BFH Urteil v. - IV R 1/03 BStBl 2004 II S. 112

Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG

Leitsatz

1. Eine Tätigkeit ist eine sonstige selbständige Arbeit i.S. von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG, wenn sie den dort aufgeführten Tätigkeiten (Vollstreckung von Testamenten, Vermögensverwaltung, Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied) ähnlich ist.

2. Eine Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied i.S. von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG übt derjenige aus, der mit der Überwachung der Geschäftsführung einer Gesellschaft beauftragt ist. Dies ist dann nicht der Fall, wenn vom Beauftragen im Wesentlichen Aufgaben der Geschäftsführung wahrgenommen werden.

Gesetze: EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 3KStG § 10 Nr. 4

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf), ,

Gründe

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) absolvierte in der ehemaligen DDR eine Ausbildung zum Ingenieurpädagogen mit der Fachrichtung Elektrotechnik.

Er war im Streitjahr (1990) —überwiegend über ein Treuhandverhältnis als Treugeber— an folgenden Kapitalgesellschaften beteiligt:

- A-GmbH, zu 66,67 v.H.

- B-GmbH, zu 66,67 v.H.

- D-Unternehmensberatung GmbH, zu 33,33 v.H.

- E-GmbH, zu 50 v.H.

Mit Vertrag vom veräußerte der Kläger seine Anteile an der E-GmbH, an der er unmittelbar beteiligt war, zum Nennwert an seine zwischenzeitlich von ihm geschiedene Frau. Gegenstand sämtlicher Gesellschaften war die gewerbsmäßige Überlassung von Arbeitnehmern zur Durchführung von Arbeiten im industriellen und handwerklichen Bereich. In keinem Gesellschaftsvertrag der genannten Gesellschaften war geregelt, dass ein Aufsichtsrat oder ein ähnliches Gremium zu bestellen war.

Der Kläger schloss mit diesen Gesellschaften sog. Beratungsverträge ab, in denen unter § 1 Folgendes vereinbart wurde:

„Der Berater übernimmt als freier und selbständiger Mitarbeiter folgende Tätigkeiten:

- Kosten/Erlösplanung

- Kosten/Controlling

- Personalplanung/Personaleinsatz

- Marketing/Mediaplanung

- Standort/Kostenbeurteilung für die Eröffnung neuer

Filialen

- Führungskraftbeschaffung und Auswahl

Der Berater ist keinen Weisungen des Auftraggebers unterworfen.„

Des Weiteren sollten nach dem Beratungsvertrag mit der D-Unternehmensberatung GmbH zusätzliche Tätigkeiten (wie z.B. Personalsuche und -einsatz, Gestaltung von Verträgen mit Kunden bzw. Mitarbeitern, Revision der Buchführung, Reorganisation der Innendienststrukturen, Gestaltung des Formularwesens, Anpassung des EDV-Systems) gesondert vergütet werden.

Der Kläger behandelte die aus den Beratungsverträgen erzielten Einnahmen als Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Nach einer vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt —FA—) durchgeführten Außenprüfung qualifizierte das FA die Einkünfte aus den Beratungsverträgen als solche aus Gewerbebetrieb und erließ einen entsprechenden Gewerbesteuermessbescheid für 1990.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen aus, mit der Beratung der verschiedenen Kapitalgesellschaften habe der Kläger weder den Katalogberuf des beratenden Betriebswirts noch eine diesem vergleichbare Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ausgeübt; er habe aber auch keine Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG erzielt, weil er vertraglich zwar ausgelagerte Geschäftsführungstätigkeiten, nicht aber deren Überwachung übernommen habe.

Mit der Revision macht der Kläger die Verletzung von Bundesrecht geltend und begründet dies im Wesentlichen wie folgt: Das FG sei bei der Anwendung des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG von einem zu engen Anwendungsbereich ausgegangen und habe zu Unrecht die ausgeübte Tätigkeit lediglich mit der eines Aufsichtsratsmitglieds verglichen. Auch wenn § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG keine allgemeine Auffangvorschrift darstellen könne, so sei der Anwendungsbereich nicht auf die Tätigkeitsbilder des Testamentsvollstreckers, des Vermögensverwalters oder des Aufsichtsratsmitglieds begrenzt. Im Gegensatz zu § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG, der als Anknüpfungspunkt die „ähnlichen Berufe„ habe, liege der Ausgangspunkt bei § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG in der „sonstigen Selbständigkeit„ der Arbeit. Daher führe die Nr. 3 über die Vorschrift der Nr. 1 hinaus und sei nach dem Merkmal der Selbständigkeit ausgerichtet, sofern der gewerbliche Charakter der Tätigkeit ausscheide. Die Abgrenzung sei hiernach von der gewerblichen Seite her zu bestimmen. Bei Fehlen der bestimmenden Merkmale für die gewerbliche Betätigung sei die selbständige Tätigkeit unter § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu fassen.

Von einer selbständigen Tätigkeit i.S. von § 18 EStG sei auszugehen, wenn der Einsatz von Kapital gegenüber der geleisteten Arbeit in den Hintergrund trete und die persönliche Arbeitskraft das wesentliche Merkmal für die Erzielung von Einkünften sei. Da der persönliche Arbeitseinsatz bei der Tätigkeit, die er, der Kläger, ausübe, eindeutig im Vordergrund stehe, sei die Tätigkeit nicht gewerblicher Natur. Er sei über die Berater- und Treuhandverträge teils kontrollierend, teils mitbestimmend oder helfend mit den Gesellschaften verbunden. Seine Tätigkeit enthalte Elemente einer Aufsichtsratstätigkeit wie auch der Tätigkeit eines Verwaltungs- bzw. Beirats. Jedenfalls seien ihm keine Geschäftsführungsbefugnisse eingeräumt worden. Für die Geschäftsführung sei jeweils der bestellte Geschäftsführer zuständig gewesen.

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung des FG sowie den Gewerbesteuermessbescheid 1990 in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Zu Recht ist das FG mit dem FA davon ausgegangen, dass der Kläger im Streitjahr (1990) Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt hat und der angefochtene Gewerbesteuermessbescheid daher nicht zu beanstanden ist.

1. Der Kläger hat keine Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG erzielt. Er selbst macht im Revisionsverfahren auch nicht mehr geltend, dass er als beratender Betriebswirt tätig gewesen sei oder eine dem Beruf des beratenden Betriebswirts ähnliche Tätigkeit ausgeübt habe.

Den Beruf des beratenden Betriebswirts i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG übt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) derjenige aus, der nach einem entsprechenden Studium oder einem vergleichbaren Selbststudium, verbunden mit praktischer Erfahrung, mit den hauptsächlichen Bereichen der Betriebswirtschaft (Unternehmensführung, Leistungserstellung —Fertigung von Gütern/Bereitstellung von Dienstleistungen—, Materialwirtschaft, Finanzierung, Vertrieb, Verwaltungs- und Rechnungswesen sowie Personalwesen —vgl. Senatsurteil vom IV R 51/99, BFHE 192, 439, BStBl II 2000, 616—) und nicht nur mit einzelnen Spezialgebieten vertraut ist und diese fachliche Breite seines Wissens auch bei seinen praktischen Tätigkeiten einsetzen kann und tatsächlich einsetzt. Diesem Berufsbild eines beratenden Betriebswirts entsprechend liegt ein „ähnlicher Beruf„ nur dann vor, wenn er auf einer vergleichbar breiten fachlichen Vorbildung beruht und sich die Beratungstätigkeit auf einen vergleichbar breiten betrieblichen Bereich erstreckt (ständige Rechtsprechung, s. Senatsurteil vom IV R 74/00, BFHE 200, 326, BStBl II 2003, 27, m.w.N.). Wie das FG im Streitfall zu Recht darauf hingewiesen hat, fehlt es schon an einem entsprechenden Studium bzw. einem vergleichbaren Selbststudium des Klägers als beratender Betriebswirt. Auch kann ein ähnlicher Beruf nicht angenommen werden, da der Kläger weder dargelegt noch nachgewiesen hat, dass seine Tätigkeit auf einer vergleichbar breiten fachlichen Vorbildung beruht.

2. Der erkennende Senat kann dem Kläger aber auch nicht in der Beurteilung seiner Tätigkeit als einer sonstigen selbständigen Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG folgen.

a) Zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit gehören nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG auch die Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit, z.B. Vergütungen für die Vollstreckung von Testamenten, für Vermögensverwaltung und für die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied. Für die Anwendung des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG reicht es danach aus, ist andererseits aber auch erforderlich, dass die Tätigkeit den im Gesetz genannten Tätigkeiten ähnlich ist (Senatsurteil vom IV R 152/86, BFHE 157, 148, BStBl II 1989, 729, m.w.N.), denn die dort angeführten Beispiele sollen den Begriff der sonstigen selbständigen Tätigkeit charakterisieren (, BFHE 196, 84, BStBl II 2002, 338, und vom IV 197/50 U, BFHE 55, 255, BStBl III 1951, 97). Der Senat sieht keine Veranlassung, von dieser gefestigten Rechtsprechung abzugehen.

Wie diese Beispiele zeigen, sind unter Einkünften „aus sonstiger selbständiger Arbeit„ i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG vor allem gelegentliche Tätigkeiten (s. etwa Urteil des Reichsfinanzhofs vom VI 426/38, RStBl 1938, 843; Entscheidung des Obersten Finanzgerichtshofs vom IV 4/49, Steuer und Wirtschaft —StuW— 1949 Nr. 32, m.w.N., und Senatsurteil vom IV R 176/85, BFHE 152, 120, BStBl II 1988, 273) und nur ausnahmsweise auch nachhaltig ausgeübte Betätigungen zu verstehen (Senatsurteil vom IV 404/60 U, BFHE 73, 100, BStBl III 1961, 306). Jedenfalls folgt aus den exemplarisch aufgezählten Aktivitäten, dass es sich um vermögensverwaltende Tätigkeiten handeln muss (Senatsurteil in BFHE 196, 84, BStBl II 2002, 338; , BFHE 154, 332, BStBl II 1989, 24).

b) Entgegen der Auffassung des Klägers ist das Erbringen einer ausschließlich oder weit überwiegend persönlichen Arbeitsleistung anstelle eines Einsatzes von Kapital kein Kriterium für eine Abgrenzung zwischen gewerblicher und sonstiger selbständiger Tätigkeit. Wie das FA zutreffend ausführt, können solche Leistungen auch bei typisch gewerblichen Tätigkeiten z.B. im Handwerk wesensbestimmend sein (so schon Senatsurteil vom IV R 33/95, BFH/NV 1997, 751, m.w.N., und , BFHE 123, 507, BStBl II 1978, 137). Auch kann die geistige Eigenleistung kein entscheidendes Merkmal für die Annahme einer sonstigen selbständigen Arbeit sein. Dieses Merkmal kann im Einzelfall dann Bedeutung erlangen, wenn sich der Steuerpflichtige bei der Ausübung seiner Tätigkeit der Mithilfe von qualifizierten Mitarbeitern oder Subunternehmen in einem solchen Umfang bedient, dass die ausgeübte Tätigkeit nicht mehr als eigen-geistige des Steuerpflichtigen anzusehen und deshalb steuerrechtlich als eine gewerbliche zu qualifizieren ist (vgl. zur Anwendung der sog. Vervielfältigungstheorie bei § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG: , BFHE 197, 442, BStBl II 2002, 202, unter II. Nr. 3. a, m.w.N.). Jedoch müssen zuerst die Voraussetzungen einer sonstigen selbständigen Arbeit gegeben sein, damit —quasi auf einer weiteren Stufe— die Abgrenzung zu einer gewerblichen Tätigkeit mit Hilfe der Vervielfältigungstheorie relevant werden kann.

c) Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich für den Streitfall, dass die Tätigkeit des Klägers den in § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG exemplarisch aufgeführten Tätigkeiten eines Testamentsvollstreckers, Vermögensverwalters oder Aufsichtsratsmitglieds nicht ähnlich ist. Insbesondere ist der Auffassung des Klägers zu widersprechen, seine Tätigkeit enthalte Elemente einer Aufsichtsratstätigkeit wie auch der Tätigkeit eines Verwaltungs- bzw. Beirats.

aa) Was unter einer Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied i.S. von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu verstehen ist, ergibt sich unmittelbar weder aus dieser noch einer anderen Vorschrift des EStG. Nach der Entscheidung des VIII. Senats des (BFHE 124, 345, BStBl II 1978, 352) kann diese Betätigung mit der Tätigkeit derjenigen Personen gleichgesetzt werden, deren Vergütungen bei der Einkommensermittlung nach den Vorschriften des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) nicht (§ 12 Nr. 3 KStG a.F.) oder nur teilweise (§ 10 Nr. 3 KStG 1977§ 10 Nr. 4 KStG in der für das Streitjahr gültigen und auch heutigen Fassung—) abziehbar sind. Hierbei handelt es sich um Mitglieder von Organen einer Körperschaft wie Aufsichtsrat, Verwaltungsrat, Grubenvorstand oder um andere Personen, die mit der Überwachung der Geschäftsführung beauftragt sind. Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an.

Die Aufzählung der drei erstgenannten Gruppen ist, wie sich aus der Erwähnung anderer „mit der Überwachung der Geschäftsführung beauftragter Personen„ ergibt, nur beispielhaft. Auf die tatsächliche Bezeichnung dieser Personen kommt es nicht an. Wesentlich ist die von ihnen ausgeübte Tätigkeit (, BFHE 133, 193, BStBl II 1981, 623). Der Begriff der überwachenden Tätigkeit ist dabei zwar weit auszulegen (BFH-Urteil in BFHE 124, 345, BStBl II 1978, 352, m.w.N.; vgl. auch Abschn. 45 Abs. 3 Satz 1 der Körperschaftsteuer-Richtlinien 1995 und die herrschende Meinung im Schrifttum: Schmidt/Wacker, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 22. Aufl., § 18 Rz. 150; Brandt in Herrmann/Heuer/Raupach —HHR—, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., § 18 EStG Anm. 266; Blümich/Hutter, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, 16. Aufl., § 18 EStG Rz. 177; Lambrecht in Kirchhof, Einkommensteuergesetz, Kompaktkommentar, 3. Aufl., § 18 Rn. 158). Von einer die Geschäftsführung überwachenden Tätigkeit ist allerdings dann nicht mehr auszugehen, wenn im Wesentlichen Aufgaben der Geschäftsführung selbst wahrgenommen werden. Zwar verliert ein Organ, das mit der Überwachung der Geschäftsführung beauftragt ist, nicht deshalb seine Überwachungsfunktion, weil ihm gewisse Geschäftsführungshandlungen zugewiesen worden sind. Jedoch muss die Überwachungstätigkeit gegenüber den Geschäftsführungshandlungen im Wesentlichen oder überwiegend ausgeübt werden, um unter § 10 Nr. 4 KStG zu fallen (BFH-Urteil in BFHE 133, 193, BStBl II 1981, 623, m.w.N.).

Ebenso wenig hat eine Tätigkeit überwachende Funktion, wenn jemand gegenüber der Geschäftsführung einer Kapitalgesellschaft lediglich beratend tätig wird. Zwar kann in beiden Funktionen die Geschäftsführung einer Kapitalgesellschaft beeinflusst werden; als wesentliches Merkmal der Überwachung fehlen der Beratungstätigkeit jedoch das Recht und die Pflicht zur Kontrolle der Geschäftsführung.

bb) Die Annahme einer einem Aufsichtsratsmitglied vergleichbaren Tätigkeit scheitert —entgegen der Auffassung des FG— nicht bereits daran, dass in den jeweiligen Satzungen der Kapitalgesellschaften, mit denen der Kläger Beratungsverträge abgeschlossen hatte, kein die Geschäftsführung überwachendes Organ vorgesehen war. Das zeigt schon der Gesetzeswortlaut des § 10 Nr. 4 KStG, der „beauftragte Personen„ nennt. Darunter ist zu verstehen, dass der Auftrag der Überwachung seine Grundlage nicht in der Satzung oder im Gesellschaftsvertrag haben muss. Vielmehr genügt ein Auftrag, der schriftlich oder sogar nur mündlich erteilt worden ist (vgl. Streck, Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 5. Aufl. 1997, § 10 Anm. 17 a.E.; HHR/Hollatz, a.a.O., § 10 KStG Anm. 116). Ob es darüber hinaus ausreichend gewesen wäre, dass der Kläger die Beratungsverträge mit den Kapitalgesellschaften —vertreten jeweils von deren Geschäftsführern— schloss, also nicht unmittelbar von den Gesellschaftern z.B. durch Gesellschafterbeschluss „beauftragt„ wurde, kann im Streitfall offen bleiben (vgl. dazu , BFHE 143, 124, BStBl II 1985, 340, m.w.N.). Jedenfalls fehlt es der Tätigkeit des Klägers an einer die Geschäftsführung überwachenden Funktion (s. unten 2.c cc).

cc) Die Würdigung des FG ist revisionsrechtlich insoweit nicht zu beanstanden, als es der Tätigkeit des Klägers eine die Geschäftsführung überwachende Funktion abgesprochen hat. Der Kläger übernahm aufgrund der mit den einzelnen Gesellschaften abgeschlossenen Beratungsverträge Aufgabenbereiche, die nichts mit einer Überwachung der Geschäftsführung zu tun hatten. Vielmehr ist dem FG darin beizupflichten, dass die zu erbringenden Leistungen (Kosten/Erlösplanung, Kosten/Controlling, Personalplanung/Personaleinsatz, Marketing/Mediaplanung, Standort/ Kostenbeurteilung für die Eröffnung neuer Filialen und Führungskraftbeschaffung/Auswahl) typische Aufgaben der Geschäftsführung sind. Der Kläger übernahm nach den einzelnen Beratungsverträgen diesen Aufgabenbereich als freier und selbständiger Mitarbeiter. Das bedeutet, dass er die Geschäftsführung bei der Erfüllung dieser Aufgaben nicht kontrollierte. Vielmehr übte er die ihm zugewiesenen Tätigkeitsfelder eigenständig —ohne Mitwirkungsmöglichkeiten der Geschäftsführung— aus. Es handelt sich also nicht um eine die Geschäftsführung überwachende, sondern um eine aktiv die Geschäftsführung ausübende Tätigkeit des Klägers. Dies gilt auch hinsichtlich der gesondert zu vergütenden Tätigkeiten, die der Kläger nach dem Betratungsvertrag mit der D-Unternehmensberatung GmbH gegenüber dieser erbringen konnte.

Da der Kläger Aufgaben der Geschäftsführung selbst wahrnahm, also nicht beratend gegenüber den einzelnen Geschäftsführern tätig wurde, kommt es im Streitfall auch nicht auf die Abgrenzung einer überwachenden zu einer beratenden Tätigkeit an.

dd) An dieser Würdigung ändert schließlich der Umstand nichts, dass dem Kläger durch die jeweiligen Treuhandverträge in Verbindung mit den jeweiligen Satzungen der Gesellschaften eine die Geschäftsführung überwachende Funktion eingeräumt wurde. Durch den Zustimmungsvorbehalt zu praktisch allen Geschäftsvorfällen von wesentlicher Bedeutung konnte zwar der Kläger zum einen —soweit er an den Gesellschaften über ein Treuhandverhältnis beteiligt war— als Treugeber über den jeweiligen Treuhänder und zum anderen —soweit er an einer Gesellschaft unmittelbar beteiligt war— als Gesellschafter über die Gesellschafterversammlung die Tätigkeiten der einzelnen Geschäftsführer umfassend überwachen und kontrollieren (vgl. zum Problem eines Zustimmungsvorbehalts als überwachendes Element: BFH-Urteil in BFHE 133, 193, BStBl II 1981, 623). Jedoch ist Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 10 Nr. 4 KStG —und demzufolge für die Annahme einer sonstigen selbständigen Arbeit i.S. von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG—, dass die Vergütungen im Zusammenhang mit einer die Geschäftsführung überwachenden Tätigkeit dem Empfänger zugewendet werden. Aufsichtsratsvergütungen i.S. des § 10 Nr. 4 KStG sind nämlich Vergütungen, die als Entgelt für die Überwachung der Geschäftsführung gewährt werden.

An einem solchen Zusammenhang fehlt es im Streitfall. Der Kläger bezog die Honorare ausschließlich für seine Tätigkeit, die er im Rahmen der einzelnen Beratungsverträge zu erbringen hatte. Dagegen wurde er nicht für seine kontrollierende Tätigkeit vergütet. Das FG hat einen Zusammenhang zwischen dem jeweiligen Abschluss eines Beratungsvertrags und den einzelnen Treuhandverhältnissen weder festgestellt, noch ist ein solcher erkennbar. Vielmehr handelt es sich um zwei voneinander getrennte Aufgabenbereiche, denen der Kläger einzeln nachging (einerseits Wahrnehmung von bestimmten Geschäftsführungsaufgaben durch die Beratungsverträge, andererseits Wahrnehmung von Gesellschafterrechten in Form der Überwachung der Geschäftsführung).

Fundstelle(n):
BStBl 2004 II Seite 112
BB 2004 S. 90 Nr. 2
BFH/NV 2004 S. 254
BFH/NV 2004 S. 254 Nr. 2
BStBl II 2004 S. 112 Nr. 4
DB 2004 S. 233 Nr. 5
DStRE 2004 S. 136 Nr. 3
FR 2004 S. 283 Nr. 5
INF 2004 S. 165 Nr. 5
KÖSDI 2004 S. 14013 Nr. 1
StB 2004 S. 42 Nr. 2
EAAAB-13907