BMF - IV A 6 - S 7279 - 60/06 BStBl I 2006 S. 796 Nr. 20

Umsatzsteuer;
Steuerschuldnerschaft bei Messen, Ausstellungen und Kongressen (§ 13b Abs. 3 Nr. 4 und 5 UStG)

Durch Art. 7 Nr. 6 Buchst. b des Jahressteuergesetzes 2007 (JStG 2007) vom (BGBl 2006 I S. 2878) sind die Ausnahmen, in denen die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nicht anzuwenden ist, in § 13b Abs. 3 UStG um die Nr. 4 und 5 erweitert worden. Die Änderungen treten am in Kraft (Art. 20 Abs. 5 JStG 2007).

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt Folgendes:

1. Einräumung einer Eintrittsberechtigung für Messen, Ausstellungen und Kongresse im Inland durch einen im Ausland ansässigen Unternehmer

1 (1) Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (§ 13b Abs. 1 und 2 UStG) findet mit Wirkung vom keine Anwendung, wenn die Leistung des im Ausland ansässigen Unternehmers in der Einräumung der Eintrittsberechtigung für Messen, Ausstellungen und Kongresse im Inland besteht (§ 13b Abs. 3 Nr. 4 UStG). Für diese Leistungen ist der leistende Unternehmer Steuerschuldner (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG).

2 (2) Unter die Umsätze, die zur Einräumung der Eintrittsberechtigung für Messen, Ausstellungen und Kongresse gehören, fallen insbesondere Leistungen, für die der Leistungsempfänger Kongress-, Teilnehmer- oder Seminarentgelte entrichtet, sowie damit im Zusammenhang stehende Nebenleistungen, wie z.B. Beförderungsleistungen, Vermietung von Fahrzeugen oder Unterbringung, wenn diese Leistungen vom Veranstalter der Messe, der Ausstellung oder des Kongresses zusammen mit der Einräumung der Eintrittsberechtigung als einheitliche Leistung (vgl. Abschnitt 29 UStR 2005) angeboten werden.

2. Sonstige Leistungen einer Durchführungsgesellschaft an im Ausland ansässige Unternehmer, soweit diese Leistungen im Zusammenhang mit der Veranstaltung von Messen und Ausstellungen im Inland stehen

3 (1) Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (§ 13b Abs. 1 und 2 UStG) findet mit Wirkung vom keine Anwendung, wenn eine im Ausland ansässige Durchführungsgesellschaft sonstige Leistungen an im Ausland ansässige Unternehmer erbringt, soweit diese Leistungen im Zusammenhang mit der Veranstaltung von Messen und Ausstellungen im Inland stehen (§ 13b Abs. 3 Nr. 5 UStG). Für diese Leistungen ist der leistende Unternehmer Steuerschuldner (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG).

4 (2) Im Rahmen von Messen und Ausstellungen werden auch Gemeinschaftsausstellungen durchgeführt, z.B. von Ausstellern, die in demselben ausländischen Staat ansässig sind. Vielfach ist in diesen Fällen zwischen dem Veranstalter und den Ausstellern ein Unternehmen eingeschaltet, das im eigenen Namen die Gemeinschaftsausstellung organisiert (so genannte Durchführungsgesellschaft). In diesen Fällen erbringt der Veranstalter sonstige Leistungen an die zwischengeschaltete Durchführungsgesellschaft. Diese erbringt die sonstigen Leistungen an die an der Gemeinschaftsausstellung beteiligten Aussteller (vgl. Abschnitt 34a Abs. 3 Satz 1 bis 4 UStR 2005).

5 (3) In der Regel erbringen die zwischengeschalteten Durchführungsgesellschaften neben der Überlassung von Standflächen usw. eine Reihe weiterer Leistungen an die an der Gemeinschaftsausstellung beteiligten Aussteller. Werden diese Leistungen als eine einheitliche Leistung (vgl. Abschnitt 29 UStR 2005) erbracht, ist diese sonstige Leistung als ähnliche Tätigkeit nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a UStG anzusehen (vgl. , HFR 2006 S. 628). Es kann sich insbesondere um folgende sonstige Leistungen der Durchführungsgesellschaften handeln (vgl. Abschnitt 34a Abs. 2 UStR 2005):

  1. Technische Versorgung der überlassenen Stände. Hierzu gehören z.B.

    • Herstellung der Anschlüsse für Strom, Gas, Wasser, Wärme, Druckluft, Telefon, Telex, Internetzugang und Lautsprecheranlagen,

    • die Abgabe von Energie, z.B. Strom, Gas, Wasser und Druckluft, wenn diese Leistungen umsatzsteuerrechtlich Nebenleistungen zur Hauptleistung der Überlassung der Standflächen darstellen;

  2. Planung, Gestaltung sowie Aufbau, Umbau und Abbau von Ständen. Unter die „Planung” fallen insbesondere Architektenleistungen, z.B. Anfertigung des Entwurfs für einen Stand. Zur „Gestaltung” zählt z.B. die Leistung eines Gartengestalters oder eines Beleuchtungsfachmannes;

  3. Überlassung von Standbauteilen und Einrichtungsgegenständen, einschließlich Miet-System-Ständen;

  4. Standbetreuung und Standbewachung;

  5. Reinigung von Ständen;

  6. Überlassung von Garderoben und Schließfächern auf dem Messegelände;

  7. Überlassung von Eintrittsausweisen einschließlich Eintrittskarten;

  8. Überlassung von Telefonapparaten, Telefaxgeräten und sonstigen Kommunikationsmitteln zur Nutzung durch die Aussteller;

  9. Überlassung von Informationssystemen, z.B. von Bildschirmgeräten oder Lautsprecheranlagen, mit deren Hilfe die Besucher der Messen und Ausstellungen unterrichtet werden sollen;

  10. Schreibdienste und ähnliche sonstige Leistungen auf dem Messegelände;

  11. Beförderung und Lagerung von Ausstellungsgegenständen wie Exponaten und Standausrüstungen;

  12. Übersetzungsdienste;

  13. Eintragungen in Messekatalogen, Aufnahme von Werbeanzeigen usw. in Messekatalogen, Zeitungen, Zeitschriften usw., Anbringen von Werbeplakaten, Verteilung von Werbeprospekten und ähnliche Werbemaßnahmen.

6 (4) Werden die in Tz. 5 bezeichneten sonstigen Leistungen dagegen als selbständige Leistungen einzeln erbracht, gilt zur Bestimmung des Leistungsorts Folgendes (vgl. hierzu auch Abschnitt 34a Abs. 6 UStR 2005):

7 (5) Einige ausländische Staaten beauftragen mit der Organisation von Gemeinschaftsausstellungen keine Durchführungsgesellschaft, sondern eine staatliche Stelle, z.B. ein Ministerium. Im Inland werden die ausländischen staatlichen Stellen vielfach von den Botschaften oder Konsulaten der betreffenden ausländischen Staaten vertreten. Im Übrigen werden Gemeinschaftsausstellungen entsprechend den Ausführungen in Tz. 4 durchgeführt. Hierbei erheben die ausländischen staatlichen Stellen von den einzelnen Ausstellern ihres Landes Entgelte, die sich in der Regel nach der beanspruchten Ausstellungsfläche richten. Bei dieser Gestaltung sind die ausländischen staatlichen Stellen als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 3 UStG anzusehen. Die Ausführungen in den Tz. 5 und 6 gelten deshalb für die ausländischen staatlichen Stellen entsprechend (vgl. Abschnitt 34a Abs. 5 UStR 2005).

3. Anwendung

8 § 13b Abs. 3 Nr. 4 und Nr. 5 UStG sind auf die genannten Umsätze einschließlich Teilleistungen anzuwenden, die nach dem ausgeführt werden (§ 27 Abs. 1 Satz 1 UStG), sowie in den Fällen, in denen für derartige Umsätze das Entgelt oder ein Teil des Entgelts nach dem vereinnahmt wird und die Leistung erst nach der Vereinnahmung des Entgelts oder des Teilentgelts ausgeführt wird (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG). In diesen Fällen wird die Steuer vom leistenden Unternehmer geschuldet (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG). Dies gilt auch dann, wenn für nach dem ausgeführte Umsätze bereits vor dem das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vom leistenden Unternehmer vereinnahmt worden ist.

4. Übergangsregelungen

9 (1) Wurde das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vor dem vereinnahmt und die sonstige Leistung erst nach dem ausgeführt, ist es aus Vereinfachungsgründen nicht zu beanstanden, wenn der leistende Unternehmer bei der Berechnung der Steuer nur das um das vor dem von ihm vereinnahmte Entgelt oder die vereinnahmten Teile des Entgelts geminderte Entgelt zugrunde legt. Für die nicht vom leistenden Unternehmer für das vor dem vereinnahmte Entgelt oder Teilentgelt geschuldete Umsatzsteuer bleibt der Leistungsempfänger Steuerschuldner.

10 (2) In den Fällen der Tz. 9 wird es auch nicht beanstandet, wenn der Leistungsempfänger bei Anwendung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach § 13b UStG eine vor dem vom leistenden Unternehmer vereinnahmte Entgeltszahlung oder Teilentgeltszahlung für eine nach dem ausgeführte Leistung, die dem allgemeinen Steuersatz unterliegt, dem ab geltenden allgemeinen Steuersatz von 19 % unterwirft (vgl. Tz. 9 des , BStBl 2006 I S. 477).

11 (3) Wurde das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vor dem vereinnahmt und die sonstige Leistung erst nach dem ausgeführt, ist es aus Vereinfachungsgründen nicht zu beanstanden, wenn der leistende Unternehmer in hierfür ausgestellten Rechnungen die Umsatzsteuer mit dem ab geltenden allgemeinen Steuersatz von 19 % ausweist. Die ausgewiesene Umsatzsteuer wird vom leistenden Unternehmer geschuldet. Der Leistungsempfänger kann den angegebenen Umsatzsteuerbetrag unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG als Vorsteuer im allgemeinen Besteuerungsverfahren (§ 16 Abs. 1 bis 4, § 18 Abs. 1 bis 4 UStG) abziehen bzw. im Vorsteuer-Vergütungsverfahren (§ 18 Abs. 9 UStG, §§ 59 ff. UStDV) zur Vergütung beantragen, nachdem die Rechnung vorliegt und soweit der Rechnungsbetrag gezahlt worden ist. In diesen Fällen wird auf eine Besteuerung beim Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 UStG verzichtet.

12 (4) Eine Berichtigung der Berechnung der vor dem entstandenen Umsatzsteuer (§ 27 Abs. 1 Satz 3 UStG) scheidet in den in Tz. 11 genannten Fällen aus (vgl. Tz. 9 des , BStBl 2006 I S. 477).

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

BMF v. - IV A 6 - S 7279 - 60/06


Fundstelle(n):
BStBl 2006 I Seite 796
DB 2007 S. 24 Nr. 1
DStR 2007 S. 74 Nr. 2
StB 2007 S. 48 Nr. 2
UR 2007 S. 75 Nr. 2
UStB 2007 S. 38 Nr. 2
UVR 2007 S. 39 Nr. 2
WPg 2007 S. 136 Nr. 3
JAAAC-33270