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Vorweggenommene Erbfolge
Dieses Dokument wird nicht mehr aktualisiert und entspricht möglicherweise nicht dem aktuellen Rechtsstand.
I. Definition der vorweggenommenen Erbfolge
Spätestens mit dem Tod einer Person (Erblasser) geht nach den zivilrechtlichen Regelungen deren Vermögen auf einen oder mehrere Personen über. Vielfach besteht jedoch der Wunsch, diesen Vermögensübergang auf die nächste Generation noch zu Lebzeiten auch steuerlich optimiert zu gestalten.
In diesem Zusammenhang werden unter vorweggenommener Erbfolge die Vermögensübertragungen unter Lebenden mit Rücksicht auf die künftige Erbfolge betrachtet. Kennzeichnend für die zugrunde liegenden Übergabeverträge ist, dass die betreffenden Vermögensteile zwar bei dem Übernehmer in ihrer Substanz ankommen sollen, sich der Übergeber selbst jedoch einen ausreichenden Lebensunterhalt und ggf. für die außer dem Übernehmer noch vorhandenen weiteren Abkömmlinge Ausgleichzahlungen ausbedingt (insofern eine gedankliche Nähe zum Vorbehaltsnießbrauch). Wesentlich ist, dass der Übernehmer wenigstens teilweise eine unentgeltliche Zuwendung erhalten soll (Beschluss des Großen Senats des ). Die Rechtsnatur des Übertragungsvertrages ist deshalb entweder Schenkung, Schenkung unter Auflage oder gemischte Schenkung.
Erfolgt die Vermögensübertragungen von „betrieblichem” Vermögen unter Vereinbarung von wiederkehrenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts des Übergebers, gewährt § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG (vormals § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG) eine gewisse (ertrag-)steuerliche Privilegierung.
Nach verschiedenen BMF Schreiben aus den Jahren 1993, 1996, 2002, 2004 und 2007 hat die Finanzverwaltung mit dem vierten Rentenerlass 2010 erneut die ertragsteuerliche Behandlung ausführlich dargestellt und damit auf gesetzliche Änderungen und aktuelle Rechtsprechung reagiert.
Im Nachfolgenden wird die ertragsteuerliche Behandlung skizziert.
II. Vermögensübertragung
Abhängig von der anlässlich der Vermögensübertragung durch vorweggenommene Erbfolge vereinbarten Leistungen ist abzugrenzen, inwieweit eine im Rahmen des § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG begünstigte unentgeltliche Vermögensübertragung, eine nicht begünstigte unentgeltliche Übertragung oder ein entgeltliches Austauschgeschäft vorliegt. Letzteres führt zu Veräußerungserlösen einerseits und Anschaffungskosten andererseits.
1. Versorgungsleistungen
Werden im Zusammenhang mit einer Vermögensübertragung zur vorweggenommenen Erbfolge (Vermögensübergabe) wiederkehrende Leistungen vereinbart, sind diese typischerweise als Versorgungsleistungen konzipiert.
Die Übertragung von Vermögen gegen die Zusage einer lebenslangen Versorgungsleistung ist als unentgeltlicher Vorgang zu sehen, dem nach der Rechtsprechung des BFH eine Sonderstellung zukommt. Die Versorgungsleistung führt beim Übergeber nicht zu Veräußerungserlösen, sondern zu wiederkehrenden Bezügen (§ 22 EStG) und beim Übernehmer nicht zu Anschaffungskosten, sondern zu Sonderausgaben (§ 10 EStG).
Abzugrenzen sind derartige Versorgungsleistungen von anderen wiederkehrenden Leistungen, die entweder als entgeltliche Veräußerungsgeschäfte oder als nicht abzugsfähige Unterhaltsaufwendungen (§ 12 Nr. 2 EStG) gewertet werden müssen.
2. Abgrenzung zum Veräußerungsgeschäft
Eine Vermögensübergabe durch voll entgeltliches Veräußerungsgeschäft ist anzunehmen, wenn die Werte der Leistung und Gegenleistung wie unter Fremden nach kaufmännischen Gesichtspunkten gegeneinander abgewogen sind. Jedoch besteht bei Vermögensübertragungen auf Abkömmlinge eine (nur in Ausnahmefällen zu widerlegende) Vermutung, dass die Übertragung nicht unter Abwägung nach kaufmännischen Gesichtspunkten erfolgt und sich Leistung und Gegenleistung nicht gleichwertig gegenüberstehen.
3. Abgrenzung zur Unterhaltsleistung
Bei der Abgrenzung zur Unterhaltsleistung ist entscheidend, dass die versprochenen Versorgungsleistungen tatsächlich als Vorbehalt der Erträge des übertragenen Vermögens durch den Übergeber angesehen werden können (und nicht die möglichen Erträge deutlich überschreiten).