BMF - IV A 7 - S 0338 - 110/05

Vorläufige Steuerfestsetzung im Hinblick auf anhängige Musterverfahren (§ 165 Abs. 1 AO);
Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zu Rentenversicherungen als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG

Das  IV A 7 – S 0338 – 81/05 (BStBl 2005 I S. 843) hat die Anlage zum  IV A 7 – S 0338 – 54/05 (BStBl 2005 I S. 794) neu gefasst. Abschnitt I Nr. 1 des bestimmt (wie das frühere  IV D 2 – S 0338 – 38/03, BStBl 2003 I S. 338), dass in den Erläuterungen zur vorläufigen Steuerfestsetzung darauf hinzuweisen ist, dass die Vorläufigkeitserklärung nur die Frage erfasst, ob die angeführten gesetzlichen Vorschriften mit höherrangigem Recht vereinbar sind Es dürfte daher kein Zweifel darüber bestehen, dass der durch das angewiesene weitere Vorläufigkeitsvermerk nur die Frage erfasst, ob die Versagung des Abzugs von Beiträgen zu Rentenversicherungen als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften im Sinne des § 22 Nr. 1 EStG verfassungsgemäß ist.

In dem der Verfassungsbeschwerde 2 BvR 2299/04 vorangegangenen Revisionsverfahren X R 72/01 hatten die Kläger und Revisionskläger hilfsweise beantragt, Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in voller Höhe als Werbungskosten bei den Einkünften nach § 22 Nr. 1 EStG zu berücksichtigen. Der BFH hat ( – BFH/NV 2005 S. 513) u.a. ausgeführt, dass die Prüfung der Frage, ob der Gesetzgeber eine korrespondierende Besteuerung des Lebenseinkommens verfassungsgemäß angeordnet hat, künftigen Verfahren betreffend die Besteuerung ab dem Jahr 2005 zufließender Alterseinkünfte vorbehalten bleibt. Eine gleich lautende Aussage enthalt das mit der Revision X R 11/05 angegriffene Urteil des FG Düsseldorf ( – EFG 2005 S. 943), das ebenfalls u.a. die Frage betrifft, ob Beiträge zu Rentenversicherungen als Werbungskosten bei den Einkünften im Sinne des § 22 Nr. 1 EStG zu berücksichtigen sind. Nach Auffassung des BMF sind daher sowohl durch das anhängige Verfassungsbeschwerdeverfahren 2 BvR 2299/04 als auch durch das anhängige Revisionsverfahren X R 11/05 die Tatbestandsvoraussetzungen des § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO für den durch das angewiesenen weiteren Vorläufigkeitsvermerk erfüllt.

Eine vorläufige Steuerfestsetzung nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO ist nur hinsichtlich der Frage der Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit höherrangigem Recht möglich. Der durch das veranlasste Vorläufigkeitsvermerk hinsichtlich der Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zu Rentenversicherungen als vorweggenomme Werbungskosten bei den Einkünften im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG würde somit keine Änderungsmöglichkeit eröffnen, falls der BFH aufgrund einer Auslegung der einkommensteuerrechtlichen Vorschriften zu der Auffassung gelangen sollte, dass Beiträge zu Rentenversicherungen als Werbungskosten bei den Einkünften im Sinne des § 22 Nr. 1 EStG abziehbar sind. Um einen Steuerfall auch insoweit „offen” zu halten, müsste somit trotz des Vorläufigkeitsvermerks Einspruch eingelegt werden. Zu einer diesbezüglichen Rechtsbehelfsempfehlung wird Folgendes bemerkt:

Der BFH vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass Beiträge zu Rentenversicherungen nicht als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften im Sinne des § 22 Nr. 1 EStG abziehbar sind Das BMF verweist beispielhaft auf das  – (BFH/NV 2005 S. 513), auf dem  – (BFH/NV 2005 S. 350) und auf dem  – (BFH/NV 2005 S. 715). Das Bundesverfassungsgericht hat dies aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht beanstandet (). Dem BMF liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der BFH beabsichtigt, diese ständige Rechtsprechung aufzugeben. Die „einfachgesetzliche” Frage, ob Beiträge zu Rentenversicherungen als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften im Sinne des § 22 Nr. 1 EStG abziehbar sind, dürfte somit zumindest für Veranlagungszeiträume vor 2005 geklärt sein. Ob die Regelungen des Alterseinkünftegesetzes vom (BGBl 2004 I S. 1427) möglicherweise eine andere Beurteilung rechtfertigen, kann nach der oben zitierten BFH-Rechtsprechung erst bei der Festsetzung der Einkommensteuer für Veranlagungszeiträume ab 2005 geprüft werden.

Der im angewiesene Vorläufigkeitsvermerk beschränkt sich nach seinem Wortlaut nicht auf Beiträge zu gesetzlichen Rentenversicherungen und umfasst somit auch Beiträge zu berufsständischen Versorgungswerken. Er erstreckt sich aber ausdrücklich nur auf Veranlagungszeiträume vor 2005. Über die Frage, wie für Veranlagungszeiträume ab 2005 zu verfahren ist, werden die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder bis zum Ende dieses Jahres entscheiden.

BMF v. - IV A 7 - S 0338 - 110/05

Fundstelle(n):
CAAAB-68053