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Online-Nachricht - Donnerstag, 01.09.2022

DBA-Niederlande | Besteuerungsrecht für Arbeitslohn eines grenzüberschreitend tätigen Berufskraftfahrers (BFH)

Das Besteuerungsrecht für den Arbeitslohn eines in Deutschland wohnenden, bei einem niederländischen Arbeitgeber beschäftigten Berufskraftfahrers steht nach Art. 10 Abs. 1 DBA-Niederlande 1959 den Niederlanden zu, wenn er mit seinem Fahrzeug in den Niederlanden unterwegs gewesen ist (Grundprinzip der Besteuerung im Tätigkeitsstaat). Für Tage, an denen der Berufskraftfahrer sowohl in den Niederlanden als auch in Deutschland oder in einem Drittstaat unterwegs gewesen ist, steht das Besteuerungsrecht den Niederlanden nicht vollständig, sondern zeitanteilig zu (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Art. 10 Abs. 1 DBA-Niederlande 1959 bestimmt für den Fall, dass eine Person mit Wohnsitz in einem der Vertragstaaten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezieht, der andere Staat das Besteuerungsrecht für diese Einkünfte hat, wenn die Arbeit in dem anderen Staat ausgeübt wird. Demnach wird das Besteuerungsrecht des Wohnsitzstaats (Art. 20 Abs. 1 Satz 1 DBA-Niederlande 1959) für den Arbeitslohn nur insoweit eingeschränkt, als er auf eine Tätigkeit entfällt, die der Steuerpflichtige in dem anderen Staat verrichtet hat.

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten um die Aufteilung und Besteuerung des Arbeitslohns eines im grenzüberschreitenden Verkehr tätigen und in Deutschland wohnenden Berufskraftfahrers. Im Streitjahr 2013 war der Kläger an insgesamt 130 von 219 Arbeitstagen sowohl in den Niederlanden als auch in Deutschland unterwegs; im Jahr 2014 war dies an 102 von 228 Arbeitstagen der Fall.

Das FA sah das Besteuerungsrecht der Niederlande nur für den Teil des Arbeitslohns als gegeben an, der auf Tage entfiel, an denen der Kläger eine ausschließlich durch die Niederlande führende Fahrtstrecke zurückgelegt hatte. Das Besteuerungsrecht für den Arbeitslohn, der auf ausschließlich außerhalb der Niederlande zurückgelegte Fahrtstrecken entfiel, stehe Deutschland zu. Soweit der Kläger an demselben Tag eine sowohl durch die Niederlande als auch durch andere Staaten führende Fahrtstrecke zurückgelegt habe, sei das Besteuerungsrecht je hälftig auf die Niederlande und auf Deutschland aufzuteilen.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg (Vorinstanz: ).

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Für grenzüberschreitend tätige Berufskraftfahrer, deren Arbeitsort dort ist, wo sie sich mit den ihnen anvertrauten Fahrzeugen jeweils physisch aufhalten, ist das Arbeitsentgelt aufzuteilen (vgl. , BStBl II 1986, 479 [zum DBA-Italien]; v. I R 88/03, BStBl II 2004, 936 [zum DBA-Luxemburg]; BFH, Beschluss v I B 79/01 [zum DBA-Dänemark].

  • Das gilt auch für den Fall, dass der Kraftfahrer an einem Arbeitstag nur stundenweise in einem Staat tätig geworden ist (, BStBl II 1986, 479; vgl. auch Urteil v. I R 27/13, BStBl II 2015, 448 zur grenzüberschreitenden Arbeitsausübung eines Auslandskorrespondenten).

  • Diese Auffassung entspricht der Praxis der Finanzverwaltung (vgl. z.B. § 7 Abs. 2 der Verordnung zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg vom , BGBl I 2012, 1484, BStBl I 2012, 693, wo allerdings unabhängig von der tatsächlichen Verweildauer eine hälftige Aufteilung je Arbeitstag vorgesehen ist).

  • Der Umstand, dass die niederländische Steuerverwaltung die Regelung des Art. 10 Abs. 1 DBA-Niederlande 1959 offenbar anders als der Senat - nämlich entsprechend der Sichtweise der Revision - auslegt (vgl. Wüllenkemper, EFG 2019, 54) und dass im Falle des Klägers dessen gesamter Arbeitslohn der Streitjahre in den Niederlanden besteuert worden ist, vermag an dem gefundenen Ergebnis nichts zu ändern. Die dadurch ausgelöste Doppelbesteuerung könnte ggf. im Rahmen eines Verständigungsverfahrens (Art. 22 DBA-Niederlande 1959) beseitigt werden.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
FAAAJ-21154