EuGH Urteil v. - C-501/19

Vorlage zur Vorabentscheidung – Steuerrecht – Mehrwertsteuer – Richtlinie 2006/112/EG – Art. 2 Abs. 1 Buchst. c, Art. 24 Abs. 1 und Art. 25 Buchst. a – Steuerbare Umsätze – Vergütungen für die öffentliche Wiedergabe von Musikwerken – Art. 28 – Verwertungsgesellschaft für Urheberrechte – Einziehung dieser Vergütungen beim Endnutzer in ihrem Namen und für Rechnung der Rechteinhaber

Leitsatz

1. Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie 2010/88/EU des Rates vom geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass ein Inhaber von Urheberrechten an Musikwerken eine entgeltliche Dienstleistung an einen Veranstalter von Darbietungen als Endnutzer erbringt, wenn dieser gegen Zahlung von Vergütungen, die von einer benannten – im eigenen Namen, aber für Rechnung des Rechteinhabers handelnden – Verwertungsgesellschaft eingezogen werden, die nicht ausschließliche Lizenz zur öffentlichen Wiedergabe dieser Werke erhält.

2. Art. 28 der Richtlinie 2006/112/EG in der durch die Richtlinie 2010/88 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass eine Verwertungsgesellschaft, die im eigenen Namen, aber für Rechnung der Inhaber von Urheberrechten an Musikwerken Vergütungen einzieht, die diesen als Gegenleistung für die Erlaubnis zur öffentlichen Wiedergabe ihrer geschützten Werke zustehen, als „Steuerpflichtiger“ im Sinne dieser Vorschrift handelt und daher zu behandeln ist, als ob sie diese Dienstleistung von den Rechteinhabern erhalten und sie anschließend selbst an die Endnutzer erbracht hätte. In einem solchen Fall ist die Verwertungsgesellschaft verpflichtet, dem Endnutzer Rechnungen in ihrem Namen auszustellen, in denen die von ihm eingezogenen Vergütungen einschließlich Mehrwertsteuer ausgewiesen sind. Die Rechteinhaber sind ihrerseits verpflichtet, der Verwertungsgesellschaft Rechnungen auszustellen, die die Mehrwertsteuer für die im Rahmen der erhaltenen Vergütungen erbrachte Leistung ausweisen.

Instanzenzug:

Gründe

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 24 Abs. 1, Art. 25 Buchst. a und Art. 28 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1) in der durch die Richtlinie 2010/88/EU des Rates vom (ABl. 2010, L 326, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).

2 Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der UCMR – ADA Asociația pentru Drepturi de Autor a Compozitorilor (UCMR – ADA Vereinigung für Urheberrechte, im Folgenden: UCMR‑ADA) und der gegenwärtig in Liquidation befindlichen Asociația Culturală „Suflet de Român“ (Kulturvereinigung „Rumänische Seele“, im Folgenden: Vereinigung) über die Mehrwertsteuerpflicht einer Zahlung von Vergütungen, die die Vereinigung der UCMR‑ADA für die öffentliche Wiedergabe von Musikwerken während einer von der Vereinigung organisierten Veranstaltung schuldet.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3 Art. 2 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie sieht vor:

„Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Umsätze:

c) Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt;

…“

4 Art. 24 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet:

„Als ‚Dienstleistung‘ gilt jeder Umsatz, der keine Lieferung von Gegenständen ist.“

5 In Art. 25 der Mehrwertsteuerrichtlinie heißt es:

„Eine Dienstleistung kann unter anderem in einem der folgenden Umsätze bestehen:

a) Abtretung eines nicht körperlichen Gegenstands, gleichgültig, ob in einer Urkunde verbrieft oder nicht;

…“

6 Art. 28 der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt:

„Steuerpflichtige, die bei der Erbringung von Dienstleistungen im eigenen Namen, aber für Rechnung Dritter tätig werden, werden behandelt, als ob sie diese Dienstleistungen selbst erhalten und erbracht hätten.“

Rumänisches Recht

Steuergesetzbuch

7 Art. 126 („Steuerbarer Umsatz“) der Legea nr. 571/2003 privind Codul fiscal (Gesetz Nr. 571/2003 über das Steuergesetzbuch) vom (M.Of., Teil I, Nr. 927/23, Dezember 2003) in der auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: Steuergesetzbuch) bestimmt:

„(1) Für Mehrwertsteuerzwecke sind in Rumänien Umsätze steuerbar, die folgende kumulative Voraussetzungen erfüllen:

a) Umsätze, die im Sinne der Art. 128 bis 130 eine mehrwertsteuerpflichtige Lieferung von Gegenständen oder eine mehrwertsteuerpflichtige Dienstleistung darstellen bzw. einer solchen Lieferung oder Dienstleistung gleichgestellt sind und gegen Entgelt getätigt werden; …“

8 Art. 129 („Dienstleistung“) des Steuergesetzbuchs sieht vor:

„(1) Als Dienstleistung gilt jeder Umsatz, der keine Lieferung von Gegenständen im Sinne von Art. 128 ist.

(2) Steuerpflichtige, die bei der Erbringung von Dienstleistungen im eigenen Namen, aber für Rechnung Dritter tätig werden, werden behandelt, als ob sie diese Dienstleistungen selbst erhalten und erbracht hätten.

(3) Zu den Dienstleistungen zählen Umsätze wie

b) die Abtretung eines nicht körperlichen Gegenstands, gleichgültig, ob in einer Urkunde verbrieft oder nicht, insbesondere die Übertragung und/oder die Abtretung von Urheberrechten, Patenten, Lizenzen, Warenzeichen und ähnlichen Rechten;

e) Mittlerdienste von Personen, die im Namen und für Rechnung anderer Personen tätig werden, wenn sie im Rahmen einer Lieferung von Gegenständen oder einer Dienstleistung erbracht werden.

…“

Gesetz über das Urheberrecht

9 Art. 13 der Legea nr. 8/1996 privind dreptul de autor și drepturile conexe (Gesetz Nr. 8/1996 über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte) vom (M.Of., Teil I, Nr. 60/26, März 1996) in seiner auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: Gesetz über das Urheberrecht) bestimmt:

„Die Nutzung eines Werks begründet für den Urheber eigene und ausschließliche Vermögensrechte, die es ihm ermöglichen, folgende Handlungen zu genehmigen oder zu verbieten:

f) jedwede direkte oder indirekte öffentliche Wiedergabe des Werks, einschließlich seiner öffentlichen Zugänglichmachung in der Weise, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist;

…“

10 Titel III dieses Gesetzes ist mit „Wahrnehmung und Verteidigung des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte“ überschrieben. Sein Kapitel I („Wahrnehmung der Urhebervermögensrechte und der verwandten Schutzrechte“) enthält drei Abschnitte. Die Art. 123 bis 1234 sind in Abschnitt I („Allgemeine Bestimmungen“) enthalten.

11 Art. 123 des Gesetzes über das Urheberrecht bestimmt:

„(1) Die Inhaber des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte können die ihnen durch dieses Gesetz zuerkannten Rechte persönlich oder unter den Voraussetzungen dieses Gesetzes auf der Grundlage einer Vollmacht durch Verwertungsgesellschaften ausüben.

(3) Die Inhaber von Urheberrechten oder verwandten Schutzrechten können die durch dieses Gesetz zuerkannten Vermögensrechte nicht an Verwertungsgesellschaften abtreten.“

12 In Art. 1231 dieses Gesetzes heißt es:

„(1) Die kollektive Verwaltung ist für die Ausübung folgender Rechte obligatorisch:

e) das Recht der öffentlichen Wiedergabe musikalischer Werke …

(2) Hinsichtlich der in Abs. 1 genannten Kategorien von Rechten vertreten die Verwertungsgesellschaften auch diejenigen Rechteinhaber, die ihnen keine Vollmacht erteilt haben.“

13 Art. 125 Abs. 2 in Abschnitt II („Verwertungsgesellschaften für das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte“) dieses Gesetzes bestimmt:

„[Verwertungsgesellschaften] werden unmittelbar von den Inhabern der Urheberrechte oder der verwandten Schutzrechte, die natürliche oder juristische Personen sein können, gegründet und handeln im Rahmen der ihnen erteilten Vollmacht und auf der Grundlage einer nach dem gesetzlich vorgesehenen Verfahren angenommenen Satzung.“

14 Art. 129 des Gesetzes über das Urheberrecht hat folgenden Wortlaut:

„Ist die kollektive Verwaltung obligatorisch und gehört ein Inhaber von [Urheberrechten] keiner Gesellschaft an, ist die Gesellschaft des Sektors mit der höchsten Anzahl von Mitgliedern zuständig. Die nicht vertretenen Rechteinhaber können die ihnen zustehenden Beträge innerhalb von drei Jahren nach der Bekanntgabe einfordern. Nach Ablauf dieser Frist werden die nicht aufgeteilten oder nicht beanspruchten Beträge mit Ausnahme der Verwaltungskosten entsprechend dem Beschluss der Generalversammlung verwendet.“

15 Innerhalb von Titel III Kapitel I des Gesetzes über das Urheberrecht enthält Abschnitt III („Arbeitsweise der Verwertungsgesellschaften“) die Art. 130 bis 135.

16 Art. 130 Abs. 1 dieses Gesetzes sieht vor:

„Die Verwertungsgesellschaften sind verpflichtet,

a) den Nutzern, die dies vor jeder Nutzung der geschützten Bestände beantragen, gegen Vergütung im Wege einer nicht ausschließlichen Lizenz schriftlich eine nicht ausschließliche Genehmigung zu erteilen;

b) für ihren Tätigkeitsbereich Verwertungsbedingungen einschließlich angemessener Verwertungsgebühren auszuarbeiten, die mit den Nutzern im Hinblick auf die Zahlung dieser Gebühren auszuhandeln sind, soweit es sich um Werke handelt, deren Verwertungsform die Erteilung einer Einzelgenehmigung durch die Rechteinhaber ausschließt;

e) die von den Nutzern geschuldeten Beträge einzuziehen und … unter den Rechteinhabern aufzuteilen;

…“

17 Art. 1311 Abs. 1 des Gesetzes über das Urheberrecht, der die Bestimmungen von Art. 130 Abs. 1 Buchst. b ergänzt, bestimmt:

„Die Verwertungsgesellschaften handeln die Verwertungsbedingungen mit den [Vertretern bestimmter Vereinigungen und Nutzerorganisationen] unter Beachtung folgender Hauptkriterien aus:

a) die Gruppe der Rechteinhaber, unabhängig davon, ob sie Mitglieder sind oder nicht, sowie der Bereich, in dem die Verhandlungen geführt werden;

d) das Ausmaß der Nutzungen des von der Verwertungsgesellschaft verwalteten Repertoires;

f) die Einnahmen, die von den Nutzern durch Ausübung der Tätigkeit erzielt werden, für die das fragliche Repertoire genutzt wird.

…“

18 Art. 134 des Gesetzes über das Urheberrecht sieht vor:

„(1) Die Ausübung der in der Vollmacht vorgesehenen kollektiven Verwaltung beschränkt in keiner Weise die Vermögensrechte der Rechteinhaber.

(2) Für die kollektive Verwaltung gelten die folgenden Regeln:

a) Entscheidungen über das Verfahren und die Regeln für die Einziehung der Lizenzgebühren und der anderen Beträge bei den Nutzern und über die Aufteilung dieser Beträge zwischen den Rechteinhabern sowie solche über andere, wichtigere Aspekte der kollektiven Verwaltung sind von den Mitgliedern im Rahmen der Generalversammlung und im Einklang mit der Satzung zu treffen;

b) die Provision, die von den Rechteinhabern, die Mitglieder einer Verwertungsgesellschaft sind, geschuldet wird, um deren laufende Kosten zu decken, … und die Provision, die einer Verwertungsgesellschaft, bei der es sich um die einzige Einziehungsstelle handelt …, zusteht, dürfen zusammen nicht mehr als 15 % der jährlich eingezogenen Beträge ausmachen;

c) ohne einen ausdrücklichen Beschluss der Generalversammlung dürfen die von einer Verwertungsgesellschaft eingezogenen Beträge nicht für andere gemeinsame Zwecke als die Übernahme der tatsächlichen Kosten im Zusammenhang mit der Einziehung der geschuldeten Beträge und ihrer Aufteilung zwischen den Mitgliedern verwendet werden; die Generalversammlung kann beschließen, dass höchstens 15 % der eingezogenen Beträge für gemeinsame Zwecke und ausschließlich im Rahmen des Tätigkeitsbereichs verwendet werden dürfen;

d) die von einer Verwertungsgesellschaft eingezogenen Beträge werden spätestens sechs Monate nach der Einziehung im Verhältnis zur Nutzung der Bestände der verschiedenen Rechteinhaber einzeln zwischen diesen aufgeteilt; die Rechteinhaber können die Zahlung der Beträge verlangen, die nominell eingezogen worden sind oder für deren Aufteilung die Vorlage spezifischer Unterlagen innerhalb von 30 Tagen nach der Einziehung nicht erforderlich ist;

e) die von den Rechteinhabern geschuldete Provision wird auf die Beträge erhoben, die den einzelnen Verwertungsgesellschaften nach Berechnung der individuellen Aufteilung zustehen;

(3) Die an die Verwertungsgesellschaften gezahlten Lizenzgebühren gelten nicht als Einnahmen dieser Gesellschaften und können solchen Einnahmen nicht gleichgestellt werden.

(4) In Ausübung ihrer Vollmacht können sich die Verwertungsgesellschaften gemäß diesem Gesetz weder Urheberrechte oder verwandte Schutzrechte noch die Ausübung solcher Rechte übertragen oder abtreten lassen.“

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

19 Die UCMR-ADA ist eine Verwertungsgesellschaft für Urhebervermögensrechte an Musikwerken, die vom Oficiul Român pentru Drepturile de Autor (Rumänisches Urheberrechtsamt) als einzige rumänische Stelle zur Einziehung von Urheberrechtsvergütungen für die öffentliche Wiedergabe solcher Werke bei Konzerten, Veranstaltungen oder künstlerischen Darbietungen benannt wurde.

20 Die Vereinigung organisierte am eine Veranstaltung, bei der Musikwerke vor Publikum aufgeführt wurden. Hierfür hatte sie von der UCMR‑ADA gegen Zahlung von Vergütungen eine nicht ausschließliche Lizenz für die öffentliche Wiedergabe dieser Werke erhalten.

21 Da die Vereinigung nur einen Teil der von der UCMR-ADA geforderten Vergütungen gezahlt hatte, sah diese sich gezwungen, den Rechtsweg zu beschreiten. Zwar entschieden sowohl das erstinstanzliche Gericht als auch das Berufungsgericht, dass die Vereinigung den vollen Betrag der geforderten Vergütungen schuldete; das Berufungsgericht war jedoch der Ansicht, dass die Einziehung der Gebühren durch die UCMR‑ADA nicht der Mehrwertsteuer unterliege, und setzte den von der Vereinigung zu entrichtenden Betrag um den Betrag dieser Steuer herab.

22 In ihrer Kassationsbeschwerde vor der Înalta Curte de Casaţie şi Justiţie (Oberster Kassations- und Gerichtshof, Rumänien) trägt die UCMR‑ADA vor, das Berufungsgericht habe gegen das Steuergesetzbuch und gegen den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer verstoßen, da seine Entscheidung dazu führe, dass die UCMR‑ADA und nicht die Vereinigung die Mehrwertsteuer zu tragen habe, obwohl Erstere nicht die Endnutzerin dieser Werke sei.

23 Das vorlegende Gericht hat Zweifel an der Auslegung der Mehrwertsteuerrichtlinie und möchte zunächst wissen, ob der Umsatz, mit dem die Inhaber von Urheberrechten an Musikwerken die Nutzung dieser Werke durch die Organisatoren von Veranstaltungen gestatten, als „Dienstleistung gegen Entgelt“ im Sinne dieser Richtlinie anzusehen ist. Auch wenn es sich der Tatsache bewusst ist, dass es sich im Ausgangsverfahren um andere Vermögensrechte und andere Kategorien von Rechteinhabern handelt als in der Rechtssache, in der das Urteil vom , SAWP (C‑37/16, EU:C:2017:22), ergangen ist, fragt es sich, ob die Erwägungen des Gerichtshofs in diesem Urteil auf den vorliegenden Fall übertragen werden können.

24 Falls dieser Umsatz als Dienstleistung gegen Entgelt anzusehen ist, fragt sich das vorlegende Gericht sodann unter Bezug auf das Urteil vom , Henfling u. a. (C‑464/10, EU:C:2011:489), ob eine Verwertungsgesellschaft, indem sie von Nutzern Vergütungen einzieht, im Sinne von Art. 28 der Mehrwertsteuerrichtlinie als Steuerpflichtiger handelt. Gegebenenfalls möchte es wissen, welche Folgen sich daraus für die Verpflichtung zur Ausstellung von Rechnungen mit Mehrwertsteuer sowohl für diese Verwertungsgesellschaft als auch für die Inhaber von Urheberrechten ergeben.

25 Unter diesen Umständen hat die Înalta Curte de Casație și Justiție (Oberster Kassations- und Gerichtshof) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

  1. Erbringen die Inhaber von Rechten an Musikwerken den Organisatoren von Veranstaltungen, von denen die Verwertungsgesellschaften auf der Grundlage einer Genehmigung in Form einer nicht ausschließlichen Lizenz im eigenen Namen, aber für Rechnung dieser Rechteinhaber Vergütungen für die öffentliche Wiedergabe von Musikwerken einziehen, eine Dienstleistung im Sinne von Art. 24 Abs. 1 und Art. 25 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie?

  2. Im Fall der Bejahung der ersten Frage: Handeln die Verwertungsgesellschaften, wenn sie bei den Organisatoren von Veranstaltungen Vergütungen für das Recht auf öffentliche Wiedergabe von Musikwerken einziehen, als Steuerpflichtige im Sinne von Art. 28 der Mehrwertsteuerrichtlinie, und sind sie verpflichtet, den Organisatoren von Veranstaltungen Mehrwertsteuerrechnungen auszustellen, und müssen die Urheber und sonstigen Rechteinhaber von Musikwerken, wenn ihnen Vergütungen ausgezahlt werden, ihrerseits der Verwertungsgesellschaft Mehrwertsteuerrechnungen ausstellen?

Verfahren vor dem Gerichtshof

26 Die mündliche Verhandlung, die zunächst auf den anberaumt worden war, ist wegen der Gesundheitskrise aufgehoben worden, und die Fragen, die zur mündlichen Beantwortung gestellt worden waren, sind in Fragen zur schriftlichen Beantwortung geändert worden. Die Parteien haben diese Fragen fristgemäß beantwortet.

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

27 Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 2 Abs. 1 Buchst. c, Art. 24 Abs. 1 und Art. 25 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen sind, dass ein Inhaber von Urheberrechten an Musikwerken eine entgeltliche Dienstleistung an einen Veranstalter von Darbietungen als Endnutzer erbringt, wenn dieser gegen Zahlung von Vergütungen, die von einer benannten – im eigenen Namen, aber für Rechnung des Rechteinhabers handelnden – Verwertungsgesellschaft eingezogen werden, die nicht ausschließliche Lizenz zur öffentlichen Wiedergabe dieser Werke erhält.

28 Nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie unterliegen der Mehrwertsteuer Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt.

29 Gemäß Art. 24 Abs. 1 dieser Richtlinie ist jeder Umsatz, der keine Lieferung von Gegenständen ist, als Dienstleistung anzusehen. Art. 25 der Mehrwertsteuerrichtlinie zählt beispielhaft drei verschiedene Umsätze auf, die als „Dienstleistungen“ eingestuft werden können, darunter unter Buchst. a die Abtretung eines nicht körperlichen Gegenstands.

30 Vor der Prüfung, ob eine Dienstleistung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende eine Abtretung eines nicht körperlichen Gegenstands im Sinne dieser Bestimmung sein kann, ist zu prüfen, ob eine solche Transaktion gegen Entgelt erfolgt. Wie sich nämlich aus Rn. 28 des vorliegenden Urteils ergibt, muss eine solche Dienstleistung nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie in jedem Fall gegen Entgelt erbracht werden, um dieser Richtlinie zu unterliegen (Urteil vom , SAWP, C‑37/16, EU:C:2017:22, Rn. 24).

31 Nach ständiger Rechtsprechung wird eine Dienstleistung nur dann im Sinne der Mehrwertsteuerrichtlinie gegen Entgelt erbracht und ist somit steuerpflichtig, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet. Dies ist der Fall, wenn zwischen der erbrachten Dienstleistung und dem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, wobei die gezahlten Beträge die tatsächliche Gegenleistung für eine bestimmbare Leistung darstellen, die im Rahmen des Rechtsverhältnisses erbracht wurde, im Rahmen dessen die gegenseitigen Leistungen ausgetauscht werden (vgl. u. a. Urteile vom , SAWP, C‑37/16, EU:C:2017:22, Rn. 25 und 26, sowie vom , Vodafone Portugal, C‑43/19, EU:C:2020:465, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32 Nach den Angaben des vorlegenden Gerichts führen die im Ausgangsverfahren anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften eine obligatorische kollektive Verwaltung für die Ausübung des Rechts auf öffentliche Wiedergabe von Musikwerken, insbesondere bei Veranstaltungen, ein. Diese kollektive Verwaltung bedingt insbesondere, dass eine einzige benannte Verwertungsgesellschaft die Verpflichtung hat, Nutzern wie etwa Veranstaltern von Darbietungen, die dies beantragen, eine nicht ausschließliche Lizenz für die öffentliche Wiedergabe des betreffenden Werks zu erteilen. Bei der Einziehung der Vergütungen, die den Inhabern der Urheberrechte als Gegenleistung für eine solche Erlaubnis zustehen, handelt die Verwertungsgesellschaft im eigenen Namen, aber für Rechnung dieser Rechteinhaber, unabhängig davon, ob diese Mitglieder der Gesellschaft sind oder nicht.

33 Hieraus ergibt sich, dass der Inhaber von Urheberrechten in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens dem Veranstalter von Darbietungen trotz Einschaltung der Verwertungsgesellschaft eine entgeltliche Dienstleistung erbringt.

34 Erstens besteht nämlich in einem solchen Fall ein Rechtsverhältnis, in dem gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, da der Inhaber von Urheberrechten an einem Musikwerk einem Nutzer durch die Gestattung der öffentlichen Wiedergabe dieses Werks dessen Nutzung gewährt. Dieser Nutzer erbringt wiederum eine Leistung an den Rechteinhaber, indem er seiner Verpflichtung zur Zahlung der Vergütung für die bei der Verwertungsgesellschaft beantragte Nutzung des Werks nachkommt. Letztere handelt in diesem Fall für Rechnung der Rechteinhaber.

35 Der Umstand, dass die Nutzung des geschützten Werks auf ausdrücklichen Wunsch des Nutzers gewährt wird, der seinerseits die geschuldete Vergütung zahlt, bestätigt in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens nicht nur das Bestehen eines Rechtsverhältnisses, in dem gegenseitige Leistungen zwischen dem Anbieter/Inhaber und dem Empfänger/Nutzer ausgetauscht werden, sondern ermöglicht auch die Feststellung eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der erbrachten Leistung und der tatsächlich erhaltenen Gegenleistung.

36 Zweitens stellt in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens die vom Benutzer gezahlte Vergütung die tatsächliche Gegenleistung für die im Rahmen dieses Rechtsverhältnisses erbrachte Dienstleistung dar. Insoweit geht aus den Angaben des vorlegenden Gerichts hervor, dass der den Rechteinhabern von der Verwertungsgesellschaft geschuldete Betrag, auch wenn er letztlich nach den im nationalen Recht festgelegten Methoden bestimmt wird, die erbrachte Dienstleistung entgelten soll.

37 Diese Feststellung wird weder dadurch entkräftet, dass dieses Entgelt von der Verwertungsgesellschaft eingezogen wird, da diese im Namen der Rechteinhaber handelt, noch dadurch, dass die kollektive Verwaltung des Entgelts, wie der Generalanwalt in Nr. 48 seiner Schlussanträge ausführt, auf einer gesetzlichen Verpflichtung beruht oder dass die Verwertungsgesellschaft sowohl für die Urheber tätig wird, die ihr als Mitglied angehören, als auch für die Nichtmitglieder – vorausgesetzt, dass die Art der Verwaltung sich nicht nach der Kategorie der Rechteinhaber unterscheidet.

38 Eine Situation wie die des Ausgangsverfahrens unterscheidet sich somit in zweierlei Hinsicht von der Situation, die dem Urteil vom , SAWP (C‑37/16, EU:C:2017:22), zugrunde liegt. Zum einen besteht ein Rechtsverhältnis, in dem zwischen Rechteinhabern und einem Endnutzer des geschützten Werks gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden. Zum anderen ist ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Erbringung einer Dienstleistung und einem Gegenwert festzustellen, da die vom Endnutzer zu entrichtenden Vergütungen die tatsächliche Gegenleistung für die bestimmbare Dienstleistung des Rechteinhabers darstellen, während der Gerichtshof in den Rn. 28 bis 30 jenes Urteils entschieden hat, dass die in Rede stehenden Abgaben, die bestimmte Hersteller und Importeure aufgrund des nationalen Rechts – das auch ihre Höhe festlegte – zu entrichten hatten, dazu dienten, den gerechten Ausgleich zugunsten der Inhaber der in Rede stehenden Rechte zu finanzieren.

39 Da feststeht, dass der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Umsatz eine Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie ist, braucht nicht geprüft zu werden, ob er unter den Begriff „Abtretung eines nicht körperlichen Gegenstands“ im Sinne von Art. 25 Buchst. a dieser Richtlinie fällt, denn die Aufzählung der in Art. 25 genannten Dienstleistungen ist nicht abschließend.

40 Nach alledem ist Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen, dass ein Inhaber von Urheberrechten an Musikwerken eine entgeltliche Dienstleistung an einen Veranstalter von Darbietungen als Endnutzer erbringt, wenn dieser gegen Zahlung von Vergütungen, die von einer benannten – im eigenen Namen, aber für Rechnung des Rechteinhabers handelnden – Verwertungsgesellschaft eingezogen werden, die nicht ausschließliche Lizenz zur öffentlichen Wiedergabe dieser Werke erhält.

Zur zweiten Frage

41 Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 28 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass eine Verwertungsgesellschaft, die im eigenen Namen, aber für Rechnung der Inhaber von Urheberrechten an Musikwerken Vergütungen einzieht, die diesen als Gegenleistung für die Erlaubnis zur öffentlichen Wiedergabe ihrer geschützten Werke zustehen, als „Steuerpflichtiger“ im Sinne dieser Vorschrift handelt und daher zu behandeln ist, als ob sie diese Dienstleistung von den Rechteinhabern erhalten und sie anschließend selbst an die Endnutzer erbracht hätte. Das vorlegende Gericht fragt sich auch, ob in einem solchen Fall zum einen die Verwertungsgesellschaft dem Endnutzer Rechnungen in ihrem Namen ausstellen muss, in denen die von ihm eingezogenen Vergütungen einschließlich Mehrwertsteuer ausgewiesen sind, und zum anderen, ob die Rechteinhaber ihrerseits verpflichtet sind, der Verwertungsgesellschaft Rechnungen auszustellen, die die Mehrwertsteuer für die im Rahmen der erhaltenen Vergütungen erbrachte Leistung ausweisen.

42 Zum ersten Teil dieser Frage ist daran zu erinnern, dass Steuerpflichtige, die bei der Erbringung von Dienstleistungen im eigenen Namen, aber für Rechnung Dritter tätig werden, gemäß Art. 28 der Mehrwertsteuerrichtlinie so behandelt werden, als ob sie diese Dienstleistungen selbst erhalten und erbracht hätten.

43 Diese Vorschrift begründet somit die juristische Fiktion zweier gleichartiger Dienstleistungen, die nacheinander erbracht werden. Gemäß dieser Fiktion wird der Wirtschaftsteilnehmer, der bei der Erbringung von Dienstleistungen hinzutritt und Kommissionär ist, so behandelt, als ob er zunächst die fraglichen Dienstleistungen von dem Wirtschaftsteilnehmer, für dessen Rechnung er tätig wird und der Kommittent ist, erhalten hätte und anschließend diese Dienstleistungen dem Kunden selbst erbrächte (Urteil vom , Kommission/Luxemburg, C‑274/15, EU:C:2017:333, Rn. 86 und die dort angeführte Rechtsprechung).

44 Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der Vorlageentscheidung erstens, dass die kollektive Verwaltung für die Ausübung des Rechts auf öffentliche Wiedergabe von Musikwerken, insbesondere bei Veranstaltungen, zwingend vorgeschrieben ist. In diesem Fall vertritt die benannte Verwertungsgesellschaft auch die Rechteinhaber, die ihr keine Vollmacht erteilt haben und daher nicht ihre Mitglieder sind. Zweitens dürfen die ausschließlichen Vermögensrechte der Rechteinhaber, die es ihnen ermöglichen, insbesondere die öffentliche Wiedergabe eines Werkes zu erlauben oder zu verbieten, nicht auf Verwertungsgesellschaften übertragen werden. Drittens ist die Verwertungsgesellschaft nach dem anwendbaren nationalen Recht verpflichtet, zum einen den Nutzern, die dies beantragen, nicht ausschließliche Lizenzen zu erteilen und zum anderen mit den Nutzern ausgehandelte Methoden für die Zahlung angemessener Vergütungen für Werke auszuarbeiten, deren Verwertungsform die Erteilung einer Einzelgenehmigung durch die Rechteinhaber ausschließt. Falls, viertens, den Rechteinhabern nach diesen Methoden Vergütungen zustehen, so umfasst die einem Nutzer von der Verwertungsgesellschaft erteilte Erlaubnis die Beträge, die diese im eigenen Namen, aber für Rechnung der Rechteinhaber einzieht.

45 Aus alledem ergibt sich, dass in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens die Verwertungsgesellschaft dadurch, dass sie im eigenen Namen, aber für Rechnung der Rechteinhaber Lizenzen an die Nutzer geschützter Werke erteilt und als Gegenleistung für diese Nutzung Vergütungen einzieht, bei der Erbringung von Dienstleistungen des Rechteinhabers an den Nutzer, d. h. den Veranstalter von Darbietungen, als Mittler auftritt. Folglich ist diese Verwertungsgesellschaft so zu behandeln, als ob sie diese Dienstleistung zunächst von den Rechteinhabern erhalten und dann selbst gegenüber den Endnutzern erbracht hätte.

46 Daher ist unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens davon auszugehen, dass die Verwertungsgesellschaft als Kommissionär im Sinne von Art. 28 der Mehrwertsteuerrichtlinie gehandelt hat.

47 Die Tatsache, dass eine Verwertungsgesellschaft auch Rechteinhaber vertritt, die ihr keine Vollmacht erteilt haben, steht dem nicht entgegen, solange weder die fragliche Dienstleistung noch die Art und Weise ihrer Erbringung sich nach der Kategorie der betroffenen Rechteinhaber unterscheidet.

48 Aus den Angaben des vorlegenden Gerichts sowie der rumänischen Regierung geht nämlich hervor, dass das anwendbare Recht im System der obligatorischen kollektiven Rechteverwaltung, um das es im Ausgangsverfahren geht, in Bezug auf die Erteilung von Lizenzen, die Einziehung von Vergütungen und deren Verteilung sowie die einer Verwertungsgesellschaft zustehende Provision nicht danach unterscheidet, ob eine Person Mitglied der Verwertungsgesellschaft ist oder nicht.

49 Zum zweiten Teil dieser Frage, der die Folgen der Anwendung von Art. 28 der Mehrwertsteuerrichtlinie auf die Rechnungsstellung betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass, da diese Vorschrift Teil des Titels IV („Steuerbarer Umsatz“) dieser Richtlinie ist, nacheinander erbrachte Dienstleistungen in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fallen. Wenn die Erbringung von Dienstleistungen, bei der ein Wirtschaftsteilnehmer als Mittler auftritt, der Mehrwertsteuer unterliegt, unterliegt folglich die rechtliche Beziehung zwischen diesem Wirtschaftsteilnehmer und dem Wirtschaftsteilnehmer, für dessen Rechnung er handelt, ebenfalls der Mehrwertsteuer (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Amărăşti Land Investment, C‑707/18, EU:C:2019:1136, Rn. 38).

50 Wenn also die Verwertungsgesellschaft als Steuerpflichtiger im eigenen Namen, aber für Rechnung der Inhaber von Urheberrechten einen Umsatz tätigt, der darin besteht, den Veranstaltern von Darbietungen gegen eine Vergütung nicht ausschließliche Lizenzen für die öffentliche Wiedergabe von Musikwerken zu erteilen, so tätigt diese Gesellschaft einen Umsatz, der in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fällt, ebenso wie die Rechteinhaber eine steuerpflichtige Dienstleistung erbringen, wenn sie von der Verwertungsgesellschaft Vergütungen erhalten.

51 In einer solchen Situation hat die steuerpflichtige Verwertungsgesellschaft im Hinblick auf die Wahrung des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität dem Endnutzer im eigenen Namen eine Rechnung über die Einziehung der geschuldeten Gebühren zuzüglich der Mehrwertsteuer zu stellen. Anschließend, nach Erhalt der von dieser Stelle überwiesenen Vergütungen, müssen die Rechteinhaber, sofern sie steuerpflichtig sind, dieser Stelle eine Rechnung über die erhaltenen Vergütungen und die Mehrwertsteuer stellen, der diese unterliegen.

52 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass Art. 28 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass eine Verwertungsgesellschaft, die im eigenen Namen, aber für Rechnung der Inhaber von Urheberrechten an Musikwerken Vergütungen einzieht, die diesen als Gegenleistung für die Erlaubnis zur öffentlichen Wiedergabe ihrer geschützten Werke zustehen, als Steuerpflichtiger im Sinne dieser Vorschrift handelt und daher zu behandeln ist, als ob sie diese Dienstleistung von den Rechteinhabern erhalten und sie anschließend selbst an die Endnutzer erbracht hätte. In einem solchen Fall ist die Verwertungsgesellschaft verpflichtet, dem Endnutzer Rechnungen in ihrem Namen auszustellen, in denen die von ihm eingezogenen Vergütungen einschließlich Mehrwertsteuer ausgewiesen sind. Die Rechteinhaber sind ihrerseits verpflichtet, der Verwertungsgesellschaft Rechnungen auszustellen, die die Mehrwertsteuer für die im Rahmen der erhaltenen Vergütungen erbrachte Leistung ausweisen.

Kosten

53 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

  1. Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie 2010/88/EU des Rates vom geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass ein Inhaber von Urheberrechten an Musikwerken eine entgeltliche Dienstleistung an einen Veranstalter von Darbietungen als Endnutzer erbringt, wenn dieser gegen Zahlung von Vergütungen, die von einer benannten – im eigenen Namen, aber für Rechnung des Rechteinhabers handelnden – Verwertungsgesellschaft eingezogen werden, die nicht ausschließliche Lizenz zur öffentlichen Wiedergabe dieser Werke erhält.

  2. Art. 28 der Richtlinie 2006/112/EG in der durch die Richtlinie 2010/88 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass eine Verwertungsgesellschaft, die im eigenen Namen, aber für Rechnung der Inhaber von Urheberrechten an Musikwerken Vergütungen einzieht, die diesen als Gegenleistung für die Erlaubnis zur öffentlichen Wiedergabe ihrer geschützten Werke zustehen, als „Steuerpflichtiger“ im Sinne dieser Vorschrift handelt und daher zu behandeln ist, als ob sie diese Dienstleistung von den Rechteinhabern erhalten und sie anschließend selbst an die Endnutzer erbracht hätte. In einem solchen Fall ist die Verwertungsgesellschaft verpflichtet, dem Endnutzer Rechnungen in ihrem Namen auszustellen, in denen die von ihm eingezogenen Vergütungen einschließlich Mehrwertsteuer ausgewiesen sind. Die Rechteinhaber sind ihrerseits verpflichtet, der Verwertungsgesellschaft Rechnungen auszustellen, die die Mehrwertsteuer für die im Rahmen der erhaltenen Vergütungen erbrachte Leistung ausweisen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



ECLI Nummer:
ECLI:EU:C:2021:50

Fundstelle(n):
BAAAH-75911