BFH Beschluss v. - VIII B 61/06

Abgrenzung Eigenkapitalkonto und Fremdkapitalkonto; Verletzung der Amtsermittlungspflicht; Anspruch auf rechtliches Gehör

Gesetze: EStG § 15°; FGO § 76; FGO § 115

Instanzenzug:

Gründe

I. Von der Darstellung des Tatbestandes sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ab.

II. Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 FGO).

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 FGO nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen hinreichend substantiiert dargetan (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

1. Soweit Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des angefochtenen Urteils geltend gemacht werden, wird damit kein Zulassungsgrund dargetan. Von vornherein unbeachtlich sind Einwände gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils, die nur im Rahmen einer Revisionsbegründung erheblich sein können; denn das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten (, BFH/NV 2006, 799).

2. Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache

Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist und deren Beurteilung von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist. Hierzu muss sich die Beschwerde insbesondere mit der Rechtsprechung des BFH, den Äußerungen im Schrifttum sowie mit den gegebenenfalls veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinandersetzen.

Ist über die Rechtsfrage bereits entschieden worden, so ist zusätzlich darzulegen, weshalb eine erneute Entscheidung des BFH für erforderlich gehalten wird. Eine weitere bzw. erneute Klärung der Rechtsfrage kann z.B. geboten sein, wenn gegen die bisherige Rechtsprechung gewichtige Einwendungen erhoben worden sind, mit denen sich der BFH bislang noch nicht auseinandergesetzt hat. Darüber hinaus ist auf die Bedeutung der Klärung der konkreten Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen. Allein das Fehlen einer Entscheidung des BFH zu der konkreten Fallgestaltung begründet weder einen Klärungsbedarf noch das erforderliche Allgemeininteresse (, BFH/NV 2006, 709, m.w.N.).

a) Die Abgrenzung, ob Konten als Eigen- oder Fremdkapitalkonten zu qualifizieren sind, richtet sich entsprechend der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht nach der Kontenbezeichnung, sondern im Grundsatz danach, ob Zu- und Abgänge gesellschafts- oder schuldrechtlicher Natur sind. Danach ist vor allem dann von einem Kapitalkonto auszugehen, wenn auf diesem Verlustanteile des Gesellschafters verbucht werden. Denn mit dem Begriff des Darlehens ist eine Verlustbeteiligung nicht vereinbar. Für die Qualifizierung als Kapitalkonto spricht außerdem, wenn auf einem Konto Entnahmen und Einlagen zu verbuchen sind. Von Bedeutung kann schließlich sein, ob für die Kapitalüberlassung Höchstbeträge festgelegt, Sicherheiten gestellt und Tilgungsvereinbarungen getroffen worden sind (vgl. , BFHE 199, 300, BStBl II 2004, 344, m.umf.N.; ferner , BFHE 191, 347, BStBl II 2000, 347).

Danach stellt die Verlustbuchung auf einem aktivisch geführten Gesellschafterkonto ein Indiz dafür dar, dass dieses Konto Bestandteil des Kapitalkontos ist. Aber selbst dann, wenn kein Verlust darauf gebucht wird, kann das Konto sowohl eine Forderung gegen den Gesellschafter als auch einen Bestandteil des Kapitals des Gesellschafters ausweisen. Die Qualifizierung des Kontos ist dann im Einzelfall anhand der vom BFH aufgezeigten Kriterien vorzunehmen. Dementsprechend hat der BFH der Frage, ob eine Forderung gegen den Kommanditisten nur dann als steuerliches Kapitalkonto behandelt werden kann, wenn auf dem Konto Verluste gebucht werden, keine grundsätzliche Bedeutung beigemessen (vgl. , juris).

b) Die Klägerin hat sich weder mit dieser gefestigten höchstrichterlichen Judikatur inhaltlich auseinandergesetzt noch mit dem Fachschrifttum (vgl. z.B. Schmidt/Wacker, EStG, 25. Aufl., § 15a Rz. 86 und 87, m.w.N.). Insbesondere hat sie keinen weiteren oder neuen Klärungsbedarf dargetan. Vielmehr rügt sie im Kern eine aufgrund vermeintlich fehlerhafter Sachverhaltswürdigung auch unzutreffende Rechtsanwendung im konkreten Fall.

3. Divergenz

a) Zur schlüssigen Darlegung einer Divergenzrüge i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative FGO gehört u.a. eine hinreichend genaue Bezeichnung der vermeintlichen Divergenzentscheidung sowie die Gegenüberstellung tragender, abstrakter Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des Finanzgerichts (FG) einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits, um eine Abweichung erkennbar zu machen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 799, m.w.N.).

b) Das FG ist ersichtlich (vgl. S. 9 erster Absatz des Urteils) von den in der zitierten Rechtsprechung (vgl. , BFHE 181, 148, BStBl II 1997, 36; vom IV R 16/99, BFHE 191, 539, BStBl II 2001, 171) entwickelten Grundsätzen zur Abgrenzung von Eigenkapital- und Fremdkapitalkonten ausgegangen.

Eine fehlerhafte rechtliche Würdigung im konkreten Fall begründet hingegen keine Divergenz.

c) Einen sog. qualifizierten Rechtsanwendungsfehler, der ausnahmsweise die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative FGO erfordert, hat die Klägerin weder schlüssig dargetan, noch sind angesichts der ausführlichen Würdigung des Sachverhalts Anhaltspunkte hierfür ersichtlich. Dafür kommen nur offensichtliche materielle oder formelle Fehler des FG im Sinne einer willkürlichen Entscheidung in Betracht. Hierfür reicht indes nicht eine bloß fehlerhafte Umsetzung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalles aus (BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 799, m.w.N.).

4. Verletzung der Amtsermittlungspflicht

a) Die schlüssige Rüge, das FG habe den Sachverhalt auch ohne entsprechende Beweisantritte von Amts wegen näher aufklären müssen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO), setzt u.a. den substantiierten Vortrag darüber voraus, aus welchen —genau bezeichneten— Gründen sich dem FG die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung (Beweiserhebung) auch ohne entsprechenden Antrag hätte aufdrängen müssen, welche (entscheidungserheblichen) Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung voraussichtlich ergeben hätten, inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des —gegebenenfalls auch unrichtigen— materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätten führen können und warum die fachkundig vertretene Klägerin nicht von sich aus entsprechende Anträge gestellt hat (vgl. § 295 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 155 FGO; , BFH/NV 2006, 803).

b) Der Berichterstatter im finanzgerichtlichen Verfahren hat mit Aufklärungsschreiben vom an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gerade zu den maßgebenden Abgrenzungskriterien konkrete und eindeutige Fragen gestellt. Vor diesem Hintergrund war die fachkundig vertretene Klägerin gehalten, spätestens in der mündlichen Verhandlung den entscheidungserheblichen Sachverhalt sorgfältig vorzutragen und ordnungsgemäße Nachweise vorzulegen bzw. Beweisangebote zu unterbreiten.

Die Klägerin bzw. ihr Bevollmächtigter konnte keinesfalls davon überrascht sein, dass das FG in Anwendung der bereits im Aufklärungsschreiben zitierten Rechtsprechung auch die Verlustbuchung als ein maßgebendes Kriterium für die Qualifizierung des Darlehenskontos zugrunde legen würde.

Das Gericht ist insbesondere bei fachkundig Vertretenen indes nicht gehalten, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung bereits vorwegzunehmen (, BFH/NV 2005, 853, m.w.N.).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 451 Nr. 3
ZAAAC-36600