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Grundlagen - Stand: 10.08.2022

Internationales Steuerrecht, Grundzüge

Peter Gerlach

I. Definition des internationalen Steuerrechts

Internationales Steuerrecht bezeichnet die Summe der Rechtsnormen, die bei Steuerfällen mit Auslandsbezug von Bedeutung sind. Es kann sich dabei um innerstaatliche (deutsche) oder ausländische Rechtsnormen handeln. Gleichzeitig bestimmen internationale Abkommen und Verträge das Internationale Steuerrecht. Diese regeln, welcher Staat welchen Vorgang besteuern darf. Sie stellen außerdem Regeln auf, wie eine doppelte Besteuerung vermieden werden kann, die sich ansonsten aufgrund des jeweils nationalen Steuerrechts (mit Welteinkommensprinzip) ergeben würde. Andererseits können Verträge und Abkommen Vergünstigungen begründen, die ein Steuerpflichtiger erhält, der unter den Regelungsgehalt dieser Verträge fällt. Schließlich gibt es noch multilaterale Verträge und Abkommen, die Mitgliedsstaaten mit den Organisationen abschließen oder denen sie betreten, deren Mitglied sie sind. Hierunter fällt z.B. das Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union.

Bei Steuerfällen mit Auslandsbezug ist außerdem die Richtung des Auslandsbezugs von Bedeutung. Sie bestimmt, welche Rechtsnorm im Einzelfall zu beachten ist. Es wird unterschieden zwischen Steuerfällen, die vom Inland ins Ausland wirken (outbound) und die vom Ausland ins Inland wirken (inbound).

Beispiele:

Ein inländischer Arbeitnehmer wird von seinem inländischen Arbeitgeber ins Ausland entsendet (outbound).

Eine ausländische Muttergesellschaft zahlt ihrer inländischen Tochtergesellschaft eine Dividende (inbound).

II. Innerstaatliche Rechtsnormen

Innerstaatliche Rechtsnormen sind in vielen deutschen (Ertrag-)Steuergesetzen zu finden. Die Abgabenordnung (AO) enthält verfahrensrechtliche Vorschriften und das Außensteuergesetz (AStG) besondere Vorschriften für Fälle mit Auslandsbezug.

1. Einkommensteuergesetz (EStG)

Das EStG begründet den innerstaatlichen Besteuerungsanspruch bei natürlichen Personen:

  • In § 1 EStG (Steuerpflicht) wird der Besteuerungsanspruch grundsätzlich definiert: Durch einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland wird das Welteinkommen steuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 EStG). Ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt können nur bestimmte, inländische Einkünfte in die Besteuerung einbezogen werden (§ 1 Abs. 3 EStG und § 1 Abs. 4 EStG).

  • In § 1a EStG werden zusätzliche Vergünstigungen geregelt, die EU-/EWR-Staatsangehörigen zustehen können.

  • § 2 Abs. 7 Satz 3 EStG (Wechsel der Steuerpflicht) regelt, dass es nur eine Veranlagung nach den Grundsätzen der unbeschränkten Steuerpflicht im Jahr des Wechsels der Steuerpflicht gibt.

  • Nach § 2a EStG (Verluste bei ausländischen Einkünften) sind Verluste nur unter bestimmten Voraussetzungen berücksichtigungsfähig. In der Regel gilt ein Abzugsverbot mit Verrechnung späterer Gewinne/Überschüsse aus der gleichen Einkunftsart und dem gleichen Staat.

  • § 32b EStG (Progressionsvorbehalt) will die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen sicherstellen. Bezogen auf das internationale Steuerrecht gibt es drei Formen des Progressionsvorbehaltes:

  • § 34c EStG (Anrechnung/Abzug ausländischer Steuern) bestimmt, wie in Fällen ohne Doppelbesteuerungsabkommen eine doppelte Besteuerung von Einkünften vermieden werden kann. In diesem Fall würden zwei Staaten aufgrund ihres Welteinkommensprinzips Einkünfte besteuern. Nach § 34c EStG erfolgt eine Anrechnung der ausländischen Steuern als deutsche Maßnahme zur Vermeidung dieser Doppelbesteuerung. Die ausländischen Steuern müssen aber der deutschen Einkommensteuer entsprechen.

    In Fällen eines DBA ist § 34c EStG die innerstaatliche Rechtsnorm, die nach DBA vorgesehene Anrechnungsmethode umzusetzen. Neben der Anrechnung ist wahlweise auch der Abzug der ausländischen Steuern wie Werbungskosten/Betriebsausgaben möglich.

  • Die in § 34d EStG (Ausländische Einkünfte) enthaltene Definition ist in Abgrenzung zu inländischen Einkünften zu verstehen. Nur bei ausländischen Einkünften kann es eine Steueranrechnung im Sinne des § 34c EStG geben.

  • Bei Arbeitnehmern ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland regelt § 39 Abs. 2 EStG die Bildung der Lohnsteuerabzugsmerkmale (bis einschl. 2011 §§ 39c Abs. 4, 39d EStG die Ausstellung von Lohnsteuerbescheinigungen). Eine Lohnsteuerkarte gab es mangels Wohnsitz/gewöhnlichen Aufenthalt nicht. Da es keinen weiteren inländischen Anknüpfungspunkt als den Arbeitgeber gibt, ist das Betriebsstättenfinanzamt in dieses Verfahren eingebunden.

  • § 43b EStG (Kapitalertragsteuer bei bestimmten Gesellschaften) ist die innerstaatliche Umsetzung der Mutter-Tochter-Richtlinie. Diese Vorschrift regelt die Voraussetzungen für Steuerbefreiungen im Inland.

  • § 49 EStG (Inländische Einkünfte) begründet die beschränkte Steuerpflicht. Nach § 1 Abs. 4 EStG sind inländische Einkünfte Voraussetzung für die beschränkte Steuerpflicht, d.h. ohne inländische Einkünfte keine beschränkte Steuerpflicht. Die inländischen Einkünfte zeichnen sich durch einen besonderen Inlandsbezug (z.B. inländische Betriebsstätte) aus. Ohne diesen Inlandsbezug handelt es sich nicht um inländische Einkünfte. Zinsen aus einem Sparguthaben sind zum Beispiel keine inländischen Einkünfte, obwohl sie im Inland erzielt werden. Damit Zinsen zu inländischen Einkünften werden, ist z.B. eine grundbuchrechtliche Sicherung im Inland erforderlich.

  • In § 50 EStG (Sondervorschriften) sind besondere Vorschriften für beschränkt Steuerpflichtige enthalten. Sie zeigen auf, welche Antragsmöglichkeiten bestehen und welche Steuerminderungen abzugsfähig sind. Gleichzeitig wird dargestellt, welche Abgeltungswirkungen bestehen, in welchen Fällen also mit dem Steuerabzug (Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer, Steuerabzug nach § 50a EStG) die deutsche Besteuerung abgegolten ist. In diesen Fällen sind keine weiteren Steuerminderungen im Rahmen einer Steuerveranlagung mehr möglich.

  • Nach § 50a EStG (Steuerabzug für bestimmte inländische Einkünfte) unterliegen bestimmte Einkünfte, die Steuerausländer im Inland erzielen, einem Steuerabzug. Dazu zählen Aufsichtsratsvergütungen (Steuersatz: 30 %) und Darbietungen im Inland. Für Darbietungen gab es bis einschließlich 2008 einen Staffeltarif. Dieser sollte bei geringen Vergütungen langsam an den vollen Steuersatz (20 %) heranführen. Ab 2009 beträgt hier der Steuersatz einheitlich 15 %, dabei gibt es einen Freigrenze von 250 € je Darbietung.

  • § 50d EStG (Besonderheiten) enthält Bestimmungen, wie sich ein Inländer zu verhalten hat, der im Fall des Vorliegens eines DBA Vergütungen an einen Steuerausländer auszahlen will. Sieht das DBA für Deutschland kein oder nur ein eingeschränktes Besteuerungsrecht vor, darf der Vergütungsschuldner (Inländer) die Vergütungen nicht so ohne weiteres steuerfrei oder unter Abzug einer geminderten Steuer an den Vergütungsgläubiger (Ausländer) auszahlen. Sieht ein DBA oder eine multilaterale Vereinbarung Beschränkungen für den Steuerabzug nach §§ 50a EStG oder den Kapitalertragsteuerabzug gem. §§ 43b, 50g EStG vor, entscheidet das Bundeszentralamt für Steuern (Bonn) über diese Beschränkungen auf Antrag. Ohne Genehmigung des BZSt darf kein Absehen vom Steuerabzug erfolgen, ansonsten droht Haftungsinanspruchnahme.Arbeitnehmer müssen nach Abs. 8 einen Besteuerungsnachweis führen, wenn der Arbeitslohn nach einem DBA im Inland von der Besteuerung freizustellen ist. Absatz 9 enthält eine innerstaatliche Beschränkung der eigentlich nach einem DBA vorgesehenen Freistellungsmethode. In Abs. 10 werden Regelungen zu bestimmten Mitunternehmereinkünften getroffen. Aufgrund von BFH-Rechtsprechung zu Abfindungen ist in Abs. 12 eine Fiktion festgeschrieben, wonach Abfindungen für Zwecke der Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommen als für frühere Tätigkeit geleistetes zusätzliches Entgelt anzusehen ist. § 50d Abs. 14 EStG regelt die Fälle von Dividenden inländischer Gesellschaften, die nach § 1a KStG zur Körperschaftsteuer optiert haben.

  • § 50g EStG (Besonderheiten bei Zins- und Lizenzzahlungen) ist die innerstaatliche Umsetzung der Zins- und Lizenzrichtlinie der EU. Die Vorschrift regelt, unter welchen Voraussetzungen Zins- und Lizenzzahlungen steuerfrei sind.

  • § 50h EStG enthält Verfahrensregelungen für Zwecke der Entlastung von Quellensteuern in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft.

  • § 50i EStG soll die steuerfreie Entstrickung von stillen Reserven in Wirtschaftsgütern verhindern, wenn ehemals unbeschränkt steuerpflichtige Personen ins Ausland verziehen.


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