BFH Urteil v. - I R 37/16 BStBl 2019 II S. 73

Voraussichtlich dauernde Wertminderung bei verzinslichen Wertpapieren - Begriff „Wirtschaftlicher Zusammenhang“ in § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG

Leitsatz

1. Bei verzinslichen Wertpapieren, die eine Forderung in Höhe ihres Nominalwerts verbriefen, ist eine Teilwertabschreibung unter den Nennwert allein wegen gesunkener Kurse regelmäßig nicht zulässig (Bestätigung des Senatsurteils vom I R 98/10, BFHE 234, 137, BStBl II 2012, 716).

2. Ob Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen mit den den ausländischen Einkünften zugrunde liegenden Einnahmen i.S. des § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, bestimmt sich nach dem Veranlassungsprinzip (Bestätigung des Senatsurteils vom I R 61/14, BFHE 253, 348, BStBl II 2017, 48).

3. In die Bemessung des Anrechnungshöchstbetrags nach § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG können auch Wertveränderungen des Vermögensstamms eingehen.

Gesetze: EStG § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3, Nr. 2; EStG § 34c Abs. 1 Satz 4, Abs. 6 Satz 2; EStG § 34d Nr. 6; KStG § 8 Abs. 1 Satz 1; KStG § 26 Abs. 6 Satz 1; AO § 162; DBA Portugal 1980 Art. 11 Abs. 2; DBA Portugal 1980 Art. 24 Abs. 2;

Instanzenzug: (EFG 2016, 1363),

Tatbestand

I.

1 Die Beteiligten streiten über die Höhe der Anrechnung ausländischer Steuer auf die deutsche Körperschaftsteuer.

2 Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist ein Kreditinstitut in der Rechtsform einer eingetragenen Genossenschaft. In den Jahren 2004, 2005 und 2007 (Streitjahre) erzielte sie u.a. Einkünfte aus ausländischen Kapitalanlagen. Dabei handelte es sich um portugiesische Anleihen mit fester Laufzeit und festem (Anleihe C 2001 und Anleihe P) sowie variablem (Anleihe C 2005 —erworben am zu einem Kaufkurs von 100,09 %—) Zins. Der vereinbarte Rückzahlungswert bei Fälligkeit betrug bei sämtlichen Anleihen 100 % des Nominalwerts. Die Kurswerte von einigen dieser Anleihen waren an den Bilanzstichtagen und unter die Anschaffungskosten gesunken; sie beliefen sich bei den Anleihen C 2001 und P auf mehr und bei der Anleihe C 2005 auf weniger (: 95,82 %; : 91,64 %) als 100 % des Nominalwerts. Die Zinseinnahmen unterlagen in Portugal der Quellensteuer.

3 Die Anleihe C 2001 wurde bis zur Fälligkeit am und die Anleihen P und C 2005 wurden über das Ende der Streitjahre hinaus gehalten. Die Klägerin nahm für die Anleihe C 2005 Teilwertabschreibungen in Höhe von ... € () und ... € () vor; für die Anleihe C 2001 in Höhe von ... € () und für die Anleihe P in Höhe von ... € ().

4 Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) hat bei der Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrages gemäß § 34c des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (EStG) —neben hier nicht streitiger Aufwendungen wie z.B. die anteilige Berücksichtigung von Refinanzierungsaufwendungen— die auf die portugiesischen Einkünfte entfallende Gewerbesteuer, die Teilwertabschreibungen und einen geschätzten Verwaltungskostenanteil in Höhe von jährlich 500 € je Anleihe abgezogen. Der pauschale Ansatz für Verwaltungskosten wurde den Schulungsunterlagen für Betriebsprüfer von Kreditinstituten entnommen. Das FA wies die Einsprüche gegen die Körperschaftsteuerbescheide 2004, 2005 und 2007 jeweils vom mit Einspruchsentscheidung vom zurück. Die dagegen erhobene Klage hatte hinsichtlich der Berücksichtigung der Teilwertabschreibungen und des geschätzten Verwaltungskostenanteils Erfolg (Finanzgericht —FG— München, Außensenate Augsburg, Urteil vom 6 K 2122/14, Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2016, 1363).

5 Das FA rügt die Verletzung materiellen Rechts und beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6 Die Klägerin beantragt, die Revision des FA zurückzuweisen.

Gründe

II.

7 Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

8 1. Das FG hat im Rahmen der Gewinnermittlung keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob die von der Klägerin vorgenommenen Teilwertabschreibungen auf die Anleihen zulässig waren und insoweit eine „voraussichtlich dauernde“ Wertminderung vorlag.

9 a) Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn nach § 8 Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (KStG) i.V.m. § 4 Abs. 1 EStG. Sie muss dabei gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG für den Schluss eines jeden Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen ansetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist und die Bewertung jenes Betriebsvermögens nach § 6 EStG vornehmen.

10 b) Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG sind die nicht in § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG genannten Wirtschaftsgüter —u.a. Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nicht der Abnutzung unterliegen und Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens— grundsätzlich mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Jedoch kann an Stelle jener Kosten der Teilwert i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG angesetzt werden, wenn er auf Grund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG). Solche „Teilwertabschreibungen“ hat die Klägerin für die Anleihen in den Streitjahren 2005 und 2007 vorgenommen.

11 c) Den Feststellungen des FG lässt sich nicht entnehmen, ob eine „voraussichtlich dauernde“ Wertminderung der Anleihen vorlag. Das FG wird im zweiten Rechtsgang zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen dieser Teilwertabschreibungen gegeben waren. Dabei weist der Senat für die Anleihe C 2005 auf Folgendes hin:

12 aa) Bei verzinslichen Wertpapieren fehlt es in der Regel an einer „voraussichtlich dauernden“ Wertminderung, soweit die Kurswerte der Papiere unter den Nominalwert abgesunken sind —so im Veranlagungszeitraum 2005— oder schon vor ihrem (weiteren) Absinken unter jenem Wert lagen —so im Veranlagungszeitraum 2007— (Senatsurteil vom I R 98/10, BFHE 234, 137, BStBl II 2012, 716).

13 bb) Der Begriff „voraussichtlich dauernde Wertminderung“ ist weder im Handelsgesetzbuch noch im Steuerrecht definiert. Er bezeichnet im Grundsatz eine Minderung des Teilwerts (handelsrechtlich: des beizulegenden Werts), die einerseits nicht endgültig sein muss, andererseits aber nicht nur vorübergehend sein darf. Ob eine Wertminderung „voraussichtlich dauernd“ ist, muss unter Berücksichtigung der Eigenart des jeweils in Rede stehenden Wirtschaftsguts beurteilt werden (, BFHE 114, 415, BStBl II 1975, 294; in BFHE 234, 137, BStBl II 2012, 716).

14 cc) Im Zusammenhang mit verzinslichen Wertpapieren ist insoweit zu berücksichtigen, dass diese regelmäßig —wie auch im vorliegenden Fall— eine Forderung in Höhe ihres Nominalwerts verbriefen. Der Inhaber eines solchen Papiers hat mithin das gesicherte Recht, am Ende der Laufzeit diesen Nominalwert zu erhalten. Diese Sicherheit hat er an jedem Bilanzstichtag, und zwar unabhängig davon, ob zwischenzeitlich infolge bestimmter Marktgegebenheiten der Kurswert des Papiers unter dessen Nominalwert liegt. Ein Absinken des Kurswerts unter den Nominalwert erweist sich unter diesem zeitlichen Blickwinkel mithin jedenfalls dann, wenn sich darin nicht ein Risiko hinsichtlich der Rückzahlung widerspiegelt, als nur vorübergehend und folglich als nicht dauerhaft (Schmidt/Kulosa, EStG, 36. Aufl., § 6 Rz 373, m.w.N.). Das schließt die Annahme einer „voraussichtlich dauernden“ Wertminderung aus (Senatsurteil in BFHE 234, 137, BStBl II 2012, 716; diesem folgend nunmehr auch das BStBl I 2016, 995, Rz 21).

15 dd) Das gilt auch dann, wenn die Wertpapiere zum Umlaufvermögen gehören. Denn in einem solchen Fall sind die Papiere zwar nicht dazu bestimmt, dem Betrieb auf Dauer zu dienen; sie sollen vielmehr nach dem Willen des Unternehmers ggf. —bei Bedarf oder unter bestimmten sonstigen Gegebenheiten— vor dem Ende ihrer Laufzeit veräußert werden. Auch kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei einer in diesem Sinne „vorzeitigen“ Veräußerung nur ein unterhalb des Nominalwerts liegender Wert erlöst werden kann. Ob —und ggf. unter welchen weiteren Voraussetzungen— hieraus auf eine voraussichtlich dauernde Wertminderung i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG geschlossen werden kann, bedarf vorliegend keiner Entscheidung, da im Streitfall an den Bilanzstichtagen der Streitjahre keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestanden, dass die Klägerin beabsichtigt hätte, die in Frage stehenden Anteile zu veräußern.

16 ee) Im Übrigen fehlen Feststellungen des FG zum Bonitätsrisiko des Schuldners der Anleihe C 2005.

17 2. Gleichfalls unzureichend sind die vorinstanzlichen Feststellungen, um entscheiden zu können, ob und in welcher Höhe von den ausländischen Einkünften der Klägerin zur Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrags gemäß § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG Betriebsausgaben abzuziehen sind.

18 a) Für die im Streitfall zu beurteilenden portugiesischen Zinseinkünfte der im Inland mit ihrem Welteinkommen unbeschränkt steuerpflichtigen Klägerin (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 KStG) sieht das einschlägige Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Portugiesischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Vermögen vom DBA-Portugal 1980— (BGBl II 1982, 130, BStBl I 1982, 348) bei einer in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) ansässigen Person die Anrechnung der in Portugal einbehaltenen Quellensteuern auf die deutsche Körperschaftsteuer, die auf die betreffenden Einkünfte entfällt, vor (Art. 24 Abs. 2 Buchst. b Doppelbuchst. bb i.V.m. Art. 11 Abs. 2 DBA-Portugal 1980).

19 b) Aus dem Abkommen ergibt sich allerdings nicht, in welcher Weise und in welchem Umfang die gezahlten ausländischen Quellensteuern auf die deutsche Körperschaftsteuer, die auf die entsprechenden ausländischen Einkünfte entfällt, anzurechnen sind. Die Anrechnung und deren Modalitäten richten sich deshalb allein nach innerstaatlichem (deutschem) Recht (vgl. § 26 Abs. 6 Satz 1 KStG i.V.m. § 34c Abs. 6 Satz 2 EStG) und damit für Genossenschaften, die —wie die Klägerin— in Deutschland ansässig sind, nach § 26 Abs. 6 Satz 1 KStG i.V.m. § 34c Abs. 1 i.V.m. § 34d EStG (vgl. , BFHE 174, 509, BStBl II 1994, 799; vom I R 178/94, BFHE 183, 114, BStBl II 1997, 657; vom I R 15/99, BFHE 191, 521, BStBl II 2000, 577; vom I R 71/10, BFHE 244, 331, BStBl II 2015, 361). Danach ist bei unbeschränkt Steuerpflichtigen, die mit ausländischen Einkünften in dem Staat, aus dem die Einkünfte stammen, zu einer der deutschen Körperschaftsteuer entsprechenden Steuer herangezogen werden, die festgesetzte und gezahlte und um einen entstandenen Ermäßigungsanspruch gekürzte ausländische Steuer auf die deutsche Körperschaftsteuer anzurechnen, die auf die Einkünfte aus diesem Staat entfällt. Die Voraussetzungen dieser Regelungen sind —wovon die Beteiligten zu Recht ausgehen— erfüllt.

20 c) Streitig ist hingegen die Höhe der nach § 34c Abs. 1 EStG anzurechnenden Steuer. Bei unbeschränkt Steuerpflichtigen, die mit ausländischen Einkünften in dem Staat, aus dem die Einkünfte stammen, zu einer der deutschen Einkommensteuer entsprechenden Steuer herangezogen werden, ist die festgesetzte und gezahlte und um einen entstandenen Ermäßigungsanspruch gekürzte ausländische Steuer auf die deutsche Einkommensteuer anzurechnen, die auf die Einkünfte aus diesem Staat entfällt (§ 34c Abs. 1 Satz 1 EStG). Die auf diese ausländischen Einkünfte entfallende deutsche Einkommensteuer ist nach § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG in der Weise zu ermitteln, dass die sich bei der Veranlagung des zu versteuernden Einkommens —einschließlich der ausländischen Einkünfte— nach den §§ 32a, 32b, 32c, 34 und 34b EStG ergebende deutsche Einkommensteuer im Verhältnis dieser ausländischen Einkünfte zur Summe der Einkünfte aufgeteilt wird. Gemäß § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG sind, wenn es sich —wie bei der Klägerin— um ausländische Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 34d Nr. 6 EStG handelt, die zum Gewinn eines inländischen Betriebs gehören, Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen abzuziehen, die mit den diesen Einkünften zugrunde liegenden Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.

21 d) Der Begriff des wirtschaftlichen Zusammenhangs ist in § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG nicht definiert. Er bestimmt sich nach dem Veranlassungsprinzip. Hierfür spricht die Bedeutung des Begriffs des wirtschaftlichen Zusammenhangs in § 50 Abs. 1 Satz 1 EStG und § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG (Senatsurteil vom I R 61/14, BFHE 253, 348, BStBl II 2017, 48).

22 aa) Ob und inwieweit Aufwendungen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer Einkunftsart stehen, hängt danach von den Gründen ab, aus denen der Steuerpflichtige die Aufwendungen vornimmt. Maßgeblich ist die —wertende— Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen „auslösenden Moments“ (Beschlüsse des Großen Senats des Bundesfinanzhofs —BFH— vom GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672; vom GrS 2/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817).

23 Der Veranlassungszusammenhang ist mithin nicht durch die (naturwissenschaftliche) Kausalität, sondern durch das Prinzip der wertenden Selektion der Aufwandsursachen gekennzeichnet (Senatsurteil vom I R 14/12, BFH/NV 2013, 1768). Stehen Ausgaben in mehreren Veranlassungszusammenhängen, ist zunächst zu prüfen, ob sich die Ausgaben den unterschiedlichen Ursachen zuordnen lassen. Ist eine anteilige Zuordnung nicht möglich, ist der vorrangige Veranlassungszusammenhang maßgeblich (, BFHE 248, 535, BStBl II 2015, 713; vom I R 34/05, BFH/NV 2006, 1068). Danach sind Aufwendungen der Einkunftsart zuzuordnen, die im Vordergrund steht und die Beziehungen zu den anderen Einkünften verdrängt. Maßgebend sind insoweit die Gesamtumstände des jeweiligen Einzelfalls (z.B. , BFHE 236, 61, BStBl II 2012, 343; vom VI R 34/08, BFHE 232, 86, BStBl II 2012, 24; vom VI R 75/06, BFHE 220, 407, BStBl II 2010, 48; vom IX R 111/00, BFHE 213, 341, BStBl II 2006, 654; vom VIII R 70/96, BFH/NV 1999, 1323).

24 bb) Hiervon ausgehend ist —anders als im Rahmen von § 3c Abs. 1 EStG („in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang“, s. dazu , BFHE 170, 392, BStBl II 1993, 450; vgl. auch zu § 50 Abs. 5 Satz 4 Nr. 3 Satz 2 EStG i.d.F. vom , BFH/NV 2012, 181; vom I R 93/03, BFHE 218, 83, BStBl II 2008, 132)— für § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG ein ausschließlicher Zurechnungszusammenhang nicht erforderlich. Weisen die Aufwendungen einen Veranlassungszusammenhang sowohl mit ausländischen Einkünften i.S. des § 34d EStG als auch mit inländischen Einkünften oder mit mehreren Arten von ausländischen Einkünften auf, so sind sie —ebenso wie bei den Einkunftsarten i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG (s. zu einer Aufteilung von Aufwendungen, die einen Veranlassungszusammenhang zu mehr als einer Einkunftsart aufweisen, , BFHE 222, 313, BStBl II 2008, 937; vom X R 58/91, BFHE 174, 84, BStBl II 1994, 516; vom X R 37/86, BFHE 163, 376, BStBl II 1991, 398; vom X R 150/88, BFH/NV 1991, 237)— aufzuteilen oder den Einkünften zuzurechnen, zu denen sie vorwiegend gehören. Dies trägt auch der Gesetzesbegründung Rechnung, nach der Aufwendungen den im Ausland erzielten Einnahmen auch dann zugeordnet werden sollen, wenn sie hierzu lediglich in einem „mittelbaren“ Zusammenhang stehen (BTDrucks 15/119, S. 40).

25 cc) Die dargelegten Zurechnungskriterien verstoßen nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes und auch nicht gegen das Unionsrecht (vgl. ausführlich Senatsurteil in BFHE 253, 348, BStBl II 2017, 48).

26 e) Nach diesen Maßgaben hat das FG zutreffend die auf die ausländischen Einkünfte der Klägerin entfallende Gewerbesteuer zur Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrags abgezogen. Die Klägerin unterlag in den Streitjahren noch der als Betriebsausgabe abzugsfähigen Gewerbesteuer, deren Höhe sich u.a. nach dem Gewerbeertrag richtete. Auslösendes Moment waren insoweit sowohl die inländischen Einkünfte als auch die —im Gewerbeertrag ebenfalls enthaltenen— ausländischen (Kapital-)Einkünfte. Ein vorrangiger Zusammenhang besteht nicht (zustimmend Wissenschaftlicher Beirat Steuern der Ernst & Young GmbH, Internationales Steuerrecht 2016, 922, 928; a.A. Hierstetter in Erle/Sauter, KStG, 3. Aufl., § 26 KStG Rz 31; Jochimsen/ Schnitger in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 26 Rz 217; wohl auch Lieber in Herrmann/Heuer/Raupach, § 26 KStG Rz 26).

27 f) Zu Recht hat das FG auch die Depotgebühren im Rahmen der Anrechnungshöchstbetragsermittlung abgezogen. Nach den nicht angegriffenen und bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) sind bei der Klägerin Gebühren dieser Art für ihre portugiesischen Anleihen angefallen, die sich als Betriebsausgaben gewinnmindernd ausgewirkt haben. Auslösendes Moment dieser Betriebsausgaben sind allein die ausländischen Kapitalerträge.

28 g) Im Ergebnis ebenfalls zutreffend hat das FG die Schätzung von Verwaltungskosten in Höhe von pauschalen 500 € je Anleihe durch das FA abgelehnt. Schätzungen haben allgemeine Schätzungsgrundsätze und Erfahrungssätze sowie Denkgesetze zu beachten. Die gewonnenen Schätzungsergebnisse müssen schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein (vgl. , BFH/NV 2015, 1106; vom VIII R 54/10, BFH/NV 2014, 1501; vom IV R 45/03, BFH/NV 2004, 1618). Eine pauschale Schätzung der Verwaltungskosten allein bezogen auf die Anzahl der gehaltenen Anleihen und ohne Berücksichtigung des Umfangs der Erträge oder der Art der Investitionen entspricht dem nicht.

29 h) Allerdings hat das FG keine Feststellungen dazu getroffen, ob neben den Depotgebühren weitere Verwaltungskosten bei der Klägerin angefallen sind, die ggf. im Rahmen der Anrechnungshöchstbetragsermittlung zu berücksichtigen sind. Das FG hat insofern auch nicht berücksichtigt, dass es nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 162 der Abgabenordnung (AO) eine eigene, selbständige Schätzungsbefugnis besitzt.

30 3. Das FG ist von einer anderen rechtlichen Beurteilung ausgegangen. Sein Urteil ist daher aufzuheben. Die Sache ist nicht entscheidungsreif.

31 a) Das FG wird im zweiten Rechtsgang anhand ggf. nachzuholender Feststellungen zu prüfen haben, ob die Teilwertabschreibungen auf die Anleihen zulässig waren und —im Zusammenhang mit der Anleihe C 2005— ob an den Bilanzstichtagen und ein Bonitätsrisiko des Schuldners der Anleihe C 2005 bestand.

32 b) Falls und soweit die Voraussetzungen für diese Teilwertabschreibungen vorgelegen haben, wird das FG bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen haben, dass diese von den ausländischen Einkünften der Klägerin zur Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrags abzuziehen sind.

33 aa) Durch den ausdrücklichen Bezug in § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG auf Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen werden nicht mehr lediglich solche Aufwendungen im Rahmen der Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrags berücksichtigt, die bei einer Person, die die Einnahmen im Privatvermögen erzielt, als Werbungskosten angesetzt werden könnten (so Senatsurteile in BFHE 191, 521, BStBl II 2000, 577; in BFHE 183, 114, BStBl II 1997, 657; in BFHE 174, 509, BStBl II 1994, 799 – zur früheren Gesetzesfassung). Insbesondere können damit auch Wertveränderungen des Vermögensstamms in die Bemessung des Anrechnungshöchstbetrags eingehen (in diesem Sinne auch Blümich/Wagner, § 34c EStG Rz 60; Geurts in Ernst & Young, KStG, § 26 Rz 84.6; Gosch in Kirchhof, EStG, 16. Aufl., § 34c Rz 15; Gosch/Roser, KStG, 3. Aufl., § 26 Rz 61; Jochimsen/Schnitger in Schnitger/ Fehrenbacher, a.a.O., § 26 Rz 213; Lieber in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 26 KStG Rz 26; Müller-Dott in Flick/Wassermeyer/ Baumhoff/Schönfeld, Außensteuerrecht, § 26 KStG Rz 89.4).

34 bb) Ob und inwieweit die Teilwertabschreibungen auf die Anleihen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Zinseinnahmen der Klägerin stehen, hängt somit wiederum von der wertenden Beurteilung des die Teilwertabschreibungen auslösenden Moments ab.

35 Insofern hat das FG zunächst zutreffend festgestellt, dass die Klägerin keine Zinsen hätte erzielen können, wenn sie die Anleihen nicht angeschafft hätte. Es besteht deshalb —auch nach Ansicht des FG— ein (kausaler) Zusammenhang zwischen der Anschaffung des Vermögensstamms und den Zinsen. Da der Veranlassungszusammenhang durch das Prinzip der wertenden Selektion der Aufwandsursachen gekennzeichnet ist, ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin die Anleihen mit festem bzw. variablem Zins vorrangig mit dem Ziel angeschafft hatte, Zinserträge zu erzielen und nicht um an Wertveränderungen teilzuhaben. Demgemäß stehen auch die Teilwertabschreibungen —bei wertender Betrachtung— im Zusammenhang mit der Absicht, laufende Kapitalerträge zu erwirtschaften (a.A. Kudert, Steuer und Wirtschaft 2018, 75, 79 ff.). Offen bleiben kann demgegenüber, ob etwas anderes für solche Wertpapiere gilt, die vorrangig zu dem Zweck erworben werden, um an deren Wertveränderungen teilzuhaben (vgl. insofern Geurts in Frotscher, EStG, Freiburg 2018, § 34c Rz 44, der zwischen „ausschüttungsbedingten“ und „substanzmindernden“ Teilwertabschreibungen unterscheidet).

36 c) Schließlich wird das FG zu prüfen haben, ob und in welcher Höhe bei der Klägerin neben den Depotgebühren weitere Verwaltungskosten angefallen sind, die bei der Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrags abzuziehen sind. Dabei ist —ausgehend von vorgenannten Grundsätzen— für Verwaltungskosten, die sowohl durch inländische als auch durch ausländische (Kapital-) Erträge ausgelöst wurden, zunächst zu prüfen, ob ein vorrangiger Zusammenhang besteht.

37 Ist Letzteres zu verneinen —wie dies beispielsweise für Personalaufwendungen vertreten wird, die mit der Verwaltung sowohl des mit den inländischen Einkünften als auch des mit den ausländischen Einkünften verbundenen operativen Geschäfts im Zusammenhang stehen (, EFG 2015, 303; vgl. auch Endert in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 26 KStG Rz 73; Geurts in Ernst & Young, a.a.O., § 26 Rz 84.5; Jochimsen/Schnitger in Schnitger/Fehrenbacher, a.a.O., § 26 Rz 212; Lieber in Herrmann/Heuer/Raupach, § 26 KStG Rz 25; Mössner/Seeger/ Mössner, Körperschaftsteuergesetz, § 26 Rz 196; Müller-Dott in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, a.a.O., § 26 KStG Rz 89.3; Siegers in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 26 Rz 168; Staats in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 26 Rz 80; Streck/Binnewies, KStG, 8. Aufl., § 26 Rz 27)— sind die nach § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG zuzuordnenden Betriebsausgaben zu schätzen (Senatsurteil in BFHE 253, 348, BStBl II 2017, 48). Auch kann hierbei eine Aufteilung nach dem Verhältnis der gesamten Aufwendungen für Kapitalanlagen zu den gesamten laufenden Erträgen nicht zu beanstanden sein (vgl. Urteil des FG Münster in EFG 2015, 303).

38 4. Die Übertragung der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 143 Abs. 2 FGO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2018:U.180418.IR37.16.0

Fundstelle(n):
BStBl 2019 II Seite 73
BB 2018 S. 1711 Nr. 30
BB 2019 S. 47 Nr. 1
BFH/NV 2018 S. 873 Nr. 8
BFH/PR 2018 S. 195 Nr. 9
BStBl II 2019 S. 73 Nr. 2
DB 2018 S. 2218 Nr. 37
DB 2018 S. 6 Nr. 27
DStR 2018 S. 1476 Nr. 28
DStR 2018 S. 6 Nr. 27
DStRE 2018 S. 949 Nr. 15
DStZ 2018 S. 516 Nr. 15
EStB 2018 S. 281 Nr. 8
FR 2019 S. 576 Nr. 12
GStB 2018 S. 34 Nr. 9
HFR 2018 S. 807 Nr. 10
IStR 2018 S. 773 Nr. 19
IWB-Kurznachricht Nr. 20/2018 S. 754
KoR 2018 S. 490 Nr. 10
KÖSDI 2018 S. 20858 Nr. 8
KÖSDI 2018 S. 20864 Nr. 8
NWB-Eilnachricht Nr. 28/2018 S. 2019
StB 2018 S. 245 Nr. 9
StuB-Bilanzreport Nr. 14/2018 S. 517
TAAAG-87919