BGH Beschluss v. - VII ZB 4/04

Leitsatz

[1] Bei Rücknahme der Klage nach einem Vergleich geht die im Vergleich getroffene Kostenregelung auch im Verhältnis zum Streithelfer der gesetzlichen Regelung des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO vor (im Anschluß an , BGHZ 154, 351).

Gesetze: ZPO § 269 Abs. 3 Satz 2; ZPO § 101

Instanzenzug: LG Berlin 103 O 172/00 vom

Gründe

I.

Die Klägerinnen haben von der Beklagten Rückzahlung überzahlten Werklohns sowie die Feststellung begehrt, daß der Beklagten die Schlußrechnungsforderung nicht zustehe. Die Beklagte hat Widerklage erhoben. Der Streithelfer, ein Subunternehmer der Beklagten, ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten. Die Klägerinnen haben nach durchgeführter mündlicher Verhandlung die Klage zurückgenommen und schriftsätzlich mitgeteilt, daß die Beklagte sich im Rahmen einer außergerichtlichen Vergleichsvereinbarung verpflichtet habe, ihrerseits die Widerklage zurückzunehmen sowie die Parteien entsprechend der Vergleichsvereinbarung ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen und keine Kostenanträge stellen würden. Zeitlich hierauf hat die Beklagte die Widerklage zurückgenommen. Das Landgericht hat den Antrag des Streithelfers, den Klägerinnen die Kosten der Streithilfe aufzuerlegen, durch Beschluss zurückgewiesen. Auf die hiergegen eingelegte, als Beschwerde bezeichnete sofortige Beschwerde des Streithelfers hat das Beschwerdegericht unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses den Klägerinnen die Kosten der Streithilfe auferlegt. Hiergegen wenden sich die Klägerinnen mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, daß gemäß § 269 Abs. 3 ZPO die klagende Partei, die die Klage zurückgenommen hat, verpflichtet sei, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Auf welcher Vereinbarung die Klagerücknahme beruhe, sei dabei unerheblich, es handele sich bei der Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 ZPO vielmehr um eine zwingende gesetzliche Regelung, die mit einer gerichtlichen Entscheidung nur deklaratorisch festgestellt werde. Demgemäß seien den Klägerinnen gemäß § 101 Abs. 1 ZPO auch die Kosten der Streithilfe aufzuerlegen. Unerheblich sei insoweit, daß auch die Beklagte die Widerklage zurückgenommen habe, da die Klägerinnen mit ihrem negativen Feststellungsantrag die gesamte Schlussrechnungsforderung der Beklagten in Frage gestellt hätten und diese daher mit der Rücknahme der diese Forderung umfassenden Widerklage nicht mehr aufgegeben habe, als sie mit der Abweisung der negativen Feststellungsklage hätte erreichen können.

III.

Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückweisung der Beschwerde des Streithelfers der Beklagten.

1. Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Beschwerdegericht davon aus, daß nach § 101 Abs. 1 ZPO die durch die Nebenintervention verursachten Kosten dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen sind, soweit dieser nach den Vorschriften der §§ 91 - 98, 269 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.

Rechtsfehlerhaft ist jedoch die weitere Annahme des Beschwerdegerichts, daß eine Klagerücknahme nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO zwingend zur Folge habe, daß die klagende Partei mit den Kosten des Rechtsstreits zu belasten ist.

Das Beschwerdegericht verkennt, daß nach ständiger Rechtsprechung des , MDR 1972, 945, 946; Beschluß vom - V ZR 47/55, NJW 1961, 460) und der ihm uneingeschränkt folgenden Oberlandesgerichte ( vgl. z.B. OLG Köln, VersR 1999, 1122; KG, VersR 1994, 1491; OLG Hamm, VersR 1994, 834; OLG München, VersR 1976, 395) sowie nach einhelliger Auffassung im Schrifttum (vgl. z.B. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 62. Aufl., § 269 Rdn. 33 und 44; Zöller-Greger, ZPO, 24. Aufl., § 269 Rdn. 18 a; Musielak/Foerste, ZPO, 3. Aufl., § 269 Rdn. 12; Thomas/Putzo-Reichold, ZPO, 25. Aufl., § 269 Rdn. 18; MünchKommZPO-Lüke, 2. Aufl., § 269 Rdn. 44; Zimmermann, ZPO, 6. Aufl., § 269 Rdn. 18; Stein/Jonas-Schumann, ZPO, 21. Aufl., § 269 Rdn. 66/67) bei einer Klagerücknahme aufgrund gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichs dessen Kostenregelung der gesetzlichen Regelung nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO vorgeht. Hieran hält der Senat fest.

2. Nach diesem Grundsatz steht dem Streithelfer unter Zugrundelegung des Vorbringens in der Rechtsbeschwerde kein Kostenerstattungsanspruch gegen die Klägerinnen zu.

Nach dem Vortrag der Klägerinnen haben sich die Parteien in ihrem außergerichtlichen Vergleich dahingehend geeinigt, daß sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen und keine Kostenanträge stellen. Kann danach aber die Beklagte trotz der Rücknahme der Klage durch die Klägerinnen von diesen keine Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten verlangen, gilt dies nach dem Grundsatz der Kostenparallelität, wonach der Kostenerstattungsanspruch des Streithelfers inhaltsgleich ist mit dem der von ihm unterstützten Partei, vorliegend in gleichem Maße für den Streithelfer.

Aus dem der Klagerücknahme durch die Klägerinnen zugrunde liegenden Vergleich der Parteien ergibt sich für den Streithelfer auch kein zumindest hälftiger Kostenerstattungsanspruch gegen die Klägerinnen. Mit Beschluss vom (V ZB 44/02, BGHZ 154, 351) hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs seine ursprünglich vertretene Auffassung, wonach im Falle der vergleichsweisen Kostenaufhebung zwischen den Parteien dem Nebenintervenienten gegenüber dem Gegner der von ihm unterstützten Partei ein Anspruch auf Ersatz der Hälfte seiner Kosten zustehe (Beschluss vom - V ZR 47/55, NJW 1961, 460), aufgegeben und dem Nebenintervenienten für diesen Fall einen Kostenerstattungsanspruch gegen die Gegenpartei versagt. Diese Entscheidung hat zwischenzeitlich der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs auch für den Fall bestätigt, daß der Streithelfer - wie hier - an dem Vergleichsschluss nicht beteiligt gewesen ist (Beschluß vom - II ZB 15/02, NJW 2003, 3354). Dem schließt sich der Senat an.

An diesem Ergebnis ändert sich auch nicht deshalb etwas, weil die Klägerinnen nach dem Vorbringen der Rechtsbeschwerde in dem außergerichtlichen Vergleich die gesamten Gerichtskosten übernommen haben. Zwar haben die Parteien demnach keine Kostenaufhebung im eigentlichen Sinn vereinbart, die eine Aufteilung der Gerichtskosten jeweils zur Hälfte auf die Parteien nach sich gezogen hätte (vgl. , NJW 2003, 1948, 1949). Jedoch ist der Umfang der Verpflichtung zur Tragung der Gerichtskosten nach der genannten grundlegenden Entscheidung des V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, für die Frage des Kostenerstattungsanspruchs des Streithelfers ohne Belang. Entscheidend ist vielmehr, inwieweit der unterstützten Hauptpartei gegen ihren Gegner noch Kostenerstattungsansprüche zustehen. Da solche im Verhältnis der Beklagten zu den Klägerinnen nicht gegeben sind, stehen auch dem Streithelfer Kostenerstattungsansprüche gegen die Klägerinnen nicht zu.

3. Der angefochtene Beschluß ist danach aufzuheben und die Beschwerde gegen die Entscheidung des Landgerichts zurückzuweisen.

Fundstelle(n):
BB 2004 S. 1987 Nr. 37
ZAAAC-03195

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: nein