BFH Beschluss v. - X S 15/05 (PKH)

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Antragstellerin vertreibt seit 1991 verschiedene Produkte nach einem Verkaufs- und Sponsorenplan. Hierbei erzielte sie Verluste. Die Berücksichtigung der in den Streitjahren 1994 bis 1997 angefallenen Verluste lehnte der Beklagte (das Finanzamt —FA—) mit der Begründung ab, das von der Antragstellerin betriebene Gewerbe stelle eine Liebhaberei dar. Hiergegen wandte sich diese mit ihrer beim Finanzgericht (FG) erhobenen Klage.

Die zuständige Einzelrichterin verlegte auf den Antrag des damaligen Bevollmächtigten der Antragstellerin durch Verfügung vom den anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung auf den . Mit Schreiben vom zeigte eine Rechtsanwaltssozietät dem FG die Übernahme der Vertretung der Antragstellerin an. Zugleich wurde in diesem Schreiben gebeten, den anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung aufzuheben. Hierauf forderte das FG die neuen Prozessvertreter auf zu erläutern, durch welche Gründe der Anwaltswechsel kurz vor der mündlichen Verhandlung verursacht wurde. Diese teilten hierauf mit, die früher tätige Steuerberatungsgesellschaft habe für das vorliegende Verfahren relevante Unterlagen archiviert und trotz Zusage nicht herausgegeben. Am sei es zum Vertrauensbruch gekommen. Da der Streitfall in tatsächlicher und auch in rechtlicher Hinsicht nicht einfach sei, bestehe ein erheblicher Grund zur Terminsverlegung. Durch Verfügung vom lehnte die Richterin den Terminsverlegungsantrag ab. In der mündlichen Verhandlung, an der die Antragstellerin mit einem ihrer Prozessbevollmächtigten teilnahm, wies dieser darauf hin, dass er infolge der unterbliebenen Terminsverlegung keine Gelegenheit gehabt habe, zu den Strukturverbesserungen insoweit etwas vorzutragen, als Kostenreduzierungen bereits erfolgt seien. Das FG wies die Klage ab. Das Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin am zugestellt.

In ihrem am beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangenem Schreiben trug die nicht vertretene Antragstellerin vor, sie könne ihre Beschwerde gegen das Urteil des FG aus Kostengründen nicht durch ihren Rechtsanwalt vortragen lassen. In der Sache brachte sie vor, das rechtliche Gehör sei verletzt. Infolge der Ablehnung der Terminsverlegung habe sie keine Zeit gehabt, ihren Rechtsanwalt mit allen Details ihres Rechtsstreits vertraut zu machen. Auch habe sie in der mündlichen Verhandlung keine Gelegenheit zu umfangreichen Erläuterungen gehabt, da das FG Verhandlungen im Abstand von lediglich 15 Minuten angesetzt habe. Auch habe das FG zu Unrecht entschieden, das von ihr betriebene Gewerbe sei als Liebhaberei zu beurteilen. Insbesondere treffe die Annahme des FG nicht zu, sie hätte die von ihr durchgeführten Schulungen und Motivationsveranstaltungen auch wegen des geselligen Umgangs durchgeführt.

II. 1. Der Senat wertet das Begehren der Antragstellerin nicht als Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Revision, sondern als Antrag, ihr Prozesskostenhilfe (PKH) wegen eines im Hinblick auf die Nichtzulassung der Revision durchzuführenden Beschwerdeverfahrens zu gewähren. Eine Beschwerde wäre schon deshalb unzulässig und daher kostenpflichtig abzuweisen, weil die Antragstellerin den Vertretungszwang des § 62a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht beachtet hat. Danach muss sich vor dem BFH jeder Beteiligte durch eine Person i.S. des § 3 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) oder eine Gesellschaft i.S. von § 3 Nr. 2 und Nr. 3 StBerG vertreten lassen. Hierauf wurde die Antragstellerin in der dem Urteil des FG beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung auch hingewiesen. Zudem wurden dort die in § 3 StBerG aufgeführten Berufsgruppen einzeln genannt.

Für den beim BFH als Prozessgericht zu stellenden Antrag auf Gewährung von PKH besteht hingegen kein Vertretungszwang (§ 78 Abs. 3 der ZivilprozessordnungZPO— i.V.m. § 155 FGO; , BFH/NV 1996, 10). Zudem ergeht die Entscheidung gerichtsgebührenfrei.

2. Der Antrag auf Gewährung von PKH ist jedoch abzulehnen, weil die von der Antragstellerin beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

a) Nach § 142 FGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Dem beim Prozessgericht zu stellenden Antrag (§ 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO) sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen (§ 117 Abs. 2 ZPO). Hierbei sind die dafür eingeführten amtlichen Vordrucke zu benutzen. Eine solche Erklärung hat die Antragstellerin nicht vorgelegt.

b) Die beabsichtigte Rechtsverfolgung ist nicht bereits deshalb erfolglos, weil die Beschwerde nicht innerhalb der Frist des § 116 Abs. 2 Satz 1 FGO durch eine vor dem BFH vertretungsberechtigte Person oder Gesellschaft i.S. des § 62a FGO erhoben worden ist. Denn einem Beteiligten, der wegen Mittellosigkeit nicht in der Lage ist, ein dem Vertretungszwang unterliegendes Rechtsmittel wirksam zu erheben, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) gewährt werden.

Für eine Wiedereinsetzung ist indes erforderlich, dass ein Antragsteller innerhalb der Beschwerdefrist alles ihm Zumutbare unternimmt, um das in seiner Mittellosigkeit liegende Hindernis zu beheben. Er muss innerhalb dieser Frist alle Voraussetzungen für die Bewilligung der PKH zur Einlegung des Rechtsmittels schaffen ( (PKH), juris Nr: STRE200450558).

Der erkennende Senat hat es allerdings in seiner bisherigen Rechsprechung für zweifelhaft angesehen, ob im Hinblick auf die verbürgte Rechtsschutzgleichheit für Bemittelte und Unbemittelte verlangt werden kann, dass der Antragsteller sein Rechtsmittelbegehren zumindest in laienhafter Weise so darstellen muss, dass beurteilt werden kann, ob ein Grund i.S. von § 115 Abs. 2 FGO für die Zulassung der Revision gegeben ist. Auch hat der Senat in Zweifel gezogen, ob es erforderlich ist, dass die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse innerhalb der Beschwerdefrist eingereicht wird (Senatsbeschluss vom X S 9/03 (PKH), BFH/NV 2004, 221). Der Senat ist nach erneuter Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass gegen das Erfordernis der Einreichung der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse innerhalb der Beschwerdefrist keine durchgreifenden Bedenken bestehen. Gemäß § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist diese Erklärung dem PKH-Antrag beizufügen. Einem Antragsteller ist es auch zumutbar, sich über dieses formale Erfordernis ggf. beim Prozessgericht zu erkundigen ( (PKH), BFH/NV 2005, 572; vgl. auch , Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2000, 1409).

c) Im Streitfall hat die beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde auch deshalb keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil mangels rechtzeitigem Antrag auf PKH die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gegeben sind.

Gemäß § 116 Abs. 2 Satz 1 FGO ist die Nichtzulassungsbeschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim BFH einzulegen. Da das Urteil dem damaligen Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin am zugestellt worden ist und der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag fiel, lief die Frist am ab (§ 54 FGO i.V.m. § 222 ZPO und § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs).

d) Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass bei der gebotenen summarischen Beurteilung dem Vortrag der Antragstellerin, dem gegen diese ergangenen Urteil und den Akten kein Grund für die Zulassung der Revision zu entnehmen ist.

aa) Die Ablehnung eines Antrags auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung nach einem Wechsel des Prozessbevollmächtigten kann im Einzelfall eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstellen und damit ein Grund für die Zulassung der Revision i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO sein (, BFH/NV 1993, 102). Voraussetzung ist aber, dass dem neuen Prozessbevollmächtigten keine ausreichende Zeit zur Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung verbleibt. Welche Zeit dem Prozessbevollmächtigten zur Vorbereitung zugebilligt werden muss, hängt vom Umfang und der Schwierigkeit des einzelnen Streitfalls ab. Die Ladungsfrist des § 91 Abs. 1 Satz 1 FGO, welche regelmäßig mindestens zwei Wochen betragen muss, zeigt auf, dass der Gesetzgeber eine Vorbereitungszeit von zwei Wochen regelmäßig für ausreichend ansieht. Verbleibt dem neuen Prozessbevollmächtigten wie im Streitfall zur Vorbereitung noch ein Zeitraum von vier Wochen, dann besteht ein erheblicher Grund zur Terminsverlegung i.S. von § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO nur dann, wenn substantiiert dargelegt wird, dass angesichts der besonderen Schwierigkeiten des Streitfalls in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht entgegen dem Regelfall eine Vorbereitung in der verbleibenden Zeit nicht möglich erscheint. Dies ist im Streitfall nicht dargelegt worden und auch nach Lage der Akten nicht ersichtlich.

Soweit die Antragstellerin geltend macht, sie habe in der mündlichen Verhandlung nicht in ausreichender Weise Gelegenheit gehabt, sich in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht zu äußern, steht dem entgegen, dass ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert worden ist.

bb) Soweit die Antragstellerin beanstandet, das FG habe zu Unrecht die von ihr geltend gemachten Verluste nicht anerkannt, ergibt sich hieraus kein Grund für die Zulassung der Revision. Der Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO ist nur dann gegeben, wenn die Entscheidung des FG als objektiv willkürlich erscheint oder auf sachfremden Erwägungen beruht und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist (, juris Nr: STRE200550286). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall ersichtlich nicht vor.

Fundstelle(n):
QAAAB-68592