Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: ADSp § 54; VVG § 67; BGB § 254; BGB § 254 Abs. 1; BGB § 254 Abs. 2 Satz 1; BGB § 398; HGB § 128; HGB § 128 Satz 1; HGB §§ 425 ff.; HGB § 425 Abs. 1; HGB § 425 Abs. 2; HGB § 435; HGB § 459; RBerG § 1 Abs. 1
Instanzenzug: OLG Düsseldorf I-18 U 37/04 vom
Tatbestand
Die Klägerin nimmt als Transportversicherer die Beklagten aus übergegangenem und abgetretenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin, der V. AG, Krefeld (im Folgenden: V.) wegen Verlusts von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Beklagte zu 1 betreibt einen Paketbeförderungsdienst, die Beklagte zu 2 ist ihre persönlich haftende Gesellschafterin. Die Beklagte zu 1 führte für die V., mit der sie in laufender Geschäftsbeziehung stand, den Transport von Paketsendungen zu fest vereinbarten Preisen im Wege der Sammelladung durch. Den dabei geschlossenen Verträgen lagen die Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten zu 1 (Stand Februar 1998) zugrunde. Darin enthalten sind u.a. folgende Bestimmungen:
2. Transportierte Güter und Servicebeschränkungen
Sofern nicht schriftlich abweichend mit U. vereinbart, bietet U. den Transport von Gütern unter folgenden Einschränkungen an: ...
c) Nicht transportiert werden die in den Versandhinweisen aufgeführten von der Beförderung ausgeschlossenen Artikel, insbesondere Güter von außergewöhnlich hohem Wert (wie z.B. Kunstwerke, Antiquitäten, Edelsteine, Briefmarken, Unikate, Gold oder Silber), Geld oder begebbare Wertpapiere (insbesondere Schecks, Wechsel, Wertpapiere, Sparbücher, Aktien oder sonstige Sicherheiten) sowie gefährliche Güter.
10. Haftung
In den Fällen, in denen die im WA oder im CMR-Abkommen festgelegten Haftungsbestimmungen Anwendung finden ..., wird die Haftung von U. durch diese Bestimmungen geregelt und entsprechend dieser Bestimmungen begrenzt. In den Fällen, in denen das WA oder das CMR-Abkommen nicht gelten, wird die Haftung von U. durch die vorliegenden Beförderungsbedingungen geregelt. U. haftet bei Verschulden für nachgewiesene direkte Schäden bis zu einer Höhe von ... DM 1.000 pro Sendung in der Bundesrepublik Deutschland oder bis zu dem nach § 54 ADSp ... ermittelten Erstattungsbetrag, je nachdem, welcher Betrag höher ist, es sei denn, der Versender hat, wie im Folgenden beschrieben, einen höheren Wert angegeben.
Die Wert- und Haftungsgrenze wird angehoben durch die korrekte Deklaration des Wertes der Sendung auf der Vorderseite des Frachtbriefs und wenn der in der Tariftabelle aufgeführte Zuschlag entsprechend der Frankatur auf der Vorderseite des Frachtbriefes entrichtet wird. Diese Wertangabe gilt als Haftungsgrenze. Der Versender erklärt durch die Unterlassung der Wertangabe, dass sein Interesse an den Gütern die oben genannte Grundhaftung nicht übersteigt.
...
Vorstehende Haftungsbegrenzungen gelten nicht bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit von U. , seiner gesetzlichen Vertreter oder Erfüllungsgehilfen.
Sofern vom Versender nicht anders vorgeschrieben, kann U. die Wertzuschläge als Prämie für die Versicherung der Interessen des Versenders in seinem Namen an ein oder mehrere Versicherungsunternehmen weitergeben. ...
Die V. beauftragte die Beklagte zu 1 im Jahre 2001 in sieben Fällen mit dem Transport von Waren innerhalb Deutschlands. Wertdeklarationen nahm V. nicht vor. Die streitgegenständlichen Pakete erreichten die Empfänger nicht. Die Beklagte zu 1 zahlte jeweils eine Entschädigung in Höhe von 1.000 DM. Nach Überlassung sämtlicher Schadensunterlagen durch ihre Versicherungsnehmerin begehrt die Klägerin weiteren Schadensersatz in Höhe von insgesamt 29.451,08 €. Dieser Betrag verteilt sich wie folgt auf die einzelnen Schadensfälle:
1. 4.028,98 € (Transport von Telefonkarten)
2. 2.648,49 €
3. 4.098,-- €
4. 4.115,89 €
5. 3.256,42 €
6. 6.419,78 €
7. 4.883,52 €.
Die V. nahm als Versenderin an dem sog. Feeder- oder EDI-Verfahren der Beklagten zu 1 teil. Danach druckt die Versenderin mit einer von der Beklagten zu 1 zur Verfügung gestellten Software Barcode-Paketkontrollnummern aus und versieht die versandfertigen Pakete mit diesen Kontrollnummern. Anschließend übermittelt sie der Beklagten zu 1 per Datenfernübertragung eine Versandliste, in der auch die Kontrollnummern aufgeführt sind. Die Pakete werden von der Versenderin in ein von der Beklagten zu 1 überlassenes Behältnis (Feeder, Container) geladen, das dann im Beisein des Abholfahrers der Beklagten zu 1 verplombt wird. Der Fahrer bestätigt, ohne vorher den Inhalt des Behältnisses überprüft zu haben, auf einem Schreiben den Empfang einer bestimmten Anzahl von Paketen zu einem bestimmten Zeitpunkt; die Liste mit den Kontrollnummern steht ihm dabei nicht zur Verfügung. Die Beklagte zu 1 hat die Möglichkeit, alle Pakete beim ersten Eingang zu scannen und die Kontrollnummern der eingegangenen Pakete mit den Nummern auf der per Datenfernleitung übermittelten Versandliste zu vergleichen.
Die streitgegenständlichen Pakete durchliefen ausweislich der Versandlisten dieses EDI-Verfahren. Unverzügliche Reklamationen der Beklagten zu 1 erfolgten nicht.
Die Klägerin hat behauptet, sie habe die V. in Höhe der geltend gemachten Beträge entschädigt. Die Pakete seien der Beklagten zu 1 übergeben worden. Dies ergebe sich aus den Versandlisten. Die Beklagten hafteten für den Verlust unbeschränkt.
Die Beklagten haben bestritten, Gewahrsam an den streitgegenständlichen Paketen erlangt zu haben. Da nach Nr. 2c der Beförderungsbedingungen der Transport von Telefonkarten ausgeschlossen sei, hafteten sie nicht im Fall 1. Jedenfalls müsse die Klägerin sich ein Mitverschulden der V. zurechnen lassen.
Das Landgericht hat die Beklagten zur Zahlung in Höhe von 29.451,08 € nebst Zinsen verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben.
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.
Gründe
I. Das Berufungsgericht hat der Klägerin den geltend gemachten Anspruch auf Schadensersatz zuerkannt. Dazu hat es ausgeführt:
Die Klägerin sei Inhaberin der Schadensersatzansprüche. Die ursprünglich der V. gegen die Beklagten zustehenden Schadensersatzansprüche seien entweder gemäß § 67 VVG oder gemäß § 398 BGB auf die Klägerin übergegangen.
Die Beklagte zu 1 unterliege als Fixkostenspediteurin der Frachtführerhaftung gemäß § 425 Abs. 1 HGB. Die Transportausschlussklausel gemäß Nr. 2c der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten zu 1 sei im Hinblick auf die beförderten Telefonkarten nicht einschlägig. Diese seien in der Ausnahmevorschrift nicht benannt und hätten im Übrigen auch keinen außergewöhnlich hohen Wert.
Die Beklagte zu 1 habe die streitgegenständlichen Pakete zur Beförderung in Gewahrsam genommen. In dem von der Beklagten zu 1 entwickelten EDI-Verfahren erbringe die Absenderquittung den vollen Beweis für die Übernahme der Warensendung durch die Beklagte zu 1. Das von dem Abholfahrer unterzeichnete Manifest habe den Charakter einer Vorausquittung, die kurze Zeit später beweiswerthaltig gemacht werde. Die Beklagte zu 1 führe im Eingangscenter einen Datenabgleich zwischen der übermittelten Versandliste und dem Ergebnis der Eingangsscannung durch. Unterbleibe wie vorliegend die Anzeige, dass nicht alle in der Versandliste aufgeführten Pakete bei der Beklagten zu 1 im Eingangscenter eingegangen seien, habe die Beklagte zu 1 konkludent erklärt, alle in der Versandliste aufgeführten Pakete seien bei ihr tatsächlich eingegangen.
Es sei daher davon auszugehen, dass die streitgegenständlichen Pakete während des Frachtgewahrsams verloren gegangen seien. Für den dadurch entstandenen Schaden hafte die Beklagte zu 1 gemäß § 435 HGB unbeschränkt. Das Unterlassen ausreichender Schnittstellenkontrollen rechtfertige den Vorwurf leichtfertigen Handelns.
Die Beklagte zu 2 hafte gemäß § 128 HGB.
Die Klägerin müsse sich kein Mitverschulden der V. zurechnen lassen. Ein Mitverschulden wegen Unterlassens einer Wertdeklaration komme nicht in Betracht, weil die Beklagten nicht dargetan hätten, dass die V. bei Auftragserteilung Kenntnis von der besonderen Beförderung von Wertpaketen gehabt habe oder eine solche besondere Behandlung von Wertpaketen hätte kennen müssen. Ein Mitverschulden der V., weil diese es unterlassen habe, den Schädiger auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens hinzuweisen, scheide aus. Die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens bestehe nur bei einem Wert oberhalb von 50.000 US-Dollar, weil die Beklagte zu 1 nach ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen Pakete mit einem Inhalt bis zu diesem Wert als Standardpaket befördere und deshalb auch bis zu diesem Wert mit einem haftungsbegründenden Schadenseintritt rechne.
II. Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Zwar hat das Berufungsgericht zutreffend eine Haftung der Beklagten wegen Verlusts des Transportguts in sieben Fällen gemäß § 425 Abs. 1, § 435 HGB, § 398 BGB, § 67 VVG, § 128 Satz 1 HGB angenommen. Es hat aber rechtsfehlerhaft einen mitwirkenden Schadensbeitrag der V. ausgeschlossen.
1. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin Inhaberin der geltend gemachten Schadensersatzansprüche ist. Dies folgt aus § 67 VVG, wenn die Klägerin entsprechend ihrer Behauptung die V. entschädigt hat, andernfalls aus der konkludent erklärten Abtretung gemäß § 398 BGB, die in der Überlassung sämtlicher Schadensunterlagen durch die V. liegt. Die Rüge der Revision, die Klägerin könne nicht aus abgetretenem Recht gegen die Beklagten vorgehen, weil die Geltendmachung von Ersatzansprüchen in diesem Fall gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoße, hat keinen Erfolg.
a) Die Geltendmachung von Ersatzansprüchen durch die Klägerin verstößt selbst dann nicht gegen das Rechtsberatungsgesetz, wenn die Klägerin den Schaden ihrer Versicherungsnehmerin noch nicht reguliert hat, sondern aus abgetretenem Recht gegen die Beklagten vorgeht. Ein Verstoß gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG setzt voraus, dass eine fremde Rechtsangelegenheit, einschließlich der Rechtsberatung und der Einziehung fremder oder zu Einziehungszwecken abgetretener Forderungen, geschäftsmäßig besorgt wird. Die begrenzte Zielsetzung und der Ausnahmecharakter des Rechtsberatungsgesetzes können eine einschränkende Auslegung rechtfertigen (BGHZ 38, 71, 85; 61, 317, 320). Um dem Schutzzweck gleichwohl gerecht zu werden, ist auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise abzustellen. Ob eine eigene oder eine fremde Rechtsangelegenheit vorliegt, ist davon abhängig, in wessen wirtschaftlichem Interesse die Besorgung der Angelegenheit liegt (BGHZ 61, 317, 320; , NJW-RR 2005, 1371 = VersR 2005, 1256; Erbs/Kohlhaas/Senge, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 3 [einschließlich 157. Ergänzungslieferung], R 55. Rechtsberatungsgesetz, Art. 1 § 1 Rdn. 9; Chemnitz/Johnigk, Rechtsberatungsgesetz, 11. Aufl., Art. 1 § 1 Rdn. 77; Kleine-Cosack, Rechtsberatungsgesetz, Art. 1 § 1 Rdn. 55; Rennen/Caliebe, Rechtsberatungsgesetz, 3. Aufl., Art. 1 § 1 Rdn. 29).
b) Das wirtschaftliche Interesse am Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits liegt, da nach der Regulierung des Schadens der Anspruch gemäß § 67 VVG auf sie übergeht, bei der Klägerin. Da die Klägerin aus dem Versicherungsvertrag mit der V. verpflichtet ist, deren Schaden zu tragen, erfolgt die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs gegen die Beklagten letztlich ausschließlich in ihrem wirtschaftlichen Interesse. Ihre eigene Rechtsposition ist unmittelbar betroffen.
2. Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten gemäß § 425 Abs. 1 HGB, § 128 Satz 1 HGB bejaht.
a) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Beklagte zu 1 von der Versicherungsnehmerin als Fixkostenspediteurin i.S. des § 459 HGB beauftragt worden ist und sich ihre Haftung nach den Bestimmungen über die Haftung des Frachtführers gemäß §§ 425 ff. HGB und - aufgrund vertraglicher Einbeziehung - nach ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen beurteilt. Dies lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revision auch nicht beanstandet.
b) Die Beklagte zu 1 hat nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts die streitgegenständlichen Pakete in Empfang genommen. Die Revision der Beklagten rügt im Ergebnis ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe den Beweiswert der Absenderquittungen und der Versandliste verkannt.
Das Berufungsgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die von den Beklagten nicht widerlegte Vermutung besteht, die in Verlust geratenen Pakete seien in die Obhut der Beklagten zu 1 gelangt. Dies ergibt sich zwar - wie die Revision zutreffend geltend macht - im Streitfall nicht schon aus den von dem Abholfahrer der Beklagten zu 1 unterzeichneten Empfangsquittungen ("Manifeste"), wohl aber aus dem Umstand, dass die Beklagte zu 1 nach dem Empfang der ihr im Rahmen des vereinbarten EDI-Verfahrens übermittelten Versandlisten, in denen die streitgegenständlichen Pakete aufgeführt waren, keine Beanstandungen vorgenommen hat. Wie der Senat inzwischen entschieden hat, erlangen die im EDI-Verfahren erstellten Versandlisten die Wirkung einer Empfangsbestätigung. Der Versender kann nach Treu und Glauben davon ausgehen, dass die Beklagte zu 1 nach Öffnung der Behältnisse die Richtigkeit der Versandliste unverzüglich überprüft und mögliche Beanstandungen unverzüglich mitteilt. Unterbleibt diese Beanstandung, entsteht die widerlegliche Vermutung, dass die in der Versandliste aufgeführten Pakete in den Gewahrsam der Beklagten zu 1 gelangt sind (, TranspR 2005, 403, 404). Diese Vermutung haben die Beklagten nicht widerlegt.
c) Da die Beklagten eine Zustellung der in Empfang genommenen Pakete nicht darlegen können, ist davon auszugehen, dass sie in ihrem Gewahrsamsbereich in Verlust geraten sind.
d) Zutreffend hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die Transportausschlussklausel in Nr. 2c der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten zu 1 nicht die im Schadensfall 1 beförderten Telefonkarten erfasst. Telefonkarten sind in der Klausel nicht aufgeführt, die Aufzählung betrifft nur andere Güter. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, stehen die Telefonkarten Geld und begebbaren Wertpapieren sowie Gegenständen von außergewöhnlich hohem Wert im Sinne der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten nicht gleich.
3. Die Beklagten haften für den eingetretenen Schaden gemäß § 435 HGB unbeschränkt. Nach den nicht beanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts führt die Beklagte zu 1 keine Schnittstellenkontrollen durch. Das begründet den Vorwurf des leichtfertigen Verhaltens (BGHZ 158, 322, 327 ff.; , TranspR 2004, 399, 401; Urt. v. - I ZR 120/02, Umdruck S. 11-14; Urt. v. - I ZR 276/02, TranspR 2005, 208, 209).
4. Mit Erfolg beanstandet die Revision jedoch die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin müsse sich keinen mitwirkenden Schadensbeitrag ihrer Versicherungsnehmerin V. zurechnen lassen, als rechtsfehlerhaft.
a) Gemäß § 425 Abs. 2 HGB hängen die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes davon ab, inwieweit bei der Entstehung des Schadens ein Verhalten des Absenders mitgewirkt hat. § 425 Abs. 2 HGB greift den Rechtsgedanken des § 254 BGB auf und fasst alle Fälle mitwirkenden Verhaltens des Ersatzberechtigten in einer Vorschrift zusammen (Begründung zum Regierungsentwurf des Transportrechtsreformgesetzes, BT-Drucks. 13/8445, S. 60). Ein mitwirkender Schadensbeitrag des Versenders kann sich daraus ergeben, dass er eine Wertdeklaration unterlassen oder von einem Hinweis auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens abgesehen hat. Die vom Senat zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes am zu § 254 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB ergangenen Entscheidungen sind ohne inhaltliche Änderungen auf § 425 Abs. 2 HGB übertragbar (, TranspR 2003, 467, 471).
b) Das Berufungsgericht hat zu Unrecht einen mitwirkenden Schadensbeitrag der V. wegen Unterlassens der Wertdeklaration verneint.
aa) Es hat zwar beachtet, dass ein Versender in einen gemäß § 425 Abs. 2 HGB beachtlichen Selbstwiderspruch geraten kann, wenn er trotz Kenntnis, dass der Spediteur die Sendung bei zutreffender Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandelt, von einer Wertdeklaration absieht und bei Verlust gleichwohl vollen Schadensersatz verlangt (vgl. BGHZ 149, 337, 353; , TranspR 2002, 452, 457; Urt. v. - I ZR 234/02, TranspR 2003, 317, 318; TranspR 2003, 467, 471; TranspR 2004, 399, 401). Zutreffend hat das Berufungsgericht nicht nur auf die Kenntnis der Versenderin von einer sorgfältigeren Behandlung von Wertpaketen durch die Beklagte zu 1 abgestellt, sondern hat ein Kennenmüssen ausreichen lassen. Denn § 425 Abs. 2 HGB bezieht den Rechtsgedanken des § 254 Abs. 1 BGB mit ein. Nach dieser Vorschrift ist ein Mitverschulden bereits anzunehmen, wenn diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen wird, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt (BGHZ 74, 25, 28; , NJW 2001, 149, 150, jeweils zu § 254 BGB; Koller, Transportrecht, 5. Aufl., § 425 HGB Rdn. 74; Soergel/Mertens, BGB, 12. Aufl., § 254 Rdn. 23).
bb) Nicht frei von Rechtsfehlern ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, die V. habe eine sorgfältigere Behandlung von Wertpaketen durch die Beklagte zu 1 nicht kennen müssen.
Von einem Kennenmüssen der Anwendung höherer Sorgfalt bei korrekter Wertangabe kann im Allgemeinen ausgegangen werden, wenn sich aus den Beförderungsbedingungen des Transporteurs ergibt, dass er für diesen Fall bei Verlust oder Beschädigung des Gutes höher haften will. Denn zur Vermeidung der versprochenen höheren Haftung werden erfahrungsgemäß höhere Sicherheitsstandards gewählt.
Dem Versender wird durch Nr. 10 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten die Kenntnis vermittelt, dass die Beklagte zu 1 nur bei einer Wertdeklaration über die in Nr. 10 genannte Haftungshöchstgrenze hinaus (1.000 DM oder Erstattungsbetrag nach § 54 ADSp a.F.) haften will. Bereits aus der versprochenen Haftung bis zum deklarierten Wert ergibt sich, dass die Beklagte zu 1 alles daran setzen wird, Haftungsrisiken möglichst auszuschließen. Diese Haftung ist von der Zahlung eines Wertzuschlags nach der Tariftabelle der Beklagten zu 1 abhängig. Die erhöhte Transportvergütung legt zusätzlich nahe, dass die Beklagte zu 1 ihren Geschäftsbetrieb darauf ausgerichtet hat, wertdeklarierte Sendungen sorgfältiger zu behandeln. Dem steht nicht entgegen, dass Nr. 10 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten zu 1 die Möglichkeit eröffnet, die Wertzuschläge als Prämie für eine Versicherung weiterzugeben. Ein verständiger Versender, der die Möglichkeit der Versendung von Wertpaketen gegen höhere Vergütung ebenso kennt wie die erhöhte Haftung der Beklagten zu 1 in diesem Fall, wird davon ausgehen, dass die Beklagte zu 1 bei der Beförderung von Wertpaketen erhöhte Sorgfalt aufwendet. Er wird zur Vermeidung eigenen Schadens den Wert der Sendung deklarieren, wenn dieser den in den Beförderungsbedingungen des Spediteurs genannten Haftungshöchstbetrag überschreitet.
cc) Das Unterlassen der Wertdeklaration der V. ist der Klägerin als mitwirkender Schadensbeitrag zuzurechnen. Es fehlt nicht an der Kausalität für den Schadenseintritt. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Beklagte zu 1 bei Wertpaketsendungen für einzelne Transportabschnitte einen gegenüber Standardsendungen gesteigerten Kontroll- und Transportaufwand vorsieht. Dies genügt für das Vorliegen der Kausalität (vgl. BGH TranspR 2003, 317, 318; TranspR 2004, 399, 401; Urt. v. - I ZR 238/02, Umdruck S. 8).
c) Die Annahme des Berufungsgerichts, ein Mitverschulden der V. wegen Unterlassen des Hinweises auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens scheide aus, ist gleichfalls nicht frei von Rechtsfehlern.
aa) Hat ein Versender es unterlassen, den Transporteur auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, den dieser weder kannte noch kennen musste, so kann darin ein Umstand liegen, der im Sinne von § 425 Abs. 2 HGB zu dem eingetretenen Schaden beigetragen hat. Den Auftraggeber trifft eine allgemeine Obliegenheit, auf die Gefahr eines außergewöhnlich hohen Schadens hinzuweisen, um seinem Vertragspartner die Möglichkeit zu geben, geeignete Maßnahmen zur Verhinderung eines drohenden Schadens zu ergreifen. Daran wird der Schädiger jedoch gehindert, wenn er über die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens im Unklaren gelassen wird (vgl. , TranspR 2005, 311, 314 f.).
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt ein ungewöhnlich hoher Schaden nicht erst bei einem Wert der Sendung oberhalb von 50.000 US-Dollar vor. Die Voraussetzung einer ungewöhnlichen Höhe des Schaden lässt sich nicht in einem bestimmten Betrag oder in einer bestimmten Wertrelation (etwa zwischen dem unmittelbar gefährdeten Gut und dem Gesamtschaden) angeben (vgl. Staudinger/Schiemann, BGB [2005], § 254 Rdn. 75). Die Frage, ob ein ungewöhnlich hoher Schaden droht, lässt sich vielmehr regelmäßig nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls beurteilen. Hierbei ist maßgeblich auf die Sicht des Schädigers abzustellen (vgl. , NJW 2002, 2553, 2554; OLG Hamm NJW-RR 1998, 380, 381; Bamberger/Roth/Grüneberg, BGB, § 254 Rdn. 28). Hierbei ist insbesondere auch in Rechnung zu stellen, welche Höhe Schäden erfahrungsgemäß - also nicht nur selten - erreichen. Da insoweit die Sicht des Schädigers maßgeblich ist, ist vor allem zu berücksichtigen, in welcher Höhe dieser, soweit für ihn die Möglichkeit einer vertraglichen Disposition besteht, Haftungsrisiken einerseits vertraglich eingeht und andererseits von vornherein auszuschließen bemüht ist. Angesichts dessen, dass hier in erster Hinsicht ein Betrag von 1.000 DM und in zweiter Hinsicht ein Betrag von 50.000 US-Dollar im Raum stehen, liegt es aus der Sicht des Senats nahe, die Gefahr eines besonders hohen Schadens i.S. des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB in solchen Fällen anzunehmen, in denen der Wert der Sendung 5.000 €, also etwa den zehnfachen Betrag der Haftungshöchstgrenze gemäß Nr. 10 der Beförderungsbedingungen der Beklagten, übersteigt. Diese Wertgrenze wäre in den Schadensfällen 6 und 7 überschritten. Dass es eines Hinweises auf den ungewöhnlich hohen Wert der zu befördernden Güter in diesen Fällen deshalb nicht bedurfte, weil der Beklagten zu 1 der Wert der Pakete bekannt war oder sie ihn jedenfalls ohne weiteres hätte erkennen können, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt; die Klägerin hat dies auch nicht behauptet.
d) Im Rahmen der grundsätzlich dem Tatrichter obliegenden Haftungsabwägung nach § 425 Abs. 2 HGB (vgl. BGHZ 149, 337, 355; BGH TranspR 2004, 399, 402; Urt. v. - I ZR 238/02, Urteilsumdruck S. 10) ist zu beachten, dass die Reichweite des bei wertdeklarierten Sendungen gesicherten Bereichs einen für die Bemessung der Haftungsquote relevanten Gesichtspunkt darstellt: Je größer der gesicherte Bereich ist, desto größer ist auch der Anteil des Mitverschuldens des Versenders, der durch das Unterlassen der Wertangabe den Transport der Ware außerhalb des gesicherten Bereichs veranlasst (BGH TranspR 2003, 317, 318). Das Berufungsgericht hat dazu - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - noch keine Feststellungen getroffen.
Ferner ist der Wert der transportierten, nicht wertdeklarierten Ware von Bedeutung. Je höher der tatsächliche Wert der nicht wertdeklarierten Sendung ist, desto gewichtiger ist der in dem Unterlassen der Wertdeklaration liegende Schadensbeitrag. Denn je höher der Wert der zu transportierenden Sendung ist, desto offensichtlicher ist es, dass die Beförderung des Gutes eine besonders sorgfältige Behandlung durch den Spediteur erfordert, und desto größer ist das in dem Unterlassen der Wertdeklaration liegende Verschulden des Versenders gegen sich selbst.
III. Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
XAAAB-97511
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein