Steuerfreiheit für Umsätze einer Dental-Hygienikerin [BStBl 2005 II S. 106]
Leitsatz
Eine Dental-Hygienikerin kann nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfreie Umsätze im Auftrag eines Zahnarzts ausführen.
Gesetze: UStG 1999 § 4 Nr. 14Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Für diese Entscheidung sind u.a. folgende Gründe maßgebend:
1. Die Steuerbefreiung der von der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) erbrachten Leistungen als Dental-Hygienikerin folgt aus § 4 Nr. 14 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG). Danach sind „die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt,…oder aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes ...” steuerfrei. Bei richtlinienkonformer Auslegung unter Berücksichtigung von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Sechsten Richtlinie des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) hängt die Steuerbefreiung im Wesentlichen von der Erfüllung von zwei Voraussetzungen (z.B. Urteil vom Rs. C-141/00 —Ambulanter Pflegedienst Kügler GmbH—, Slg. 2002, I-6833, Umsatzsteuer-Rundschau —UR— 2002, 513, Rdnr. 26 ff.) ab, nämlich davon
dass es sich um ärztliche oder arztähnliche Leistungen handeln muss,
und dass diese von Personen erbracht werden, die die erforderlichen beruflichen Befähigungsnachweise besitzen.
Im Übrigen verbietet es der Grundsatz der steuerlichen Neutralität, dass Wirtschaftsteilnehmer, die gleichartige Umsätze be
wirken, bei der Mehrwertsteuererhebung unterschiedlich (z.B. abhängig von der Rechtsform des Steuerpflichtigen) behandelt werden. Zweck der Befreiung ist es, die Kosten ärztlicher Heilbehandlung zu senken. Sie umfasst nach der Rechtsprechung des —Christoph-Dornier-Stiftung für klinische Psychologie—, UR 2003, 585, Rdnr. 48 mit Nachweisen; in Slg. 2002, I-6833, UR 2002, 513) daher nur Tätigkeiten, die zum Zweck der Diagnose, der Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen bei Menschen vorgenommen werden.
2. Die Klägerin hat Umsätze aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG bewirkt, weil sie arztähnliche Leistungen erbrachte. Zum Zweck der Diagnose hat sie nach den Feststellungen des Finanzgerichts den Erkrankungsgrad bei kariöser Zerstörung der Zähne und des Knochenabbaus und die Hygienesituation im Mundraum des Patienten analysiert. Sie hat Speicheluntersuchungen zur Bestimmung des Karies- und Parodontitisrisikos durchgeführt. Die Behandlung durch supra- und subgingivale Zahnsteinentfernung mit Ultraschallgeräten und Handinstrumenten, die Entfernung mikrobieller Plaque, die Beseitigung störender Füllungsränder und anderer scharfer Kanten und die Versiegelung kariesfreier Fissuren diente therapeutischen Zielen.
3. Die Klägerin verfügte als Dental-Hygienikerin auch über die erforderlichen beruflichen Befähigungsnachweise zur Ausführung der erwähnten Leistungen, da sie ihre Ausbildung als Dental-Hygienikerin erfolgreich abgeschlossen hat.
4. Die Klägerin durfte auch als selbständige Unternehmerin für die Zahnärzte arbeiten, bei denen sie beschäftigt war. Sie war für diese im Rahmen des § 1 Abs. 5 des Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde (ZHG) tätig. Die Vorschrift lautet (soweit im Streitfall von Interesse):
„Approbierte Zahnärzte können insbesondere folgende Tätigkeiten an dafür qualifiziertes Prophylaxe-Personal mit abgeschlossener Ausbildung wie…Dental-Hygienikerin delegieren…ua. Entfernung von weichen und harten sowie klinisch erreichbaren subgingivalen Belägen ..., Erklärung der Ursache von Karies und Paradontopathien, Demonstrationen und praktische Übungen zur Mundhygiene, Erstellen von Plaque-Indizes, Kariesrisikobestimmung, lokale Fluoridierung ...”.
Im Rahmen dieser Aufgabenübertragung durfte die Klägerin auch selbständig handeln. § 1 Abs. 5 ZHG verlangt von Zahnärzten nicht, dass sie Dental-Hygienikerinnen als Arbeitnehmerinnen beschäftigen.
Unschädlich ist, dass die Klägerin im Auftrag der jeweiligen Zahnärzte tätig war.
Insbesondere sind weder nach § 4 Nr. 14 UStG noch nach der gemeinschaftsrechtlichen Grundlage des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG die befreiten Umsätze durch die Person des Leistungsempfängers definiert (vgl. —SDC—, Rdnr. 30 ff., Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht 1997, 288). Das personenbezogene Befreiungselement beschränkt sich auf den Leistenden. Er muss Träger eines ärztlichen bzw. arztähnlichen Berufs sein. Ebenso, wie nach dem —d' Ambrumenil—, Rdnr. 68 (BFH/NV Beilage 2004, 115) die Befreiung für ärztliche Untersuchungen durch einen Arzt im Auftrag von Arbeitgebern oder Versicherungen eingreift, gilt sie im Streitfall für die „ähnliche heilberufliche Tätigkeit” der Klägerin an Patienten im Auftrag der Zahnärzte.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
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Fundstelle(n):
BStBl 2005 II Seite 106
BB 2005 S. 35 Nr. 1
BFH/NV 2005 S. 317
BFH/NV 2005 S. 317 Nr. 2
BStBl II 2005 S. 106 Nr. 2
DB 2005 S. 145 Nr. 3
DStR 2005 S. 66 Nr. 2
DStRE 2005 S. 184 Nr. 3
HFR 2005 S. 153
INF 2005 S. 91 Nr. 3
KÖSDI 2005 S. 14473 Nr. 1
NWB-Eilnachricht Nr. 48/2006 S. 4069
StB 2005 S. 43 Nr. 2
DAAAB-40860