Energieversorgung | Formulierungshilfe für einen Gesetzentwurf zur Änderung des Energiesicherungsgesetzes und anderer energiewirtschaftlicher Vorschriften (Bundeskabinett)
Das Bundeskabinett hat am die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz vorgelegte Formulierungshilfe für einen Gesetzentwurf zur Änderung des Energiesicherungsgesetzes und anderer energiewirtschaftlicher Vorschriften beschlossen.
Ziel des Entwurfs für eine dritte Novelle des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG 3.0) ist es, die Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien kurzfristig zu erhöhen und die Transportkapazitäten im Stromnetz zu steigern, um zur Reduzierung des Gasverbrauchs im Winter 2022/2023 und im Winter 2023/2024 beizutragen. Ferner wird die Einspeisung von verflüssigtem Gas im Winter 2022/2023 weiter abgesichert.
Mit der Novelle des Energiesicherungsgesetzes werden zudem die Möglichkeiten zur Lastflexibilität industrieller Großverbraucher erschlossen. Hinzu kommen Verfahrenserleichterungen, mit der die Nutzung von LNG-Anlagen verbessert wird, um eine möglichst große Gaseinspeisung an den Standorten Brunsbüttel, Wilhelmshaven und Lubmin in diesem Winter abzusichern.
Im Einzelnen geht es im EnSiG 3.0 es um folgende Maßnahmen:
1. Kurzfristige Erhöhung der Stromproduktion aus Photovoltaik:
Für den wird eine Krisensonderausschreibung für Solaranlagen des ersten Segments mit einem Volumen von 1500 MW eingeführt. Diese soll kurzfristig Ausbaupotentiale im Bereich der Solarenergie heben, um eine Reduktion des Gasverbrauchs in der Stromerzeugung zu ermöglichen. Die Regelung steht unter Beihilfevorbehalt.
Die für den bereits beschlossene Abschaffung der sog. 70-%-Regelung für PV-Neuanlagen bis einschließlich 25 kW installierter Leistung wird zeitlich vorgezogen. Bisher waren Betreiber solcher PV-Anlagen verpflichtet, die Wirkleistungseinspeisung ihrer Anlage auf 70 % zu begrenzen oder ihre Anlage mit einer Steuerungseinrichtung auszustatten. Zur weiteren Erhöhung der PV-Einspeisung wird die Abschaffung der Regelung für alle Neuanlagen vorgezogen, die nach dem – dem Tag des Kabinettstermins zur Formulierungshilfe für den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Energiesicherungsgesetzes und anderer energiewirtschaftlicher Vorschriften – in Betrieb genommen werden.
Zusätzlich wird die sogenannte 70-%-Regelung ab dem bei PV-Bestandsanlagen bis einschließlich 7 kW installierter Leistung aufgehoben. Bei PV-Anlagen mit einer installierten Leistung über 7 kW bleibt es bei dem bereits im Gesetz angelegten Übergangspfad, wonach die Regelung ab Einbau eines intelligenten Messystems ausläuft. Nach dem Messstellenbetriebsgesetz gelten EE-Anlagen mit einer installierten Leistung über 7 kW als Pflichteinbaufall.
Darüber hinaus erfolgen Klarstellungen zugunsten der sog. Balkon-PV bei etwaigen Pönalen, die zwischenzeitlich teilweise zu Unsicherheiten geführt hatten.
Die Maßnahmen zur Erhöhung der Krisensonderausschreibung PV steht unter Beihilfevorbehalt.
2. Zusätzliche Anreize für die Stromproduktion aus Biogas:
Für die Jahre 2022 und 2023 wird eine Sonderregelung für die EEG-Förderung von Biogasanlagen geschaffen, wodurch Restriktionen aufgehoben werden, die die Erzeugung von Biogas begrenzen könnten. Dies schafft in der Krise einen vorübergehenden Anreiz, dass die Stromerzeugung aus Biogas gesteigert wird und damit in diesem Umfang auf die Verstromung von Erdgas verzichtet werden kann.
Für den Zeitraum ab Inkrafttreten des Gesetzes bis wird eine befristete Flexibilisierung des Güllebonus geregelt. Betreiber von Biogasanlagen werden in der Krise dazu angereizt, möglichst viel Strom aus Biogas zu produzieren. Mit der Flexibilisierung des Güllebonus soll den Anlagenbetreibern das Risiko genommen werden, dass sie den Güllebonus verlieren.
Beide Maßnahmen stehen unter Beihilfevorbehalt.
Begleitend sollen Erleichterungen im Genehmigungsrecht geschaffen werden. Durch eine Vollzugshilfe der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz für bestehende und für eine flexibilisierte Energieerzeugung ausgelegte Biogasanlagen wird die Möglichkeit geschaffen, befristet ohne Genehmigung mehr Rohbiogas zu erzeugen. Diese Vollzugshilfe soll rechtzeitig vor Abschluss dieses Gesetzgebungsverfahrens im Deutschen Bundestag abgeschlossen werden. Gelingt dies nicht, wird eine Formulierungshilfe für eine Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht.
3. Kurzfristige Erhöhung der Windstromproduktion an Land:
Betreiber von Windenergieanlagen können – befristet bis zum – die Grenzwerte der TA-Lärm und die zum Schutz vor Schattenschlag überschreiten. Der Wegfall der Lärmabschaltungen ermöglicht es den Betreibern vor allem zwischen 22 Uhr und 6 Uhr morgens die Leistung der Anlagen zu erhöhen und dadurch mehr Strom zu erzeugen. Der Wegfall der Schattenabschaltungen ermöglicht es den Betreibern, in den Morgen- und Abendstunden mehr Strom zu erzeugen.
Änderungen zur Leistungssteigerung (Softwareupdates, Typenänderung) werden schnell und unbürokratisch ermöglicht, indem der Prüfumfang beim Änderungsgenehmigungsverfahren klargestellt wird.
4. Maßnahmen zur Beschleunigung des Stromnetzausbaus und der höhen Netzauslastung:
Maßnahmen zur Beschleunigung des Stromnetzausbaus: verschiedene Änderungen, um eine flexiblere Vorgehensweise der Behörde zu ermöglichen, erleichterte Zulassung des vorzeitigen Baubeginns
Erhöhung der Transportkapazitäten des bestehenden Stromnetzes (Höherauslastung): eine temporäre Höherauslastung des Höchstspannungsnetzes kann ohne vorherige Genehmigung kurzfristig umgesetzt werden, Festlegung eines Verfahrens zum Umgang mit auftretenden Beeinflussungen
Erleichterung bei der Errichtung sowie für die bessere Auslastung der Offshore-Anbindungsleitungen
Lastflexibilität industrieller Großverbraucher: Um Lastflexibilitätspotential so schnell wie möglich zu heben, werden Hürden zur Teilnahme an Regelenergiemärkten gesenkt, eine Flexibilisierung des Stromverbrauchs wird durch Änderungen bei individuellen Netzentgelten ermöglicht.
Darüber hinaus wird eine Entschädigungsregelung für den Fall eingeführt, dass dem Betreiber einer Gasspeicheranlage in Folge seiner Verpflichtung zur Aufrechterhaltung des Betriebs der Gasspeicheranlage unbillige wirtschaftliche Härten entstehen. Und es wird abgesichert, dass relevante Speicherkapazität für L-Gas vorgehalten werden, solange noch keine vollständige Umstellung von L- auf H-Gas erfolgt ist. Damit werden Entschließungen des Bundestages umgesetzt.
Maßnahmen im Netzausbaubeschleunigungsgesetz und im Bundesbedarfsplangesetz ergänzen die EnWG-Maßnahmen zur Beschleunigung des Stromnetzausbaus und zur Erhöhung der Transportkapazitäten des bestehenden Stromnetzes. Damit werden auch Vorschläge des Bundesrates aufgegriffen.
5. Maßnahmen im LNG-Beschleunigungsgesetz:
Im Fokus stehen Verfahrenserleichterungen, um eine möglichst große Gaseinspeisung an den Standorten Brunsbüttel, Wilhelmshaven und Lubmin in diesem Winter abzusichern, u.a. weitere Verfahrenserleichterungen und Beschleunigungen für die schwimmenden LNG-Terminals und entsprechende Leitungen.
6. Zusätzliche Erleichterungen für den Brennstoffwechsel:
Die Möglichkeit, per Rechtsverordnung für den Betrieb von Anlagen befristete Abweichungen oder Ausnahmen von den Vorgaben der Betriebssicherheitsverordnung treffen zu können, wird auf die Errichtung und die Änderung von Anlagen erweitert.
Zugleich wird eine Regelung für überwachungsbedürftige Anlagen eingeführt, die wegen einer ernsten oder erheblichen Gasmangellage errichtet oder geändert werden, diese können abweichend zur Betriebssicherheitsverordnung zunächst ohne behördliche Erlaubnis betrieben werden. Unberührt davon bleibt die Pflicht zur Prüfung durch eine zugelassene Überwachungsstelle, ob die Anlage sicher betrieben werden kann. Spätestens drei Monate nach dieser Prüfung ist die Erlaubnis nachzuholen und bei der zuständigen Behörde zu beantragen.
Weitere Beschlüsse des Kabinetts zur Verbesserung des Photovoltaik-Ausbaus im privaten Bereich:
Daneben hat das Kabinett am weitere wichtige Verbesserungen für den Photovoltaik-Ausbau im privaten Bereich beschlossen. Damit werden Bürokratiehemmnisse abgebaut. Konkret hat das Kabinett den Entwurf des Jahressteuergesetzes auf Vorlage des Bundesfinanzministeriums beschlossen (siehe hierzu unsere Online-Nachricht v. 14.9.2022).
Mit dem Jahressteuergesetz werden zum alle PV-Anlagen mit einer Leistung bis 30 kW für Einfamilienhäuser und Gewerbeimmobilien sowie für Mehrfamilienhäuser bis 15 kW je Wohnung oder Geschäftseinheit, insgesamt jedoch nur bis max. 100 kW Leistung pro Steuerpflichtigen, von der Einkommensteuer befreit. Bisher waren auf Antrag nur Anlagen bis zu einer Leistungsgrenze von 10 kW befreit. Durch die Einkommensteuerbefreiung entfällt die Verpflichtung, den Gewinn zu ermitteln und damit auch die komplizierte und oftmals nur mit Hilfe eines Steuerberaters auszufüllende „Einnahme-Überschuss-Rechnung“. Diese Vereinfachung stellt einen wichtigen Anreiz dar, zukünftig vorhandene Dachflächenpotenziale optimal auszuschöpfen.
Ergänzend dazu wird die Mehrwertsteuer für die Lieferung und Installation von PV-Anlagen auf Wohngebäuden auf 0% gesenkt. Damit werden die Anschaffungskosten erheblich reduziert. Zudem können Betreiber aufgrund des Nullsteuersatzes ohne Nachteile von der bürokratiearmen umsatzsteuerlichen Kleinunternehmerregelung Gebrauch machen.
Hinweis:
Die Formulierungshilfe zum Gesetzentwurf zur Änderung des Energiesicherungsgesetzes und anderer energiewirtschaftlicher Vorschriften finden Sie auf der Homepage des BMWK.
Quelle: BMWK, Pressemitteilung v. (RD)
Fundstelle(n):
DAAAJ-22024