Leitsatz
[1] Wird die Klage eines Vermieters auf Beseitigung einer durch den Mieter errichteten Satellitenempfangsantenne abgewiesen, richtet sich die Beschwer des Vermieters nach dem Wertverlust, den er durch eine von der Satellitenempfangsantenne verursachte Beeinträchtigung der Substanz und/oder des optischen Gesamteindrucks seines Hauses erleidet.
Gesetze: ZPO § 3; ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1
Instanzenzug: AG Oberhausen 32 C 2623/04 vom LG Duisburg 13 S 368/04 vom
Gründe
I.
Die Beklagten sind Mieter einer Wohnung im Hause der Klägerin. Die Klägerin verlangt von den Beklagten die Beseitigung einer Satellitenempfangsantenne, die diese auf dem Balkon der Mietwohnung aufgestellt haben. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat das Landgericht als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg
1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Die Berufung sei unzulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € nicht übersteige. Der gemäß § 3 ZPO nach freiem Ermessen zu schätzende Beschwerdewert richte sich nach den Kosten für die erstrebte Beseitigung der Parabolantenne. Diese seien mit höchstens 300 € zu veranschlagen, weil die Antenne nicht fest mit dem Haus verbunden sei, sondern in einem mit Beton ausgegossenen Eimer stehe. Ein höherer Beschwerdewert ergebe sich auch nicht, wenn entsprechend der Auffassung der Klägerin daneben ihr Interesse an der Beseitigung einer optischen Beeinträchtigung des Mietobjektes bei der Bemessung des Wertes berücksichtigt würde. Die Parabolantenne stelle nach dem von der Klägerin vorgelegten Foto keine nennenswerte Beeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbildes des Mietobjektes dar, weil sie zurückversetzt hinter der Balkonbrüstung stehe und damit nicht aus der Fassade des Mietobjektes hervorrage; sie stelle sich wie jeder andere etwas größere auf dem Balkon abgestellte Gegenstand dar.
2. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Da die maßgeblichen Kriterien für die Bemessung des Beschwerdewerts bei Klagen auf Beseitigung einer von dem Mieter errichteten Satellitenempfangsantenne von der Rechtsprechung der Instanzgerichte unterschiedlich beurteilt werden, ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
3. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch nicht begründet. Die Entscheidung des Landgerichts hält einer rechtlichen Überprüfung stand.
Bei der Prüfung, ob der Wert des Beschwerdegegenstandes den für die Zulässigkeit der Berufung nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderlichen Betrag von 600 € übersteigt, ist das Berufungsgericht nicht an eine Streitwertfestsetzung durch das erstinstanzliche Gericht gebunden (, FamRZ 2006, 620 unter II 2 a; Beschluss vom - V ZB 6/04, NJW-RR 2005, 219 unter II 2 a m.w.Nachw.). Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Beschwerdewert bei einer Beseitigungsklage vom Gericht gemäß § 3 ZPO nach freiem Ermessen festzusetzen ist. Die Festsetzung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht die Grenzen seines Ermessens überschritten oder von seinem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat ( aaO, unter II 2 a aa; Senatsbeschluss vom - VIII ZB 124/03, NJW 2004, 2904 unter II 2 b). Das ist hier im Ergebnis nicht der Fall.
a) Rechtsprechung und Schrifttum stellen bei der Bemessung des Streitwertes einer Klage des Vermieters gegen den Mieter auf Beseitigung einer Parabolantenne und entsprechend bei der Festsetzung des Beschwerdewertes für den in erster Instanz unterlegenen Vermieter teilweise - wie dies auch der Auffassung des Berufungsgerichts entspricht - ausschließlich auf die Kosten der Beseitigung ab (LG München I, WuM 1993, 745; LG Kiel, WuM 1996, 632; Schmidt-Futterer/Eisenschmid, MietR, 8. Aufl., § 535 Rdnr. 404; Schmidt-Futterer/Blank, aaO, § 541 Rdnr. 29; Blank/Börstinghaus, Miete, 2. Aufl., § 535 Rdnr. 327). Andere berücksichtigen sowohl die Kosten der Beseitigung als auch das Interesse des Vermieters an der Erhaltung des optischen Gesamteindrucks des Hauses (LG Frankfurt, WuM 2002, 378 = JurBüro 2002, 531 = ZMR 2002, 758; Schmittmann, JurBüro 1995, 509, 510). Eine dritte Auffassung hält dagegen nur den Wert der Beeinträchtigung des Vermieters durch eine optische und/oder eine Substanzbeeinträchtigung des Hauses für maßgeblich (LG Bonn, WuM 1993, 468; LG Berlin, GE 1993, 805; Bub/Treier/Fischer, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., VIII Rdnr. 239a; Schneider, JurBüro 2002, 532).
Nach Ansicht des Senats entspricht allein die letztgenannte Auffassung dem Zweck des § 3 ZPO bei der Bemessung des Beschwerdewertes nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Beschwer richtet sich grundsätzlich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an dem Erfolg seines Rechtsmittels (BGHZ 128, 85, 88). Dieses Interesse ist beim Kläger, dessen Klage in erster Instanz abgewiesen worden ist und der sein Begehren in vollem Umfang weiterverfolgt, identisch mit dem Wert seiner Klage. Der Wert einer Beseitigungsklage wird allgemein durch das Interesse des Klägers an der Beseitigung bestimmt (Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 3 Rdnr. 47 "Abwehrklage"). Dieses bemisst sich bei der Störung von Grundeigentum grundsätzlich nach dem Wertverlust, den die Sache durch die Störung erleidet (, NJW-RR 1986, 737; Urteil vom - V ZR 48/98, ZfIR 1998, 749; MünchKommZPO/Schwerdtfeger, 2. Aufl., § 3 Rdnr. 45). Dafür ist ein zu erwartender Aufwand bei der Beseitigung der Antenne allenfalls mittelbar von Bedeutung, wenn man - bei einer mit der Anbringung der Antenne verbundenen Beeinträchtigung der Gebäudesubstanz - die auf die Wiederherstellung des Gebäudes entfallenden Kosten als Anhaltspunkt für die Wertminderung betrachtet. Fehlt es wie hier an einer Substanzbeeinträchtigung, ist der Beseitigungsaufwand bei der Bemessung des Wertverlustes zu vernachlässigen. Unter dem Gesichtspunkt der Beseitigungskosten beeinträchtigt die Parabolantenne in einem solchen Fall den Wert des Gebäudes nicht mehr als jeder andere Gegenstand, den ein Mieter am Ende der Mietzeit möglicherweise vertragswidrig in den Mieträumen zurücklässt.
Etwas anderes gilt dagegen für den Mieter, der zur Beseitigung der Antenne verurteilt worden ist. Bei der Bewertung seiner Beschwer, die von derjenigen des Vermieters abweichen kann (BGHZ 124, 313, 315 ff.; , WuM 2005, 525, unter II 2), kommt es auf die für die Beseitigung erforderlichen Aufwendungen an (LG Berlin, GE 2001, 1468; Schneider, aaO). Ob und mit welchem Wert darüber hinaus das Interesse des Mieters am Empfang von zusätzlichen Fernsehprogrammen dessen Beschwer mit bestimmt (vgl. LG Erfurt, GE 2001, 1467; Schmidt-Futterer/Blank, aaO; Blank/Börstinghaus, aaO), bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung.
b) Das Berufungsgericht hat den Wertverlust, den die Klägerin durch die Anbringung und den weiteren Verbleib der Satellitenempfangsantenne auf dem Balkon der Wohnung der Beklagten erleidet, selbst unter zusätzlicher Berücksichtigung von Beseitigungskosten mit nicht mehr als 300 € bewertet. Da die Antenne nicht durch Substanzeingriffe mit dem Balkon verbunden, sondern in einem mit Beton gefüllten Eimer aufgestellt ist, hat es dabei zu Recht allein auf die optische Beeinträchtigung des Hauses der Klägerin abgestellt. Diese hat es als gering bewertet, weil die Antenne sich nicht anders darstelle als jeder andere etwas größere Gegenstand, der auf dem Balkon abgestellt sei. Die genannte tatrichterliche Würdigung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, auch wenn es - wie die Rechtsbeschwerde geltend macht - so sein sollte, dass die Balkone am Haus der Klägerin nach den mietvertraglichen Vereinbarungen nur zum Abstellen von Balkon- oder Gartenmöbeln benutzt werden dürfen, soweit die abgestellten Gegenstände - wie die Satellitenempfangsantenne - nicht vollständig von der blickdichten Balkonbrüstung verdeckt werden. Die auf Seiten der Klägerin mit der von den Beklagten angebrachten Satellitenempfangsantenne verbundene Vermögensminderung hängt zwar nicht nur von der architektonischen Gestaltung des Hauses, sondern auch davon ab, ob und welche sonstigen Gegenstände sich im Übrigen regelmäßig und von außen sichtbar auf den Balkonen am Haus der Klägerin befinden. Die Rechtsbeschwerde zeigt jedoch keinen - vom Beschwerdegericht übergangenen - Sachvortrag der Klägerin auf, aus dem sich ergeben könnte, dass die Anbringung der Satellitenempfangsanlage durch die Beklagten eine nachteilige Veränderung des vorherigen optischen Gesamteindrucks des Hauses zur Folge hat, die eine Wertminderung von mehr als 600 € verursacht. Sie geht vielmehr selbst davon, dass der von einer Parabolantenne ausgehenden optischen Beeinträchtigung erfahrungsgemäß ein Wert von lediglich "über 500 €" beizumessen ist.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
OAAAC-03780
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja