BFH Beschluss v. - IV E 3/06

Bestimmung des Streitwerts nach pauschalierenden Regelsätzen bei Gewinnfeststellungsbescheiden (hier: zeitliche Zuordnung des Veräußerungsgewinns)

Gesetze: GKG § 52; GKG § 47; EStG § 16

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Kostenschuldnerin und Erinnerungsführerin (Erinnerungsführerin) —eine KG— war Kommanditistin der X-KG. Aus dieser schied sie aufgrund der Auseinandersetzungsvereinbarung vom mit Wirkung zum mit der Folge aus, dass sie ab nicht mehr am Ergebnis der X-KG beteiligt war. Erklärungsgemäß erfasste das Finanzamt (FA) den Veräußerungsgewinn (15 499 945 DM) im Rahmen der Gewinnfeststellung 1994. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage, mit der geltend gemacht wurde, der Veräußerungsgewinn sei erst im Wirtschaftsjahr 1995 anzusetzen, hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wurde vom (BFH/NV 2006, 1829) verworfen.

Mit Kostenrechnung vom wurden —auf der Grundlage eines Streitwerts von 1 981 249 € (= 3 874 986,25 DM = 25 v.H. aus 15 499 945 DM)— die Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren mit 14 912 € angesetzt.

Hiergegen wendet sich die Erinnerung, mit der geltend gemacht wird, dass die Klage lediglich darauf gerichtet gewesen sei, den in seiner Höhe nicht bestrittenen Veräußerungsgewinn in einem späteren Jahr zu erfassen. In einem solchen Fall sei es nicht nur unangemessen, vom Regelsatz (15 v.H.) abzuweichen und der Streitwertbestimmung 25 v.H. des Veräußerungsgewinns zugrunde zu legen. Hinzu komme, dass für Verfahren dieser Art nach der Rechtsprechung des BFH der Streitwert nicht nach der Höhe der zu verschiebenden Steuerschuld, sondern nach Maßgabe des finanziellen Vorteils, d.h. des Zinsvorteils gemäß § 238 der Abgabenordnung (AO) in Höhe von 0,5 v.H. je Monat zu bemessen sei. Hiervon sei zur Vermeidung einer „nicht sachgerechten Ungleichbehandlung” auch vorliegend auszugehen mit der Folge, dass sich ein Streitwert von 71 325 € (= 7 924 996 € [= 15 499 945 DM] x 15 v.H. x 6 v.H. [12 Monate x 0,5 v.H.]) ergebe und demgemäß die Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren in Höhe von 1 312 € festzusetzen seien. Hierfür spreche auch, dass im finanzgerichtlichen Verfahren nicht nur beantragt worden sei, den der Erinnerungsführerin für das Wirtschaftsjahr 1994 zugerechneten Gewinnanteil um den Veräußerungsgewinn zu kürzen; ihr Antrag habe vielmehr —gleich der Anfechtung zweier Einkommensteuerbescheide— auch das Begehren umfasst, den Feststellungsbescheid 1995 entsprechend zu ändern.

Die Erinnerungsführerin beantragt sinngemäß, die Kostenrechnung vom dahin zu ändern, dass die Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren mit 1 312 € angesetzt werden.

Die Vertreterin der Staatskasse (Erinnerungsgegnerin) beantragt, die Erinnerung zurückzuweisen.

II. Die Erinnerung ist nicht begründet.

1. Zwischen den Beteiligten ist nicht umstritten, dass im Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung der Revision der Streitwert nach dem für das Rechtsmittelverfahren maßgebenden Wert zu bestimmen (vgl. § 47 Abs. 3 und 1 des GerichtskostengesetzesGKG—) und damit von dem Streitwert für das Klageverfahren auszugehen ist, wenn —wie vorliegend— die Beschwerde nicht erkennen lässt, dass in einem Revisionsverfahren das Klagebegehren nur noch eingeschränkt weiterverfolgt wird (vgl. , BFH/NV 2007, 493, m.w.N.; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., Vor § 135 Rz 35 unter „Nichtzulassungsbeschwerde”).

2. Einvernehmen besteht ferner darüber, dass —auf der Grundlage des in § 52 Abs. 1 GKG eingeräumten und an der Bedeutung der Sache auszurichtenden Ermessens— für Verfahren der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung pauschalierende Regelsätze anzusetzen sind, die die einkommensteuerlichen Auswirkungen der streitigen Feststellung lediglich typisierend berücksichtigen (vgl. hierzu , BStBl II 2007, 54). Im Falle eines finanzgerichtlichen Verfahrens über die Höhe des in einem Gewinnfeststellungsbescheid zu erfassenden Veräußerungsgewinns ist deshalb nach ständiger Rechtsprechung im Regelfall von 15 v.H. des streitigen Betrags auszugehen; bei sehr hohen (streitigen) Veräußerungsgewinnen ist der Prozentsatz in angemessenem Umfang anzuheben (z.B. , BFH/NV 1998, 348, letzter Abs.; Gräber/Ruban, a.a.O., Vor § 135 Rz 35 unter „Einheitliche Gewinnfeststellung/Einzelfälle”, m.w.N.).

3. Entgegen der Ansicht der Erinnerungsführerin ist es hiernach nicht zu beanstanden, dass die Kostenstelle den Pauschalsatz auf 25 v.H. und somit den Streitwert auf 1 981 249 € bestimmt hat.

a) Dem liegt die zutreffende Annahme zugrunde, dass mittelbare Auswirkungen auf Veranlagungszeiträume, die dem Streitjahr vor– oder nachgelagert sind, regelmäßig außer Betracht bleiben (z.B. BFH-Beschlüsse vom VIII E 5/05, BFH/NV 2006, 576; vom VIII E 1/99, BFH/NV 1999, 1630, und vom VIII R 2/95, BFH/NV 1999, 1121 (Leitsätze); Gräber/Ruban, a.a.O., Vor § 135 Rz 26, jeweils m.w.N.).

b) Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht daraus, dass nach dem Vortrag der Erinnerungsführerin lediglich eine Verschiebung der Steuerschuld im Streit sei und deshalb auf den im Falle eines Klageerfolgs eintretenden Zinsvorteil abgestellt werden müsse (hier analog § 238 AO in Höhe von 6 v.H.).

aa) Zwar ist es richtig, dass die Rechtsprechung bei Klagen, die sich gegen die Fälligkeit von dem Grunde und der Höhe nach nicht umstrittenen Umsatzsteuerzahlungen richten, den Streitwert nach dem finanziellen Vorteil aus der späteren Zahlung bemisst (BFH-Beschlüsse vom V E 5/90, BFH/NV 1992, 127, und vom V E 1/94, BFH/NV 1995, 428). Auch hat der beschließende Senat angedeutet, dass im Falle eines Streits über die zeitliche Zuordnung von nach dem Einkommensteuergesetz zu erfassenden Einkünften ebenso zu entscheiden sein könnte (Beschluss vom IV B 87/70, BFHE 101, 41, BStBl II 1971, 206 a.E.; vgl. auch Gräber/Ruban, a.a.O., Vor § 135 Rz 26).

bb) Soweit ersichtlich hat der BFH aber bisher noch nicht dazu Stellung genommen, ob die nämlichen Grundsätze darüber hinaus auch im Rahmen eines Streitverfahrens über die Rechtmäßigkeit eines Gewinnfeststellungsbescheids zum Tragen kommen.

Hiergegen bestehen deshalb Bedenken, weil der Streitwert bei Klagen gegen einen solchen Bescheid nicht nach den konkreten, d.h. den tatsächlichen einkommensteuerlichen Folgen, sondern —wie ausgeführt— anhand pauschalierender Prozentsätze zu ermitteln ist (zu Einzelheiten vgl. BFH-Beschluss in BStBl II 2007, 54). Angesichts der hiermit verbundenen Ausklammerung der sonstigen für die Festsetzung der Einkommmensteuer relevanten Besteuerungsgrundlagen (dazu Wacker, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung —HFR— 2007, 50) erscheint es nicht zweifelsfrei, ob die dem Gericht —aus den Einwänden gegen den zeitlichen Ansatz eines bestimmten Gewinnanteils— im Feststellungsverfahren bekannt gewordenen Umstände mit hinreichender Sicherheit den Schluss zulassen, dass mit einer solchen Klage für den —typisierend anzunehmenden— „Regelfall” tatsächlich nur ein Zinsvorteil erstrebt wird (hier: zugunsten der Gesellschafter der Klägerin).

Die Frage bedarf indes im anhängigen Verfahren keiner abschließenden Erörterung, weil die Erinnerungsführerin, wie vom FA im finanzgerichtlichen Verfahren unwidersprochen vorgetragen, sich erst zu einem Zeitpunkt gegen den Ansatz ihres Veräußerungsgewinns im Feststellungsbescheid 1994 gewandt hat, zu dem feststand, dass sie im Jahr 1997 einen (in das Jahr 1995) rücktragsfähigen Verlust erlitten hatte, und weil aufgrund dieses im Verfahren über die Rechtmäßigkeit des Feststellungsbescheids 1994 bekannt gewordenen Geschehensablaufs jedenfalls die Grundlage dafür entfiele, den Streitwert typisierend an dem Zinsvorteil gemäß § 238 AO auszurichten. Hieraus ergibt sich des Weiteren, dass es bei dem von der Kostenstelle angesetzten Pauschalbetrag (25 v.H. des Veräußerungsgewinns) verbleiben muss, da —wie dargelegt— dem Senat weitere Ermittlungen im Hinblick auf die mit der Klage angestrebten (konkreten) einkommensteuerlichen Vorteile (hier: einschließlich eines Verlustrücktrags oder -vortrags) verwehrt sind.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1155 Nr. 6
SAAAC-43765