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Lexikon - Stand: 29.05.2024

Vorsteueraufteilung

Karl-Hermann Eckert

Eine Übersichtsseite zu den Stichwörtern des Kontierungslexikons finden Sie hier: NWB LAAAE-91155.

Zusammenfassung

Werden Leistungsbezüge an einen Unternehmer erbracht, der steuerpflichtige und steuerfreie Umsätze ohne Vorsteuerabzugsberechtigung ausführt, ist die Vorsteuer nach § 15 Abs. 4 UStG unter Beachtung des Prinzips der wirtschaftlichen Zurechnung aufzuteilen. Hierbei ist zu prüfen, ob und ggf. nach welcher wirtschaftlichen Methode die Aufteilung der Vorsteuer vorgenommen werden kann.

Der Beitrag stellt die Grundsätze der Vorsteueraufteilung unter besonderer Betrachtung von Vorsteuern dar, die im Zusammenhang mit gemischt genutzten Gebäuden stehen. Anhand von Buchungsbeispielen wird die zutreffende Buchung auch unter dem Blickwinkel der Erfüllung der Aufzeichnungspflichten nach § 22 UStG einschließlich der Hinweise zur möglichen Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG dargestellt.

1. Welche Konten werden im SKR 03 oder 04 benötigt?

1.1 SKR 03


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1566
Aufzuteilende Vorsteuer 19 %
1570
Abziehbare Vorsteuer
1576
Abziehbare Vorsteuer 19 %
1600
Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen
3000
Einkauf Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe
3030
Einkauf Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe 19 % Vorsteuer
4201
Raumkosten [Objekt 1]
4202
Raumkosten [Objekt 2]
4203
Raumkosten [Objekt 3]
4306
Nicht abziehbare Vorsteuer 19 %
4930
Bürobedarf

1.2 SKR 04


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1400
Abziehbare Vorsteuer
1406
Abziehbare Vorsteuer 19 %
1416
Aufzuteilende Vorsteuer 19 %
3300
Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen
5100
Einkauf Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe
5130
Einkauf Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe 19 % Vorsteuer
6306
Raumkosten [Objekt 1]
6307
Raumkosten [Objekt 2]
6308
Raumkosten [Objekt 3]
6815
Bürobedarf
6871
Nicht abziehbare Vorsteuer 19 %

2. Rechtsgrundlagen


Tabelle in neuem Fenster öffnen

3. Wie wird kontiert?

3.1 Allgemeine Grundsätze

Das Prinzip des Vorsteuerabzugs beruht auf dem Grundgedanken, dass nur solche Vorsteuern in Abzug gebracht werden können, deren zugrunde liegender Leistungsbezug für umsatzsteuerpflichtige Zwecke verwendet wird. Die Vorsteuer muss demnach für die wirtschaftliche Tätigkeit des Unternehmers bestimmt sein.

Wird die Leistung für steuerfreie Umsätze verwendet, für die der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 und 3 UStG ausgeschlossen ist – sog. steuerschädliche Verwendung –, scheidet der Vorsteuerabzug aus.

Wird die Leistung aber sowohl für umsatzsteuerpflichtige als auch für steuerschädliche umsatzsteuerfreie Umsätze verwendet, ist die Vorsteuer nach den Grundsätzen des § 15 Abs. 4 UStG in einen abzugsfähigen und in einen nicht abzugsfähigen Teil aufzuteilen. Es gilt nach § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG das Prinzip der wirtschaftlichen Zurechnung.

Zu beachten ist, dass nur solche Vorsteuerbeträge aufgeteilt werden können, die nach § 15 Abs. 1 - 1b UStG abziehbar sind. Nach § 15 Abs. 4 UStG aufteilbar sind nur gesetzlich geschuldete Vorsteuerbeträge. Eine Steuer, die nach § 14c UStG geschuldet wird, kommt für eine Vorsteueraufteilung nicht in Betracht.

Folgendes Schaubild verdeutlicht diese Grundsätze:

Abb. 1: Grundsätze der Vorsteuersystematik

Hinweis:

Aus dieser Systematik lässt sich der Grundsatz ableiten, dass eine Aufteilung der Vorsteuer erst dann in Betracht kommt, wenn keine direkte Zuordnung der Vorsteuer möglich ist. Es ist jeder Leistungsbezug bzw. jede Anzahlung einzeln zuzuordnen. Bei Nichtbeachtung droht eine Schätzung nach § 162 AO.

Die Vorsteuern sind demnach in drei Gruppen einzuteilen:

  1. Gruppe 1 = voller Vorsteuerabzug bei 100%iger steuerpflichtiger Verwendung,

  2. Gruppe 2 = kein Vorsteuerabzug bei 100%iger steuerschädlicher steuerfreier Verwendung,

  3. Gruppe 3 = teilweise Vorsteuerabzug bei gemischter Verwendung.

In die Gruppe 3 fallen alle Vorsteuerbeträge im wirtschaftlichen Zusammenhang sowohl mit Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, als auch mit Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen. Der Unternehmer kann nach § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG die Vorsteueraufteilung im Rahmen einer sachgerechten Schätzung durchführen. Die Aufteilung erfolgt durch gegenständliche Zuordnung oder nach Kostenzurechnungsgesichtspunkten.

Hinweis:

Eine Vorsteueraufteilung nach dem Verhältnis der Umsätze (Umsatzschlüssel) ist nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG nur dann zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zuordnung möglich ist. Dies ist in dem Sinne zu verstehen, dass keine andere Methode eine präzisere Ermittlung der abziehbaren Vorsteuern gewährleisten darf. Die Auswahl der anzuwendenden präziseren Methode obliegt in diesen Fällen dem Unternehmer; das Finanzamt kann sie jedoch daraufhin überprüfen, ob sie sachgerecht ist.

Beispiel 1

Ein Bauunternehmen führt nicht zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze aus in einer Höhe von 80 % am Gesamtumsatz durch den Verkauf von schlüsselfertigen Häusern mit Grundstück. Außerdem führt er auch zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze aus in Höhe von 20 %, die aus der Erstellung von schlüsselfertigen Häusern auf fremden Grund und Boden stammen.

Der Unternehmer lässt nun eine Internet-Homepage erstellen, auf der er über sein gesamtes Leistungsspektrum informiert.

Lösung

Die Eingangsleistung wird unternehmerisch bezogen, kann aber nicht direkt und unmittelbar bestimmten Ausgangsumsätzen zugeordnet werden. Soweit die Eingangsleistung auch zur Ausführung von steuerfreien Umsätzen verwendet wird, besteht nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug. Die abziehbaren Vorsteuerbeträge sind nach § 15 Abs. 4 UStG zu ermitteln.

Die Aufteilung der Vorsteuer hat nach Kostenzurechnungsgesichtspunkten zu erfolgen. Da keine andere Form der wirtschaftlichen Zurechnung erkennbar ist, ist der Umsatzschlüssel als sachgerechte Schätzmethode nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG anzuerkennen.

Die Rechtmäßigkeit der Grundsätze der Vorsteueraufteilung in § 15 Abs. 4 UStG hat der BFH bestätigt. Er legt bei der Vorsteueraufteilung folgende Schlüsselreihenfolge fest:

  1. objektbezogener Schlüssel nach sachgerechter wirtschaftlicher Zuordnung, wenn dieser präziser ist als der Umsatzschlüssel,

  2. objektbezogener Umsatzschlüssel,

  3. gesamtunternehmensbezogener Umsatzschlüssel.

Auch der EuGH sieht in der nationalen Regelung kein Verstoß gegen das EU-Recht. Der EuGH betont, dass trotz des in Art. 173 Abs. 1 MwStSystRL normierten Grundsatzes der Vorsteueraufteilung nach dem Umsatzschlüssel abweichende Aufteilungsverfahren angewendet werden können, wenn dies zu einem präzisieren Ergebnis führt.

Hinweis:

Vgl. hierzu auch Rätke/Tiede, Neues zur Aufteilung der Vorsteuer bei gemischt genutzten Gebäuden – Nochmals zur Anwendung der aktuellen BFH- und EuGH-Rechtsprechung mit Praxisfällen, BBK 22/2016 S. 1089 NWB HAAAF-86069.

3.2 Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden

3.2.1 Rechtsprechung

Die Finanzverwaltung hat in Abschnitt 15.17 Abs. 5 bis 8 UStAE die Grundsätze der Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden dargestellt:

Hiernach wird zunächst zwischen Erhaltungsaufwendungen und den Aufwendungen für die Herstellung oder Anschaffung eines gemischt genutzten Gebäudes unterschieden, da diese Vorsteuern gesondert zu beurteilen sind.

Für die Herstellung oder Anschaffung eines gemischt genutzten Gebäudes kommt grundsätzlich nur eine Aufteilung der gesamten auf den einheitlichen Gegenstand entfallenen Vorsteuerbeträge nach einem sachgerechten Aufteilungsmaßstab in Betracht. Entsprechendes gilt bei nachträglichen Herstellungs- oder Anschaffungskosten.

Bei Erhaltungsaufwendungen erfolgt eine Einzelzurechnung. Es ist demnach vorrangig zu prüfen, ob die bezogenen Leistungen vorsteuerschädlich oder vorsteuerunschädlich verwendeten Gebäudeteilen zugeordnet werden können. Die Einzelzuordnung ist – entgegen der Vorsteueraufteilung bei der Errichtung von gemischt genutzten Gebäuden – auch leicht durchführbar.

Beispiel 2

Der Vermieter V vermietet das Erdgeschoss umsatzsteuerpflichtig und das 1. Obergeschoss umsatzsteuerfrei. Die vermieteten Flächen entsprechen jeweils 50 % der Gesamtfläche. V lässt im Erdgeschoss den Fußboden erneuern und die Außenfassade des Gebäudes neu anstreichen.

Lösung

Die Eingangsleistung „Erneuerung des Fußbodens“ ist zu 100 % der steuerpflichtigen Vermietung zuzuordnen. Der Vorsteuerabzug ist in vollem Umfang zu gewähren. Die Eingangsleistung „Außenfassade“ kann keinem Bereich direkt zugeordnet werden. Sie dient sowohl vorsteuerunschädlichen als auch vorsteuerschädlichen Zwecken. V kann aus den Aufwendungen auf der Grundlage der sachgerechten Vorsteueraufteilung nach Nutzflächen den Vorsteuerabzug zu 50 % beanspruchen.

Hinweis:

Die Begriffsbestimmungen der Anschaffungs- oder Herstellungskosten, der nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten und der Erhaltungsaufwendungen sind nach den für das Einkommensteuerrecht geltenden Grundsätzen auszulegen. Dies gilt jedoch nicht, soweit nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG Erhaltungsaufwendungen zu Herstellungskosten (anschaffungsnahe Herstellungskosten) umqualifiziert werden.

Nach der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung kommt als Aufteilungsmaßstab bei gemischt genutzten Gebäuden in der Regel die Aufteilung nach den jeweiligen Nutzflächen in Betracht. Die Aufteilung nach einem Umsatzschlüssel kommt nur dann in Betracht, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. Eine Zurechnung der Aufwendungen zu bestimmten Gebäudeteilen nach einer räumlichen (sog. „geografischen“) oder zeitlichen Anbindung oder nach einem Investitionsschlüssel ist nicht zulässig.

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