFH/NV 1988, 235).
a) Die Ablehnung des Antrags auf Aussetzung des Verfahrens (§ 74 FGO) durch das FG stellt keinen Verfahrensmangel dar. Insoweit wird Bezug genommen auf den Beschluss des Senats vom V B 75/06. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass in der Zeit zwischen dem , an dem der dem Verfahren V B 75/06 zugrunde liegende ablehnende Beschluss des FG ergangen ist und der Verkündung des Urteils am Ereignisse eingetreten sind, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten.
b) Auch die Rüge, das FG habe einen Beweisantrag auf Bestellung eines Sachverständigen übergangen, führt nicht zur Zulassung der Revision. Es fehlt insoweit schon an dem erforderlichen Vortrag, zu welchem Beweisthema der Sachverständige hätte gehört werden müssen, zu welchem Ergebnis er voraussichtlich gekommen wäre und weshalb das Urteil des FG in diesem Fall anders ausgefallen wäre.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1633 Nr. 9
MAAAC-49661