StuB Nr. 1 vom Seite 1

Erbschaftsteuer für Familienunternehmen: eine „schöne“ Bescherung

Prof. Dr. Swen Bäuml, Lehrstuhl für Steuerrecht, Hochschule Mainz

Das BVerfG hat am - 1 BvL 21/12 (Kurzinfo S. 36 in dieser Ausgabe) die für die Verschonung betrieblicher Vermögen einschlägigen Regelungen der §§ 13a, 13b ErbStG für verfassungswidrig erklärt. Die derzeit geltenden Vorschriften bleiben zunächst weiter anwendbar. Der Gesetzgeber muss bis zum eine Neuregelung treffen.

Nach Ansicht des Gerichts bestehe jedoch kein Vertrauensschutz gegenüber einer auf den oder einen späteren Zeitpunkt rückwirkenden Neuregelung. Die Übertragung von Betriebsvermögen nach derzeitigem Recht wäre danach nicht mehr möglich. Bereits vollzogene Übertragungen bis einschließlich sollten davor geschützt sein. Mit Blick auf die künftige gesetzliche Ausgestaltung ist positiv, dass die Karlsruher Richter dem Grunde nach die Begünstigung betrieblicher Vermögen im Zuge der Unternehmensnachfolge als zulässig erachten. Es kann daher eine verfassungskonforme Überarbeitung „im bestehenden System“ erfolgen.

Die derzeit nur für Betriebe mit mehr als 20 Arbeitnehmern anzuwendende Lohnsummenregelung muss künftig auch für Kleinstbetriebe gelten, wobei Unternehmen mit „einigen wenigen“ Beschäftigten weiter ausgenommen werden dürfen. Es liegt nahe, die Beschäftigtenzahl gesetzlich festzulegen, um eine einheitliche Handhabung sicherzustellen. Die Verwaltungsvermögensgrenze von 50 % wird deutlich abzusenken sein. Dennoch bliebe die Übertragung von an sich nicht produktivem Vermögen unterhalb einer aus Verwaltungsvereinfachungs- und Typisierungsgründen hinnehmbaren „Schmutzgrenze“ möglich. Für große Unternehmen wird die Neuregelung einen harten Schnitt bringen, liegt doch nach Auffassung der Richter eine Ungleichbehandlung vor, soweit Unternehmen begünstigt werden, die die Größe von KMU überschreiten. Große Unternehmen sollen daher einer „Bedürfnisprüfung“ zu unterwerfen sein, wollen sie an der Begünstigung teilhaben. Entscheidend ist das geeignete Abgrenzungskriterium: Nach Ansicht der Karlsruher Richter fehle bei Großunternehmen als charakterisierendes Merkmal der für Familienunternehmen typische personale Bezug i. d. R. Damit ist ein qualitativer (!) Abgrenzungsmaßstab angelegt. Die in der Urteilsbegründung erwähnten quantitativen Kriterien für KMU sind hingegen untauglich. Aufgrund der Bewertung auf Verkehrswertbasis überschreitet eine Vielzahl kleinerer Familienunternehmen diese Schwellenwerte. Die Diskussionen um die Bewertung würden zunehmen.

Vorstellbar wäre, die KMU auf Basis von zu definierenden (hohen) Wertobergrenzen typisierend in die Begünstigung einzubeziehen. Bei Überschreitung wäre eine Bedürfnisprüfung geboten. Innerhalb der Bedürfnisprüfung könnte unterschieden werden, ob die Unternehmen kapitalmarktorientiert i. S. des § 264d HGB sind. Falls nicht, könnte eine Regelvermutung greifen, dass die personale Bindung und damit die Begünstigungsfähigkeit gegeben sind. Falls doch, wäre die personale Bindung unter Heranziehung z. B. der Eigenkapitalisierung, der gesellschaftsvertraglichen Vinkulierungsklauseln etc. durch das Großunternehmen im Einzelfall gegenüber der Finanzverwaltung nachzuweisen. Gelingt dies nicht, würde die Begünstigungsfähigkeit versagt.

Ein „großer Reformwurf“ ist nicht zu erwarten und wäre auch nicht zielführend. Bei Nichteinigung über eine Neuregelung droht im Übrigen das Auslaufen der Erbschaftsteuer nach dem , wie das Urteil in den Tz. 281-284 erkennen lässt.

Swen Bäuml

Fundstelle(n):
StuB 1/2015 Seite 1
NWB KAAAE-81940