BGH Beschluss v. - 3 ARs 9/22

Gründe

I.

1Das Oberlandesgericht München hat den Gesuchsteller mit Urteil vom des Werbens um Unterstützer für eine ausländische terroristische Vereinigung in zwei Fällen, der versuchten Anstiftung zum Verbrechen des Totschlags sowie der Körperverletzung schuldig gesprochen und mit einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten belegt. Die dagegen gerichtete Revision des Verurteilten hat der Senat mit Beschluss vom (3 StR 11/19) nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Zwei nachfolgende Anhörungsrügen hat er mit Beschlüssen vom 17. September und als unzulässig verworfen.

2Nach Vollverbüßung der Strafe hat der Verurteilte nunmehr als Anlage seines am beim Bundesgerichtshof eingegangenen Anschreibens vom seinen undatierten, an das Oberlandesgericht München gerichteten und mit einer ausführlichen Begründung versehenen "Antrag auf Zulassung der Wiederaufnahme des Verfahrens" übersandt. In dem Anschreiben hat er den Senat darum ersucht, den Antrag zu prüfen und gegenüber dem Oberlandesgericht "klarzustellen", dass er, der Verurteilte, ein Recht auf Wiederaufnahme habe und das Verfahren "nochmals wieder (auf)gerollt" werden müsse.

3Der Generalbundesanwalt hat das Gesuch als Antrag auf Zulassung der Wiederaufnahme des Verfahrens ausgelegt und beantragt, ihn als unzulässig zu verwerfen, weil nach den gesetzlichen Zuständigkeitsvorschriften nicht der Bundesgerichtshof, sondern ein anderer Strafsenat des Oberlandesgerichts zur Entscheidung darüber berufen sei, nach dem dortigen Geschäftsverteilungsplan der 6. Strafsenat.

4Hierzu hat der Gesuchsteller dahin Stellung genommen, ihm sei "schon lange bewusst", dass der 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts für die Entscheidung über die Wiederaufnahme des Verfahrens zuständig sei. Dieser Spruchkörper habe aber schon sechsmal den von ihm wiederholt gestellten Antrag abgelehnt, ihm einen Verteidiger für die Vorbereitung des Wiederaufnahmeverfahrens zu bestellen. Daher sei er "sehr enttäuscht", weswegen er sich nochmals an den Bundesgerichtshof wende.

II.

5Dem Gesuch um Prüfung des Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens bleibt der Erfolg versagt. Dem Vorbringen des Verurteilten ist nicht zu entnehmen, dass er sich gegen eine bestimmte Entscheidung des 6. Strafsenats des Oberlandesgerichts als des für das Wiederaufnahmeverfahren zuständigen Gerichts wendet. Ob und inwieweit sein Wiederaufnahmeantrag verbeschieden worden ist, hat der Verurteilte nicht vorgetragen; entsprechende Unterlagen hat er nicht vorgelegt. Ein Tätigwerden außerhalb des in dem für das jeweilige Verfahren gesetzlich geregelten Instanzenzugs ist dem Bundesgerichtshof indes von Gesetzes wegen verwehrt. Er übt keine allgemeine Rechtsaufsicht über die Instanzgerichte aus. Zu der von dem Gesuchsteller gewünschten Weisung an das Oberlandesgericht ("Klarstellung") ist der Bundesgerichtshof nicht befugt.

6Soweit der Verurteilte erstmals mit seiner Stellungnahme zum Antrag des Generalbundesanwalts - augenscheinlich exemplarisch - einen der Beschlüsse übersandt hat, mit dem ein Antrag auf Bestellung eines Verteidigers für die Vorbereitung eines Wiederaufnahmeverfahrens (§ 364b StPO) abgelehnt worden ist, kann sein Vorbringen nicht dahin ausgelegt werden, dass er gerade diese Entscheidung hat angreifen wollen. Dies ergibt sich schon daraus, dass sie auf den und damit nach seinem Schreiben vom datiert. Im Übrigen wäre der Beschluss des Oberlandesgerichts nach § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 StPO der Anfechtung entzogen, weil keiner der in § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 StPO und § 304 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. § 138d Abs. 6 Satz 1 StPO geregelten Ausnahmetatbestände erfüllt ist. Satz 2 Halbsatz 2 Nummer 5 erfasst Entscheidungen, welche die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffen (§ 372 Satz 1 StPO), nicht solche gemäß §§ 364a, 364b StPO (s. , NJW 1976, 431 f.; BeckOK StPO/Singelnstein, 44. Ed., § 364a Rn. 9, § 364b Rn. 10; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl., § 304 Rn. 17). Der im Wiederaufnahmeverfahren bestellte Verteidiger ist auch kein Pflichtverteidiger im Sinne des durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung vom (BGBl. I S. 2128) neu gefassten Satz 2 Halbsatz 2 Nummer 1 (vgl. allgemein zur gebotenen restriktiven Anwendung des Ausnahmekatalogs in § 304 Abs. 4 StPO , juris Rn. 6 mwN).

7Soweit mit dem Generalbundesanwalt angenommen würde, der Verurteilte habe mit seinem Schreiben vom beantragt, dass der Bundesgerichtshof selbst den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zulässt, wäre dieser mangels Zuständigkeit des angerufenen Gerichts (§ 367 Abs. 1 Satz 1 StPO i.V.m. § 140a Abs. 6 GVG) unzulässig. Da der Gesuchsteller in seiner Stellungnahme darauf beharrt hat, dass sich der Senat mit seinem Vorbringen in der Sache befasst, käme eine Verweisung an das zuständige Gericht nicht in Betracht (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 2 ARs 6/85, GA 1985, 419; vom - 1 ARs 3/15, juris Rn. 3).

8Es wird darauf hingewiesen, dass Schreiben des Verurteilten vergleichbaren Inhalts künftig nicht mehr beschieden werden.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:100822B3ARS9.22.0

Fundstelle(n):
QAAAJ-20978