BVerfG Beschluss v. - 2 BvR 766/03

Leitsatz

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: BVerfGG § 93b; BVerfGG § 93a; BVerfGG § 93a Abs. 2; StPO § 152 Abs. 2; StPO § 160 Abs. 1

Instanzenzug: LG Hagen 71 Qs 8/03 vom LG Hagen 71 Qs 8/03 vom AG Hagen 67 Gs-1644/02 vom

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen (§ 93a Abs. 2 BVerfGG), weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat.

1. Wird die Durchsuchung - meist ohne vorherige Anhörung des Betroffenen - angeordnet, so soll die Einschaltung des Richters auch dafür sorgen, dass die Interessen des Betroffenen angemessen berücksichtigt werden (vgl. BVerfGE 103, 142 <151>). Dies setzt eine eigenverantwortliche Prüfung der Eingriffsvoraussetzungen voraus; die richterliche Durchsuchungsanordnung ist keine bloße Formsache (vgl. BVerfGE 57, 346 <355>).

Notwendiger und grundsätzlich auch hinreichender Eingriffsanlass für Zwangsmaßnahmen im Strafverfahren ist der Verdacht einer Straftat. Diesen Verdacht hat der für die vorherige Gestattung des behördlichen Eingriffs oder dessen nachträgliche Kontrolle zuständige Richter zu prüfen. Es ist seine Aufgabe und Pflicht, sich eigenverantwortlich ein Urteil zu bilden und nicht etwa nur die Anträge der Staatsanwaltschaft nach einer pauschalen Überprüfung gegenzuzeichnen. Zur richterlichen Einzelentscheidung gehören eine sorgfältige Prüfung der Eingriffsvoraussetzungen und eine umfassende Abwägung zur Feststellung der Angemessenheit des Eingriffs im konkreten Fall. Schematisch vorgenommene Anordnungen vertragen sich mit dieser Aufgabe nicht.

Der Anfangsverdacht als Eingriffsvoraussetzung im Sinne des § 94 Abs. 2 StPO muss eine Tatsachengrundlage haben, aus der sich die Möglichkeit der Tatbegehung durch den Beschuldigten ergibt, ohne dass es auf eine erhöhte Wahrscheinlichkeit ankommt; nur eine bloße Vermutung würde nicht ausreichen (vgl. BVerfGE 44, 353 <381 f.>; 59, 95 <97 f.>). Andererseits muss sich aus den Umständen, die den Anfangsverdacht tragen, nicht bereits eine genaue Tatkonkretisierung ergeben. Ein Eingreifen des Bundesverfassungsgerichts ist nur geboten, wenn die Auslegung und Anwendung der einfach-rechtlichen Bestimmungen über die prozessualen Voraussetzungen des Verdachts (§§ 152 Abs. 2, 160 Abs. 1 StPO) als Anlass für die strafprozessuale Zwangsmaßnahme und die strafrechtliche Bewertung der Verdachtsgründe objektiv willkürlich sind oder Fehler erkennen lassen, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung der Grundrechte des Beschwerdeführers beruhen (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 ff.> und stRspr). Eine ins Einzelne gehende Nachprüfung des von den Fachgerichten angenommenen Verdachts ist nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 95, 96 <128>).

Gemessen daran liegt dem amtsgerichtlichen Durchsuchungsbeschluss eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Verdachtsannahme zu Grunde. Bestanden nach Aktenlage Zweifel, ob ausländische Kapitaleinkünfte erklärt wurden, kann dies den Verdacht einer Steuerhinterziehung begründen. Das Amtsgericht hat seine Annahme mit konkreten Tatsachen belegt. Das Landgericht hat sie im Beschwerdeverfahren nochmals geprüft. Das Ergebnis der Beurteilung der tatsächlichen Anhaltspunkte entzieht sich einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht, denn es hat nicht seine eigene Wertung nach Art eines Rechtsmittelgerichts an die Stelle derjenigen des zuständigen Richters zu setzen. Ob in jeder Hinsicht eine zutreffende Gewichtung vorgenommen wurde oder ob eine andere Beurteilung näher gelegen hätte, unterfällt nicht seiner Entscheidung (vgl. BVerfGE 95, 96 <141>).

2. Die allgemein gehaltene Beschlagnahmeanordnung des Amtsgerichts hatte nur die Bedeutung einer Richtlinie für die Durchsuchung (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des -, NStZ 2002, S. 212 <213>). Sie war noch keine wirksame Beschlagnahmeanordnung. Darauf hat das Landgericht zutreffend hingewiesen.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Fundstelle(n):
UAAAB-87361