Ermittlung der Erstattungszinsen bei Aufhebung der Vollziehung
Leitsatz
Das Tatbestandsmerkmal des „zu erstattenden Betrages” in § 233a Abs. 3 Satz 3 AO 1977 umfasst auch den Betrag, der im Wege der Aufhebung der Vollziehung vorab erstattet wird, wenn die Steuer in einem nachfolgenden Änderungsbescheid tatsächlich herabgesetzt wird.
Gesetze: AO 1977 § 233a Abs. 3 und 5
Instanzenzug: (EFG 2002, 1346) (Verfahrensverlauf),
Gründe
I.
Der Kläger und Revisionsbeklagte zu 1. (Kläger zu 1.) wurde für den Veranlagungzeitraum 1992 mit seiner im August 1998 verstorbenen Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Rechtsnachfolger der Ehefrau sind die Kläger und Revisionsbeklagten zu 2. bis 5. (Kläger zu 2. bis 5.).
Mit Bescheid vom setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) die Einkommensteuer für 1992 auf 2 441 239 DM fest. Der Kläger zu 1. und seine Ehefrau legten dagegen Einspruch ein.
Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer für 1992 auf 4 757 324 DM erhöht. Daraus ergab sich eine Einkommensteuernachzahlung in Höhe von 2 316 085 DM. Mit Änderungsbescheid vom wurde die Einkommensteuer auf 4 808 349 DM festgesetzt, was zu einer Nachzahlung von 51 025 DM führte. Der Kläger zu 1. und seine Ehefrau entrichteten die Nachzahlungsbeträge und die dazu gemäß § 233a der Abgabenordnung (AO 1977) festgesetzten Nachzahlungszinsen am und am .
Das FA setzte mit Verfügung vom die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides für 1992 in Höhe von 2 330 765 DM ab Fälligkeit aus und erstattete diesen Betrag.
Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer für 1992 wegen eines Verlustrücktrags aus 1993 auf 2 117 772 DM herabgesetzt. Dies führte im Vergleich zu der bisher festgesetzten Steuer —jeweils vermindert um anzurechnende Steuerabzugsbeträge und Körperschaftsteuer— zu einem Unterschiedsbetrag von 2 690 577 DM. Das FA legte in dem geänderten Zinsbescheid vom der Berechnung der Zinsen den noch zu erstattenden Betrag von 359 812 DM zugrunde und setzte Erstattungszinsen in Höhe von 47 480 DM fest.
Mit Bescheid vom setzte das FA wegen eines Verlustrücktrags aus 1994 gemäß § 10d des Einkommensteuergesetzes (EStG) die Einkommensteuer für 1992 auf null DM fest. Durch diesen Bescheid erledigte sich der Einspruch gegen den Bescheid vom . Gleichzeitig wurden die Zinsen für die Einkommensteuer für 1992 auf 226 833 DM (179 352,18 DM + 47 480 DM) festgesetzt und dem Kläger zu 1. und seiner Ehefrau erstattet.
Der Kläger zu 1. und seine Ehefrau legten gegen die Zinsfestsetzungen vom 20. und Einspruch ein. Sie machten geltend, es sei auch der Betrag zu verzinsen, dessen Vollziehung aufgehoben worden sei.
In der Folgezeit ergingen mehrere nach § 10d Abs. 1 Satz 2 EStG geänderte Einkommensteuerbescheide. Es verblieb bei der Steuerfestsetzung auf null DM und damit verbunden bei der Festsetzung von Erstattungszinsen in Höhe von 226 833 DM.
Das FA wies den Einspruch gegen die Zinsfestsetzungen mit Entscheidung vom mit der Begründung zurück, dass nach § 233a Abs. 3 Satz 3 AO 1977 die Istverzinsung anzuwenden und diese auf den tatsächlich zu erstattenden Betrag begrenzt sei.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage gegen den Zinsbescheid vom , der während des Klageverfahrens erlassen worden und Gegenstand des Klageverfahrens geworden war, im Wesentlichen statt. Es entschied, das FA hätte seiner Zinsberechnung nicht nur den Erstattungsbetrag in Höhe von 359 812 DM, sondern außerdem auch den Betrag in Höhe von 2 330 765 DM, der im Wege der Aufhebung der Vollziehung mit Verfügung vom vorläufig erstattet worden sei, zugrunde legen müssen. Dies ergebe sich aus § 233a Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 Satz 4 i.V.m. Abs. 3 Satz 3 AO 1977. Das in Abs. 3 Satz 3 enthaltene Tatbestandsmerkmal „des zu erstattenden Betrages” sei dahin auszulegen, dass damit auch ein im Wege der Aufhebung der Vollziehung vorläufig erstatteter Betrag gemeint sei, wenn in dem späteren Änderungsbescheid die Steuer tatsächlich herabgesetzt werde.
Die Änderung des Einkommensteuerbescheides für 1992 vom durch den Bescheid vom habe zugunsten der Kläger zu einem Unterschiedsbetrag von 2 690 577 DM geführt. Die vorher festgesetzte Steuer in Höhe von 4 808 349 DM sei vollständig ausgeglichen gewesen und das FA habe über diesen Betrag verfügen können, bis am die Vollziehung in Höhe von 2 330 765 DM aufgehoben worden sei. Ohne diese Aufhebung wäre der gesamte Unterschiedsbetrag bis zum zu verzinsen gewesen. Bliebe der vorläufig erstattete Betrag in Höhe von 2 330 765 DM bei der Berechnung der Zinsen unberücksichtigt, bliebe der Liquiditätsvorteil des FA unverzinst. Würde man im Wege der Aufhebung der Vollziehung erstattete Beträge nicht berücksichtigen, könnte das FA durch eine kurz vor Erlass des Änderungsbescheides gewährte Aufhebung der Vollziehung die Zahlung von Erstattungszinsen vermeiden. Dies würde dem Zweck des § 233a AO 1977 widersprechen. Zum Zweck der Zinsberechnung sei fiktiv davon auszugehen, dass am —dem Datum der Aufhebung der Vollziehung— ein Änderungsbescheid ergangen sei, der zu einer Erstattung in Höhe von 2 330 765 DM geführt habe. Soweit die Einkommensteuer durch Aufhebung der Vollziehung erstattet worden sei, ende die Verzinsung abweichend von § 233a Abs. 2 Satz 3 AO 1977 nicht mit Ablauf des Tages, an dem die Steuerfestsetzung wirksam werde, sondern mit Ablauf des Tages, an dem die Aufhebung der Vollziehung wirksam geworden sei. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 1346 veröffentlicht.
Das FA rügt mit seiner Revision eine Verletzung des § 233a Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 Satz 4 i.V.m. Abs. 3 Satz 3 AO 1977. Es ist der Ansicht, diese Vorschriften seien entgegen der Auffassung der Vorinstanz so zu verstehen, dass ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen nur insoweit zu verzinsen sei, als diesem Unterschiedsbetrag im Zeitpunkt der geänderten Steuerfestsetzung die Eignung zukomme, noch erstattet werden zu können. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Die Voraussetzungen für eine den Gesetzeswortlaut korrigierende Auslegung lägen nicht vor, da weder eine planwidrige Unvollständigkeit oder Ergänzungsbedürftigkeit noch ein vom Gesetzeswortlaut abweichender gesetzgeberischer Wille erkennbar seien.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Das FG hat zu Recht entschieden, dass den Klägern für die Zeit bis zur Aufhebung der Vollziehung gemäß § 233a AO 1977 Erstattungszinsen auch für den Betrag zustehen, dessen Vollziehung aufgrund der Verfügung vom aufgehoben und der ihnen bereits vor Änderung der Steuerfestsetzung durch den Einkommensteuerbescheid für 1992 erstattet worden ist.
1. Da der bisherige Einkommensteuerbescheid für 1992 am geändert wurde, war gemäß § 233a Abs. 5 AO 1977 auch die bisherige Zinsfestsetzung zu ändern. Denn nach § 233a Abs. 5 Satz 1 AO 1977 ist eine bisherige Zinsfestsetzung zu ändern, wenn die Steuerfestsetzung aufgehoben, geändert oder nach § 129 AO 1977 berichtigt wird. Maßgebend für die Zinsberechnung ist der Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten Steuer und der vorher festgesetzten Steuer, jeweils vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge und um die anzurechnende Körperschaftsteuer (§ 233a Abs. 5 Satz 2 AO 1977). Im Streitfall betrug der für die Berechnung der Zinsen maßgebende Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten und der vorher festgesetzten Steuer, vermindert um die Steuerabzugsbeträge, aufgrund des Änderungsbescheides vom unstreitig zugunsten der Kläger 2 690 577 DM (2 330 765 DM, die bereits aufgrund der Verfügung vom erstattet worden waren, zuzüglich des noch zu erstattenden Betrages von 359 812 DM).
Umstritten ist jedoch, ob der Zinsberechnung —mit zeitlichen Einschränkungen— dieser Unterschiedsbetrag oder nur der ausweislich der Abrechnung zum Einkommensteuerbescheid 1992 noch zu erstattende Betrag von 359 812 DM zugrunde zu legen ist. Ersteres ist nach zutreffender Auffassung der Vorinstanz der Fall.
2. Nach § 233a Abs. 5 Satz 4 i.V.m. Abs. 3 Satz 3 AO 1977 ist ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen „nur bis zur Höhe des zu erstattenden Betrages zu verzinsen”. Dem FA ist zuzugeben, dass dieser Wortlaut bei unbefangener Betrachtung dafür spricht, dass nur noch der Betrag zu verzinsen ist, der ausweislich der Abrechnung zum geänderten Einkommensteuerbescheid zu erstatten ist. Diese am Wortlaut haftende Auslegung führt jedoch zu sinnwidrigen und wirtschaftlich ungerechtfertigten Ergebnissen. Unter Berücksichtigung des Zwecks und der Entstehungsgeschichte des § 233a AO 1977 ist der Wortlaut des Abs. 3 Satz 3 deshalb erweiternd dahin auszulegen, dass auch Beträge, die dem Steuerpflichtigen aufgrund einer Aufhebung der Vollziehung (§ 69 Abs. 2 Satz 7 FGO, § 361 Abs. 2 Satz 3 AO 1977) erstattet worden sind, dann als „zu erstattende Beträge” i.S. des § 233a Abs. 3 Satz 3 AO 1977 anzusehen sind, wenn der angefochtene Einkommensteuerbescheid später zugunsten des Steuerpflichtigen geändert wird.
a) Entgegen der vom FA erwogenen Möglichkeit scheidet eine wortlauterweiternde Auslegung des § 233a Abs. 3 Satz 3 AO 1977 nicht bereits von vornherein deshalb aus, weil § 233 Satz 1 AO 1977 bestimmt, dass Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO 1977) nur verzinst werden, soweit dies gesetzlich vorgeschrieben ist. Dies bedeutet lediglich, dass die Verzinsung —wie in § 233a Abs. 1 AO 1977 u.a. für die Einkommensteuer geschehen— für jede Steuerart einer ausdrücklichen Ermächtigung bedarf (vgl. auch BTDrucks 11/2157, S. 194 f.). Dieser Vorschrift kann mangels irgendwelcher Anhaltspunkte für eine derartige Intention nicht die Bedeutung beigemessen werden, dass bei der Anwendung der ihr nachfolgenden Vorschriften über die Verzinsung die herkömmlichen Auslegungsregeln außer Betracht bleiben sollen (vgl. auch , BFHE 152, 401, BStBl II 1988, 600). Vielmehr gilt auch hier, dass Ziel jeder Auslegung die Feststellung des Inhalts einer Norm ist, wie er sich aus dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist; die Bindung an das Gesetz (Art. 20 Abs. 3, Art. 97 Abs. 1 des Grundgesetzes —GG—) bedeutet nicht Bindung an dessen Buchstaben mit dem Zwang zu wörtlicher Auslegung, sondern Gebundensein an Sinn und Zweck des Gesetzes (vgl. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts —BVerfG— vom 1 BvL 39/69 und 14/72, BVerfGE 35, 263, 278 f.).
b) Die durch das Steuerreformgesetz (StRG) 1990 vom (BGBl I 1988, 1093) gemäß § 233a AO 1977 eingeführte allgemeine Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen sollte einen Ausgleich dafür schaffen, dass die Steuern bei den einzelnen Steuerpflichtigen, aus welchen Gründen auch immer, zu unterschiedlichen Zeitpunkten festgesetzt und fällig werden (BTDrucks 11/2157, S. 194). Für den Fall, dass sich bei der erstmaligen Steuerfestsetzung ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen (Mindersoll) ergibt (§ 233a Abs. 3 Satz 3 AO 1977), wollte der Gesetzgeber aber verhindern, dass Erstattungszinsen selbst für solche Zeiträume gezahlt werden müssen, in denen die bisher festgesetzten Vorauszahlungen gar nicht gezahlt worden waren. Ist keine Zahlung geleistet worden, sollen auch keine Erstattungszinsen gezahlt werden. Deshalb sollte nur der zu erstattende Betrag ab dem Zeitpunkt der Zahlung an die Finanzbehörde bis zur Fälligkeit der Erstattung verzinst werden (vgl. BTDrucks 11/2157, S. 195). Danach beschränkt sich der Zweck des § 233a Abs. 3 Satz 3 AO 1977 darauf sicherzustellen, dass bei einem Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen Erstattungszinsen nur für solche Zeiten gezahlt werden, in denen der Steuergläubiger tatsächlich einen Liquiditätsvorteil hatte und der Steuerschuldner tatsächlich nicht über das Geld verfügen konnte.
c) Genau dieser Gesetzeszweck wird aber erreicht, wenn bei einem späteren (teilweisen) Erfolg des Rechtsbehelfs auch derjenige Betrag zu verzinsen ist, den der Steuerpflichtige aufgrund der ursprünglich höheren Steuerfestsetzung zunächst gezahlt hat und der ihm aufgrund eines Antrags auf Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung noch vor der Entscheidung über seinen Rechtsbehelf erstattet worden ist. Hingegen würde es zu sinnwidrigen und wirtschaftlich ungerechtfertigten Ergebnissen führen, wenn der Steuergläubiger für derartige Liquiditätsvorteile keine Erstattungszinsen zahlen müsste. Denn wenn dem Steuerpflichtigen keine Aufhebung der Vollziehung bewilligt worden und die entsprechenden Beträge erst bei der späteren Steuerherabsetzung erstattet worden wären, wäre das Tatbestandsmerkmal des „zu erstattenden Betrages” i.S. des § 233a Abs. 3 Satz 3 AO 1977 zweifelsfrei erfüllt und es wären Erstattungszinsen für den gesamten Zeitraum und mithin auch für die Zeit zwischen Zahlung und Aufhebung der Vollziehung zu zahlen. Es gibt keinen sachlich einleuchtenden Grund dafür, dass der aufgrund der Aufhebung der Vollziehung erstattete Betrag nicht —wie vom FG angenommen— für den Zeitraum zu verzinsen ist, in dem er dem Steuergläubiger einen Liquiditätsvorteil verschafft und dem Steuerpflichtigen tatsächlich nicht zur Verfügung gestanden hat (vgl. auch Schwarz, Abgabenordnung, Kommentar, § 236 Rz. 10; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 233a AO 1977 Tz. 46; Kögel in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 233a AO 1977 Rz. 94; Koenig in Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, Kommentar, § 233a Rz. 63). Somit liegen im Streitfall die Voraussetzungen für eine wortlauterweiternde Auslegung (teleologische Extension) vor, die bei einer Divergenz zwischen dem Gesetzeswortlaut und dem Gesetzeszweck Abweichungen vom Wortlaut durch gedankliches Hinzufügen einer Erweiterung ermöglicht (vgl. , BFH/NV 1996, 76).
d) Entgegen der Auffassung des FA steht das (BFHE 177, 204, BStBl II 1995, 490) einer wortlauterweiternden Auslegung des Tatbestandsmerkmals des „zu erstattenden Betrages” i.S. des § 233a Abs. 3 Satz 3 AO 1977 nicht entgegen. Dieses Urteil ist zu § 233a Abs. 1 AO 1977 in der ursprünglichen Fassung des StRG 1990 ergangen. Danach war dann, wenn die Steuerfestsetzung zu einer „Steuernachforderung” oder „Steuererstattung” führt, diese nach Maßgabe der folgenden Absätze zu verzinsen. Dazu hatte der I. Senat in dem zitierten Urteil entschieden, eine Steuerfestsetzung könne nicht zu einer Steuernachforderung i.S. des § 233a Abs. 1 AO 1977 führen, wenn das FA freiwillige Leistungen auf die Steuerschuld vor deren Festsetzung annehme und hierdurch die festgesetzte Steuerschuld insgesamt erfüllt worden sei. Damit sei der Festsetzung von Zinsen —auch für die Zeit vor der freiwilligen Leistung— die Grundlage entzogen.
Dieses Urteil und das ebenfalls vom FA zitierte (BFH/NV 2000, 1177) sind durch die Änderung des § 233a Abs. 1 AO 1977 überholt (vgl. , BFH/NV 2001, 1375). Der Gesetzgeber hat diese Vorschrift durch das Jahressteuergesetz (JStG) 1997 vom (BGBl I 1996, 2049, BStBl I 1996, 1523) dahin geändert, dass dann, wenn die Festsetzung u.a. der Einkommensteuer zu einem Unterschiedsbetrag im Sinne des Absatzes 3 führt, dieser Unterschiedsbetrag zu verzinsen ist. Diese Neufassung des § 233a Abs. 1 AO 1977 ist am in Kraft getreten (vgl. Art. 32 JStG 1997) und war mangels einer entgegenstehenden Anwendungsregelung auch bei dem geänderten Zinsbescheid vom zu berücksichtigen. Sie war gemäß Art. 97 § 1 Abs. 6 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (EGAO 1977), der durch Art. 20 Nr. 1 JStG 1997 angefügt worden ist, auf alle bei In-Kraft-Treten des § 233a AO 1977 n.F. anhängigen Verfahren anzuwenden.
Der Gesetzgeber hat die Änderung damit begründet, dass die Rechtsprechung des I. Senats des BFH zur Auslegung des § 233a Abs. 1 AO 1977 a.F. bezüglich der Verzinsung von Steuernachforderungen zu sinnwidrigen und wirtschaftlich ungerechtfertigten Ergebnissen führe (vgl. BTDrucks 13/5952, S. 56). So könnten Zinsen z.B. auch dann nicht festgesetzt werden, wenn der Steuerpflichtige nur wenige Tage vor Festsetzung der Steuer diese Steuerforderung durch freiwillige Leistungen (mindestens) in vollem Umfang erfülle. Er hat die Neufassung des § 233a Abs. 1 AO 1977 als „klarstellende Änderung” (vgl. dazu auch BFH in BFH/NV 2001, 1375) bezeichnet. Er hat dadurch verdeutlicht, dass er eine am Buchstaben haftende Auslegung des § 233a AO 1977, die zu sinnwidrigen und wirtschaftlich ungerechtfertigten Ergebnissen führt, nicht für akzeptabel hält. Ein sinnwidriges Ergebnis träte aber auch dann ein, wenn der Steuergläubiger einen Liquiditätsvorteil für den Zeitraum seiner Dauer nur deshalb nicht verzinsen müsste, weil er die Steuer nicht erst bei Änderung der Steuerfestsetzung zugunsten des Steuerpflichtigen, sondern bereits vorher im Wege der Aufhebung der Vollziehung erstattet hat.
e) Der Einbeziehung des Betrages, der aufgrund der Aufhebung der Vollziehung erstattet worden ist, in die Verzinsung nach § 233a Abs. 5 AO 1977 steht auch nicht entgegen, dass die Steuer durch die geänderten Einkommensteuerbescheide vom 20. und aufgrund eines Verlustrücktrags aus 1993 oder 1994 gemäß § 10d EStG herabgesetzt worden ist. Nach der bis zum In-Kraft-Treten des JStG 1997 geltenden Fassung des § 233a AO 1977 spielte es keine Rolle, aus welchen Gründen die Steuer zugunsten des Steuerpflichtigen herabgesetzt wurde (vgl. , BFHE 183, 33, BStBl II 1997, 714). Der durch das JStG 1997 eingefügte Abs. 2a des § 233a AO 1977, der für den Beginn des Zinslaufs eine abweichende Regelung u.a. für den Fall des Verlustabzugs nach § 10d EStG enthält, war kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung auf Verlustrückträge aus den Jahren 1993 und 1994, wie sie im Streitfall vorliegen, nicht anwendbar (vgl. Art. 97 § 15 Abs. 8 EGAO 1977, eingefügt durch Art. 20 Nr. 5 JStG 1997).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2005 II Seite 683
AO-StB 2005 S. 312 Nr. 11
BB 2005 S. 1726 Nr. 32
BB 2005 S. 2227 Nr. 41
BFH/NV 2005 S. 1652 Nr. 9
BStBl II 2005 S. 683 Nr. 17
DStR 2005 S. 1361 Nr. 32
DStRE 2005 S. 1048 Nr. 17
HFR 2005 S. 816 Nr. 9
INF 2005 S. 681 Nr. 18
KÖSDI 2005 S. 14783 Nr. 9
NWB-Eilnachricht Nr. 31/2005 S. 2607
NWB-Eilnachricht Nr. 35/2006 S. 2924
NWBDirekt 2005 S. 3 Nr. 31
SJ 2005 S. 13 Nr. 18
StB 2005 S. 328 Nr. 9
StBW 2005 S. 5 Nr. 16
StuB-Bilanzreport Nr. 21/2005 S. 946
JAAAB-57337