BFH Beschluss v. - V R 106/01

Trennung von Verfahren wegen Unzuständigkeit

Gesetze: FGO § 73

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) nimmt den Kläger und Revisionskläger (Kläger) nach § 55 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung 1993 (UStDV) wegen im Abzugsverfahren nicht angemeldeter Umsatzsteuer in Haftung.

Der Kläger führte im Streitjahr 1996 als Einzelunternehmer Umsätze durch Gartenbauarbeiten aus.

Aufgrund von Rechnungen über Pflasterarbeiten der X-Lda. (Y, Portugal) vom über 16 175,73 DM und vom über 25 308,96 DM, die an die Fa. Z-OHG in A gerichtet waren und den Vermerk enthielten „MwSt 0-0 Regelung”, nimmt das FA den Kläger für Umsatzsteuer in Höhe von 5 410,70 DM (= 15 v.H. aus 41 485,69 DM) in Anspruch.

Die Z-OHG hat 20 000 DM durch Verrechnungsscheck an die Fa. X mit Anschrift in den Niederlanden gezahlt. Die Restforderung wurde mit einer PKW-Lieferung verrechnet, ohne dass der Kläger die (angeblich verrechnete) Kaufpreisforderung verbucht hatte.

Das FA war unter Bezugnahme auf Ausführungen in einem Betriebsprüfungsbericht der Ansicht, bei der Fa. X handele es sich um eine Scheinfirma, die nicht Unternehmer sei. Es seien Indizien dafür vorhanden, dass „ausländische Bauarbeiter unter Einschaltung von Scheinfirmen von im Ausland ansässigen Vermittlern für Beschäftigungen in Deutschland dauerhaft weitervermittelt werden”.

Der Einspruch blieb erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage gegen den bezeichneten Haftungsbescheid als unbegründet ab, weil es sich bei dem Rechnungsaussteller (X) um eine Domizilgesellschaft handele, die keine Einnahmen erziele. Außerdem fehle eine der gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausnahmevorschrift des § 52 Abs. 2 UStDV, nämlich dass der Leistungsempfänger im Falle des gesonderten Ausweises der Steuer den Vorsteuerabzug hinsichtlich dieser Steuer voll in Anspruch nehmen könne. Nach Ansicht des FG könne die sog. Null-Regelung nach § 52 Abs. 2 UStDV auch dann nicht zur Anwendung kommen, wenn es nicht zu einem Steuerausfall in der Unternehmerkette kommen könne.

Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung sachlichen Rechts. Er meint, die sog. Null-Regelung sei auch bei Rechnungen von Scheinfirmen anwendbar. Weil er, der Kläger, eine Rechnung ohne Steuerausweis erhalten habe, trete ein Steuerausfall wegen der Nichtbesteuerung des leistenden Unternehmers durch den nicht zugelassenen Vorsteuerabzug nicht ein.

Der Kläger begehrt die Aufhebung der Vorentscheidung, soweit sie den Haftungsbescheid vom über Umsatzsteuer 1996 in der Form der Einspruchsentscheidung vom betrifft.

Das FA ist der Revision entgegengetreten.

Der Senat hat die Verfahren wegen Einkommensteuer 1996, Gewerbesteuermessbetrag für 1996 und wegen gesonderter Feststellung über einen verbleibenden Verlustabzug 1996, über die in der mit der Revision angegriffenen Vorentscheidung ebenfalls entschieden worden war, abgetrennt und an den für diese Entscheidungen zuständigen Senat verwiesen.

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—), soweit sie den Haftungsbescheid vom über Umsatzsteuer 1996 in der Form der Einspruchsentscheidung vom betrifft. Dem Senat ist eine abschließende Entscheidung wegen der unzureichenden Feststellungen des FG nicht möglich.

1. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 UStDV hat der Leistungsempfänger die Steuer für steuerpflichtige Umsätze durch Werklieferungen und sonstige Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers einzubehalten und an das für ihn zuständige Finanzamt abzuführen. Nach § 55 UStDV haftet der Leistungsempfänger für die nach § 54 UStDV anzumeldende und abzuführende Steuer.

Der Leistungsempfänger ist nach § 52 Abs. 2 UStDV nicht verpflichtet, die Steuer für die Leistung des Unternehmers einzubehalten und abzuführen, wenn

1. der Unternehmer keine Rechnung mit gesondertem Ausweis der Steuer erteilt hat und

2. der Leistungsempfänger im Falle des gesonderten Ausweises der Steuer den Vorsteuerabzug hinsichtlich dieser Steuer voll in Anspruch nehmen könnte.

2. Die tatsächlichen Feststellungen in der Vorentscheidung reichen nicht aus, um abschließend zu entscheiden.

Die Vorentscheidung enthält keine Feststellungen, ob der Kläger die abgerechneten Leistungen empfangen hat oder ob es neben dem Gartenbauunternehmen, das der Kläger als Einzelunternehmer führte, noch eine in den Rechnungen und auf dem Verrechnungsscheck erwähnte „Z-OHG” gab, die dem Abzugsverfahren unterliegende Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers empfangen hatte.

3. Hinzu kommt, dass die Unzulänglichkeit der vorhandenen Rechnungen, sollten damit Leistungen an den Kläger von einem im Ausland ansässigen Unternehmer abgerechnet worden sein, der Anwendung des § 52 Abs. 2 UStDV (Null-Regelung) bei richtlinienkonformer Anwendung der Vorschriften über das Abzugsverfahren nicht entgegenstehen. Insoweit wird auf die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (Urteil vom Rs. C-90/02, Gerhard Bockemühl, Umsatzsteuer-Rundschau 2004, 367) und die Nachfolgeentscheidung des ) Bezug genommen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
XAAAB-36861