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BFH Urteil v. - VII R 80/94

Der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer Bank, wurde von einer KG der Vorsteuererstattungsanspruch aufgrund der Umsatzsteuervoranmeldung für Januar ... der KG in Höhe von ... DM abgetreten. Der Vorsteueranspruch beruhte auf dem Erwerb eines Grundstücks durch die KG durch notariellen Kaufvertrag vom ... Die Abtretungsanzeige ging am ... bei dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt -- FA --) ein. Das FA überwies, nachdem es der Klägerin den Eingang der Abtretungsanzeige bestätigt hatte, den abgetretenen Steuerbetrag auf das in der Abtretungsanzeige angegebene, bei der Klägerin geführte Bankkonto. Die Kassenanordnung trägt den Bearbeitungsvermerk: "Die Finanzkasse wird angewiesen, den Erstattungsbetrag auszuzahlen, auch wenn die Abtretung vor der Entstehung des Steueranspruchs eingegangen ist. Weitere Abtretungserklärungen wurden nämlich nicht übersandt." Als Zahlungsempfänger ist die Klägerin (Bank) bezeichnet. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) wurde das o. g. Konto bei der Klägerin für die KG eröffnet, die auch später über den gutgeschriebenen Erstattungsbetrag verfügt hat. Am ... hatte die Klägerin mit der KG bezüglich der Vorsteuererstattung eine Sicherungsabtretung vereinbart, in der auch ihre Ansprüche gegen die Zahlungsempfänger, zu deren Gunsten die KG später verfügt hat, abgesichert worden waren. Nachdem die KG in der Umsatzsteuervoranmeldung für April 1990 unter Hinweis auf die inzwischen erfolgte Rückabwicklung des Grundstückskaufvertrags den geltend gemachten Vorsteuerabzug berichtigt hatte, erließ das FA am 3. Mai 1991 gegen die Klägerin einen Rückforderungsbescheid über ... DM. Einspruch und Klage gegen den Rückforderungsbescheid blieben erfolglos. Das Urteil des FG ist mit seinen wesentlichen Entscheidungsgründen in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1994, 1072 veröffentlicht. Mit der Revision macht die Klägerin geltend, ein Rückforderungsanspruch nach § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) sei nicht gegeben, weil sie (die Klägerin) nicht Leistungsempfängerin sei und die Zahlung nicht ohne rechtlichen Grund erfolgt sei. Leistungsempfängerin sei die KG als formell und materiell Berechtigte, weil es an einer wirksamen Abtretung fehle und nur die KG objektiv bereichert sei. Die Zahlung des FA sei auf ein Konto der KG erfolgt, über das diese allein die Verfügungsbefugnis gehabt und auch tatsächlich verfügt habe. Die subjektive Fehlvorstellung des FA über den Leistungsempfänger sei nicht maßgebend. Entgegen der Ansicht des FG könne aufgrund der Zahlungsanweisung in der Abtretungsanzeige die KG nicht als bloße Zahlstelle der Klägerin und damit diese als Leistungsempfängerin angesehen werden; denn nach der Ausgestaltung des amtlichen Vordrucks könnten die entsprechenden Angaben nicht allein als Anweisung der Klägerin gedeutet werden. Da das FA positive Kenntnis von der Unwirksamkeit der Abtretung wegen verfrühter Anzeige (§ 46 Abs. 2 AO 1977) gehabt habe, könne aus seiner Sicht auch nicht die Klägerin (Zessionarin) als Leistungsempfängerin bestimmt werden. Die Schuldnerschutzvorschrift des § 46 Abs. 5 AO 1977 greife hier zugunsten des FA nicht ein. Maßgeblich für die Bestimmung des Leistungsempfängers sei vielmehr, daß die KG (Zedentin) durch die Überweisung des FA objektiv bereichert worden sei und dies auch den Vereinbarungen der Beteiligten (Zahlung auf ein Konto der KG) entsprochen habe. Im Streitfall habe es sich zudem -- wie dem FA bekannt gewesen sei -- um eine Sicherungsabtretung gehandelt. In einem solchen Fall habe bereits der erkennende Senat bei der Zahlung auf ein Konto des Zedenten beim Zessionar den Zedenten als Leistungsempfänger angesehen. Wenn dem FA die Eigenschaft der Abtretung als Sicherungsabtretung bekannt sei, könne nicht allein auf die rechtsformalen Gegebenheiten abgestellt werden. Es könne auch keinen qualitativen Unterschied machen, ob dem FA der Sicherungszweck im einzelnen etwa durch Übersendung der Vertragsunterlagen erläutert worden sei oder nur -- wie im vorliegenden Falle -- durch die formalisierte Information auf dem amtlichen Vordruck. Vielmehr sei bei einer offenen Sicherungszession dem Schuldner regelmäßig erkennbar, daß der Zessionar zwar formal Vollrechtsinhaber sei, sein Status aber materiell nicht dem eines typischen Zessionars entspreche, der eine eigene und uneingeschränkte rechtliche Dispositionsbefugnis über den abgetretenen Anspruch habe. Bei der offenen Sicherungszession sei es deshalb gerechtfertigt, allein den Zedenten als Leistungsempfänger anzusehen. Das müsse insbesondere für den Streitfall gelten, in dem das FA auf das Konto der KG, über das diese uneingeschränkt verfügungsbefugt gewesen sei, gezahlt habe. Dem entspreche es auch, daß der öffentlich-rechtliche Rückforderungsanspruch dazu diene, von demjenigen, der vom Staat auf Kosten der Allgemeinheit etwas erhalten habe, das Erhaltene zurückzuverlangen. Falls die Klägerin doch Leistungsempfängerin sein sollte, habe sie -- entgegen der Vorentscheidung -- die Vorsteuererstattung nicht bereits deshalb ohne rechtlichen Grund i. S. des § 37 Abs. 2 AO 1977 erlangt, weil die Abtretung an sie unwirksam gewesen sei. Das FA könne sich nämlich wegen seiner positiven Kenntnis von der Unwirksamkeit der Abtretung nach § 46 Abs. 2 AO 1977 nicht auf das Fehlen eines rechtlichen Grundes berufen. Anderenfalls könne die Finanzverwaltung bei materiell bestehender Erstattungspflicht jederzeit aufgrund einer unwirksamen Abtretung ausgezahlte Beträge zurückfordern, selbst wenn kein anderer Rückforderungsgrund ersichtlich sei. Dies sei aus Gründen der Rechtssicherheit nicht möglich. Wenn das FA -- wie im Streitfall -- in Kenntnis der Rechtslage und unter Berufung auf § 46 Abs. 5 AO 1977 die unwirksame Abtretung nachhaltig wie eine wirksame Abtretung behandelt wissen wolle, müsse es sich nach den Grundsätzen von Treu und Glauben daran festhalten lassen. Das FA könne deshalb nur dann einen Rückforderungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO 1977 gegen die Klägerin als Leistungsempfängerin geltend machen, wenn der Rechtsgrund für die Vorsteuererstattung Januar nachträglich weggefallen sei. Das sei aber -- entgegen der Vorentscheidung -- nicht der Fall, weil die von der KG vorgenommene Berichtigung des Vorsteuerabzugs gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) für den späteren Besteuerungszeitraum, in dem der Grundstückskauf rück gängig gemacht worden sei (April), keine Änderung der Umsatzsteuervoranmeldung für Januar darstelle und somit die Festsetzung der negativen Umsatzsteuer als Rechtsgrund für die damalige Zahlung unverändert fortbestehe.

Fundstelle(n):
BFH/NV 1996 S. 5
BFH/NV 1996 S. 5 Nr. 1
EAAAB-37608

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BFH, Urteil v. 01.08.1995 - VII R 80/94 -nv-

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