Zur Frage der Gewerblichkeit der Tätigkeit eines Rentenberaters
Leitsatz
1. Der Rentenberater übt keine Tätigkeit aus, die einem der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG genannten Katalogberufe —insbesondere dem des Rechtsanwalts bzw. Steuerberaters— ähnlich ist. Es fehlt an einer Vergleichbarkeit von Ausbildung und ausgeübter Tätigkeit.
2. Der Rentenberater erzielt auch keine Einkünfte aus sonstiger selbständiger Tätigkeit gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG, denn seine Tätigkeit ist im Schwerpunkt beratender Natur und —anders als die gesetzlichen Regelbeispiele— nicht berufsbildtypisch durch eine selbständige fremdnützige Tätigkeit in einem fremden Geschäftskreis sowie durch Aufgaben der Vermögensverwaltung geprägt.
Gesetze: EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 3; EStG § 15 Abs. 2; GewStG § 2 Abs. 1
Instanzenzug: (EFG 2017, 213),
Tatbestand
1 I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Rentenberaterin und seit 2009 hauptberuflich selbständig tätig. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt im Versorgungsausgleichsrecht, in dem sie nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) eine anerkannte Expertin ist.
2 Die Klägerin absolvierte zunächst eine Ausbildung zur Bürokauffrau sowie die zweijährige höhere Handelsschule. Im Anschluss war sie 16 Jahre lang im Bereich der Altersversorgung in der Hauptverwaltung einer Krankenkasse tätig; später war sie als Referentin und Spezialistin in den Rechtsgebieten „gesetzliche Rentenversicherung“ und „Versorgungsausgleichsrecht“ beschäftigt. Im Jahr 2004 wurde ihr nach dem Rechtsberatungsgesetz die Erlaubnis zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten im Sachbereich eines Rentenberaters erteilt. 2005 erhielt sie die Zulassung zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten und dem Landessozialgericht. Inzwischen ist die Klägerin mit der Erlaubnis zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten im Sachbereich eines Rentenberaters ohne Beschränkung auf den außergerichtlichen Bereich sowie mit der Zulassung zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten des Landes…und dem Landessozialgericht . im Rechtsdienstleistungsregister registriert.
3 Die Klägerin erklärte in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (2011) Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) folgte dem nicht und setzte auf der Grundlage des erklärten Gewinns einen Gewerbesteuermessbetrag fest. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das FG mit in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2017, 213 veröffentlichtem Urteil vom - 2 K 3950/14 G ab.
4 Mit der hiergegen gerichteten Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 18 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG).
5 Das FG habe die Bedeutung des zentralen Begriffs der „freiberuflichen Tätigkeit“ verkannt. Die „Katalogberufe“ und die „ähnlichen Berufe“ fänden ihren Oberbegriff in den „freien Berufen“. Das FG habe unterlassen, den Rechtsbegriff des freien Berufs zu definieren bzw. das oder die bestimmenden Merkmale darzustellen. Es habe § 1 des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes (PartGG) unbeachtet gelassen und zudem eine Prüfung der Berufsähnlichkeit vorgenommen, ohne sich mit dem Berufsbild des Rentenberaters auseinanderzusetzen. Dieses sei dem eines Rechtsanwalts ähnlich.
6 Entgegen der Auffassung des FG scheitere die Annahme einer dem Rechtsanwalt ähnlichen Tätigkeit nicht an den bestehenden Ausbildungsunterschieden. Das schwerpunktmäßige Abstellen auf die Ausbildung verkenne die Bedeutung des Kriteriums der Freiberuflichkeit in § 18 EStG. Maßgeblich für die Berufsähnlichkeit sei die Art und Modalität der in Rede stehenden freiberuflichen Tätigkeit, nicht hingegen die Ausbildung. Auch überzeuge nicht, dass der ausgeübte Beruf in quantitativer Hinsicht dem des Vergleichsberufs entsprechen müsse. Der Rentenberater werde nicht nur in einem einzigen Aufgabengebiet des Rechtsanwalts tätig. Seine Tätigkeit umfasse verschiedene Bereiche des Sozialrechts, Verwaltungsrechts und Arbeitsrechts. Auch Rechtsanwälte seien heute spezialisiert; das Bild des Universalanwalts sei überholt.
7 Es bestehe ferner eine Ähnlichkeit mit dem Beruf des Steuerberaters. Es könne nicht maßgeblich sein, dass im Vergleich zum Rechtsanwalt eine geringere fachliche Überschneidung bzw. Nähe zu den Aufgaben der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten bestehe. Entgegen der Auffassung des FG sei es zudem von Bedeutung, dass die Zulassungsvoraussetzungen für die Steuerbevollmächtigtenprüfung mit der Qualifikation des Rentenberaters vergleichbar gewesen seien.
8 Die Tätigkeit des Rentenberaters sei jedenfalls eine sonstige selbständige Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Zwar stehe die Vermögensverwaltung nicht im Vordergrund, sie komme jedoch in Betracht, soweit es um die Verwaltung des mit Renten verbundenen Vermögens gehe. Die Beratungs- und Vertretungstätigkeit des Rentenberaters betreffe auch die Verwendung vorhandenen Vermögens, um weitere Vermögensansprüche zu erwerben. Dies ergebe sich schon aus der Rechtsberatung als Kerntätigkeit zur Möglichkeit einer freiwilligen Beitragsleistung zur gesetzlichen Rentenversicherung, im Rahmen der Wahlmöglichkeit einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (z.B. als selbständig Tätiger), zur Zahlung von Aufstockungsbeiträgen zur Vermeidung eines Rentenabschlages in der gesetzlichen Rentenversicherung wie auch zur Zahlung von Beträgen zum Ausgleich einer Rentenminderung durch einen Versorgungsausgleich. Vergleichbare Tätigkeiten gebe es z.B. im Bereich der berufsständischen Versorgungswerke. Der Rentenberater gestalte demnach aktiv die Vermögensinteressen seiner Mandanten.
9 Schließlich erscheine auch am Maßstab des Gleichheitssatzes des Art. 3 GG eine steuerrechtliche Gleichbehandlung des Rentenberaters mit den genannten Berufen geboten. Seine Tätigkeit sei in den für die Freiberuflichkeit wesentlichen Kriterien mit dem des Rechtsanwalts, Steuerberaters oder Rechtsbeistands vergleichbar. Das Festhalten der Rechtsprechung am Kriterium der Vergleichbarkeit zu einem der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG genannten Katalogberufe und die in diesem Zusammenhang gestellten hohen Anforderungen führten letztlich zu einem gleichheitswidrigen Ausschluss neuer Berufe.
10 Die Klägerin beantragt,
die angefochtene Vorentscheidung und den Gewerbesteuermessbetragsbescheid für 2011 vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom aufzuheben.
11 Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Gründe
12 II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
13 Das FG hat die Tätigkeit der Klägerin als Rentenberaterin zutreffend als gewerblich i.S. des § 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) i.V.m. § 15 Abs. 2 EStG beurteilt.
14 1. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 2 EStG unterliegen der Gewerbesteuer nur (inländische) gewerbliche Unternehmen i.S. des EStG; nicht gewerblich sind danach Unternehmen, deren Betätigung als Ausübung eines freien Berufs oder als eine selbständige Tätigkeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 EStG) anzusehen ist. Die Tätigkeit eines Rentenberaters ist nicht den Einkünften aus selbständiger Arbeit i.S. des § 18 EStG zuzurechnen, sondern den gewerblichen Einkünften i.S. des § 15 EStG (vgl. Senatsurteil vom - VIII R 2/16, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt; vgl. auch , EFG 2016, 1715, mit zust. Anmerkung Wackerbeck; Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein, Kurzinformation vom - VI 302- S 2245- 034, Deutsches Steuerrecht —DStR— 2016, 2045; Blümich/Hutter, § 18 EStG Rz 131; Schmidt/Wacker, EStG, 37. Aufl., § 18 Rz 155, Stichwort Versicherungsberater; a.A. Güroff in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 18 EStG Rz 172; offengelassen, allerdings zweifelnd in Bezug auf die Gewerblichkeit des ehrenamtlich tätigen Versichertenberaters: Senatsurteil vom - VIII R 28/15, BFHE 261, 537, BStBl II 2018, 715).
15 a) Rentenberater sind registrierte Personen, die aufgrund besonderer Sachkunde Rechtsdienstleistungen im Bereich der Rentenberatung auf dem Gebiet der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung, des sozialen Entschädigungsrechts, des übrigen Sozialversicherungs- und Schwerbehindertenrechts mit Bezug zur gesetzlichen Rente sowie der betrieblichen und berufsständischen Versorgung erbringen dürfen (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Rechtsdienstleistungsgesetzes —RDG—). Voraussetzungen für eine Registrierung sind die persönliche Eignung und Zuverlässigkeit sowie die theoretische und praktische Sachkunde in dem Bereich bzw. in den Teilbereichen des § 10 Abs. 1 RDG, in denen die Rechtsdienstleistung erbracht werden soll und eine Berufshaftpflichtversicherung mit einer Mindestversicherungssumme von 250.000 € pro Versicherungsfall (§ 12 Abs. 1 RDG). Die Vergütung des Rentenberaters richtet sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (§ 4 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz). Rentenberater gehören zu dem Personenkreis, der Beratungshilfe leisten darf (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Gesetzes über Rechtsberatung und Vertretung für Bürger mit geringem Einkommen —Beratungshilfegesetz—).
16 b) Die Klägerin übt als Rentenberaterin unstreitig keinen der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG aufgeführten Katalogberufe aus. Ihre Tätigkeit ist aber auch —wie das FG zutreffend erkannt hat— keinem der Katalogberufe i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ähnlich.
17 (aa) Ein ähnlicher Beruf liegt vor, wenn er in wesentlichen Punkten mit einem der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG genannten Katalogberufe verglichen werden kann (ständige Rechtsprechung: z.B. Senatsurteil vom - VIII R 24/14, BFHE 257, 451, BStBl II 2017, 908, m.w.N.). Einen einheitlichen Oberbegriff der freien Berufe gibt es —entgegen der Auffassung der Klägerin— nicht (vgl. , BVerfGE 46, 224, BStBl II 1978, 125). Geht es darum, ob eine Berufstätigkeit der eines Katalogberufs ähnlich ist, genügt eine sog. Gruppenähnlichkeit, also die Ähnlichkeit zum „Freiberufler an sich“ oder zu einer bestimmten Gruppe freiberuflicher Tätigkeiten nicht. Da der Gesetzgeber die Katalogberufe detailliert aufzählt, müssen die ähnlichen Berufe speziell einem dieser Berufe ähnlich sein (z.B. Senatsurteile in BFHE 257, 451, BStBl II 2017, 908, und vom - VIII R 18/11, BFHE 246, 396, BStBl II 2015, 128, m.w.N.).
18 Erforderlich ist die Vergleichbarkeit sowohl der Ausbildung als auch der ausgeübten beruflichen Tätigkeit (vgl. z.B. Senatsurteil in BFHE 257, 451, BStBl II 2017, 908; , BFHE 205, 151, BStBl II 2004, 509, m.w.N.). Die für den vergleichbaren Katalogberuf erforderlichen Kenntnisse müssen nachgewiesen sein, die so qualifizierte Arbeit muss den wesentlichen Teil der gesamten Berufstätigkeit ausmachen und dem ähnlichen Beruf das Gepräge i.S. des Katalogberufs geben (z.B. Senatsurteil in BFHE 257, 451, BStBl II 2017, 908; BFH-Urteil in BFHE 205, 151, BStBl II 2004, 509, m.w.N.). Es genügt daher nicht, wenn der Steuerpflichtige die Tätigkeit ausübt, die auch von den Angehörigen der genannten Katalogberufe ausgeübt wird (z.B. , BFHE 184, 456, BStBl II 1998, 139, zum Versicherungsberater). Auch darf die ausgeübte Tätigkeit nicht bloß einen kleinen Ausschnitt aus dem Katalogberuf erfassen (, BFH/NV 1991, 359, m.w.N.; vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 184, 456, BStBl II 1998, 139).
19 Ob ein einem Katalogberuf i.S. des § 18 EStG ähnlicher Beruf vorliegt, bestimmt sich nach ertragsteuerlichen Grundsätzen (vgl. Senatsurteil in BFHE 257, 451, BStBl II 2017, 908, m.w.N.), nicht hingegen nach der Zuordnung in den Katalog der freien Berufe gemäß § 1 Abs. 2 PartGG (vgl. zur fehlenden präjudiziellen Wirkung in Bezug auf die steuerliche Behandlung von Sachverständigen: Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks 12/7642, S. 12, sowie , BFH/NV 1998, 1206).
20 (bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen (vgl. Senatsurteil vom - VIII R 2/16, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt) ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das FG angenommen hat, die Tätigkeit der Klägerin sei keinem der Katalogberufe ähnlich.
21 (1) Eine Ähnlichkeit mit dem Beruf des Rechtsanwalts scheidet bereits wegen der fehlenden Vergleichbarkeit der Ausbildungen aus (vgl. auch Sächsisches FG, Urteil in EFG 2016, 1715, mit zust. Anmerkung Wackerbeck; Kurzinformation des Finanzministeriums des Landes Schleswig-Holstein in DStR 2016, 2045; Stuhrmann, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 18 Rz B 270, Rentenberater; a.A. , Der Rechtsbeistand 1984, 223).
22 Zur Rechtsanwaltschaft zugelassen werden kann gemäß § 4 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) nur, wer die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz erlangt hat, die Eingliederungsvoraussetzungen nach Teil 3 des Gesetzes über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland (EuRAG) erfüllt oder über eine Bescheinigung gemäß § 16a Abs. 5 EuRAG verfügt. Dies ist nicht der Fall. Nach den für den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG verfügt die Klägerin nicht über eine vergleichbare Ausbildung. Auch wenn sie als Rentenberaterin über besondere Sachkunde verfügen muss und sie in ihrem Tätigkeitsschwerpunkt, dem Versorgungsausgleichsrecht, eine anerkannte Expertin ist, fehlt ihr eine Ausbildung, die in Tiefe und Breite der eines Rechtsanwalts vergleichbar ist (vgl. zum Erfordernis der Vergleichbarkeit der Ausbildung z.B. , BFH/NV 2007, 2091, m.w.N.). Eine derart vergleichbare Ausbildung ist nicht verzichtbar.
23 Zudem ist das Aufgabengebiet der Klägerin gegenüber dem des Rechtsanwalts rechtlich erheblich beschränkt. Während sie —auch unter Einbeziehung der gesetzlich erlaubten Nebenleistungen— nur begrenzt zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen berechtigt ist (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 RDG, § 5 RDG), kann der Rechtsanwalt als unabhängiger Vertreter und Berater in allen Rechtsangelegenheiten tätig sein (vgl. § 3 Abs. 1 BRAO). Vor diesem Hintergrund führt die Rechtsprechung zur Einordnung der Tätigkeit eines Rechtsbeistands (vgl. hierzu insbesondere BFH-Urteil in BFHE 184, 456, BStBl II 1998, 139) bzw. eines Rechtskonsulenten bzw. Prozessagenten (vgl. Beschluss des Reichsfinanzhofs vom - VI 718/38, RStBl 1939, 215) zu keinem anderen Ergebnis.
24 (2) Entgegen der Auffassung der Klägerin besteht keine Vergleichbarkeit mit dem Beruf des Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten.
25 Die Ausbildung der Klägerin ist —weder in ihrer Tiefe noch in ihrer Breite— mit der Ausbildung eines Steuerberaters, die die Bereiche des steuerlichen Verfahrensrechts, des Steuerstraf- und Steuerordnungswidrigkeitenrechts, der Steuern vom Einkommen und Ertrag, des Bewertungsrechts, der Erbschaftsteuer und der Grundsteuer, der Verbrauch- und Verkehrsteuern, der Grundzüge des Zollrechts, des Handelsrechts sowie der Grundzüge des Bürgerlichen Rechts, des Gesellschaftsrechts, des Insolvenzrechts und des Rechts der Europäischen Gemeinschaft, der Betriebswirtschaft und des Rechnungswesens, der Volkswirtschaft und des Berufsrechts umfasst (vgl. Homepage der Bundessteuerberaterkammer, www.bstbk.de), vergleichbar. Auch fehlt es an einer Vergleichbarkeit zur Ausbildung des Steuerbevollmächtigten, denn eine solche gibt es nicht mehr. Der Zugang zu diesem Beruf ist ausgeschlossen. Der Antrag zur Prüfung als Steuerbevollmächtigter konnte nur bis zum gestellt werden (vgl. § 156 Abs. 5 des Steuerberatungsgesetzes a.F.).
26 Zudem weist die Tätigkeit der Klägerin —wie das FG zutreffend erkannt hat— inhaltlich keine hinreichenden Überschneidungen zu der eines Steuerberaters bzw. eines Steuerbevollmächtigten auf (vgl. Sächsisches FG, Urteil in EFG 2016, 1715, mit zust. Anmerkung Wackerbeck; vgl. auch Kurzinformation des Finanzministeriums des Landes Schleswig-Holstein in DStR 2016, 2045; a.A. Romswinkel/Golfels, Neue Wirtschafts-Briefe 2018, 1401, 1403). Auch wenn beide Rechtsberater sind und die Interessen ihrer Mandanten vertreten, so tun sie dies in gänzlich unterschiedlichen Rechtsgebieten. Diese sind weder ihrem Umfang noch ihrem Inhalt nach vergleichbar. Allein aus dem Umstand, dass das Gesetz mit den Katalogberufen des Steuerberaters und Steuerbevollmächtigten ausdrücklich eine beratende Tätigkeit im Bereich des Steuerrechts als freiberuflich anerkennt, folgt nicht, dass andere, auf einzelne, dem Steuerrecht nicht vergleichbare Rechtsgebiete beschränkte Rechtsberatungstätigkeiten —wie die des Rentenberaters— als freiberuflich i.S. des § 18 EStG anzusehen sind.
27 (3) Schließlich scheidet auch eine Ähnlichkeit mit dem Beruf des beratenden Betriebswirts mangels Vergleichbarkeit von Ausbildung und ausgeübter Tätigkeit aus. Die Klägerin ist weder mit den Hauptbereichen der Betriebswirtschaftslehre (zu denen Unternehmensführung, Leistungserstellung —Fertigung von Gütern/Bereitstellung von Dienstleistungen—, Materialwirtschaft, Finanzierung, Vertrieb, Verwaltungs- und Rechnungswesen sowie Personalwesen gehören; vgl. hierzu , BFH/NV 2007, 1495; vom - XI R 62/04, BFH/NV 2006, 505, m.w.N.) vertraut, noch ist sie in diesen Bereichen tätig.
28 (cc) Anders als die Klägerin meint, folgt aus der Senatsentscheidung vom - VIII R 26/15 (BFHE 263, 162) nichts anderes. Eine Übertragung der Erwägungen des Senates zur Vergleichbarkeit der Tätigkeit des Heileurythmisten mit der eines Krankengymnasten/Physiotherapeuten auf den Streitfall ist schon deshalb ausgeschlossen, weil sie die Vergleichbarkeit mit einem Beruf betreffen, der —anders als z.B. der des Rechtsanwaltes oder Steuerberaters— nicht erlaubnispflichtig ist (vgl. auch , BFHE 203, 429, BStBl II 2004, 954, mit Hinweis auch zum Beruf des Ingenieurs) und der als sog. Heilhilfsberuf neben anderen Heilberufen (wie z.B. dem Arzt) ausdrücklich im Gesetz genannt ist.
29 (dd) Das FG hat ebenfalls zutreffend erkannt, dass die Klägerin keine Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG erzielt. Danach gehören zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit auch „Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit, z.B. Vergütungen für die Vollstreckung von Testamenten, für Vermögensverwaltung und für die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied“.
30 (1) Die Vorschrift des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG enthält keinen abschließenden Katalog in Betracht kommender „Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit“, sondern lediglich die Auflistung von Regelbeispielen. Weitere Tätigkeiten fallen ebenfalls in den Anwendungsbereich der Norm, wenn sie ihrer Art nach den Regelbeispielen des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG ähnlich sind (Grundsatz der sog. Gruppenähnlichkeit). Das ist z.B. der Fall, wenn die Tätigkeit die Betreuung fremder Vermögensinteressen umfasst, aber darüber hinaus auch dann, wenn es sich um eine selbständig ausgeübte fremdnützige Tätigkeit in einem fremden Geschäftskreis handelt (, BFHE 230, 47, BStBl II 2010, 906, und VIII R 14/09, BFHE 230, 54, BStBl II 2010, 909, zu Berufsbetreuern und Verfahrenspflegern; , BFHE 256, 250, BStBl II 2018, 571; vgl. auch , BFH/NV 2013, 1420).
31 Für die Anwendung des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG ist es danach ausreichend, aber auch erforderlich, dass die Tätigkeit den im Gesetz genannten Tätigkeiten ähnlich ist, denn die dort angeführten Beispiele sollen den Begriff der sonstigen selbständigen Tätigkeit charakterisieren (ständige Rechtsprechung, z.B. , BFHE 196, 84, BStBl II 2002, 338, und in BFHE 256, 250, BStBl II 2018, 571, m.w.N.). Die in § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG aufgeführten Regelbeispiele erschöpfen sich nicht in der bloßen Vermögensverwaltung, sondern sie umfassen zusätzliche Aufgaben, wie etwa die Leistung von Rechtsbeistand durch den Testamentsvollstrecker oder unternehmerische Kontrolle durch das Aufsichtsratsmitglied (vgl. Senatsurteile in BFHE 230, 47, BStBl II 2010, 906, und in BFHE 230, 54, BStBl II 2010, 909). Demgegenüber ist eine rein beratende Tätigkeit, die sich z.B. auf die Erteilung von Anlageempfehlungen beschränkt, ohne dass die zur Vermögensanlage erforderlichen Verfügungen selbst vorgenommen werden können oder ein Depot betreut wird, nicht von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG erfasst (vgl. , BFHE 154, 332, BStBl II 1989, 24; vgl. auch Senatsbeschluss vom - VIII B 54/12, BFH/NV 2013, 1098, zum Anlageberater/Finanzanalysten).
32 § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG kommt nicht die Funktion eines Auffangtatbestands zu. Ihm sind daher insbesondere nicht jene (rechts-)beratenden Tätigkeiten zuzuordnen, die —mangels vergleichbarer Ausbildung oder Tätigkeit— keinem der in § 18 Abs. 1 EStG genannten Katalogberufe ähnlich sind. Auch solche fallen nur dann in den Anwendungsbereich der Norm, wenn sie ihrer Art nach den Regelbeispielen des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG ähnlich sind.
33 (2) Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin keine sonstige selbständige Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG ausgeübt. Ihre Tätigkeit als Rentenberaterin ist nicht —wie die gesetzlichen Regelbeispiele— berufsbildtypisch durch eine selbständige fremdnützige Tätigkeit in einem fremden Geschäftskreis sowie durch Aufgaben der Vermögensverwaltung geprägt.
34 Ihre Tätigkeit, die z.B. Fragen der gesetzlichen Rentenversicherung, betrieblichen und berufsständischen Versorgung sowie des Versorgungsausgleichs umfasst, betrifft zwar wesentliche Vermögensfragen ihrer Kunden. In diesem Zusammenhang erbringt die Klägerin Beratungsleistungen, prüft Rentenberechnungen und die ihren Kunden zustehenden Ansprüche; sie vertritt ihre Kunden bei der Durchsetzung ihrer Rechte sowohl gerichtlich als auch außergerichtlich. Ihre Tätigkeit ist jedoch im Schwerpunkt beratender Natur und nicht —wie die eines Vermögensverwalters— dadurch geprägt, dass sie das ihr anvertraute Vermögen ihrer Kunden verwaltet. Dies gilt auch, soweit ihre Tätigkeit die Verwendung vorhandenen Vermögens zum (weiteren) Aufbau von Ansprüchen aus der gesetzlichen Rentenversicherung (z.B. im Rahmen der Wahlmöglichkeit einer Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung) bzw. zur Vermeidung von Rentenabschlägen (z.B. durch Zahlung von Aufstockungsbeträgen) betrifft. Auch hier liegt der Schwerpunkt der Tätigkeit in der Beratung. Ihr ist das Vermögen ihrer Kunden nicht zur Verwaltung anvertraut. Dementsprechend fehlt ihr die —für die in § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG genannten Regelbeispiele der Testamentsvollstreckung bzw. Vermögensverwaltung— typische Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das fremde Vermögen (vgl. § 2205 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum Testamentsvollstrecker; vgl. Stuhrmann, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 18 Rz B 227, zum Vermögensverwalter; vgl. zur Bedeutung des Übergangs der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auch , BFHE 157, 148, BStBl II 1989, 729; vom - I R 122/81, BFHE 141, 505, BStBl II 1984, 823; vom - IV R 127/69, BFHE 110, 40, BStBl II 1973, 730, zum Konkurs- bzw. Zwangsverwalter).
35 (ee) Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt auch kein Verstoß gegen Art. 3 GG vor.
36 (1) § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG zählt zur Bestimmung des Begriffs der freiberuflichen Tätigkeit verschiedene sog. Katalogberufe auf und erweitert diese Aufzählung um „ähnliche Berufe“. So genügt der Gesetzgeber nicht nur dem Bestimmtheitsgebot, dem bei einer Anknüpfung allein an das Merkmal der Freiberuflichkeit nicht entsprochen wäre. Der Gesetzgeber bewegt sich mit der Anknüpfung an die genannten „klassischen“ Katalogberufe auch in dem ihm zustehenden Gestaltungsspielraum. Dem steht nicht entgegen, dass sich seit der Einführung bzw. letzten Änderung des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG neue Berufe entwickelt haben, die durch eine hohe Spezialisierung geprägt sind. Trotz dieser Entwicklung erachtet der Senat die gesetzliche Anknüpfung an die „klassischen“ Katalogberufe (weiterhin) als zulässig. Diese geben damit (weiterhin) den Maßstab für die Vergleichbarkeitsprüfung vor, die sich in sachgerechter Weise sowohl auf die Vergleichbarkeit der Ausbildung als auch der Tätigkeit erstrecken muss.
37 (2) Die von der Klägerin geforderte Gleichstellung zu den in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG als freiberuflich anerkannten Berufen ist auch nicht etwa deshalb geboten, weil das Berufsbild des Rentenberaters diesen so nahe steht, dass die Nichtanerkennung sachlich nicht zu rechtfertigen wäre (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 46, 224, BStBl II 1978, 125). Die Nichtanwendung des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG auf die Tätigkeit der Klägerin als Rentenberaterin ist wegen der fehlenden Vergleichbarkeit von Ausbildung und ausgeübter Tätigkeit sachlich gerechtfertigt. Dass der BFH für die Annahme der Ähnlichkeit mit einem der Katalogberufe des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG eine Vergleichbarkeit sowohl der Ausbildung bzw. Kenntnisse als auch der ausgeübten beruflichen Tätigkeit verlangt, hat das BVerfG nicht beanstandet. Vielmehr hat es insbesondere die Ausbildung bzw. die Kenntnisse als regelmäßig zulässiges und einleuchtendes Unterscheidungskriterium anerkannt (z.B. , juris; vgl. hierzu auch BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 2091, und , BFH/NV 2012, 1119, jeweils m.w.N.). Ebenfalls sachlich gerechtfertigt ist es, im Rahmen des Vergleichs der Tätigkeit der Klägerin mit den in § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG genannten Regelbeispielen auf die fehlende berufsbildtypische Prägung durch Aufgaben der Vermögensverwaltung abzustellen. Auch aus Art. 3 GG ergibt sich kein Gebot, den Regelbeispielen des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG eine im Schwerpunkt beratende Tätigkeit gleichzustellen.
38 2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2019:U.070519.VIIIR26.16.0
Fundstelle(n):
BStBl 2019 II Seite 532
BB 2019 S. 2005 Nr. 35
BFH/NV 2019 S. 1156 Nr. 10
BFH/PR 2019 S. 286 Nr. 11
DB 2019 S. 1942 Nr. 35
DStRE 2019 S. 1143 Nr. 18
KÖSDI 2019 S. 21383 Nr. 9
NJW 2020 S. 872 Nr. 12
StB 2019 S. 282 Nr. 10
SAAAH-28214