BGH Urteil v. - 3 StR 370/21

Beihilfe zum Verbringen von Dopingmitteln in nicht geringer Menge nach Deutschland: Darstellungsanforderungen an den Wirkstoffgehalt im erstinstanzlichen Urteil

Gesetze: § 2 Abs 3 AntiDopG, § 4 Abs 1 Nr 3 AntiDopG, § 27 Abs 1 StGB, § 261 StPO, § 267 StPO

Instanzenzug: LG Mönchengladbach Az: 21 KLs 11/21

Gründe

1Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Beihilfe zum Verbringen von Dopingmitteln in nicht geringer Menge schuldig gesprochen und die Angeklagte zu einer Geldstrafe von 45 Tagessätzen zu je 10 € sowie den Angeklagten zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 30 € verurteilt. Die Revisionen der Angeklagten, die jeweils die Verletzung materiellen Rechts rügen, haben keinen Erfolg.

2I. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

3Ein langjähriger Freund des Angeklagten befasste sich in großem Stil mit der Herstellung und dem Verkauf von Dopingmitteln. Dazu bezog er Grundstoffe aus China. Um den Erwerb zu verschleiern, schaltete er Bekannte als Empfänger eingehender Pakete ein. Nachdem die Angeklagten für ihn mehrfach Pakete angenommen und Geldbeträge nach China überwiesen hatten, baten sie schließlich die Schwester der Angeklagten, ebenfalls ein Paket in Empfang zu nehmen. Die Angeklagten nahmen bei Vermittlung der Empfängerin zumindest billigend in Kauf, dass das Paket Dopingwirkstoffe enthielt. Der Dopingmittelhändler bestellte zwei Kilogramm Testosteronenantat, das an die Anschrift der Schwester geliefert werden sollte. Die Sendung wurde im August 2019 vom Zoll in Deutschland sichergestellt. Sie enthielt "insgesamt 1996,1 g Testosteronenantat mit einer Wirkstoffmenge von 1701,3 g". Dadurch wurde "der Grenzwert zur nicht geringen Menge an Dopingmitteln um das 1.938fache überschritten".

4II. Die Rechtsmittel sind unbegründet. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben.

5Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch (§ 4 Abs. 1 Nr. 3 AntiDopG, § 27 Abs. 1 StGB). Sie beruhen, auch im Hinblick auf die subjektiven Tatumstände, auf einer hinreichenden, mögliche Schlussfolgerungen ziehenden Beweiswürdigung (s. zum Maßstab etwa , NJW 2021, 2896 Rn. 29 f. mwN). Die Strafzumessungsentscheidung ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Näherer Erörterung bedarf allein, dass die Ausführungen zu Art und Menge des Dopingmittels eine revisionsrechtliche Prüfung der Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 AntiDopG in Verbindung mit dessen Anlage sowie der Anlage zur Dopingmittel-Mengen-Verordnung (DmMV) zulassen.

61. Bei dem Inhalt des übersandten Pakets handelt es sich um ein Dopingmittel; denn es enthielt Testosteronenantat, das als Ester des Testosterons der Anlage zu § 2 Abs. 3 AntiDopG - dort unter I. 1 und am Ende - unterfällt.

72. Die Überschreitung des Grenzwerts ist den Urteilsgründen ausreichend zu entnehmen.

8Die genannte Wirkstoffmenge von 1.701,3 g Testosteronenantat ergibt bei Rückrechnung unter Beachtung der unterschiedlichen Molekulargewichte und des daraus folgenden Umrechnungsfaktors von 0,72 rund 1.224,9 g Testosteron (vgl. Erbs/Kohlhaas/Wußler, Strafrechtliche Nebengesetze, 239. EL, § 2 AntiDopG Rn. 21; O’Neil u.a., The Merck Index: An Encyclopedia of Chemicals, Drugs, and Biologicals, 15. Aufl., S. 1702; ). Dies entspricht etwa dem 1.938fachen des Grenzwerts, der nach der DmMV bei anderen als transdermalen oder oralen Darreichungsformen bei 632 mg liegt. Da vom Hintermann hergestellte Fläschchen Testosteron in weiterem Zusammenhang aufgefunden wurden und Testosteronenantat regelmäßig injiziert wird, hat sich das Landgericht nach den konkreten Umständen nicht ausdrücklich damit befassen müssen, dass eine - zu einem höheren Grenzwert führende - Anwendung des Dopingmittels über die Haut oder durch den Mund nicht in Rede stand (vgl. auch Erbs/Kohlhaas/Wußler aaO).

9Im Übrigen genügt zum Beleg der festgestellten Wirkstoffmenge im Rahmen der Beweiswürdigung hier der Hinweis auf das entsprechende Gutachten, weil der Ermittlung der Mengen standardisierte Verfahren zugrunde liegen (s. entsprechend zu Betäubungsmitteln , NStZ-RR 2015, 14, 15; Beschluss vom - 2 StR 187/20, juris Rn. 9, 11).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:190522U3STR370.21.0

Fundstelle(n):
TAAAJ-22062