BFH Beschluss v. - VII B 298/03

Festsetzungsfrist bei Steuerhinterziehung; Entziehen einer Ware aus dem SteueraussetzungsverfahrenS. 4

Gesetze: AO § 169; BranntwMonG § 143

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) versandte mit begleitendem Verwaltungsdokument vom Alkohol unter Steueraussetzung von Italien nach Litauen. Der Alkohol wurde unter Vorlage gefälschter Ausfuhrpapiere und als Paneele deklariert über das Zollamt X nach Tschechien ausgeführt.

Das Hauptzollamt X, dessen Zuständigkeit zwischenzeitlich auf den Beklagten und Beschwerdegegner (Hauptzollamt —HZA—) übergegangen ist, setzte mit Bescheid vom gegen die Klägerin als Versenderin des Alkohols Branntweinsteuer fest. Der dagegen eingelegte Einspruch wurde als unzulässig verworfen (Einspruchsentscheidung vom ).

Das Finanzgericht (FG) wies die von der Klägerin erhobene Klage ab. Zur Begründung führte das FG im Wesentlichen aus, es müsse nicht entschieden werden, ob der Einspruch zu Recht als unzulässig verworfen worden sei. Die Klägerin habe jedenfalls als Schuldnerin der Branntweinsteuer in Anspruch genommen werden dürfen. Die Steuer sei nach § 143 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über das Branntweinmonopol (BranntwMonG) i.d.F. des Art. 3 des Verbrauchsteuer-Binnenmarktgesetzes vom (BGBl I, 2150, 2166) entstanden. Der Alkohol habe sich im Steueraussetzungsverfahren befunden. Unabhängig davon, ob der Alkohol diesem Verfahren bereits durch den Austausch der Papiere entzogen worden sei, sei die Entziehungshandlung spätestens darin zu sehen, dass bei der Ausgangszollstelle eine andere als die in das Verfahren übergeführte Ware angemeldet worden sei und hierbei gefälschte Versandpapiere vorgelegt worden seien. Die tatsächliche Ausfuhr des Alkohols nach Tschechien stehe der Annahme der Steuerentstehung nicht entgegen. Die Klägerin sei als Versenderin Steuerschuldnerin geworden, ohne dass es darauf ankomme, ob sie selbst die Ware dem Steueraussetzungsverfahren entzogen habe, ob sie eine Zuwiderhandlung begangen habe oder ob ihr ein schuldhaftes Verhalten vorzuwerfen sei. Die deutsche Zollverwaltung sei für die Erhebung der Branntweinsteuer zuständig. Aus dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Y vom , mit dem die Fahrer des Alkoholtransports wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden seien, ergebe sich, dass der Ort der Zuwiderhandlung in der Bundesrepublik Deutschland gelegen habe, weil hier die Papiere ausgetauscht worden seien und bei der deutschen Ausgangszollstelle unter Vorlage gefälschter Versandpapiere eine andere als die in das Verfahren übergeführte Ware angemeldet worden sei. Die Steuer habe noch festgesetzt werden dürfen, weil die Festsetzungsfrist im Streitfall gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung (AO 1977) zehn Jahre betrage. Die Branntweinsteuer sei hinterzogen worden. Die Verlängerung der Festsetzungsfrist treffe auch die Klägerin, welche die Steuerhinterziehung nicht selbst begangen habe. Die Klägerin könne sich nicht nach § 169 Abs. 2 Satz 3 AO 1977 entlasten, weil an der Tat eine Person beteiligt gewesen sei, deren sie sich zur Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten bedient habe. Sie sei als Versenderin verpflichtet gewesen, den unter Steueraussetzung stehenden Alkohol zu befördern und auszuführen. Hierzu habe sie sich einer Spedition und der Fahrer als deren Hilfspersonen bedient. Unbeschadet dessen könne die Klägerin nicht nachweisen, dass die Steuerhinterziehung nicht darauf beruhe, dass sie die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen habe. Unter Berücksichtigung ihrer Verpflichtungen als Versenderin von Branntwein und des Umstandes, dass es sich hierbei um eine hochsteuerbare Ware handele, hätte die Klägerin gegenüber ihrem Vertragspartner oder dem Warenführer entsprechende Sicherungsvorkehrungen treffen müssen.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin. Die Revision sei zuzulassen, weil die Vorentscheidung auf Verfahrensmängeln beruhe. Das FG habe seine Verpflichtung zur Sachaufklärung verletzt, weil es schriftsätzlich gestellte Beweisanträge übergangen habe. Ferner habe das FG eine sich aufdrängende Sachaufklärung zu der Frage unterlassen, ob sie die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen getroffen habe. Darüber hinaus habe das FG in der mündlichen Verhandlung weder den Begriff des Erfüllungsgehilfen noch die Voraussetzungen einer Entlastung nach § 169 Abs. 2 Satz 3 AO 1977 erörtert. Sie habe sich darauf verlassen können, dass das FG der Begründung seines Beschlusses folgen würde, mit dem es die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids ausgesetzt habe. Bei dem Urteil des FG handele es sich deshalb um eine Überraschungsentscheidung.

Die Revision sei auch zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordere. Es sei die Frage zu klären, ob die Rechtsfolge des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 auch dann eintrete, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung von einem Dritten begangen worden sei. Ferner sei der Begriff des Erfüllungsgehilfen i.S. des § 169 Abs. 2 Satz 3 AO 1977 beim Übergang von Eigentum und Besitz bei der Auslieferung der Ware zu klären. In diesem Zusammenhang sei auch die Zurechenbarkeit des subjektiven Verhaltens eines Gesamtschuldners bei verschiedenen Verschuldensanteilen zu klären. Klärungsbedürftig sei überdies der Begriff des Entziehens einer Ware aus dem Verfahren der Steueraussetzung und der Zeitpunkt der Überführung einer Ware in den steuerrechtlich freien Verkehr. Einer Klärung bedürfe auch die Frage, ob der bloße Austausch der Begleitpapiere zur Steuerentstehung führe, wenn feststehe, dass die Erzeugnisse ohne Verschlussverletzung ausgeführt worden seien.

Das HZA ist der Beschwerde entgegengetreten.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die Revision ist nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen. Die Klägerin hat nicht schlüssig dargelegt, dass die von ihr geltend gemachten Verfahrensmängel vorliegen bzw. die Vorentscheidung auf diesen Mängeln beruhen kann, wie dies § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erfordert.

a) Zur schlüssigen Darlegung einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht des FG durch das Übergehen eines Beweisantrags (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) gehört insbesondere der Vortrag, dass die Nichterhebung des angebotenen Beweises in der nächsten mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (vgl. , BFH/NV 1998, 608; Senatsbeschluss vom VII B 40/01, BFH/NV 2002, 373, 376). Da der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung ein Beteiligter —ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge— verzichten kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung), hat die unterlassene rechtzeitige Rüge den endgültigen Rügeverlust, so z.B. auch zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde, zur Folge.

Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass sie in der mündlichen Verhandlung vor dem FG das Unterlassen der von ihr beantragten Erhebung von Beweisen durch ihren fachkundigen Prozessbevollmächtigten gerügt hat. Es sind auch keine Gründe dafür erkennbar, dass die rechtzeitige Rüge des behaupteten Verfahrensfehlers aufgrund des Verhaltens des FG nicht möglich gewesen wäre.

b) Soweit die Klägerin rügt, das FG habe eine sich aufdrängende Sachaufklärung zu der Frage unterlassen, ob sie die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen getroffen habe, genügt ihr Vorbringen gleichfalls nicht den Erfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Wird als Verfahrensfehler die Verletzung der dem FG von Amts wegen obliegenden Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) gerügt, so ist unter anderem darzulegen, inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (vgl. Senatsurteil vom VII R 72/99, BFHE 192, 390, 394; Senatsbeschluss vom VII B 370/02, BFH/NV 2004, 843, 844).

Das FG hat seine Annahme, dass die Festsetzungsfrist auch gegenüber der Klägerin zehn Jahre betrage, in erster Linie auf den selbständig tragenden Grund gestützt, dass an der Steuerhinterziehung eine Person beteiligt gewesen sei, deren sie sich zur Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten bedient habe. Die Klägerin hat nicht aufgezeigt, warum die Vorentscheidung hätte anders ausfallen können, wenn das FG den Sachverhalt hinsichtlich der lediglich als Hilfsbegründung angeführten Erwägung weiter aufgeklärt hätte, dass die Steuerhinterziehung nicht darauf beruhe, dass sie die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen habe.

c) Ein Verstoß gegen die aus § 93 Abs. 1 FGO folgende Verpflichtung des FG, die Streitsache in der mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten tatsächlich und rechtlich zu erörtern, liegt nicht vor. Das Gericht muss nach der genannten Bestimmung nicht alle tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte erschöpfend mit den Beteiligten erörtern. Das Gericht ist auch weder zu einem Rechtsgespräch noch zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung verpflichtet (vgl. , BFHE 185, 422, 425, BStBl II 1998, 383, 384; vom VIII R 80/98, BFH/NV 2000, 978, 979). Ein Hinweis auf nahe liegende rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte ist zumindest dann nicht erforderlich, wenn die Beteiligten fachkundig vertreten sind (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2000, 978, 979; Senatsbeschluss vom VII B 257/01, BFH/NV 2002, 1498, 1499). Eine Überraschungsentscheidung und damit ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes und § 96 Abs. 2 FGO liegt jedoch vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt gestützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der auch ein kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht rechnen musste (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2000, 978, 979; , BFH/NV 2001, 631, 632). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Anders als die Klägerin meint, konnte sie sich nicht darauf verlassen, dass das FG der Begründung seines Beschlusses folgen würde, mit dem es die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids ausgesetzt hatte. Denn grundsätzlich ist das Vertrauen auf eine vom FG im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung geäußerte Ansicht nicht geschützt (vgl. BFH-Beschlüsse vom IV B 152/97, BFH/NV 1998, 1511; in BFH/NV 2001, 631, 632). Der Berichterstatter des Senats des FG hat die Klägerin überdies mit Verfügung vom nach Ergehen des Senatsurteils vom VII R 48/01 (BFHE 200, 66) aufgefordert, zum Schriftsatz des Hauptzollamts X vom Stellung zu nehmen. In diesem Schriftsatz sowie einem weiteren Schriftsatz des Hauptzollamts X vom wurde eingehend ausgeführt, warum die Klägerin sich nicht auf den Ablauf der Festsetzungsfrist habe berufen können. Die Klägerin musste daher damit rechnen, dass das FG in dieser entscheidungserheblichen Frage der Argumentation des Hauptzollamts X folgen würde.

2. Die Revision ist auch nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Alternative 1 FGO zuzulassen. Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts kommt nur wegen einer klärungsbedürftigen und in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähigen Rechtsfrage in Betracht (vgl. Senatsbeschluss vom VII B 110/03, BFH/NV 2004, 1310, 1312). Die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen sind überwiegend nicht klärungsbedürftig und teilweise auch nicht klärungsfähig.

a) Die Frage, ob die Rechtsfolge des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 auch dann eintritt, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung von einem Dritten begangen worden ist, ist nicht klärungsbedürftig. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. etwa die Urteile vom VII R 18/88, BFH/NV 1991, 721, 722; vom VII R 64/03, BFH/NV 2004, 1516) kommt es für die Anwendung der zehnjährigen Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 allein darauf an, ob es sich objektiv um eine hinterzogene Steuer handelt; die Vorschrift setzt dagegen nicht voraus, dass der Steuerschuldner selbst oder die Person, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, die Steuerhinterziehung begangen hat.

Entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung bedarf auch der Begriff der Person, deren sich ein Steuerschuldner i.S. des § 169 Abs. 2 Satz 3 AO 1977 zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, keiner Klärung in einem Revisionsverfahren mehr. Es ist vielmehr geklärt, dass dies jede Person sein kann, die mit dem Wissen und Wollen des Steuerschuldners in dessen steuerlichem Pflichtenkreis tätig wird; auf eine Weisungsgebundenheit gegenüber dem Steuerschuldner kommt es nicht an (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 2004, 1516).

Soweit die Klägerin mit Schriftsätzen vom 26. Mai und geltend gemacht hat, es müsse geklärt werden, ob der Begriff des Erfüllungsgehilfen i.S. des § 169 Abs. 2 Satz 3 AO 1977 mit demjenigen des § 278 des Bürgerlichen Gesetzbuchs deckungsgleich sei, ist diese Frage erst nach Ablauf der bis zum verlängerten Begründungsfrist vorgetragen worden und darf deshalb nicht berücksichtigt werden (vgl. , BFH/NV 1997, 694). Entsprechendes gilt hinsichtlich ihres Vorbringens in ihrem Schriftsatz vom , in dem sie die in Italien geltende Gesetzeslage darstellt und um eine „europäische” Klärung der ihrer Meinung nach bestehenden unterschiedlichen Sachbehandlung nachsucht.

Die Frage der Zurechenbarkeit des subjektiven Verhaltens eines Gesamtschuldners bei verschiedenen Verschuldensanteilen ist im Rahmen des § 169 Abs. 2 Satz 3 AO 1977 gleichfalls nicht klärungsbedürftig. Es ist geklärt, dass der nach dieser Vorschrift mögliche Entlastungsbeweis auf den Fall beschränkt ist, dass Täter der Steuerhinterziehung oder leichtfertigen Steuerverkürzung eine andere Person sein muss als der Steuerschuldner oder die Person, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient. Wurde die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung von einer Hilfsperson des Steuerschuldners begangen, kommt für diesen ein Entlastungsbeweis nicht in Betracht (vgl. , BFHE 189, 244, 250; in BFH/NV 2004, 1516). Dabei ist es unerheblich, ob und in welchem Umfang den Steuerschuldner ein eigenes Verschulden trifft.

b) Klärungsbedürftig ist auch weder der Begriff des Entziehens einer Ware aus dem Verfahren der Steueraussetzung i.S. des § 143 Abs. 1 Satz 1 BranntwMonG noch der Zeitpunkt ihrer Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr. Der Senat hat bereits entschieden, dass ein Erzeugnis dem Steueraussetzungsverfahren durch jede Unregelmäßigkeit entzogen wird, die der steuerlichen Regelung der Beförderung von verbrauchsteuerpflichtigen Waren unter Steueraussetzung zuwiderläuft und zur Folge hat, dass die Ware als in den steuerrechtlich freien Verkehr entnommen anzusehen ist. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn bei der Ausgangszollstelle eine andere als die in das Verfahren der Steueraussetzung übergeführte Ware, die keiner verbrauchsteuerrechtlichen Bindung unterliegt, angemeldet wird und dabei entsprechend gefälschte Versandpapiere vorgelegt werden (vgl. Senatsurteil in BFHE 200, 66, 71 f.). Ferner ist geklärt, dass nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 76/1) die Verbrauchsteuer u.a. mit der Überführung der steuerpflichtigen Ware in den steuerrechtlich freien Verkehr entsteht, so wie sie in dieser Bestimmung definiert ist (vgl. Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, Urteile vom Rs. C-325/99 —van de Water—, EuGHE 2001, I-2729 Rdnr. 30; vom Rs. C-395/00 —Cipriani—, EuGHE 2002, I-11877 Rdnr. 43).

Die Frage, ob der bloße Austausch der Begleitpapiere zur Steuerentstehung führt, wenn feststeht, dass die Erzeugnisse ohne Verschlussverletzung ausgeführt worden sind, ist in ihrem ersten Teil schon nicht klärungsfähig, weil sie in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich wäre. Denn das FG hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsurteil in BFHE 200, 66, 72) angenommen, dass die Steuer jedenfalls dadurch entstanden sei, dass bei der deutschen Ausgangszollstelle eine andere als die in das Verfahren übergeführte Ware angemeldet worden sei und hierbei gefälschte Versandpapiere vorgelegt worden seien. Es bedarf zudem keiner Klärung mehr, dass die tatsächliche Ausfuhr eines Erzeugnisses für den Steuerentstehungstatbestand des § 143 Abs. 1 Satz 1 BranntwMonG unerheblich ist (vgl. Senatsurteil in BFHE 200, 66, 73). Dass dies nicht —wie die Klägerin meint— in Widerspruch zu dem Senatsurteil vom VII R 24/87 (BFHE 158, 185, 188) steht, ist gleichfalls bereits geklärt (vgl. Senatsurteil in BFHE 200, 66, 74).

3. Die Revision ist schließlich nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zuzulassen, weil dem FG bei der Auslegung und Anwendung des Rechts Fehler von so erheblichem Gewicht unterlaufen wären, dass sie, würden sie nicht von einem Rechtsmittelgericht korrigiert, geeignet wären, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen (vgl. Senatsbeschlüsse vom VII B 141/01, BFH/NV 2002, 798, 799; vom VII B 344/03, BFH/NV 2004, 1478, 1480).

Die Voraussetzungen für die Annahme dieses Zulassungsgrundes hat die Klägerin innerhalb der bis zum verlängerten Begründungsfrist nicht dargelegt. In ihrer Beschwerdebegründung hat sie lediglich ausgeführt, warum sie das Urteil des FG für tatsächlich und rechtlich unzutreffend hält. Bloße Angriffe gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung können jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen, weil hiermit kein Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO dargetan wird (vgl. BFH-Beschlüsse vom III B 16/00, BFH/NV 2001, 202; vom IX B 169/01, BFH/NV 2002, 1476).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1021
BFH/NV 2005 S. 1021 Nr. 7
NWB-Eilnachricht Nr. 6/2006 S. 403
QAAAB-44570