BFH Beschluss v. - II E 3/05

Streitwert bei Streitigkeiten über Grundstückswerte für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer

Leitsatz

Bei Streitigkeiten über Grundstückswerte, deren gesonderte Feststellung gemäß den §§ 138 ff. BewG für die Erbschaft- oder Schenkungsteuer erforderlich ist, ist der Streitwert pauschal, aber gestaffelt, wie folgt anzusetzen:

a) Bei Grundstückswerten bis einschließlich 512 000 € mit 10 v.H. der streitigen Wertdifferenz;

b) bei Grundstückswerten bis einschließlich 12 783 000 € mit 20 v.H. der streitigen Wertdifferenz;

c) bei darüber hinausgehenden Grundstückswerten mit 25 v.H. der streitigen Wertdifferenz.

Gesetze: GKG § 13 Abs. 1 Satz 1,GKG § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3,BewG § 138 Abs. 5 Satz 1

Gründe

I.

Die Klägerin, Kostenschuldnerin und Erinnerungsführerin (Klägerin) hat gegen die Feststellung des Grundstückswerts eines ihr geschenkten 1/4-Miteigentumsanteils an einem Grundstück in X. Klage erhoben. Der Grundstückswert des Miteigentumsanteils war mit Bescheid vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom auf 249 250 DM festgestellt worden. Mit der Klage wurde die Feststellung eines Werts von 193 500 DM beantragt. Auf der Grundlage dieses niedrigeren Werts war bereits ein vorläufiger Schenkungsteuerbescheid ergangen. Die nach Abweisung der Klage eingelegte Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Entscheidung vom II B 45/03 zurückgewiesen.

Mit Kostenrechnungen vom 17. Januar und —KostL 1245/04— wurden die Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren nach einem Streitwert von 8 829 € auf zusammen 362 € festgesetzt. Der Streitwert entsprach der konkreten Auswirkung der Wertdifferenz auf die festzusetzende Schenkungsteuer. Dagegen hat die Klägerin Erinnerung eingelegt und die Festsetzung der Gerichtskosten auf 0 € beantragt.

II.

Die Erinnerung ist teilweise begründet. Der Streitwert beträgt 10 v.H. der Wertdifferenz von (249 250 DM ./. 193 500 DM =) 55 750 DM, nämlich 5 575 DM. Dies sind 2 850 €. Daraus ergeben sich Gerichtskosten von 178 €.

1. Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 3 und Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) a.F., das nach § 72 Nr. 1 GKG 2004 i.d.F. des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom (BGBl I, 718) für das vorliegende Beschwerdeverfahren fortgilt, bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen der Klägerseite. Dieser Streitwert entspricht im Fall einer Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich dem des Klageverfahrens. Maßgeblich ist daher regelmäßig ein Betrag, der sich aus dem Klageantrag unter Berücksichtigung der steuerrechtlichen Auswirkungen ergibt.

Bei Streitigkeiten über die Feststellung der Grundstückswerte gemäß den §§ 138 ff. des Bewertungsgesetzes (BewG) besteht allerdings die bereits von der Einheitsbewertung des Grundvermögens her bekannte Besonderheit, dass im Rahmen der Anfechtung eines derartigen Feststellungsbescheids nicht unmittelbar über einen Steuerbetrag, sondern lediglich über die Höhe einer Bemessungsgrundlage gestritten wird. Zwar betrifft diese Bemessungsgrundlage bei der Bedarfsbewertung gemäß den §§ 138 ff. BewG anders als bei der Einheitsbewertung des Grundvermögens lediglich jeweils nur eine Steuerart —nämlich entweder die Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer oder die Grunderwerbsteuer—, und anders als bei der Grundsteuer und früher der Erbschaft- oder Schenkungsteuer sowie der Gewerbekapitalsteuer jeweils nur einen einzigen —und diesen nur einmal— zu besteuernden Sachverhalt. Trotz dieser Unterschiede behalten aber die Erwägungen, die zur Pauschalierung der Streitwerte bei Rechtsstreitigkeiten über Einheitswerte des Grundvermögens geführt haben (BFH-Beschlüsse vom III B 29/71, BFHE 103, 316, BStBl II 1972, 85, sowie vom III B 33/75, BFHE 120, 17, BStBl II 1976, 774) ihr Gewicht. Ausgangspunkt dieser Erwägungen war, dass den Gerichten gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. (früher § 140 Abs. 3 der FinanzgerichtsordnungFGO—) bei der Bestimmung des Streitwerts im Interesse der Vereinfachung ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt ist. Sie dürfen den Streitwert nicht nur schätzen, sondern sich sowohl einer Schematisierung als auch einer Pauschalierung bedienen (so Hartmann, Kostengesetze, Kommentar, 33. Aufl. 2004, § 13 GKG Anm. 14).

Angesichts der Komplexität, die eine Erbschaftsteuer- oder Schenkungsteuerfestsetzung nicht nur in Ausnahmefällen erreichen kann, rechtfertigt das Interesse an einer Vereinfachung eine Pauschalierung des Streitwerts in den Fällen, in denen die Feststellung eines Grundstückswerts gemäß den §§ 138 ff. BewG der Erhebung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer dient (so auch Beschlüsse des Finanzgerichts —FG— Baden-Württemberg vom 8 K 284/99, Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2001, 924, sowie des Hessischen , EFG 2002, 867; a.A. Beschlüsse des  BG, EFG 2001, 1571; vom 11 K 8135/99 BG, EFG 2002, 1630, sowie vom 11 K 4618/03 BG, EFG 2005, 65). Nur auf diese Weise lässt es sich vermeiden, in das gesonderte Feststellungsverfahren Streitigkeiten bezüglich der Erbschaft- oder Schenkungsteuer als Folgesteuer hineinzutragen.

Wegen der Bandbreite möglicher Erbschaft- und Schenkungsteuersätze gemäß § 19 Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes von 7 bis 50 v.H. ist jedoch eine Pauschalierung in Höhe eines einzigen Hundertsatzes —wie ihn das FG Baden-Württemberg (a.a.O.) und das Hessische FG (a.a.O.) angewandt haben— zu grob. Dieser Bandbreite ist durch eine Staffelung der pauschalen Streitwerte in der Weise Rechnung zu tragen, dass bei festgestellten Grundstückswerten bis einschließlich 512 000 € ein Streitwert von 10 v.H. der streitig gewesenen Wertdifferenz anzusetzen ist, bei festgestellten Grundstückswerten bis einschließlich 12 783 000 € ein solcher von 20 v.H. dieser Differenz und bei darüber hinausgehenden festgestellten Grundstückswerten ein solcher von 25 v.H. dieser Differenz. Im Streitfall war daher der Streitwert mit pauschal 10 v.H. der streitigen Wertdifferenz von 55 750 DM anzusetzen.

2. Die Auffassung der Klägerin, bei Ergehen der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde hätte die Schenkungsteuer wegen Feststellungsverjährung gemäß § 171 Abs. 10 der Abgabenordnung (AO 1977) nicht mehr dem nunmehr rechtskräftig festgestellten Grundstückswert von 249 250 DM angepasst werden dürfen, was einen Streitwert von 0 DM zur Folge habe, ist unzutreffend. Der Feststellungsbescheid vom war mit Rechtsbehelfen bzw. -mitteln angegriffen worden, über die erst mit dem unanfechtbar entschieden worden ist. Bis dahin galt daher die Ablaufhemmung gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 171 Abs. 3 a AO 1977 und Art. 97 § 10 Abs. 9 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung, die weiter ging als diejenige gemäß § 171 Abs. 10 AO 1977.

Auf das weitere Vorbringen der Klägerin war im Erinnerungsverfahren nicht einzugehen.

Fundstelle(n):
BB 2006 S. 425 Nr. 8
BFH/NV 2006 S. 685 Nr. 3
DB 2006 S. 372 Nr. 7
DStRE 2006 S. 441 Nr. 7
DStZ 2006 S. 176 Nr. 6
HFR 2006 S. 377 Nr. 4
INF 2006 S. 326 Nr. 9
NWB-Eilnachricht Nr. 7/2006 S. 467
StB 2006 S. 86 Nr. 3
StBW 2006 S. 7 Nr. 4
StuB-Bilanzreport Nr. 15/2006 S. 604
UVR 2006 S. 72 Nr. 3
DAAAB-76627