Irrevisibilität denkmalschutzrechtlicher Regelungen
Gesetze: § 86 Abs 3 VwGO, § 108 Abs 2 VwGO, § 1 DSchG SN, § 8 Abs 1 DSchG SN, § 9 Abs 1 DSchG SN, § 12 Abs 1 DSchG SN
Instanzenzug: Sächsisches Oberverwaltungsgericht Az: 1 A 1039/19 Urteilvorgehend VG Dresden Az: 4 K 1864/15
Gründe
1Die auf alle Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist jedenfalls unbegründet.
21. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die ihr die Beschwerde beimisst.
3Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des revisiblen Rechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> und vom - 4 B 27.19 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 225 Rn. 4). Daran fehlt es hier.
4a) Die Beschwerde hält für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig,
ob eine denkmalschutzrechtliche Auflage im Sinne des Denkmalschutzgesetzes hinsichtlich einer Reduzierung der (innergebäudlichen) Nutzfläche in einem angebauten Neubau zulässig ist.
5Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision. Wie die Beschwerde selbst einräumt, hat sich das Oberverwaltungsgericht zu dieser Frage nicht geäußert. Eine Rechtsfrage, die sich für die Vorinstanz nicht gestellt hat oder auf die diese nicht entscheidend abgehoben hat, kann aber grundsätzlich - so auch hier - nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr, zuletzt 4 BN 54.21 - juris Rn. 6 m. w. N.).
6b) Die Beschwerde will geklärt wissen,
ob die Änderung einer Auflage des Denkmalschutzes im Bauvorbescheid bezüglich der Geschossigkeit eines Verbinder-Neubaus, der funktional mit einem anschließenden, später zu realisierenden Anbau des Gesamtvorhabens engstens zusammenhängt, nur für die beantragte Baugenehmigung des Teilbauvorhabens oder auch einheitlich für das daran funktional anknüpfende, später zu realisierende Anbauvorhaben wirkt, und
ob das Oberverwaltungsgericht nicht entsprechend dem vorsorglich gestellten Antrag der Beschwerde verpflichtet war, bei Rechtmäßigkeit des beantragten Anbaus im Übrigen (also in dreigeschossiger Ausführung) und vollständiger Rechtmäßigkeit des Neubaus (Solitärbau) die Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zu verurteilen, den Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für den Anbau in dreigeschossiger Ausführungsweise sowie für den beantragten Neubau zu genehmigen.
7Diese Fragen rechtfertigen die Zulassung der Revision ebenfalls nicht. Denn sie lassen sich nur anhand der Umstände des konkreten Einzelfalls beantworten und können nicht in verallgemeinerungsfähiger Weise geklärt werden. Unabhängig davon zeigt die Beschwerde auch keinen grundsätzlichen Klärungsbedarf auf. Vielmehr wendet sie sich im Gewand einer Grundsatzrüge gegen die tatrichterliche Würdigung und Rechtsanwendung im Einzelfall; damit ist der in Anspruch genommene Zulassungsgrund jedoch nicht dargelegt (vgl. 4 BN 18.21 - juris Rn. 4).
8c) Auch die Frage,
ob die Behörde im Rahmen des Bauantragsverfahrens in rechtlich zutreffender Weise auf ein Genehmigungshindernis hinweisen muss,
führt nicht zur Zulassung der Revision. Sie betrifft - soweit allgemein klärungsfähig - das Bauantragsverfahren sowie ggf. das denkmalschutzrechtliche Verfahren (§ 69 SächsBO, §§ 1, 8 SächsDSchG) und damit irrevisibles Landesrecht.
9d) Die Beschwerde möchte geklärt wissen,
ob das Gericht im Laufe eines Verwaltungsstreitverfahrens auf ein Genehmigungshindernis hinweisen muss.
10Die Frage lässt sich nicht allgemein beantworten. Sie zielt auf die Hinweispflicht des Gerichts nach § 86 Abs. 3 VwGO, zeigt aber keine klärungsfähige und klärungsbedürftige allgemeine Rechtsfrage auf.
11e) Die Beschwerde hält ferner für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig,
ob vorliegend ein Verstoß gegen das gesetzliche Willkürverbot vorliegt, und
ob in der kompletten Versagung des beabsichtigten Bauvorhabens bezüglich der Realisierung des Anbaus und des Neubaus ein unzulässiger Eingriff in die grundsätzlich gesicherte Eigentumsgarantie der Klägerin gemäß Art. 14 GG vorliege.
12Rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde damit nicht auf. Wird mit der Nichtzulassungsbeschwerde gerügt, die Auslegung und Anwendung von Landesrecht (hier: Bauordnungs- und Denkmalschutzrecht) verstoße gegen Bundesrecht (hier: Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG), ist näher darzulegen, inwiefern die bundesrechtliche Norm, die gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführt wird, ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (BVerwG, Beschlüsse vom - 4 B 266.94 - NVwZ 1995, 601 S. 602 und vom - 4 B 35.03 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 26 S. 20). Daran fehlt es.
13f) Die Beschwerde möchte schließlich wissen,
ob die Behörde bei Sanierungen von Baudenkmälern und damit zusammenhängenden Neubauvorhaben eine Wirtschaftlichkeitsberechnung vom Bauherrn verlangen darf, wenn kein Abriss des Denkmals vorgesehen ist.
14Diese Frage kann in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht geklärt werden. Ihre Antwort ergibt sich aus dem irrevisiblen Landesrecht (§ 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1, § 12 Abs. 1 SächsDSchG; vgl. auch 7 B 25.09 - Buchholz 11 Art. 14 GG Nr. 365 Rn. 10). Soweit Art. 14 Abs. 1 GG und damit Bundesrecht eine Rolle spielt, sind die Anforderungen geklärt. Beruft sich der Eigentümer auf die wirtschaftliche Unzumutbarkeit denkmalschutzrechtlicher Belastungen, trifft ihn die Darlegungslast (vgl. 4 B 12.16 - NVwZ 2017, 641 Rn. 7). Welche Möglichkeiten sich bieten, ein Denkmal überhaupt zu nutzen, und wie die Wirtschaftlichkeit dieser Möglichkeiten einzuschätzen ist, sind Umstände, die im Lebensbereich des Eigentümers wurzeln und zu deren Klärung der Eigentümer deshalb regelmäßig ohne unzumutbare Schwierigkeiten im Stande ist. Zudem ist es gerade wegen der Privatnützigkeit des Eigentums Sache des Eigentümers, ein Nutzungskonzept für das Denkmal zu entwickeln und auf seine Realisierbarkeit zu prüfen, und sich nicht ein solches Konzept von der Denkmalbehörde vorgeben zu lassen ( 7 B 25.09 - Buchholz 11 Art. 14 GG Nr. 365 Rn. 12). Weitergehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf.
152. Die Revision ist nicht wegen Divergenz gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen.
16Eine die Revision eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem u. a. in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat ( 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n. F.> VwGO Nr. 26). Diesen Anforderungen wird das Beschwerdevorbringen nicht gerecht. Die Beschwerde zeigt schon keinen abstrakten Rechtssatz auf, der aus den zitierten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts folgen soll.
173. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen der geltend gemachten Verfahrensmängel zuzulassen.
18Ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist nur dann bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (stRspr, vgl. 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n. F.> VwGO Nr. 26 m. w. N.). Die Frage, ob das vorinstanzliche Verfahren an einem Verfahrensmangel leidet, ist dabei vom materiell-rechtlichen Standpunkt der Tatsacheninstanz aus zu beurteilen, selbst wenn dieser verfehlt sein sollte (stRspr, vgl. etwa Beschluss vom - 4 BN 11.17 - BRS 85 Nr. 184 S. 1214 m. w. N.). Sinn der Revisionszulassung wegen Verfahrensmängeln ist die Kontrolle des Verfahrensgangs, nicht der Rechtsfindung. Inhaltliche Kritik an der Entscheidung vermag das Vorliegen von Verfahrensfehlern nicht darzulegen ( 4 BN 16.20 - Rn. 6 m. w. N.).
19Dies zugrunde gelegt verfehlt die Beschwerde in weiten Teilen die Anforderungen nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Soweit sich ihr Verfahrensrügen entnehmen lassen, sind diese unbegründet.
20a) Die Rüge, das Berufungsgericht habe gegen die Hinweispflicht (§ 86 Abs. 3 VwGO) verstoßen, greift nicht durch.
21Die Beschwerde macht geltend, das Oberverwaltungsgericht hätte darauf hinweisen müssen, dass ein dreigeschossiger Anbau genehmigungsfähig sei und die Beantragung eines viergeschossigen Anbaus "automatisch" zur Nichtgenehmigungsfähigkeit des Neubaus (Solitär) führe. Der Vorwurf ist unbegründet. Über einen dreigeschossigen Anbau hatte das Oberverwaltungsgericht nach dem Klageantrag nicht zu befinden. Dementsprechend hat es sich auch nicht zur Zulässigkeit eines solchen Anbaus geäußert.
22Weiter rügt die Beschwerde, das Berufungsgericht hätte darauf hinweisen müssen, dass die Klägerin möglicherweise dann einen Anspruch auf denkmalschutzrechtliche Zustimmung habe, wenn sie durch Vorlage einer Wirtschaftlichkeitsberechnung nachweise, dass ihr ein Verzicht auf die begehrte Baumaßnahme wirtschaftlich unzumutbar sei. Auch das führt auf keinen Verfahrensfehler. Die Gerichte haben nicht allgemein die Pflicht, die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung auf ihre Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffes hinzuweisen. Denn die tatsächliche und rechtliche Würdigung ergibt sich regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung des Spruchkörpers (stRspr, vgl. 4 B 19.98 - juris Rn. 5 und Urteil vom - 4 C 7.18 - juris Rn. 61).
23b) Ein § 108 Abs. 2 und § 86 Abs. 3 VwGO verletzendes Überraschungsurteil liegt nicht vor.
24Eine Entscheidung stellt sich als eine das rechtliche Gehör verletzende Überraschungsentscheidung dar, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten (stRspr, z. B. BVerwG, Beschlüsse vom - 11 B 61.98 - juris Rn. 8 <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 19> und vom - 4 BN 44.18 - juris Rn. 12). Daran fehlt es.
25Der Umstand, dass es für den Erfolg der Klage auf die Zumutbarkeit der Erhaltung des Kulturdenkmals ankommen könne, war im Verfahren hinreichend zur Sprache gekommen. Bereits der streitgegenständliche Bescheid vom und der Widerspruchsbescheid vom enthielten entsprechende Ausführungen. Darüber hinaus hatte die Beklagte auch in der Berufungsbegründung ausgeführt, die Klägerin habe nicht vorgetragen und dargelegt, dass eine wirtschaftliche Nutzung nur dann sinnvoll und möglich sei, wenn das Vorhaben genau in den beantragten Maßen umgesetzt würde. Die insofern beweisbelastete Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass die Versagung der denkmalschutzrechtlichen Zustimmung für sie (wirtschaftlich) unzumutbar sei. Die Beschwerde trägt zudem selbst vor, dass das Erfordernis einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung in der Berufungsverhandlung thematisiert worden sei. Vor diesem Hintergrund bedurfte es keines zusätzlichen, gesonderten Hinweises an die anwaltlich vertretene Klägerin durch das Berufungsgericht.
26c) Das Berufungsgericht hat auch den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) nicht verletzt.
27Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht u. a., die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht dieser Pflicht genügt. Es ist namentlich nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Vielmehr müssen im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist. Um dem Bezeichnungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO zu genügen, muss die Beschwerde darlegen, welches Vorbringen das Gericht (angeblich) nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen hat und unter welchem denkbaren Gesichtspunkt dieses Vorbringen für die Entscheidung hätte von Bedeutung sein können (stRspr, vgl. 4 C 35.13 - NVwZ 2015, 656 Rn. 42; Beschluss vom - 4 BN 26.21 - juris Rn. 2). Solche Umstände sind nicht dargetan oder ersichtlich.
28Mit dem Vorwurf, das Berufungsgericht habe die Erfüllung der "Auflage" bezüglich der Verminderung der Nutzfläche und die Bedeutung der Zustimmung zu der Baugenehmigung im Jahr 2012 nicht zur Kenntnis genommen, missversteht die Beschwerde die Gehörsrüge als Mittel, die vorinstanzliche Entscheidung einer materiell-rechtlichen Prüfung zu unterwerfen und die gerichtliche Auseinandersetzung erneut und vertieft zu führen (BVerwG, Beschlüsse vom - 4 BN 26.21 - juris Rn. 3 und vom - 4 BN 38.21 - juris Rn. 6). Das Berufungsgericht hat den Inhalt der Zustimmungen zu dem Bauvorbescheid aus dem Jahr 1999 und zu der Baugenehmigung aus dem Jahr 2012 anders ausgelegt als die Klägerin. Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht nicht, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Verfahrensbeteiligten zu folgen (stRspr, vgl. etwa - NVwZ 2005, 204 <205>; 5 B 17.08 - juris Rn. 3).
29Auch die Rüge, das Berufungsgericht habe sich mit der Frage der Genehmigungsfähigkeit des Neubaus (Solitär) nicht befasst und die Thematik "unter den Tisch fallen lassen", führt nicht auf einen Gehörsverstoß. Das Oberverwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Klägerin mit ihrer Klage die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines nichtunterkellerten viergeschossigen Anbaus an eine denkmalgeschützte Villa, den Neubau eines unterkellerten Wohnhauses mit drei Obergeschossen (zehn Wohneinheiten) und einer Tiefgarage einschließlich Zufahrt, hilfsweise die Neubescheidung begehrte (UA S. 9; siehe auch S. 14, 18). Gegenstand des Genehmigungsverfahrens war damit das beschriebene Gesamtvorhaben und nicht einzelne Teile davon. Folglich bestand für das Oberverwaltungsgericht keine Veranlassung zur Zulässigkeit einzelner Teile des Gesamtvorhabens - hier des Neubaus (Solitär) – Stellung zu nehmen. Es ist Sache des Bauherrn, durch den Bauantrag festzulegen, was Inhalt des Vorhabens und damit Gegenstand der von ihm begehrten Baugenehmigung sein soll, soweit er sich dabei innerhalb derjenigen Grenzen hält, die einer Zusammenfassung oder Trennung objektiv gesetzt sind (vgl. 4 C 57.89 - BRS 54 Nr. 50). Ob ein Bauherr ein Gesamtvorhaben oder mehrere Einzelvorhaben zur Genehmigung gestellt hat, beurteilt sich nach dem jeweiligen Genehmigungsantrag, der unter Umständen der Auslegung bedarf ( 4 B 39.12 - juris Rn. 11).
30d) Das Oberverwaltungsgericht hat nicht gegen § 86 Abs. 2 VwGO verstoßen.
31Die Beschwerde wirft dem Berufungsgericht vor, es habe förmlich gestellte Beweisanträge zur Erfüllung der "Auflage" des Denkmalschutzes bezüglich der Reduzierung der Nutzfläche sowie der Aufforderung, den Bauantrag für einen viergeschossigen Anbau einzureichen, übergangen. Das trifft nicht zu.
32Nach § 86 Abs. 2 VwGO kann ein in mündlicher Verhandlung gestellter Beweisantrag nur durch einen Gerichtsbeschluss, der zu begründen ist, abgelehnt werden. Erforderlich ist ein förmlicher und vorbehaltlos gestellter, hinreichend substantiierter und auf die Erforschung von Tatsachen gerichteter Beweisantrag ( 6 C 98.83 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 177 S. 42), der "in der mündlichen Verhandlung" gestellt wurde (BVerwG, Beschlüsse vom - 2 B 34.17 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 51 Rn. 7 und vom - 3 B 26.19 - NJW 2020, 1600 Rn. 36 <insoweit nicht abgedruckt in Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 23>); unzureichend sind hingegen (nur) in vorbereitenden Schriftsätzen angekündigte Beweisanträge (stRspr, vgl. z. B. 9 B 48.11 u. a. - Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 69). Ausweislich der Niederschrift über die Berufungsverhandlung hat die anwaltlich vertretene Klägerin keine förmlichen Beweisanträge gestellt.
33e) Die Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe die Aufklärungspflicht verletzt (§ 86 Abs. 1 VwGO) genügt nicht den Darlegungsanforderungen. Die Beschwerde legt nicht substantiiert dar, inwiefern sich dem Oberverwaltungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung eine weitere Aufklärung des Sachverhalts aufdrängen musste, obwohl die Klägerin in der mündlichen Verhandlung keinen förmlichen Beweisantrag gestellt hat. Die Aufklärungsrüge dient nicht dazu, Versäumnisse eines anwaltlich vertretenen Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren und insbesondere Beweisanträge zu ersetzen, die ein Beteiligter in zumutbarer Weise hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat (stRspr, vgl. 4 B 40.17 - juris Rn. 4).
34f) Die Rüge, das Berufungsgericht habe verfahrensfehlerhaft nicht auf einen Vergleich hingewirkt (§ 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 278 Abs. 1 ZPO), genügt ebenfalls nicht den Darlegungsanforderungen (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
35Es kann dahinstehen, ob § 278 Abs. 1 ZPO im Verwaltungsprozess entsprechend anwendbar ist und die Vorschrift trotz des anderslautenden Wortlauts eine Pflicht begründet. Jedenfalls ist es nicht Aufgabe der Gerichte, in jedem Fall anlasslos einen Vergleich vorzuschlagen. Zur Begründung eines Verfahrensfehlers muss daher zumindest dargelegt werden, inwieweit der Beschwerdeführer auf eine vergleichsweise Beilegung des Rechtsstreits hingewirkt hat. Das leistet die Beschwerde nicht. Sie legt schon nicht dar, dass und zu welchen "Rahmenbedingungen" überhaupt gegenseitige Vergleichsbereitschaft bestand und dies dem Berufungsgericht mitgeteilt worden ist.
364. Soweit in dem Schriftsatz vom weitere Verfahrensfehler geltend gemacht werden, bleibt dieser Vortrag unberücksichtigt, da er außerhalb der Begründungsfrist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO erfolgte und sich nicht nur als bloße Ergänzung des bisherigen Vortrags darstellt. Das gilt in gleicher Weise für die weitere Divergenzrüge.
37Im Übrigen sieht der Senat von einer Begründung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
38Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2022:150722B4B32.21.0
Fundstelle(n):
KAAAJ-21884