Büroräume im Souterrain des selbstgenutzten Einfamilienhauses als häusliches Arbeitszimmer
Gesetze: EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger erzielt als Geschäftsführer der X-GmbH Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Außerdem ist er seit Dezember 1995 als Unternehmensberater gewerblich tätig. Zu seinen Auftraggebern gehört u.a. die Fa. Z-GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Kläger bis Ende 1995 war und die nun von seinem Sohn geführt wird.
Im Zusammenhang mit der Beratungstätigkeit machte der Kläger in den Streitjahren als Betriebsausgaben Aufwendungen für Büroräume in Höhe von 14 408 DM (1996), 15 664 DM (1997) und 13 899 DM (1998: Reinigung 2600,23 DM, Grundsteuer, Straßenreinigung 1 025,74 DM, Heizung 497,97 DM, Stadtwerke 544,76 DM, Hausversicherungen 473 DM, Absetzung für Abnutzung Büroanbau 8 757,29 DM) geltend. Die Büroräume, die im Dezember 1995 fertig gestellt wurden, befinden sich im Untergeschoss des von den Klägern bewohnten Einfamilienhauses. Die gesamte Wohn- und Nutzfläche des Hauses umfasst 339 qm, davon entfallen 67 qm auf das Büro. Dieses besteht aus zwei Zimmern, einem Raum mit Dusche und WC sowie einem Flur. Ein Zimmer ist mit zwei Schreibtischen, einer Regalwand, mehreren Sideboards und einem Besprechungstisch ausgestattet. In dem anderen Raum befinden sich eine Anbauwand, ein Eck- und ein Bücherschrank sowie ein Sofa. In dem Büro werden die betrieblichen und einige private Unterlagen aufbewahrt. Die Büroräume sind über eine vom Wohnbereich aus nach unten führende Treppe erreichbar. Die Treppe endet in einer Diele, von der aus man über eine Tür in das Büro gelangt. Die Tür ist —ebenso wie die Tür vom WC zum dort angrenzenden Saunabereich des Hauses— wie eine Haustür gestaltet und mit einem Sicherheitsschloss und einer Dreifachverriegelung versehen. Auf der Büroinnenseite der Türen befinden sich jeweils Halteknöpfe, so dass die Türen vom Büro aus nur mit dem Sicherheitsschlüssel zu öffnen sind. Zum Wohnbereich hin sind Türdrücker angebracht. Die Türen sind durch eine Alarmanlage gesichert. Das Büro verfügt weiterhin über einen eigenen ebenerdigen Zugang nach außen.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) sah im Anschluss an eine abgekürzte Außenprüfung das Büro als häusliches Arbeitszimmer an und ließ die Aufwendungen dafür nur noch in Höhe von jeweils 2 400 DM als Betriebsausgaben zum Abzug zu. Den Einspruch gegen die entsprechenden Einkommensteuerbescheide 1996 bis 1998, mit dem die Kläger geltend machten, dass das Arbeitszimmer den beruflichen Mittelpunkt für die Beratungstätigkeit des Klägers darstelle, wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom als unbegründet zurück.
Im Klageverfahren trugen die Kläger vor, die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG) sei nicht anwendbar, weil das Büro kein häusliches Arbeitszimmer, sondern eine Betriebsstätte sei. Für die gewerbliche Tätigkeit stünde kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage zum weitaus überwiegenden Teil statt. Die Aufwendungen für die Büroräume seien in voller Höhe steuermindernd zu berücksichtigen, da das Büro nicht als häusliches Arbeitszimmer zu werten sei. Die Ausgaben seien allerdings aufgrund der Nutzung des Büros für betriebliche und für berufliche Zwecke jeweils zur Hälfte als Betriebsausgaben und zur Hälfte als Werbungskosten abzuziehen. Soweit die Bürokosten der Tätigkeit als Geschäftsführer gedient hätten, liege umsatzsteuerlich Eigenverbrauch vor, so dass der Gewinn aus Gewerbebetrieb durch Ansatz der Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch als fiktive Betriebseinnahme zu erhöhen sei. Die Gründe dafür, dass das Büro kein häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG sei, sah das FG in Folgendem:
a) Die Büroräume wiesen eine gewisse bauliche Abgeschlossenheit gegenüber dem Wohnbereich der Kläger auf und hätten einen eigenen ebenerdigen Zugang von außen. Durch die besondere Gestaltung der Türen sei der Zugang vom Büro zum Wohnbereich durch nicht berechtigte Personen wesentlich erschwert.
b) Die Art und Weise der Nutzung übersteige das für ein Arbeitszimmer übliche Maß. Zwar würden dort die typischen Büroarbeiten erledigt, die im betrieblichen und beruflichen Bereich des Klägers anfielen. Darüber hinaus würden dort jedoch 30 bis 40 Besprechungen pro Jahr mit Auftraggebern und sonstigen Personen abgehalten. Dass dem Kläger für seine Unternehmensberatung keine anderen Büroräume zur Verfügung stünden und er auch bei seinem Arbeitgeber kein eigenes Büro besitze, sei ein weiteres Indiz für einen höheren Publikumsverkehr. Zudem erledige in den Räumen täglich stundenweise eine Angestellte der Z-GmbH die anfallenden Büroarbeiten —insbesondere die Post—. Dass diese nicht vom Kläger bezahlt, sondern ihm von der GmbH zur Verfügung gestellt werde, sei unerheblich.
c) Auch Größe und Ausstattung der Räume deuteten eher auf ein Büro als auf ein häusliches Arbeitszimmer hin.
Mit der gegen das finanzgerichtliche Urteil eingelegten Revision rügt das FA die fehlerhafte Auslegung des Begriffs „häusliches Arbeitszimmer” in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision des FA ist begründet; sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
Das FG hat zu Unrecht die Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG nicht auf die vom Kläger als Büro genutzten Räume angewendet. Der Senat kann anhand der vom FG festgestellten Tatsachen jedoch nicht entscheiden, ob die Büroräume den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Klägers gebildet haben.
1. Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer dürfen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG bzw. nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG weder als Betriebsausgaben noch als Werbungskosten abgezogen werden. Dies gilt nach Satz 2 der letztgenannten Vorschrift u.a. dann nicht, wenn dem Steuerpflichtigen für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall —so Satz 3 Halbsatz 1 dieser Vorschrift— wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 2 400 DM begrenzt. Die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (Satz 3 Halbsatz 2 der Vorschrift).
Der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers ist im Gesetz nicht näher bestimmt. Es handelt sich insoweit um einen von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) entwickelten Begriff, den der Gesetzgeber in die Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG übernommen hat. Wesentliche, repräsentative Ausformung des „häuslichen Arbeitszimmers” ist das häusliche Büro, also ein Arbeitsraum, der seiner Lage nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und nach Ausstattung und Funktion der Erledigung betrieblicher oder beruflicher Arbeiten vorwiegend büromäßiger Art dient (vgl. , BFHE 201, 86, BStBl II 2003, 350; vom XI R 89/00, BFHE 201, 27, BStBl II 2003, 185).
2. Eine Einbindung in die häusliche Sphäre ist nach der Rechtsprechung des BFH regelmäßig dann gegeben, wenn die betrieblich oder beruflich genutzten Räume zur Wohnung bzw. zum Wohnhaus des Steuerpflichtigen gehören (vgl. , BFHE 202, 104, BStBl II 2004, 69, m.w.N.). Eine unmittelbare Verbindung zur Wohnung ist dabei nicht erforderlich; auch Mansardenzimmer oder Kellerräume im selben Haus stehen zu der Wohnung noch in einer räumlichen Verbindung, die sie als häusliches Arbeitszimmer einordnen lässt (vgl. BFH in BFHE 201, 27, BStBl II 2003, 185). Sogar die Lage der Räume in einem Anbau, der nicht vom Wohnhaus aus, sondern nur über den Garten betreten werden kann, oder in einer angrenzenden Wohnung in einem Mehrfamilienhaus hat die Rechtsprechung noch als ausreichend angesehen (vgl. BFH in BFHE 201, 86, BStBl II 2003, 350, bzw. in BFHE 202, 104, BStBl II 2004, 69).
Im Streitfall befinden sich die vom Kläger genutzten Räume im Souterrain des Einfamilienhauses. Sie sind von der Wohnung aus über eine Treppe und Diele ohne weiteres erreichbar und damit in die häusliche Sphäre der Kläger einbezogen. Daran ändert die Tatsache nichts, dass die Kläger durch den Einbau besonderer Zugangstüren und spezieller Türverriegelungen den Zugang von den Büroräumen zur Wohnung erschwert haben. Denn die Rechtfertigung für einen lediglich eingeschränkten Abzug betrieblich oder beruflich veranlasster Aufwendungen für häusliche Arbeitszimmer ergibt sich allein aus der Berührung mit der privaten Lebensführung und der damit verbundenen fehlenden Kontrollmöglichkeit der Nutzung durch die Finanzbehörden (vgl. , BFHE 189, 438, BStBl II 2000, 7).
3. Entgegen der Auffassung des FG sprechen auch die Art und Weise der Nutzung (Funktion) und die Ausstattung der Räume nicht gegen ihre rechtliche Einordnung als häusliches Arbeitszimmer.
Der Gesetzgeber wollte bei der Neuregelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG Büro- und Praxisräume nicht generell aus dem Anwendungsbereich der Abzugsbeschränkung für häusliche Arbeitszimmer ausnehmen; vielmehr hatte er ausdrücklich die Fälle vor Augen, dass ein Raum als Kanzlei eines Steuerberaters oder Rechtsanwalts oder als Arztpraxis genutzt wird (vgl. BTDrucks 13/1686, 16). Die im Streitfall vorliegende (teilweise) Nutzung der Räume für Zwecke der Unternehmensberatung ist mit diesen Fällen vergleichbar. Nach den Feststellungen des FG nutzte der Kläger die Räume jeweils im gleichen zeitlichen Umfang dazu, um die im Rahmen der Unternehmensberatung und die im Rahmen seiner nichtselbständigen Tätigkeit als Geschäftsführer anfallenden Büroarbeiten zu erledigen. Diese Tätigkeiten fallen in den Kernbereich der Nutzung eines typischen häuslichen Arbeitszimmers. Dass der Kläger die Räume gelegentlich (ca. 30 bis 40 mal pro Jahr) auch für Besprechungen mit Auftraggebern und sonstigen Personen genutzt hat, spricht lediglich für die betriebliche bzw. berufliche Nutzung der Räume, ohne diese indes der Einbindung in die private Sphäre zu entziehen (vgl. BFH in BFHE 189, 438, BStBl II 2000, 7, m.w.N.). Gleiches gilt für die Tatsache, dass in den Räumen stundenweise eine Aushilfskraft die anfallenden Büroarbeiten —insbesondere die Post— für den Kläger erledigt.
Auch die Ausstattung der Räume entspricht der Ausstattung eines überwiegend für Büroarbeiten genutzten —damit typischen— häuslichen Arbeitszimmers. Dagegen spricht insbesondere nicht, dass sich in den Räumen zwei Schreibtische und zusätzlich ein Besprechungstisch befinden. Denn auch insoweit handelt es sich um eine für ein Büro übliche Einrichtung. Selbst die Ausstattung mit vier Schreibtischen und drei Computer-Arbeitsplätzen hat der BFH nicht zum Anlass genommen, um das im Dachgeschoss des Einfamilienhauses gelegene Büro eines Handelsvertreters vom Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG auszuschließen (vgl. , BFHE 202, 116, BStBl II 2004, 75). Schließlich kann auch entgegen der Auffassung des FG in der Größe der hier für berufliche Zwecke genutzten Räume (67 qm bei einer gesamten Wohn- und Nutzfläche des Anwesens von 339 qm) kein Anhaltspunkt dafür gesehen werden, dass das für ein häusliches Arbeitszimmer übliche Maß überschritten sei (vgl. insoweit auch die BFH-Urteile in BFHE 202, 116, BStBl II 2004, 75, und in BFHE 201, 86, BStBl II 2003, 350, in denen das Verhältnis zwischen der zu Wohnzwecken und der zu Berufszwecken genutzten Fläche 146 qm : 110 qm bzw. 233 qm : 89 qm betrug). Entscheidend ist allein die Lage der Räume sowie deren Ausstattung und Nutzung. Im Übrigen könnte eine im Verhältnis zur Wohnfläche unverhältnismäßig große Bürofläche allenfalls ein Indiz dafür sein, dass das häusliche Büro teilweise auch Wohnzwecken dienen soll.
4. Sind danach die vom Kläger betrieblich und beruflich genutzten Räume als häusliches Arbeitszimmer einzustufen, kommt ein unbeschränkter Abzug der dafür aufgewendeten Kosten nur dann in Betracht, wenn das Arbeitszimmer in den Streitjahren den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Klägers gebildet hat (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 2. Halbsatz EStG; vgl. dazu BFH in BFHE 189, 438, BStBl II 2000, 7).
Das FG hat diese Frage —auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung zu Recht— nicht geprüft. Die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen reichen für den erkennenden Senat nicht aus, um die Frage selbst entscheiden zu können. Die Sache geht deshalb an das FG zurück, damit dieses die entsprechenden Feststellungen nachholt und erneut entscheidet.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
GmbH-StB 2005 S. 255 Nr. 9
GmbHR 2005 S. 1215 Nr. 18
HFR 2005 S. 1068 Nr. 11
OAAAB-57305