OFD Hannover - S 4500 - 8 - StO 262

Behandlung von Erwerbsvorgängen, deren Wirksamkeit vom Eintritt einer Bedingung oder von einer Genehmigung abhängt

1 Nach § 14 GrEStG entsteht die Steuer

  • wenn die Wirksamkeit eines Erwerbsvorgangs vom Eintritt einer Bedingung abhängt, mit dem Eintritt der Bedingung,

  • wenn ein Erwerbsvorgang einer Genehmigung bedarf, mit der Genehmigung.

2 Bedingung

Unter „Bedingung” ist die aufschiebende Bedingung „§ 158 Abs. 1 BGB) zu verstehen. Die Beteiligten können beliebig bestimmen, von welchem künftig eintretenden ungewissen Ereignis (= Bedingung) die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts abhängen soll. Es bedarf dazu jedoch einer ausdrücklichen Vereinbarung. Der im Vertrag enthaltene Satz, das Geschäft sei von einer erforderlichen behördlichen Genehmigung abhängig, ist nicht als aufschiebende Bedingung aufzufassen (, BStBl 1981 II S. 225).

Beispiel:

Der Vertrag soll nur wirksam werden, wenn die Teilungsgenehmigung erteilt wird.

Obwohl die Teilungsgenehmigung selbst die Rechtswirksamkeit des schuldrechtlichen Vertrags nicht berührt (s. Ziff. 4.2), entsteht die Steuerschuld wegen dieser Vereinbarung erst mit ihrer Erteilung (= Eintritt der Bedingung).

3 Aufschiebende Zeitbestimmung (Befristung)

Sie steht einer Bedingung i. S. d. § 14 Nr. 1 GrEStG nicht gleich. Die Steuerschuld entsteht ebenso wie in allen anderen Fällen mit der Erfüllung des Steuertatbestands i. S. d. § 1 GrEStG. Die unterschiedliche Behandlung von Bedingung und Befristung ist sachlich dadurch begründet, dass im Fall der Bedingung bereits das „Ob” des Erwerbsvorgangs fraglich ist; demgegenüber steht bei einer Befristung sowohl der Erwerb als solcher als auch der Zeitpunkt des Erwerbs fest (vgl. auch Boruttau, GrEStG, 15. Auflage, § 14 Rn. 48).

4 Genehmigung

Genehmigung ist die nachträgliche Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft. Sie wirkt bürgerlich-rechtlich auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück (§ 184 BGB). Das Grunderwerbsteuergesetz folgt dieser Regelung nicht, sondern lässt die Steuer erst mit der Genehmigung entstehen. Maßgebend ist nicht der Tag, an dem die Genehmigung erklärt, sondern der Zeitpunkt, an dem sie bekanntgegeben wird (, BStBl 1952 III S. 157). Ist der Notar zur Entgegennahme der Genehmigung bevollmächtigt, so ist die Bekanntgabe an ihn maßgebend (Boruttau a. a. O., § 14 Rn. 52).

In folgenden Fällen bedürfen Grundstückskaufverträge einer Genehmigung (die Aufzählung ist nicht erschöpfend; vgl. auch die Zusammenstellung bei Boruttau a. a. O., § 14 Rn. 62 – 70):

4.1 Grundstücksverkehrsgesetz

Nach § 2 des Gesetzes über Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur und zur Sicherung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe – Grundstücksverkehrsgesetz (GrdstVG) – vom (BGBl 1961 I S. 1091) bedarf der schuldrechtliche Vertrag über die Veräußerung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke der Genehmigung. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn die Grundstücke im räumlichen Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegen und nicht als land- und forstwirtschaftliche Fläche ausgewiesen sind (§ 4 GrstVG).

Nach dem Niedersächsischen Ausführungsgesetz zum Grundstücksverkehrsgesetz vom (Nds. GVBl S. 30) bedarf die Veräußerung von Grundstücken, die keiner als 1,00 ha sind, nicht der Genehmigung nach dem GrdstVG.

4.2 Baugesetzbuch (BauGB)

Nach § 51 BauGB dürfen von der Bekanntmachung des Umlegungsbeschlusses bis zur Bekanntmachung des Umlageplans im Umlegungsgebiet Verfügungen über ein Grundstück (dazu gehören auch schuldrechtliche Verträge) nur mit schriftlicher Genehmigung der Umlegungsstelle getroffen werden.

Die Teilungsgenehmigungen nach § 19 BauGB beeinflussen die Entstehung der Steuerschuld nicht, denn sie berühren nicht die Wirksamkeit des schuldrechtlichen Vertrags, sondern die Teilung des Grundstücks ( BStBl 1975 II S. 742).

Die Erklärung der Gemeinde, sie werde das Vorkaufsrecht nicht ausüben, stellt keine Genehmigung dar (, BStBl 1981 II S. 332).

4.3 Städteaufbauförderungsgesetz (StBauFG)

Nach § 15 StBauFG bedürfen u. a. die rechtsgeschäftliche Veräußerung eines Grundstücks und die Bestellung und Veräußerung eines Erbbaurechts im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Genehmigung durch die Gemeinde.

4.4 Erbbaurechtsverordnung (ErbbauVO)

Nach § 15 ErbbauVO kann als Inhalt des Erbbaurechts vereinbart werden, dass der Erbbauberechtigte zur Veräußerung des Erbbaurechts der Zustimmung des Grundstückseigentümers bedarf.

4.5 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

§ 108 BGB. Genehmigung eines von einem Minderjährigen oder sonst beschränkt Geschäftsfähigen geschlossenen Vertrags durch den gesetzlichen Vertreter.

§ 177 BGB. Genehmigung eines von einem Vertreter ohne Vertretungsmacht geschlossenen Vertrags durch den Vertretenen.

§§ 1365, 1366 BGB. Ein Ehegatte kann sich nur mit Einwilligung bzw. Genehmigung des anderen Ehegatten verpflichten, über sein Vermögen im Ganzen zu verfügen.

§ 1821 BGB. Der Vormund bedarf zur Verfügung über ein Grundstück des Mündels der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts.

4.6 Wohnungseigentumsgesetz (WEG)

Nach § 12 WEG kann vereinbart werden, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer/des Verwalters bedarf. Ist eine derartige Veräußerungsbeschränkung im Grundbuch eingetragen, so wird ein Kaufvertrag über Wohnungseigentum erst mit der Erstellung der Zustimmung wirksam.

5 Wertsicherungsklauseln

Nach § 3 des Währungsgesetzes (WährG) sind Vereinbarungen, wonach eine Schuld durch den Kurs einer Währung, den Preis von Gold oder anderer Güter bestimmt werden soll, nur mit Genehmigung der Landeszentralbank zulässig. Nicht von § 3 WährG erfasst und damit genehmigungsfrei sind Leistungsbestimmungsvorbehalte, nach denen die Schuld (Beispiel: Rente) bei Eintritt bestimmter Voraussetzungen (Beispiele: Zeitablauf, Änderung des Lebenshaltungsindex) den neuen Gegebenheiten angepasst wird.

Eine nicht genehmigungsfähige Wertsicherungsklausel führt in der Regel nur zur Unwirksamkeit einzelner Vertragsbestimmungen. Die Vertragsparteien sind einander nach § 242 BGB verpflichtet, sie durch eine ähnliche (genehmigungsfähige oder genehmigungsfreie) Klausel zu ersetzen. Nur wenn dies ausnahmsweise nicht gelingt, kann die verbotswidrige Klausel die Nichtigkeit des gesamten Vertrags zur Folge haben. Die Steuer ist dann nicht entstanden.

6 Zeitpunkt der Steuerfestsetzung/Freistellung

Steuerbefreite Erwerbsvorgänge sind stets ohne Rücksicht auf noch ausstehende Genehmigungen/Bedingungen freizustellen; die Vermessung ist nicht abzuwarten. Für steuerpflichtige Vorgänge ist die Steuer erst nach Erteilung der Genehmigung/Eintritt der Bedingung festzusetzen.

Die von den Notaren eingereichten Verträge enthalten oft den Hinweis, dass der Vertrag „behördlicher Genehmigungen” bedürfe.

Mit diesen Genehmigungen sind meist Genehmigungen nach § 19 BauGB gemeint. Ihre Erteilung ist nicht abzuwarten.

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Fundstelle(n):
AAAAB-56877