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Fehler bei der Erstellung der Überleitungsrechnung im Rahmen der E-Bilanz
Wie die Falscherfassung einer Rücklage nach § 6b EStG zur teuren Aufdeckung der stillen Reserven führt
Unter der Maxime „Bürokratieabbau und Verwaltungsvereinfachung“ werden bilanzierende Unternehmer seit dem Veranlagungszeitraum 2013 verpflichtet, ihren Jahresabschluss als sog. E-Bilanz elektronisch an die Finanzverwaltung zu übermitteln. Die damit einhergehenden Herausforderungen – insbesondere technischer Natur – treffen dabei sowohl Steuerberater als auch Finanzbeamte. Besonders heikel wird es aber dann, wenn die steuerliche Gestaltungsplanung des materiellen Rechts aufgrund (fahrlässiger) technischer Unkenntnisse in eine Schieflage gerät, die im Nachhinein nicht mehr behoben werden kann. Der folgende Fall aus der Praxis zeigt beispielhaft, dass die fehlerhafte Eintragung einer Rücklage nach § 6b EStG bei der Übermittlung der E-Bilanz nebst steuerlicher Überleitungsrechnung teure Konsequenzen zur Folge haben kann.
Kirsch, E-Bilanz (EStG), Grundlagen NWB YAAAE-44755
Welche rechtlichen sowie technischen Folgen bewirkt die Kennzeichnung der E-Bilanz als „Deutsches Handelsrecht“, „Deutsches Steuerrecht“ oder „Deutsches Handelsrecht (sog. Einheitsbilanz)“?
Ist die steuerliche Überleitungsrechnung von der Handels- zur Steuerbilanz weiterhin formlos möglich?
Kann die Bildung einer Rücklage nach § 6b EStG auch nach Übermittlung der E-Bilanz noch nachgeholt werden?
I. Einleitung
[i]Briesemeister/Schäperclaus, E-Bilanz (§ 5b EStG), in: Prinz/Kanzler, Handbuch Bilanzsteuerrecht, 3. Aufl. 2018, Rz. 1260 NWB JAAAG-89791 Dönmez, in: Kanzler/Kraft/Bäuml, EStG Kommentar, 5. Aufl. 2020, § 5b NWB QAAAH-35441 Seit je her streiten sich Finanzverwaltung und Stpfl., wenn es darum geht, zu welchem Zeitpunkt ein steuerliches Wahlrecht abschließend ausgeübt wurde und inwiefern eine Änderungsmöglichkeit noch in Betracht kommt. Es existiert eine Vielzahl von ausdrücklich in den Gesetzen geregelten sowie faktischen steuerlichen Wahlrechten. Die Form und Frist für deren Inanspruchnahme oder Widerruf hängt neben den verfahrensrechtlichen Aspekten wiederum davon ab, ob die einschlägigen gesetzlichen Regelungen dazu spezifische Bestimmungen treffen oder es daran fehlt. Bei der Frage eines innerbilanziellen Ansatz- bzw. Bewertungswahlrechts kommt es dabei entscheidend darauf an, wann die steuerlich zu wertende Bilanz nebst Steuererklärung rechtsverbindlich beim FA eingegangen ist.
II. Grundlagen der steuerlichen Bilanzierung
1. Maßgeblicher Betriebsvermögensvergleich
Der für die Gewinnermittlung maßgebliche Betriebsvermögensvergleich erfolgt im Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 EStG auf der Grundlage von Vermögensübersichten, die gem. § 4 Abs. 2 EStG und § 60 Abs. 2 EStDV den steuerlichen Vorschriften entsprechen müssen. Ausgangspunkt ist dabei zumeist die Handelsbilanz. Diese entspricht in vielen Fällen allerdings nicht den steuerlichen Vorschriften, so dass diese entweder im Rahmen einer sog. Überleitungsrechnung den steuerlichen Vorschriften angepasst (§ 60 Abs. 2 Satz 1 EStDV) oder unmittelbar so modifiziert wird, dass sie eine eigenständige, sog. Steuerbilanz bildet. Vor dem BilMoG war es aufgrund der umgekehrten Maßgeblichkeit in der S. 587Praxis häufig der Fall, dass abschlusspflichtige Gewerbetreibende eine sog. Einheitsbilanz erstellten, die sowohl dem Handels- als auch dem Steuerrecht gerecht wurde. Inzwischen wird überlicherweise entweder eine Handelsbilanz mit entsprechender Überleitungsrechnung oder eine eigene Steuerbilanz erstellt.
2. Unterschied zwischen innerbilanziellen und außerbilanziellen Korrekturen
2.1 Vorbemerkungen
Aufgrund verschiedener Umstände können Abweichungen zwischen der Handels- und Steuerbilanz auftreten. Zum einen kann dies durch Ansatz- und Bewertungsunterschiede, zum anderen durch die (Nicht-)Ausübung bestehender Wahlrechte stattfinden. Diese sog. innerbilanziellen Korrekturen, die im Rahmen einer Überleitungsrechnung vorgenommen werden können, unterscheiden sich terminologisch deutlich von sog. außerbilanziellen Korrekturen, die – wie es der Name bereits vorgibt – außerhalb der Bilanz vorgenommen werden. Während innerbilanzielle Korrekturen die in § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG kodifizierten Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) berücksichtigen, bewirken die außerbilanziellen Korrekturen die steuerpolitisch motivierten Änderungen der steuerlichen Bemessungsgrundlage systematisch korrekt außerhalb der Bilanz.
2.2 Einordnung § 6b EStG-Rücklage
Als Gestaltungsinstrument eröffnet § 6b EStG die Möglichkeit, vorläufig die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen zu verhindern, die durch die Aufdeckung stiller Reserven bei der Veräußerung von Grundstücken bzw. Gebäuden entstehen, wenn Stpfl. eine Reinvestition in gleichgelagerte Wirtschaftsgüter – also Grundstücke oder Gebäude – tätigen. Sofern dies nicht innerhalb desselben Wirtschaftsjahres geschieht, kann eine Rücklage gebildet und in ein späteres Wirtschaftsjahr übertragen werden (§ 6b Abs. 3 EStG). Dadurch sollen die Veräußerungen von nicht mehr benötigten Bestandteilen des Betriebsvermögens erleichtert, die hieraus resultierenden Gewinne dem Stpfl. zur Finanzierung der Neuinvestitionen erhalten und so Modernisierung und Rationalisierung des Betriebs, Standortverlegungen oder Strukturänderungen begünstigt werden.
Für die Bildung der Rücklage muss das Bilanzierungswahlrecht durch entsprechenden Ansatz in der Steuerbilanz als innerbilanzielle Korrektur gegenüber der Handelsbilanz ausgeübt werden. Hat der Stpfl. sein Bilanzierungswahlrecht in der beim FA eingereichten Bilanz nicht innerhalb der Steuerbilanz bzw. innerhalb der Überleitungsrechnung ausgeübt, kommt eine nachträgliche Änderung des Bilanzierungswahlrechts nur noch nach den Regelungen zur Bilanzänderung gem. § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG in Betracht.